MM. Anzeiger skr die Bezirke RagM. CM a. SresdesstM — Amtsblatt skr den Bezirk Nagold a. Meafteig-Stadt
Gegr>ünöet 167/
<Kegritnöet 1877
Tannen
WM'
Uuzeigenpreis: Die einspaltige Zeile oder deren Raum 15 Pfg., die Reklamezeile 45 Pfg. Air teleph. erteilte Aufträge übernehmen wir keine Gewahr. Rabatt nach Tarif, der jedoch bei gerichtl. Eintreib, od. Konkursen hinfällig wird. Erfüllungsort Altenfteig. Gerichtsstand Nagold.
Erscheint wöchentl. 6 mal. / Bezugspreis: Monatlich 1.56 Mk., die Einzelnummer kostet 10 Pfg. Bei Nichterscheinen der Zeitung infolge höh. Gewalt od. Betriebsstörung besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung / Postscheck-Konto Stuttgart 5780 / Telegr.-Adr.: „Tannenblatt" / Telef. 11.
Uurrrmer A34
ALteusteig» Dienstag den 7. Oktober 1930
53. Jahrgang
Schweres NuWusuualikk bei Dresden
8 Tote j
Dresden, K. Okt. Das Flugzeug D. 1930, das sich auf dem , Fluge Berlin-Wien befand und fahrplanmäßig um 9.15 Uhr in j Dresden landen sollte, ist heute vormittag über einem Reichswehrschiebstand in der Dresdener Keide abgestürzt. Es war mit einem Piloten, einem Monteur und 6 Passagieren besetzt. Bisher wurden 7 Tote und 1 Schwerverletzter geborgen.
Einzelheiten zum Flugzeugunglück Berlin, 6. Okt. Ueber das Flugzeugunglück bei Dresden erfahren wir von der Direktion der Lufthansa, daß nunmehr die Zahl von acht Toten feststeht. Sieben Personen waren sofort tot, die achte ist aus dem Transport ins Krankenhaus ihren Verletzungen erlegen. Es handelt sich bei der Maschine um eine Messerschmidt M. 20, die für 15 Personen zugelassen ist. Dieser Typ ist bei der Deutschen Lufthansa seit langem im Dienst, lleber die Ursache läßt sich im Augenblick noch nichts sagen. Eine Antersnchungskommission ist bereits im Flugzeug unterwegs nach der Unglücksstelle. Die Maschine ist von dem Aufprall vollkommen zerstört. Sie ist jedoch nicht verbrannt, das Flugzeug war im Begriff, die übliche Schleife vor der Landung zu ziehen, um den Windverhältnissen entsprechend von Ost-Süd-Ost sich dem Boden zu nähern. Augenzeugen haben nur gesehen, daß sie in der Schleife hinter den Bäumen eines Hügels verschwand. Im Wetter kann die Ursache nicht z» suchen sein, da die Sicht 10 Kilometer und die Wolkenhöhe 600 Meter betrug.
Aus den Aussagen der wenigen Augenzeugen, die das Flugzeug in dem waldigen Gelände bei den Reichswehrschiebständen abstllrzen sahen, läßt sich vorerst nur entnehmen, daß das Flugzeug sich in geringer Höhe befand und fast senkrecht zwischen den Bäumen abstürzte, zumal die Bäume keinerlei Beschädigungen
Ein Reuterbericht über die Katastrophe
London, 6. Okt. Reuter berichtet aus Beauvais, zur Aufklärung der Katastrophe des Luftschiffes R. 101 müsse erst die amtliche Untersuchung aller verfügbaren Tatsachen abgewartet werden. Unter den Ueberlebenden, so heißt es in der Reutermcl- dung weiter, befinden sich einige, die fähig sein werden, die Lage des Luftschiffes unmittelbar vor der Katastrophe zu beschreiben. Während auch die Aussagen von Personen verfügbar sein werden, die das Unglück von der Erde aus verfolgten. Der wichtigste ,f"!mkt der aufgeklärt werden muß, dürfte sein, ob der endgültige L:-urz des Luftschiffes auf augenblickliche Umstände znrückzufüh- ren war, oder ob das Luftschiff bereits vorher einige Schäden erlitten hatte. Im Zusammenhang damit ist interessant, festzustellen, daß Teile des Luftschiffes einige Meilen vom Wrack entfernt aufgefunden worden sind. Aus den von Ueberlebenden abgegebenen Erklärungen scheint hervorzugehen, daß das Luftschiff sich zweimal neigte, bevor es endgültig aus einer Höhe von etwa 1000 Fuß zur Erde stürzte. Zu dieser Zeit hatte das Riesenluftschiff eine Geschwindigkeit von etwa 55 Meilen in der Stunde. Es fiel auf die Spitze und eine Explosion folgte unmittelbar darauf. Eine Riesenflamme hüllte das Luftschiff von einem Ende zum andern ein. Es steht außer Zweifel, daß das Wasserstoffgas des Luftschiffes explodiert ist und nicht der schwere Oel- brennstoff. Die Gasventile des Luftschiffes wurden durch die Explosion aus dem Wrack herausgeschleudert. Es ist bisher noch nicht festgestellt worden, ob die Navigatoren eine Warnung erhalten hatten, daß sie in das Sturmgebiet hineinfuhren.
Weitere Augenzeugenberichte
Beauvais, 5. Okt. Der Funker Disley, der sich unter den Geretteten befindet, erklärte. Die meisten der Ueberlebenden sind aus der Besatzung. Wir wurden geweckt, um unsere Posten einzunehmen, als das Schiff etwas schwankte. Bevor ich wußte, was geschah, war ich von Flammen eingeschlossen. Das einzige, was wir tun konnten, war, herauszusvringen im Vertrauen darauf, daß wir uns nicht in zu großer Höhe befanden. Keiner von uns batte einen Fallschirm. Und wenn wir in gröberer Höhe geflogen wären, wären wir alle verbrannt. Ein anderer Ueberleben- der mit Namen Cook, der schwere Brandwunden erlitten bat, erklärte: Furchtbar! Der Kapitän des Luftschiffes, Irwin, erwies sich als Held. Als ich mir einen Weg durch die Flammen bahnte, sah ich ihn ruhig an seinem Posten stehen Befehle gebend, und er starb auch auf seinem Posten.
Zerreiben von elektrischen Leitungsdrähten — Ursache der Katastrophe des englischen Luftschiffes?
Paris, 6. Okt. Der gerettete Ingenieur Leach hat, wie Havas aus Beauvais berichtet, im Laufe des Abends noch erklärt, daß die Explosion des Luftschiffes R. 101 zweifellos auf das Zerreisen von elektrischen Leitungsdrähten zurückzuführen sei. Gestern um 21 Uhr brannte das Oel in den Tanks noch lichterloh. Die gemischte englisch-französische Untersuchungskommlssion wird beute unter der Leitung eines Engländers ihre Arbeiten ausneh- men. Die genauen Ursachen des Unglücks lassen sich noch immer nicht erkennen.
aufweisen. Die Insassen haben sämtlich schwere Schadelbrüche erlitten, La sie offenbar gegen die Decke des Flugzeuges geschleu- dert wurden. Einige Augenzeugen wollen noch bemerk: haben, daß kurz vor dem Absturz der Motor nicht mehr arbeitete. Diese Aussagen werden zur Zeit nachgevrüst. Man vertritt die Ansicht, daß das Flugzeug durch eine starke Boe niedergedrückt sein worden muß. Ob sich die Ursache des Unglücks überbaust wird vollständig aufklären lassen, läßt sich zur Zeit noch nicht sagen. Der Flugzeugführer, Pilot Pust, hatte bereits «ebr al, 400 000 Flugkilometer zurückgelegt und galt als außeroch«rüich zuver- lässiger Streckenflieger. Die Toten sind inzwischen in «ne Dresdener Leichenhalle überführt worden.
Wie wir zu der Katastrophe der D. 1930 noch erfavren, ist die Maschine erst vor einigen Tagen übernommen worden Es handelt sich also um ein fast fabrikneues Mnsren«.
Besonders tragisch ist der Tod des Passagiers Dr. Kühnelt. Er war Vorsitzender des österreichischen Schriftstellerverbandes. Sein Flugschein war ursprünglich für Dienstag ausgefertigt, wurde! aber dann auf seinen Wunsch für Montag umgeschrieben. f Die Lifte der Toten ^
Pilot Pust, Flugzeugmaschinenfunker Lange, die männlichen Passagiere: Blackwell (aufder Reise nach Prag), Poeldes (Reiseziel Wien), Dr. Kühnelt (Reiseziel Wien), Knittel (Angestellter der Lufthansa), ferner Frau Graefe, die Gattin des Flugleiters der Lufthansa in Sofia, und Fräulein Blümel (Reiseziel Dresden).
Entsendung eines Kommissars an die Dresdener Unfallstelle Der Reichsverkehrsminister hat sofort einen Kommissar an die Unglücksstelle entsandt, dem sich eine Sachverständigenkommission der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt anschließt.
Beauvais, 6. Okt. Die Ueberlebenden der englischen Luftschifs- katastrophe erklären mit aller Bestimmtheit, daß sich im Augenblick des Unglücks 58 Passagiere an Bord des Luftschiffes befanden, obwohl der Luftfahrtminister erklärt hätte, daß nur 54 Personen an Bord seien. Einer der Ueberlebenden des Unglücks ist nun gestorben.
War N. 101 zu stark belastet?
London, 6. Okt. Der Leipziger Sonderkorrespondent der „Mor- ningvost" batte eine Unterredung mit Dr. Eckener über die möglichen Ursachen der britischen Luftschiffkatastrovbe. Dr. Eckener hält es für möglich, daß R- 101 für den ersten Teil seines Fluges ru stark belastet war, um so stürmischem Wetter widerstehen zu können, zumal, da das Luftschiff durch den heftigen Regen eine weitere Belastung erhalten hatte. Dr. Eckener sagte weiter: „Der Bau des Schiffes war gut, das weiß ich".
Bestattung der Opfer der Luftschiffkatastrophe auf Staatskosten
London, 6. Oktober. Ein Communiquö des Luftfahrtministeriums teilt mit: An die Familienangehörigen der Opfer der Katastrophe des „k 101" ist ein Schreiben gerichtet worden, in dem unter der Begründung, daß es nahezu unmöglich ist, die Mehrzahl der Opfer zu identifizieren, vorgeschlagen wird, alle stetblichen Ileberreste gemeinsam zu bestatten, um ein einheitliches Eedächtnismal an ihrer letzten Ruhestätte, wahrscheinlich in Cardington oder in seiner Nachbarschaft, zu errichten. Die Bestattungsfeierlichkeiten sollen auf Staatskosten erfolgen. In der St. Pauls-Kathedrale wird ein Eedächtnisgottesdiensl zelebriert werden.
Sie Krise bei der SlMMtei
Auflösung der Staatspartei?
Berlin, 6. Okt. Der große Aktionsausschuß der Deutschen Staatspartei wird, wie das Nachrichtenbüro des V.d.Z. hört, am Dienstag in Berlin zusammentreten, um zu den Differenzen Stellung zu nehmen, die zwischen den früheren Demokraten und den für die Staatspartei neugewählten Abgeordneten entstanden sind. Sowohl bei den Jungdeutschen, wie bei den Demokraten scheine sich in den letzten Tagen der Wunsch verstärkt zu haben, die Fraktionsgemrinschast in der Staatspartei wieder aufzulösen. Der bisherige Redakteur am „Jungdeutschen", Sommerfeld, ist bereits zur „Täglichen Rundschau", dem neuen Organ der Christlichsozialen, übergegangen. Man erwartet, daß sich auch von den 6 Nicht-Demokraten der staatsparteilichen Reichstagsfraktion zum mindesten die Mitglieder der christlichen Gewerkschaften, der Rcichstagsgruppe des Christlichsozialen Volksdienstes anschließen, die dadurch Fraktionsstärke erreichen würden.
Die sechs Dissidenten der Staatspartei sind sich darüber noch nicht einig. Die übrigbleibenden 14 Demokraten würden im Reichstag allein keine Fraktion mehr bilden. Sie müssen also gleichfalls Anschluß suchen. Nach welcher Seite das geschehen soll, darüber gehen aber, wie das Nachrichtenbüro weiter hört, die Meinungen auch unter den Demokraten noch auseinander. Eine starke Gruppe, zu der namentlich Vertreter der Wirtschaft gehören, dringt auf Anlehnung an die Deutsche Volkspartei.
RMWllten in Koblenz
Aufmarsch der 100 000 Stahlhelmer
Koblenz, 5. Okt. Der Reichsfrontsoldatenrag führte am Sonntag über 100 000 Stahlhelmer aus allen Teilen des Reiches am den Rhein. Der Aufmarsch der im Raume von RUdesheim-Bin-> gen bis Andernach untergebrachten Teilnehmer dauerte infolge der außergewöhnlichen starken Teilnebmerzabl von morgens 6, Uhr bis mittags 1 Uhr. Der Sonntag brachte mit dem grobem Frontsoldatenavvell in Koblenz den unvergeßlichen Höhepunkt dieser Tage. In bunibewimvelten Flottillen, auf den Schienensträngen rechts und links des deutschen Stroms, in endlosen Fußvolkkolonnen zog es heran von Bingen und Rüdesbeim, vom Ebrenbreitstein, An'ernach. von Laub, von Lorch, von St. Goar — hin zu der Stadt, wo Mosel und Rhein die grünen Arme schlingen um das deutsche Eck — hinaus zur Karthause, dem ehemaligen Koblenzer Exerzierplatz. Hoch über der Stadt und hoch über dem Rhein stand mittags dort die waffenlose Armee der alten Frontsoldaten in stolzer Parade. Elf Kanonenschläge künden Zeit und Beginn. Brausender Frontheilruf melder die Ankunft der Bundesführer. die sich vom rechten Flügel her zu dem freien Platz in der Mitte bei der Rednerkanzel begeben. Vor ihnen dicht steben die Fernsten: die aus Venedig und aus Tientsin. aus Windhuk und Buenos Aires, aus Memel und Tilsit und Königsberg, und die von der Saar. Der Anmarsch der 5000 Fahnen leitet die Kundgebung ein. Der Geistliche hielt die Gedenkrede auf die Gefallenen. Der Bundesführer Franz Seldte dankte den mehr als Hunderttausend deutschen Frontsoldaten des Stahlhelms für ibr Antreten zum groben Frontsoldatenavvell. „Trotz schwerster, wirtschaktchlicher Notlage", so rief er den Kameraden zu, „habt ihr Zeit und Arbeit und Opfer daran gewendet, um dem Befehl eurer Bundesiübrung folgend, hier im Zentrum des endlich von fremden Truppen geräumten Rheinlandes aufzumarschieren. Dafür danke ich euch. Das ist das Große am Stahlhelm und am Gedanken des Frontsoldatentums, daß diejenigen, die ihm anüängen, dafür Opfer bringen und nochmals Opfer und immer wieder Opfer. Diesen Gedanken des Opfernwollen und Ovfernkönnens gerade in dieser Gegend, gerade im Rheinland erneut zu bekennen, ist eine drängende Pflicht und eine große Genugtuung zugleich. Denn das Rheinland bat in den letzten zwölf Jahren, wie schon so oft im Verlauf seiner wechselvollen und schicksalsschweren Geschichte uns diesen Opfergedanken vorgelegt. Der Wablsvruch, den sich der Stahlhelm als Leitsatz seines Kampfes erkoren hat. und der auch für das Rheinland tiefe und entscheidende Bedeutung bat. der lautet: „Auf den Opfern und den Waffen beruht der Sieg!" Die eine der Voraussetzung des Sieges, der Oviersinn, ist im nationalen Deutschland, ist besonders auch im Rheinland auch vorhanden und erprobt. Die zweite Voraussetzung aber müsten wir. muß besonders das Rheinland beute noch entbehren. Wenn auch die fremden Truppen aus der deutschen Westmark abgezogen sind, das Rheinland ist nicht frei, weil frei allein derjenige ist. der sich seiner Saut wehren und seinen Willen durchsetzen kann. Für uns. die das Wort Friede nur denkbar ist im Zusammenhang mit den Worten Freiheit und Ehre, für die bedeutet ein solcher Zustand nicht Friede, sondern Zwang zur Auslegung, zum Widerstand und zum Kampfe. Und das ist der eindeutige klare Sinn dieses 11. RFST. am Rhein, daß wir in dieser entmilitarisierten Zone, in der nach dem Willen unserer Gegner sich ein deutscher Soldat nicht einmal zu Urlaubszwecken ohne Genehmigung Frankreichs aufkalten darf, durch unseren Aufmarsch bekunden, daß der Wehrwille des deutschen Volkes sich nicht unterdrücken und sich durch keine gewaltsamen Maßnahmen auf die Dauer in Ketten legen läßt. Danach weihte der 2. Bundesführer, Oberstlt. Duesterberg. 100 Stablbelmfabnen. Der Vorbeimarsch vor dem Schloß, der fünf Stunden dauerte, bildete den Ausklang des Todes. Die Neichskraftfabrstasfel des Stahlhelms eröstnete ihn mit ihren 3000 Fahrzeugen. Ehrengäste des Reicksfrontsoldatentages waren der deutsche Kronprinz. Prinz Eitel Friedrich und Oskar von Preußen, die Generale von Gallwitz und von Hutier, General Friedrich. Generaloberst Seeckt. Für die italienischen Faschisten war das Mitglied des großen Fafckiistischen Rates. Mal- toni, erschienen, außerdem für Italien Gras Dr. Cadliavia. Finnländer, norwegische und schwedische Organisationen batten Vertreter nach Koblenz entsandt.
Vom Reichspräsidenten traf folgendes Begrllßungstelegramm in Koblenz ein: Bundesleitung Stahlhelm Koblenz. Koblenzer Hof. Den zum diesjährigen Reichsirontoldatentag im nunmehr befreiten Rheinlande versammelten alten Soldaten erwidre ich in alter Kameradschaft herzlichst ihre Grüße mit dem Wunsche, daß auch diese Ihre Zusammenkunft vom Geiste kameradschaftlicher Verbundenheit und treuer Vaterlandsliebe beseelt sein möge. v. Hindenburg, Reichspräsident.
Zu der Katastrophe des „R. M"
Vier Passagiere zu viel an Bord des Luftschiffes R. 101 Ein weiteres Opfer