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SchwarzwSl-er Tageszeit,»D „Rar »es T««»e»"
Nr. 127
Neues vom Tage
StaLtrat Busch gestorbe«
Berlin» L. Juni. Der in dem bekannten Berliner Gruirdstücks- fkandal verwickelte frühere Berliner Stadtrat Paul Busch ist im Moabiter Krankenhaus an den Folgen einer allgemeinen Nierenvereiterung gestorben. Ueberraschend kam die Todesnachrickr den Untersuchungsbehörden, die mit der Aufklärung der städtischen Korruvtionsaffären beschäftigt sind.
28 „Fälle" Kürtens
Düsseldorf, 1. Juni. In einer im Düsseldorfer Polizeipräsidium abgehaltenen Pressekonferenz wurde mitgeteilt, daß Kürten neue Geständnisse in Aussicht gestellt habe. Bisher hat Kürten 2!> Fälle eingestanden, darunter neu» vollendete Morde «nd 17 lleberfälle. Man vermutet daß sich darunter ein bis heute unaufgeklärter, 27 Jahre zurückliegender in Düsseldorf 1SÜ3 an einer Frau verübter Mord befindet. Kürten hat geäußert, daß es seine Absicht gewesen sei, immer zahlreichere Morde in immer gesteigerter Grausamkeit zu verüben und in dem Augenblick des größten Entsetzens sich im Steinhuder Moor mit einem schweren Stein behängen, zu ertränken, so daß niemals mehr ein« Svur von ihm zu finden gewesen wäre.
2 Mädchen an der Danziger Grenze verhaftet
Berlin, 2. Juni. Die DAZ. meldet einen neuen polnischen Hebelgriff an der Danzig-polnischen Grenze. Er er
eignete sich gestern nachmittag in dem gleichen Erenzab- schnitt Oliva, in dem das Ehepaar Schneider verhaftet wurde. Er betraf erneut harmlose Danziger Spaziergänger, zwei in Danzig beschäftigte Hausangestellte. Die 21 fährige Gerda Stein und die 26jährige Marianne Gorc- sinski wurden von der polnischen Grenzpolizei beschuldigt ie hätten aus einem verbotenen Waldweg die polnische Zrenze überschritten. Die beiden Mädchen wurden, wie :m ^alle Schneider, auf die polnische Grenzwache in Maliern zebracht und sollten heute in das polnische Gerichtsgefäng- ris Karthaus übergeführt werden.
Die Botschafterernenmnrgen
Berlin» 2. Juni. Die Ernennung des neuen deutschen Botschafters in London Dr. von Neurath und des neuen deutschen Botschafters in Rom, Staatssekretär von Schubert, wird in den nächsten Tagen offiziell erfolgen. Das Agrement für beide Botschafter ist in Berlin eingetroffen.
Aus Stadt und Land
Altenfteig, den 3. Juni 1930.
Der Feldblumenstrauß
Jetzt ist seine Zeit wieder gekommen. Die Wiesen stehen in vollem Wuchs und Blumen aller Art locken mit ihren farbenfrohen Augen zum Schauen und Besitzergreifen. Ihr Locken gilt aber mehr der geflügelten Kleinwelt der Insekten, der Bienen, Schmetterlinge und Käfer aller Art, die sie zu süßem Schmause laden, während der Mensch es möglichst mit der Augenweide genug sein lasten sollte.
Gewiß ist das eine Forderung, die mit der Wirklichkeit in denkbar größtem Widerspruch steht. Kinder und Blumen gehören einfach zusammen und wer sie trennen wollte, würde mit seinem Willen scheitern. Aber auch viele Erwachsene und unter ihnen besonders die Frauen können der Versuchung der bunten Freudenträger nicht widerstehen und ein Spaziergang ohne Strauß-Ernte ist kaum denkbar.
Vielleicht mag man es sogar als erwünscht bezeichnen, daß das Blumen-Unkraut, das es nun einmal für den praktisch-nüchtern denkenden Landmann darstellt, durch 1
Zugriffe der Wandernden ordentlich verringert wird. Dem Gedanken könnte man durchaus beipflichten, wenn nicht ein Umstand hinzukäme, der schwer ins Gewicht fällt. Das ist die leidige Tatsache des Niedertretens großer Erasmengen bei dem oft rücksichtslosen Durchstreifen ganzer Wiesenflächen. Dabei neigt sich die Schale der Schadensstiftung tief unter die des Vorteils der Unkrautbeseitigung. Es sollten deshalb die Erwachsenen darauf achten und allgemein immer wieder mahnen, daß auch der Wiesenrand genug Blumenbeute gestattet, ohne daß volkswirtschaftlich große Werte gedankenlos zerstört werden. Auch für Kinder kann man die Tatsache, daß die Wiesen Quellgründe des deutschen Milchbrunnens sind, recht gut dazu benützen, sie zum Nachdenken anzuregen und zur Achtung vor dem Wachstum auf den Feldern, aus eigener Erkenntnis seines allgemeinen hochwertigen Nutzens. So kann der Feldblumenstrautz zum Erlebnis werden!
Jselshausen, 2. Juni. (Blitzschlag.) Das Gewitter am Samstag abend hatte verhältnismäßig wenig elektrische Entladungen und trotzdem schlug der Blitz in einen bei dem Schulhaus stehenden Kastanienbaum. Ein Starenhaus, das sich auf dem Baum befand, wurde vollständig zertrümmert. Der Baum selbst hat einen Riß bis aus den Boden hinunter.
^ Calw, 2. Juni. Dem Gesangverein „Konkordia" war es vorgestern und gestern vergönnt, ein schönes Jubelfest, die 75jährige Gründungsfeier, unter großer Anteilnahme der Einwohnerschaft und auswärtiger Gäste zu begehen. Aus kleinen Anfängen herausgewachsen hat sich der Verein durch zielbewußtes Streben und strenge Arbeit emporgearbeitet und nimmt heute unter den hiesigen Vereinen eine sehr bedeutende Stellung ein. Die Schaffung großer Chöre, die Wiedergabe musikalischer Werke unserer klassischen und modernen Meister, sowie die Pflege unserer Volks- und Heimatlieder wie auch des Kunstliedes ist der Leitstern seiner Bestrebungen. Am Samstag abend fand im dichtgefüllten und schön geschmückten Saale des „Badischen Hofes" ein prächtig verlaufenes Festbankett statt. Mitwirkende waren Frl. Martha Siegel, Deufringen (Sopran), Organist Hermann Mall (Flügel), das Philharmonische Orchester Stuttgart (Leitung Kapellmeister Willy Hahn) und der gemischte und Männerchor des Vereins. Die Leitung der Chöre und Solis lag in den Händen des jugendlichen, schneidigen Dirigenten des Vereins, Albert Fischer. Zur Ausführung kamen Werke von Mozart und Beethoven. Sämtliche Darbietungen wurden mit großer Exaktheit und feiner Auffassung durchgeführt, so daß der rauschende Beifall für Solisten und Chöre wohl verdient war. Die Begrüßungsansprache hielt der Ehrenpräsident, Stadtschultheiß Göhner, die Festrede der Vorsitzende des Gaues Württemberg, Ernst Buckel in Stuttgart. Der Vorstand des Vereins, Gcmeinderat Dalkolmo, dankte mit herzlichen Worten für die der „Konkordia" zugekommenen Glückwünsche und gab verschiedene Ehrungen an Vereinsmitglieder bekannt. An diese Ehrungen schlossen sich die Glückwünsche hiesiger Gesangvereine an. Im Namen des Calwer Liederkranzes sprach Stadtpfarrer Frey, im Namen des Eisenbahnsingchors Lokomotivführer Mößner und im Namen der Ehrenmitglieder Oberlehrer Lehner in Gmünd. Die Mitglieder des Frauenchors stifteten ein Fahnenband.. Mit dem markigen Lied „Die Himmel rühmen" fand das Bankett seinen Abschluß. Heute vormittag beteiligten sich die Sänger und Sängerinnen zum gemeinsamen Zug zur Kirche. Nach Beendigung des Gottesdienstes sang der Verein am Kriegerdenkmal einige Chöre für die Gefallenen, worauf der Vorstand einen Ehrenkranz am Denkmal niederlegte. Heute nachmittag wurde die Feier gekrönt mit einem Festkonzert, wobei die Oper „Orpheus" von Chr. Gluck als Oratorium zur Aufführung gebracht wurde. Außer den beim Bankett Mitwirkenden waren noch beteiligt Frl. Trude Sannwald, Calw Mit: Orpheus). Das bekannte stimmungsvolle und ewig schöne Werk wurde glänzend durchgeführt. Die Spannung der Zuhörer wuchs von Akt zu Akt und löste sich in stürmischer Zustimmung aus. Der Verein hat gezeigt, daß er auf einer großen Höhe steht und auch schwere Aufgaben bewältigen kann. Der musikalische Leiter des Vereins, der mit sicherer Hand die Stabführung inne hat, kann mit Stolz auf diese Aufführung zurück-
Ealw, 2. Juni. (Ortsvorsteher imNebenamt.) Hie Amtsversammlung Calw erteilte auf Antrag oes Be» sirksrats Verwaltungsaktuar Müller in Neubulach die Es- rehmigung zur Uebernahme der dortigen Stadtvorstandstelle als Nebenamt.
Roch einmal die staatlichen Holzhauer
Auf die Zuschrift des Deutschen Landarbeiterverbandes wird vom Arbeitsamt Nagold abschließend festgestellt:
Die Arbeitsverträge der Holzhauer werden bei sämtlichen Forstämtern regelmäßig Ende Oktober oder Anfang November unterschrieben. Gemäß 8 6 der staatlichen Holzhauerordnung gelten sie dann bis 15. November des folgenden Jahres. Es ist nicht einzusehen, wie bei dieser Sachlage der Abschluß eines Jahresarbeitsvertrags bestritten werden will. Auch die vom Deutschen Landarbeiterverband als Zeuge angerufene Forstdirektion bestreitet nicht, daß die Verträge als solche auk die Dauer eines Jahres abgeschlossen werden, mit der von einer übergroßen Anzahl von Holzhauern gewünschten Folge der Versicherungsfreiheit. Mit zwingender Notwendigkeit muß daher gemäß 8 71 in Verbindung mit 8 69 A.V.A.V.G. die vom Arbeitsamt Nagold angenommene Auslegung als richtig anerkannt werden. Wie den unmittelbar beteiligten Kreisen in der Spruchausschußentscheidung des Arbeitsamtes Nagold eingehend dargelegt worden ist, mutz bei der Nichtgewährung der Arbeitslosenunterstützung an die Holzhauer in besonderem Maße noch deren Verpflichtung zur Arbeitsbereitschaft berücksichtigt werden (vergl. 8 6 Abs. 2 der Holzhauerordnung). Von dieser besonderen, im Gegensatz zu den Arbeitsverhältnissen der industriellen Arbeiter stehenden Regelung bei den staatlichen Holzhauern kommt es auch beispielsweise her, daß in den benachbarten Ar- beitsamtsbezirken Pforzheim und Offenburg, die beide ebenfalls eine ganze Reihe auch württembergischer Forstämter des Schwarzwalds umfaßen, zu einer Zeit, als beim Arbeitsamt Nagold noch über 700 Holzhauer arbeitslos gemeldet waren, nur 15 bezw. 9 Holzhauer in Unterstützung standen, obwohl die Zahl der sonstigen Arbeitslosen bei beiden Arbeitsämtern wesentlich höher war als beim Arbeitsamt Nagold.
Wenn Hilfsweise vom Deutschen Landarbeiterverband auf die zweifellos wechselnde Beschäftigungsdauer der staatlichen Holzhauer abgestellt wird, so ist dabei zu berücksichtigen, daß gerade die meistbeschäftigten Holzhauer im Schwarzwald tätig sind. Im übrigen wird auf die frühere Erklärung des Arbeitsamtes Nagold verwiesen.
Neuenbürg, 2. Juni. (Schultheißenwahl in Langenbrand.) Gestern fand unter Leitung von Regierungsassessor Dr. Ekert die Ortsvorsteherwahl in Langenbrand statt. Dabei wurde Verwaltungspraktikant Karl Knöd- ler in Urach mit 148 von 290 gültig abgegebenen Stimmen gewählt.
Stuttgart, 2. Juni. (V er L a n d st a g.) Am Sonntag traten die Leiter der städtischen Fuhrparks- und Straßen- rsinigungsbetriebe Deutschlands im großen Saal des Stadtgartens zu ihrem 17. Verbandslag zusammen. Mit der Tagung ist eine Kommunalfahrzeugschau auf dem Cann- statter Wasen verbunden. Die Tagung wurde eröffnet von dem ersten Vorsitzenden des Verbandes, Adolphs-Köln.
Ausstellung. Samstag vormittag wurde die im Ausstellungsgebäude auf dem Jnterimstheaterplatz untergebrachte. unter dem Ehrenvorsitz von Staatspräsident Dr. Bolz und Oberbürgermeister Dr. Lautenschlager stehende Ausstellung des Deutschen Künstlerbunües eröffnet. Reichskunstwart Dr. Redslob-Berlin sprach im Namen des Deutschen Künstlerbundes und bezeichnet« als vornehmsten Gesichtspunkt dieser ständigen Ausstellung den Gedanken der Auswahl, um durch Vergleich, durch kameradschaftlichen Wettbewerb Wertvolles und Neues zu zeigen.
AmerikanischerBesuch. Der Schwäbische Sängerbund Brooklyn, einer der ältesten und größten deutschamerikanischen Gesangvereine, wurde auf dem Rathaus von Oberbürgermeister Dr. Lautenschlager mit herzlichen
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Urheber-Rechtsschutz durch Verlag Oskar Meister, Werdau (29. Fortsetzung.)
„Marlene", bittet er wieder, „sag mir ein Wort! Hast du mich lieb? Nur dich will ich!"
Da hebt sie den Kopf. Aus ihren dunklen Augen flammt Empörung, die mit heißer Liebe kämpft.
„Herr Rittmeister", sagt sie hart, „ich bin Marlene von Metzingen. Ich bin kein Spielzeug für Sie. Lassen Sie mich in Frieden! Ich will es nicht, Herr Rittmeister." Die letzten Worte fallen ihr namenlos schwer, hart und trocken kommen Sie über ihre Lippen.
Und sie überwindet sich und sieht den Rittmeister an und kann seinen Blick nicht aushalten.
Zwei Männeraugen brennen in ihre Seele.
Zwei Augen, in denen jäher Schreck und zorniger Wille steckt.
„Baronesse", spricht der Rittmeister ruhig, so ruhig als ob nichts seine Seele bewege, „wollen Sie mit mir tanzen?"
„Ich will nicht tanzen", sagt sie trotzig, bebend.
Er steht langsam auf und schüttelt den Kopf.
„Doch, Baronesse! Ihre Schwestern wundern sich schon, daß Sie allein mit dem Rittmeister am Tische sitzen. Tanzen Sie mit mir. Bei Gott, ich will kein Wort sprechen."
Da sträubt sie sich nicht mehr. Und sie tanzen.
Da dünkt's ihr mit einem Male, als spielten die Musikanten doppelt schön, als sie sich am Arme des Rittmeisters im Tanze wiegt.
Ihr Blut singt köstliche Lieder, und Lachen und Weinen vereinigen sich zum tollen Reigen.
Augsburger sagt kein Wort, denn des Mädchens Worte haben alles Freuen in ihm verscheucht.
Ist alles Lieben Lüge, Laune?
Er denkt an die Nacht, da er sie in seinem Armen hielt und das junge, reine Weib küßte.
Und heute — alles vorbei.
Pah! Weiberlaune, Stimmung!
Des Königs Stimme klingt an seinem Ohr wieder, des Königs Stimme, beschwörend, bittend: Er darf sich nicht unterkriegen lassen, Rittmeister. Nicht vom Tod und Teufel und nicht von den Weibern.
Und er tanzt, der Rittmeister!
Er weiß selbst nicht, wie es möglich ist, daß er so tan- z zen kann, leicht und sicher wie ein Kavalier, der immer j das Parkett unter den Füßen hatte. > s
Da bricht die Musik ab. Dem Eeitzer ist eine Saite gesprungen. s
Die Paare stehen still und sehen sich lachend an. Dann s sitzen sie bald wieder am Tische und plaudern. s
Der Rittmeister ist mit einem Male so traurig gewor- ! den, aber er zwingt das Herz. r
Er lacht und plaudert mit den Mädchen, die mit glän- z zenden Augen an seinem Munde hängen. s
Besonders Annelieses Augen strahlen glückselig, daß :
Marlene das Herz zittert. k
Und Friedrich Augsburger sieht nichts, er sieht auch i nicht die forschenden Blicke, die die alten Musiker auf ihn z werfen. Er lacht, und seine Stimme tönt wie eine Harse, r und sein Herz ist arm und leer. ?
„Ew. Gnaden", hört er plötzlich eine Stimme neben sich, l Er schrickt auf und sieht den alten Hornspieler vor sich r stehen. j
„Was wollt Ihr, mein Freund?" fragt er herzlich.
§ „Euer Gnaden, ich wollt mir gehorsamst erlauben, zu r bemerken, daß ich vor zehn Jahren auf Ew. Gnaden Schloß I gespielt habe!"
z „Alter, Ihr scherzt. Ich Hab' kein Schloß. Meine j Schlösser liegen auf dem Monde. Ich bin ein armer Teu- r fel, nur des Königs Rittmeister." s Doch der Alte lächelt.
! „Ew. Gnaden, bin ein alter Mann, aber ich weiß es ! noch. Wir haben damals das Lied gespielt, das Lied von ! der Seele. Ew. Gnaden werden schon wißen."
' „Nichts weiß ich, Alter", fährt ihn der Rittmeister an. i „Für wen haltet Ihr mich?"
! Der Alte schweigt einen Augenblick und sieht scheu auf i die Gesichter der Lauschenden, f „Redet ganz offen!"
i „Ew. Gnaden sind Prinz August Graf zu Hohnstein."
Stille ist mit einem Male, z Der Rittmeister lacht hell auf.
z „Sagt's noch einmal! Wer soll ich sein?" j „Prinz August, Graf von Hohnstein."
» Der Rittmeister hat sich wieder beruhigt. Lächelnd f sieht er auf den Alten.
! „Hört, mein Freund! Ich bin der Rittmeister Friedrich j von Augsburger. Ich kenn' den Prinzen August nicht, ich ? bin es nicht, kann es nicht sein. Hab' ich Aehnlichkeit mit I dem hohen Herrn?"
„Als ob's Ew. Gnaden wären", sagte der Musikant demütig.
„Ist gut, Alter! Jetzt spiel' Er!"
Und dann spielen sie weiter. Mit einem Male scheint's allen, als sei ein anderer Ton in die Lieder gekommen. Eine zarte, innige Weise schwingt durch den köstlichen Herbsttag.
Marlene sieht, wie der Rittmeister lauscht. In seinem Antlitz ist jeder Nerv gespannt. Um seinen weichgeschnittenen Mund zuckt es. Unruhe kommt in seine halboffenen Augen.
Blaß wird er mit einem Male und atmet schwer, wie wenn ihm ein Erinnern überkäme, als folge er einem Gedanken, mühevoll, und könne den Grund nicht finden.
Da — springt er plötzlich auf und fährt den Alten an.
„Alter, was spielt Ihr da?"
Erschreckt läßt der weißhaarige Musiker das Horn sinken.
„Ew. Gnaden", stammelt er, „des Prinzen August Lied."
Augenblicke lang steht der Rittmeister wie geistesabwesend da, dann schüttelt er den Kopf und drückt sich an den Schläfen.
„Spielt, spielt!" ruft er den Musikanten zu und wirst ihnen einen Gulden hin.
Sie spielen!
Und mit einem Male schwingt ein Ton von unaussprechlicher Süße durch den goldenen Herbsttag, daß alle wie verzückt lauschen.
Der Rittmeister ist zusammengezuckt wie unter einem Schlage. Seine Augen sprühen und seiner Kehle entquellen die Töne.
Augsburger singt:
„. . . strahlt die Welt im goldenen Licht,
Wenn mein Liebchen zu mir spricht:
Will dich lieben, all mein Leben.
Was der Seele Eigen ist,
Will ich dir, Geliebte, geben,
Wenn dein Mund mich innig küßt.
Wie das Licht der gold'nen Sonne,
Tief beglücket Tal und Höh'n,
Soll im Herzen sel'ge Wonne Durch mein Leben dir ersteh'n."
Alle sitzen still und rühren sich nicht. Die Macht der Töne zwingt ihre Herzen in Bann, daß kaum einer zu atmen wagt.
(Fortsetzung folgt.)