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Unnrrner 107

Altensteig» Freitag den 9. Mai 1930

53 Jahrgang

Ner Ausschuß leßut KmyerstW L ab

Die erste Baurate abgelehnt l

Berlin, 8. Mai. Der Haushaltausschuß des Reichstags ging am Donnerstag zu der Beratung des Marinehaus­halts über. Abg. Stiicklen (S.) wies als Berichterstatter daraus hin, daß dieser Haushalt sich ebenfalls in aufstei­gender Linie befinde. Ausfallen müsse die große Zahl der Abteilungsleiter, die als solche eine besondere Zulage er­hielten. Auch im ganz allgemeinen gebe es ein Uebermaß an hohen Stellen.

Aus der Liste der Kriegsschiffe seien gestrichen ein Linienschiff, zehn Kreuzer und drei Torpedoboote. Die Kriegsmarine habe 698 Seeoffiziere, 162 Jngenieuroffi- ziere, 98 Sanitätsoffiziere, 611 Oberfeldwebel, 3026 Unter­offiziere, 9383 Obergefreite und Mannschaften. Eine z schwierige Frage sei die der Reichswerften, die sich infolge s Mangels an Arbeit nicht rentabel gestalten können. Außer- j dem gebe es bei diesen Werften eine so ungeheuere Zahl von Beamte«, wie es bei einer privaten Werft ein Ding der Unmöglichkeit sei. Mit Genugtuung könne er fest­stellen, daß im Gegensatz zur Reichswehr bei der Marine eine größere Anzahl von Offizieren aus dem Mannschafts­stand hervorgegangen sei. Der Andrang zur Marine sei überraschend groß. Im letzten Jahr seien 25 000 Gesuche um Einstellung eingelaufen, von denen nur sechs Prozent berücksichtigt werden konnten. Die Mißhandlungen Unter- > gebener haben sich außerordentlich vermindert. In der ? Frage des Panzerschiffes 8 müsse er als Berichterstatter k mit Rücksicht auf die ungeheure Notlage des Reiches die s Streichung der eingesetzten ersten Rate beantragen. Be- r fremden errege die Art, wie der Antrag auf Einsetzung , dieser Rate zustande gekommen sei. Die Vertreter der ' Reichsregierung seien verpflichtet gewesen, den Haushalt zu verteidigen, der vom Kabinett verabschiedet worden war. Aber die Herren der Marine hätten erklärt:Bitte, wenn Sie uns vergewaltigen wollen, wir stehen zur Verfügung". (Heiterkeit.)

Reichswehrminister Grüner

erklärt: Im Einvernehmen mit dem Reichskanzler möchte ich zur Frage des Panzerschiffes 8 folgende Erklärung abgeben:

Die Mitglieder des Reichstages wissen, daß ich durchaus kein kritikloser Flottenschwärmer bin, Sie wissen aber auch, daß ich den Ersatz unseres endlich veralte­ten Schiffsmaterials für unbedingt notwendig erachte. Die­

sen Standpunkt habe ich auch bei der Beratung meines Haushalts im vorigen Reichskabinett vertreten und auf die Einsetzung einer ersten Rate für Panzerschiff 8 in Anbe­tracht der besonders angespannten Haushaltslage, also nur aus finanziellen Gründen, erst verzichtet, nachdem vom Reichskabinett einstimmig, also auch unter Zustim­mung der vier sozialdemokratischen Mini­ster, in einer besonderen Entschließung festgelegt wurde, daß mit dem Haushalt 1931 ein Schiffsbanersatzplan» der auch den Ersatz der Linienschiffe enthalten sollte, oorgelegt würde. Bei dieser Einstellung war es eigentlich selbstver­ständlich, daß ich dem Anträge Ostpreußens im Reichsrat, der eine kleine erste Rate für das Panzerschiff 8 vorsah, ohne die Endsumme des Marinehaushalts zu erhöhen» sympathisch gegenüberstand. Die Reichsregierung wollte allerdings in dieser Frage, wie in der entscheidenden Reichs- ratsfitzung Reichsfinanzminister Dr. Moldenhauer namens der Reichsregiernng ausdrücklich erklärte, keine Initiative ergreifen oder eine Beeinflussung ausüben. Sie hat aber auch keinen Anlaß» nachdem der Reichsratsbeschluß für eine Einsetzung einer Baurate vorlag» dem Reichstag eine Doppelvorlage zu machen» da ja eine Mehrausgabe durch den Beschluß des Reichsrates nicht eintrat» und weil die Reichsregierung in llebereinstimmung mit dem vori­gen Reichskabinett grundsätzlich der Meinung ist, daß im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten für die Erneuerung unserer Flotte gesorgt werden muß. Nur um den Zeit­punkt des Baubeginns handelt es sich also, und die Ent­scheidung hierüber bittet die Reichsregierung dieses hohe Hans selbst zu treffen. Ich nehme an, daß der Reichstag an seiner früher gefaßten Entschließung auf Vorlage eines langfristigen Planes für Ersatzbauten festhält. Die Reichs­regierung wird ihrerseits den Beschluß der früheren Reichs­regierung in dieser Frage aufrechterhalten.

Berlin» 8. Mai. Im Haushaltausschuß wurde die erste Bau rate für das Panzerschiff abge­lehnt. Gegen die Baurate stimmten die Sozialdemo­kraten, Demokraten, Kommunisten und zwei Zeutrums- H abgeordnete, der Stimme enthielten sich die Bayerische ^ Bolkspartei und ein Zentrumsabgeordneter. Für die erste i Rate stimmten die übrigen Fraktionen und ein Zentrums- j abgeordneter.

Einigung Akk die SWlfe

Berlin, 8. Mai. Das Reichskabinett setzte unter dem Vorsitz des Reichskanzlers Dr. Brüning upd in Anwesenheit des Reichs- Lankpräsidenten Dr. Luther die Erörterung über das Osthilfe- sesetz fort. Die Beratungen führten zu einer grundsätzlichen Ei­nigung, auf Grund deren die endgültigen Gesetzentwürfe dem Reichstag unter Führung des Reichsministeriums des Innern in den nächsten Tagen oorgelegt werden sollen. Das Reichskabinett wird alsdann am nächsten Mittwoch über die endgültige Gestal­tung des Gesamtprogramms Beschluß fassen.

Dem Reichstag wird so bald wie möglich eine Rahmengesetz zuseleitet werden, das in 6 Gesetze unterteilt ist, die die einzel­nen Fragen der Osthilfe besonders regeln. Das Gesamtprogramm der Osthilfe erstreckt sich aus einen Zeitraum von 5 Jahren. Die Ausführung richtet sich natürlich nach den jeweiligen Etatsoer- hältnissen. Es ist deshalb nötig, daß in jedem Jahr ein beson­derer Voranschlag gemacht wird, und ähnlich wie beim Vau ei­nes Panzerschiffes immer eine Rate in den Etat eingestellt wird. Das erste Stadium der Durchführung bildet das Sofort­programm, über das dem Reichstag gleichzeitig mit dem Rah­mengesetz ein Entwurf zugehen wird.

Reichskanzler Dr. Brüning hat die Führer der in der der Re­gierung vertretenen Parteien zu einer Besprechung eingeladen, um, wie es heißt, eine Beschleunigung der Saushaltverhandlun- gen im Hanshaltsausschuß ,u erreichen und die Parteiführer über das Ostvrogramm zu unterrichten.

Soweit bisher zu übersehen ist, werden die dem Reich durch die Osthilfe erwachsenden Ausgaben für das Haushaltsjahr 1830 etwa 116 Millionen Mark betragen, in den folgenden vier Fah­ren etwa 100 Millionen Mark jährlich, so daß im ganzen rund eine halbe Milliarde Mark aufgewendet würde, wovon aber noch die in dem bestehenden Ostprogramm und im Ostpreußen- Gesetz vom 28. Mai 1920 vorgesehenen Beträge abgerechnet wer­den müssen. Von der äußersten Rechten wird behauptet, es kä­men nurVagarellbettSge" für den Osten in Frage, auf der Linken dagegen spricht man vonphantastischen Summen".

Staatsstreich in Spaaiea?

Madrid, 8. Mai. Die Agentur Fabra benichnet die Nachrich­ten von einem angebliche» Ansftand de» «arnisone» von Madri»

und Barcelona, wie sie im Ausland veröffentlicht worden seien, als gänzlich unbegründet. Die militärischen Kreise, die entschlos­sen seien, sich jedem aktiven Eingreifen in die Politik zu enthal­ten. hätten kick bis jetzt von der Drooaaanda und von den Ma­chenschaften der Politiker auer Richtungen serngeoalten. Nicyr

nur in den Garnisonen von Madrid und Barcelona herrsche völ­lige Ruhe, sondern auch in allen anderen Städten Spaniens.Jn Madrid seien Nachrichten eingegangen, wonach die Generäle Martine» Anido (ehemaliger Innenminister unter der Diktatur) und Barrera (ehemaliger Eeneralkapitän von Katalonien) ver­sucht haben sollen, aufs «ene eine Diktatur zu errichten, um den Hindernissen, denen die Monarchie seit einigen Tagen begegne, ein Ende zu bereiten. Der Eeneralkapitän von Madrid, der Bru­der des gegenwärtigen Ministerpräsidenten, habe diesen über die Machenschaften der beiden Generäle unterrichtet, und es sei eine Ueberwachung Aber beide Generäle verhängt worden. Die links­stehenden Elemente, die die Pläne der beiden Generäle der Dik­tatur kannten, seien gestern bei dem ehemaligen liberalen Mi­nister Villa-Nuvsa zusammengekommen. Etwa 30 Personen hät­ten an dieser Besprechung reilgenommen, darunter der Marquis von Alhucemas, der Sozialistenführer Le Roux, Eral-Requelme, Marcelline Domingo und mehrere andere linksstehende Führer. Nach der Versammlung hätten zwei Teilnehmer sich zum General Verenger begeben, um ihm mitzuteilen, daß die liberale« Ele­mente gegen die Möglichkeit einer neuen Diktat»» kämpfe» wür­de». Der Regierungschef sollte geantwortet haben, daß alle Maßnahmen ergriffen seien, die Machenschaften, auf die man ih» aufmerksam gemacht habe, zunichte zu machen.

Die englisch-ägyptischen Verhandlungen abgebrochen

London, 8. Mai. Die englisch-ägyptischen Verhand­lungen sind abgebrochen worden. Die ägyptischen Delegier­ten erklärten nach Schluß der Sitzung» es sei »««öglich, durch einen Federstrich auf ihre Rechte a« Sudan zu ver­zichten.

Henderson über das Scheitern der englisch-iigvptische» Verhandlungen

London, 8. Mai. Im Unterhaus erklärte Außenminister Hen­derson, die Verhandlungen mit Aegypten seien trotz der ans­

richtigen freundschaftlichsten Bemühungen auf beiden Seiten ge­scheitert Die englische Regierung habe keine Möglichkeit gesehen, die ägyptischen Forderungen bezüglich des Sudans zu erfüllen. Auf eine Anfrage fügte Henderson hinzu, die unvermeidliche Folge des Scheiterns der Verhandlungen werde die Aufrecht­erhaltung des bisherigen Zustandes mit den fünfvorbehal­tenen Punkten" sein. Die Mitteilung vom Abbruch der Zer- Handlungen wurde von einigen Konservativen mit Beifall auf­genommen, den die Mitglieder der Arbeiterpartei mit Rufen der Mißbilligung beantworteten.

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Politische Katastrophe« und Naturkatastrophen

Zu den schweren politischen Wirre», von denen Indien durch die Freiheitsbewegung Mahatma Gandhis aufgewühlt wird, hat sich nun ein Erdbeben gesellt, das Tausende von Opfern gekostet hat. Welch heimgesuchtes Land dieses Indien! Die Pracht der indischen Paläste kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß das Land selbst arm ist. Zu dem schweren wirtschaftlichen Kampf, den jeder Einzelne führen muß, kommen die politischen Kämpfe, um Englands Macht abzuschütteln. Immer wieder wurden Auf­stände blutig unterdrückt. Wie oft bat nicht schon der Terror der Engländer in Indien gewütet!

Wie die politische Lage im Augenblick ist, weiß niemand ge­nau: denn offensichtlich sind alle Nachrichten tendenziös gefärbt. Auch die Meldungen, die über das furchtbare Naturereignis, das Erdbeben, eingetroiien find, dürften den wahren Ernst der Si­tuation garnicht wiedergeben. Denn selbstverständlich wird die­ses Unglück als eine Strafe Gottes für die Tat Gandhi angese­hen und dementsprechend ausgewertet werden.

Der Herd des Erdbebens hat in Pegu in Birma gelegen. Pegu ist heute eine Stadt mit 11 000 Einwohnern, die dem Erdboden fast gleichgemacht wurde. Birma selbst sit die größte Provinz in Britisch-Jndien. Es umfaßt über 600 000 Quadratkilometer und hat mebr als 13 Millionen Einwohner. Zahlreiche Gebirgs­ketten durchziehen das Land, die wertvolle Bodenschätze enthül­len. So findet man Rubine und Safire bei Bawdin, nordwestlich von Lashio Blei, Silber, Zink und Kupfer, sowie auf Malakka Wolfram und Zinn. Aus der Geschichte des Landes sei der erste Krieg mit England von 1821 bis 1826 erwähnt, der zur Abtre­tung von Assam, Arakan, Tenasserem und dem östlichen Mar- taban führte. Der zweite Krieg 1852 führte zur Annexion der Stadt Pegu, und der Hafenstadt Rangoon durch die Engländer. Im November des Jahres 1885 wurde der letzte König Thibaw durch eine englische Expedition gefangen genommen und daran anschließend Birma Britisch-Jndien einverleibt. Seitdem fink» die Engländer im ungestörten Besitz dieses Gebietes geblieben.

Erdbebenkatastrophen gehören in Birma nicht zu den Selten- beiten. Das ganze Land wie die anschließenden Sunda-Jnseln bildeten so wird wenigstens in -er Theorie behauptet zu­sammen mit Australien einen Erdteil, der erst durch vulkanische Erschütterungen gespalten wurde. Erdbebenwellen, die auf der Linie der spätesten geologischen Bildungen, nämlich einer Berg­kette, die von den Alpen über die Karpaten, die Krim, den Kaukasus und dem Himalaja nach den sibirischen Gebirgen Un­wetter zum Pazifik einerseits nach Japan, andererseits nach Kamtschatka führten, scheinen diese Theorie zu bestätigen. Wen» man von Japan nach China aus auf dem Wasserwege nach In­dien und weiter nach Europa kommt, so passiert man die Sund» straße, die zum Indischen Ozean führt. Hier wächst plötzlich au» dem eintönigen, grauen, drückenden Nebel, den die äquatoriale» Sümpfe des Archipels weit um sich herum verbreiten, eine kahle, dunkle Bergspitze, ein öder Felsen, der wie ein Riesenzahn einer unter dem Ozean verborgenen Mundes die Wasseroberfläche durchbohrt. Das ist der Rest der einst großen und blühende« Insel Krakatao, die infolge eines Vulkanausbruches im Ozea« versunken ist. Dies war eine der schrecklichsten Naturkatastrophe«, die sich im 19. Jahrhundert ereignet bat: verschwanden doch über 10 000 Menschen in den Meereswellen Auf eine erhöhte Vulkan­tätigkeit im Jndiengebiet lieben Nachrichten in den letzten Jah­ren schließen, nachdem der furchtbare Krater wieder auferstande« ist und sich langsam über der Ozeanfläche erhebt.

Aus dem grauenerregenden Beispiel des Krakatao erkennt man, welch entsetzliche Gewalt noch immer Vulkanausbrüche und Erdbeben in diesem Teil der Welt haben, wo die Erdoberfläch» sich fast ständig wandelt. Erinnerlich dürfte noch sein, von welch! furchtbaren Erdbebenkatastrophen Japan heimgesucht wurde. Jetzt ist wieder die Zeit starker tektonischer Bewegungen gekom­men, unter denen nicht allein das Land des Mikado, sonder« auch Indien zu leiden hat.

Welch grauenvolles Schicksal! Zu den blutigen Kämpfe« dep Inder um ihre Freiheit, zu den oft erlebten Hungerkatastrophe» und Epidemien kommt in diesem kratischen Augenblick das AM- te» der Raturgewalten hinzu.

Neues vom Tage

Italien ratifiziert die Pouug-Abkommen Ra«, 8. Mai. Unter dem Datum des 5. Mai ist di« italienische Ratifizerung des Haager Abkommens über den Pvungplan erfplgt.