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SchwarzwAder Tageszeit»«- „A»s de« Tmmea*
Kr. 105
Der Trauertag in Oberinvren
Simla, 8. Mai. Der aus Anlatz der Verhaftung Gandtüs angesetzte Trauert«» wurde in den groben Städten Oberindiens allgemein durchgefiihrt. Geschäfte und Verkehr ruhten. In Delhi waren die Hochschulen und die anderen Schule« geschlossen. In der Provinz Labore wurden überall Kundgebungen veranstaltet. In Jalandhar war die Polizei gezwungen, von der Waffe Gebrauch zu machen. 30 Personen wurden verletzt, darunter zwei schwer.
Rückwirkungen der Spannung in Indien ans die deutsche Textilindustrie
Berlin. 6. Mai. Wie die „B.Z. am Mittag" zu berichte^ weiß, sind deutsche Textilhäuser, dir am Export nach Indien interessiert sind, von ihrem indischen Vertreter davor gewarnt worden, augenblicklich Sendungen nach Indien abzuschmen. Es werde dort zurzeit in einer so scharfen Form gegen fremde -,ex- tilien Stimmung gemacht, datz nch die Händler verpflichtet fühlen, jede Auslandsware zu boykottiere». Dem Blatt zufolge werden von diesen Vorgängen vor allem Unternehmungen des sächsischen Gebietes, die teilweise ein lebhaftes Exportgeschäft in bedruckten Stoffen nach Indien betreiben.
Sie Erde bebt
Erdbeben in Hinterindien
Rangoon. 6 Mai Bei einem Erdbeben wurden ungefähr 40 Personen getötet und über 100 verletzt. Eine Anzahl von Gebäuden stürzte völlig oder teilweise zusammen. Unter den Einwohnern herrscht größte Bestürzung, da ein so heftiges Erdbeben seit längerer Zeit nicht zu verzeichnen war.
4M Todesopfer des Erdbebens in Birma?
Rangoon, 6. Mai. Die Zahl der Toten bei dem gestrigen Erdbeben in Peg« (Birma) wird auf 4M geschätzt.
Erdbeben in Argentinien
Reuqork, 6. Mai. In der argentinischen Provinz Mendoza jstid Montag abend um 8.20 Uhr, wie die Associated Preß aus Buenos Aires meldet, schwere Erdstöße verspürt worden. Das Eyi-Zentrum des Bebens wird in den Anden angenommen.
Neues vom Tage
Der neue sächsische Ministerpräsident
Dresden, 6. Mai. An der in der heutigen Landtagssitzung vorgenommenen Minifterpräsidentenwahl nahmen insgesamt 95 Abgeordnete teil; ein sozildemokratischer Abgeordneter fehlte. Es wurden abgegeben für den Präsidenten Schiel 48 Stimmen der vereinigten bürgerlichen Parteien, fiir den Reichstagsabgeordneten Fleitzner 32 sozialdemokratische und für den Abgeordneten Renner 12 kommunistische Stimmen. Die Nationalsozilisten gaben weiße Zettel ab. Da bei 90 abgegebenen Stimmen — die weißen Zettel zählen nicht mit — Schiek mit 48 Stimmen die absolute Mehrheit erhalten hat, ist er zum Ministerpräsidenten gewählt.
Regierungsjubiläum des Königs von England
London, 6. Mai. König Georg beging am Dienstag sein Mjähriges Regierungsjubiläum. Aus diesem Anlaß waren aste öffentlichen Gebäude beflaggt. Eine im Hydepark aufgestellte Batterie feierte um 12 Uhr mittags den Königssalut von 21 Schüssen ab.
Opfer der Unruhen in Delhi
Delhi, 0. Mai. SO Opfer der heutige» Unruhe» wurde« ins Krankenhaus gebracht. Die meisten haben schwere Verletzungen erlitten.
Mectricti AuHSburyA?
Urheber-Rechtsschutz durch Verlag Oskar Meister, Werdau (11. Fortsetzung.)
„Und der schönste, Majestät. Die Berlinerinnen verdrehen sich schier die Köpfe nach ihm."
Erumbkow bemühte sich, mit seinem trockenen Organ etwas Wärme und Schwung zu markieren.
Erfreut blickt ihn der König an.
„Der schönste Kerl, Erumbkow. Da hat Er recht. Behandle Er ihn mir mit allem Entgegenkommen."
Erumbkows Staunen stieg immer höher. Schließlich konnte er sich nicht verkneifen zu fragen: „Wer ist eigentlich Herr von Augsburger, Majestät. Keiner kennt die Familie."
Der König schmunzelte.
„Ei, ist Er auch neugierig? Das kann ich Ihm nicht sagen, Grumbkow. Behandle Er ihn mit allem Respekt. Eines Tages wird Er hören, wer der Augsburger ist."
Als Erumbkow schon die Türklinke gefaßt hatte, rief ihn der König zurück.
„Hör' Er, Erumbkow, weiß Er kein honorables Quartier für den Augsburger?" .
Erumbkow war aufs höchste erfreut über des Konrgs Frage, aber er verbarg geschickt seine Freude.
„Majestät wollen mir giftigst den Auftrag erteilen, Herrn von Augsburger zu quartieren. Ich werde dann für ein honorables Quartier sorgen."
„Zst recht, Erumbkow. Tu' Er das."
„Wohin kann ich dem Rittmeister Botschaft senden?
„Er ist beim Schloßhauptmann Soldin."
Herr von Metzingen, Kammerherr des Königs, Besitzer von vier Rittergütern, besaß in der Wilhelmstraße ein prachtvolles Palais. , .
Wenn man die Gutmütigkeit hätte personifizieren wollen, so brauchte man nur den Kammerherrn zu nehmen, der auch innerlich ganz seiner äußeren Erscheinung entsprach. ^
Auf einem kleinen, dicken Körper saß ein richtiges Paus- backengesicht mit kleinen Schweinsäuglein von unglaublicher Gutmütigkeit. Besonders boshafte Menschen behaupteten, er habe das schönste Schafsgesicht von Berlin. Der Hals schien vergessen zu sein, jedenfalls war er so kurz,
Reubesetznngeu i« auswärtigen Dienst Berlin» 6. Mai. Der deutsche Botschafter in London, Dr. Sthamer» hält sich gegenwärtig in Berlin auf. Seine Anwesenheit hier hängt mit dem bevorstehenden großen Revirement im auswärtigen Dienst zusammen. Es scheint nunmehr ziemlich sicher, daß der jetzige Botschafter in Rom, Dr. von Neurath, der Nachfolger Dr. Sthamers sein wird und daß Staatssekretär Dr. von Schubert» an dessen Stelle bekanntlich der Vortragende Legationsrat Bernhard von Bülow treten wird, die Botschaft beim Quirinal übernehmen wird Da Bernhard von Bülow durch den gegenwärtigen Gesandten in Oslo, Dr. von Köster, ersetzt werden wird, muß also noch die Entscheidung getroffen werden, wer nach Oslo gehen wird.
Empfänge beim Reichspräsidenten Berlin» 6. Mai Der Reichspräsident empfing heute den deutschen Botschafter in London, Dr. Sthamer, sowie de» deutschen Gesandten in Santiago, Dr. Olshausen.
Ms Stadt und Land
Altensteig, den 7. Mai 1930.
Oeffentliche Bausparkaffe Württemberg
Die Städtische Sparkasse Altensteig veranstaltete am 6. Mai im Gasthof zum „Grünen Baum" einen Vortrag über die Ziele der Oeffentlichen Bausparkassen Württemberg. Sparkassendirektor Walz begrüßte die Anwesenden mit freundlichen Worten und stellte den Redner, Obersekretär Löffler-Stuttgart vor. Der Einladung in der „Schwarzwälder Tageszeitung" hatten nach den hiesigen Verhältnissen zahlreiche Gäste Folge geleistet,' denn, und das mutz festgestellt sein, das auch aus dem folgenden Bericht eindeutig hervorgeht, das Gehörte war derart interessant und für die Jetztzeit in B e - zugaufdiegeldlichenundsomitwirtschaft- lichen Verhältnisse von ausschlaggebender Wichtigkeit. Wir gehen nun zum Vortrag des Herrn Löffler-Stuttgart selbst über. Der Redner führte etwa folgendes aus:
Die Schaffung von Wohnraum gehört zu den größten sozialen Problemen der Nachkriegszeit. Das schnelle Anwachsen der großen Städte und die verheerenden Folgen des verlorenen Krieges auf dem Kapitalmarkt verursachten die heutige Wohnungsnot. Der jährlich notwendige Bedarf von 8000 Neubauwohnungen in Württemberg wurde in keinem der Nachkriegsjahre auch nur annähernd gedeckt. Noch heute fehlen in Württemberg 15 000 Wohnungen, für ganz Deutschland wird diese Zahl mit etwa 800 000 geschätzt. Unter dem Druck dieser trostlosen Verhältnisse nahm die Eigenheimbewegung einen mächtigen Aufschwung. Auch die deutschen Sparkassen, die allein 1924/1029 mehr als 2 Milliarden Reichsmark zum Wohnungsbau beitrugen, treten heute als die berufensten und uneigennützigsten Förderer des Spargedankens vor die Oeffentlichkeit mit Bausparkassen, deren System von ersten Fachleuten ausgearbeitet ist und das auf einer mathematisch sicheren Grundlage beruht. Bei diesem System ist die Gesamtheit aller Erfahrungen auf dem Gebiet des Bausparkassenwesens vereinigt. Die öffentlichen Bausparkassen sind so in der Lage, das kollektive Bausparen in einwandfreier Form durchzuführen. Die Oeffentliche Bausparkasse Württemberg, gegründet vom Württ. Sparkassen- und Giroverband, daher eine unbedingt sichere Einrichtung, — haften doch für die eingezahlten Gelder sämtliche Amtskörperschaften des Landes — ist eine gemeinnützige Anstalt. Sie leiht ihre Gelder aus zum Bau und Kauf, Umbau oder Erweiterung von Ein- und Mehrfamilienhäusern. Große Bedeutung kommt auch der Ablösung von hochverzinslichen Hypotheken und Aufwertungshypotheken zu. Die Bausparkasse
gewährt für Einzahlungen 4 Prozent, verlangt aber auch für die Darlehen nur 4 Prozent. Für die Zuteilung sind die Bausparer in 22 Zuteilungsgruppen eingeteilt, in denen ein für immer feststehender Hundertsatz zugeteilt wird. Innerhalb einer Gruppe haben alle Bausparer dieselben Rechte, über die Reihenfolge unter ihnen entscheidet also billigerweise das Los. Dadurch wird ein „Wettsparen" völlig ausgeschlossen. Der wirtschaftlich Schwächere kommt genau so zum Zuge wie der finanziell besser Gestellte. Durch sogenannte Sonderzahlungen kann sich ein Bausparer die längste Warte- und Vertragszeit verkürzen, ohne daß dabei die anderen Bausparer geschädigt werden. Cs find 5 Tarife mit 6—18 Jahren vorgesehen. Innerhalb dieser Zeit erhält der Bausparer sein Baudarlehen und tilgt es auch. Beliehen wird bis zu 80 Prozent des Objekt-Werts. Der Bausparer hat — aber erst bei der Auszahlung — 20 Prozent Eigenkapital nachzuweisen, wobei das gesamte Vermögen aus diese 20 Prozent angerechnet wird. In den monatlichen Einzahlungen sind die sehr geringen Verwaltungskosten schon enthalten, ebenso die Prämien für eine Lebensversicherung, die zu dem Bausparvertrag gehört. Dieser Lebensversicherungsschutz ist ein sehr wertvoller Bestandteil der ganzen Einrichtung. Er befreit beim Tode des Ernährers die Hinterbliebenen von der Schuld an die Bausparkasse und ermöglicht ihnen das Verbleiben im eigenen Heim.
Die Sparkassenorganisation erfüllt mit diesem neuen Geschäftszweig eine höchst bedeutsame wirtschaftliche Aufgabe. Der gute Besuch der Versammlung und die nachfolgende Aussprache zeigten, daß für die Oeffentliche Bausparkasse lebhaftes Interesse besteht. Es ist zu hoffen, daß es ihr im Verein mit den öffentlichen Sparkassen gelingt, auf dem Gebiete der Wohnungsbaufinanzierung und der Entschuldung Entscheidendes zu leisten.
Sparkassendirektor Walz dankte dem Redner für den glänzenden Vortrag und den Gästen für ihr Erscheinen.
Kommendes Konzert. Chorleiter Hammacher aus Nagold wird mit seinen drei von ihm geleiteten Vereinen (Liederkranz Mindersbach, Cäcilia Vollmaringen und Sängerlust Altensteig) am Sonntag, den 18. Mai, ein Konzert- abhalten. Seine Musikschüler aus Mtensteig werden dabei auch auftreten und manches schöne Musikstück vortragen. Das Konzert wird in der Turnhalle stattsin- den. Zu Gehör kommen Massen- und Einzelchöre. Der Eintrittspreis wird sehr nieder gehalten, damit für jeden Musikfreund die Möglichkeit besteht, das Konzert zu besuchen. Es wird gut sein, den Tag sich für den Konzertbesuch freizuhalten.
Freie Turnerschaft. Die Maifeier am letzten Sonntag im Easthof zum „Grünen Baum" nahm bei gutem Besuch einen schönen Verlauf. Der musikalische Teil wurde ausgeführt von dem Streichorchester der hiesigen Stadtkapelle. Nach dem Eröffnungsmarsch begrüßte Vorstand Silberhorn die Anwesenden und gab einen Blick in die Vereinschronik vom Gründungstag ausgegangen. Er gab die erfreuliche Tatsache kund, daß der Verein die Mitgliederzahl 90, ohne Schülerabteilung, erreicht hat. Der Prolog „Der 1. Mai", vorgetragen von Turngenosstn L. Strähle, sowie der folgende Sprechchor wurden mit lautloser Stille ausgenommen, worauf ein überwältigender Beifall folgte. Der Sprechchor ist ein wirkungsstarkes Gestaltungsmittel für unsere Feste. Durch ihn vermögen wir Empfindungen, Gedanken und Wollen unserer Gemeinschaft hörbar zum Ausdruck bringen, somit gewinnt das proletarische Fest mehr und mehr an eigenem Charakter, neuen Inhalt und neue Formen. Die Schülerabteilung unter Leitung von Turngenosse Silberhorn hat Zeugnis abgelegt, daß innerhalb kurzer Zeit ein schöner Fortschritt gemacht worden ist. Es war eine wahre Lust, wie die Mädels und Burschen im Takte der Musik den Reigen „Sieben Mücklein" und die Freiübungen in exakter Ausführung vorgeführt haben. Der Jungschar ein Eesamtlob. Ernste, bewußte Arbeit brachten die gymnastischen Uebungen der Zuaendturner- und Turnergruppe unter Leitung von Turnwart I. Groll. Mit der Pflege bewußter Zweckgymnastik läßt sich die harmonische Bildung und Formung des Körpers und seine Leistungsfähigkeit günstig beeinflussen. Freude am Körper, Wohlbefinden und Selbstvertrauen sind die weiteren Erfolge. Die Vorführungen zeigten
daß man den Eindruck gewann, als ob der Kopf direkt auf dem Rumpfe säße.
Ein Kuriosum war seine prächtige Lockenmähne, die gar nicht zu dem Gesicht paßte und es ungewöhnlich groß erscheinen ließ.
Herr Kammerherr von Metzingen saß eben stillvergnügt in seinem breiten Lehnstuhl und rauchte eine Pfeife, als ein Bedienter eintrat.
„Herr Staatsminister von Grumbkow wollen Ew. Hoch- geboren sprechen."
Die Schweinsäuglein blickten einen Augenblick fassungslos Dann sprang er auf mit einem Satze, den man dem Fettwanst nicht zugetraut hätte.
Angstvoll glitt sein Blick an seinem Schlafrock hinunter, den er oft von früh bis abends nichi ausAog.
„Was tun wir da, Nathan?" seufzte er auf.
Hochwohlgeboren müssen sich umziehen. Der Herr Minister ist rm großen Empfangszimmer."
. !?> Nathan. Zst gut so. Bringe mir den filber-
bestickten Rock. Schnell!"
Unter Schnaufen, Stöhnen. Glucksen ging das Umziehen vonstatten. ^
Endlich stand der Kammerherr im Glanze seiner Uniform da und besah sich im Spiegel.
„Was wird denn der Erumbkow wollen, Nathan? Ich hätt' ihn ja aussuchen können. Macht sich der Minister selbst die Mühe und kommt zu mir."
„Wird Appetit aus Ihren Tokayer haben. Ew. Hoch- geboren", brummte Nathan und wiegte seinen grauen Kopf. Er stand mit seinem Herrn auf sehr vertrautem Fuße. Der König selbst hatte einmal scherzhaft gesagt, die roten Nasen vom Herrn und Diener sähen sich wie Brüder ähnlich.
Nathan ging seinem Herrn voran und meldete, als er in das Empfangszimmer trat, laut:
„Seine Hochgeboren, Herr Baron und Kammerherr von Metzingen."
Erumbkow kam dem Herrn des Hauses näher.
„Ew. Exzellenz, herzlich Willkommen! Die Ehre, die Exzellenz damit meinem Hause — ich freue mich wirklich."
„Ach was, reden Sie nicht, Baron Metzingen. Wir sind doch alte Freunde. Sind wir das?" Jovial klopfte er dem Baron auf die Schulter.
„Sind wir — ja, ja, das sind wir, Exzellenz."
„Dann wollen wir uns einmal über eine Sache unterhalten. Wir müssen — wo können wir ungestört miteinander reden?"
„In meinem Privatkabinett, Exzellenz."
Eifrig trippelte er vorweg, gab dem Diener einige Anweisungen, und nach weniger denn fünf Minuten saßen beide in dem Kabinett des Barons bei einem feurigen Tokayer zusammen.
Der Baron war vor Spannung ganz erregt und hing mit den Blicken an Erumbkows Mund. Die ließ sich aber Zeit.
„Baron", begann er endlich. „Sie wissen, daß der König den Rittmeister von Augsburger mitgebracht hat. Ist ein verteufelt schöner Bursche, und Energie scheint er im Leibe zu haben. Schockschwerebrett, Baron, er hat es fertig gebracht, daß der König den Eversmann hinausgeworfen hat."
Der Baron war vor Verwunderung ganz blaß geworden.
„Der Eversmann ist entlassen —?"
„Nicht entlassen, richtiggehend rausgeschmissen, ohne Pension, weil er den Augsburger beleidigt hat."
„Wegen dem Augsburger?"
„Wegen der Persönlichkeit, die unter dem Namen Friedrich von Augsburger bei Hofe eingeführt wird."
(Fortsetzung folgt.)