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Schwär,wälder Tageszeit««, „Aus de« Ta«««,''
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Unternehmen von der Hapag und verschiedenen Großbanken finanziert. Es besteht die Möglichkeit, daß die bis jetzt noch nicht beteiligten Länder Spanien und England sich der Gesellschaft auch noch anschließen werden. Deutschland allein ist nicht in der Lage, ein derartiges Unternehmen zu finanzieren. Durch den Zusammenschluß mehrerer Staaten, sowie Lurch bereitwilliges Zusammenarbeiten und Austauschen von Gedanken und Erfahrungen nur kann in bezug auf Bau und Handhabung der Luftschiffe das Veste erreicht werden.
Schobers Pariser Reife
Französische Hetze
Bor dem Eintreffen des österreichischen Bundeskanzlers Schober in Paris griff die französische Presse auf die Ergebnisse der letzten Zusammenkunft zwischen Schober und Mussolini in Rom zurück und versuchte das Gespenst eines gegen Jugoslawien gerichteten italo-österreichischen Bündnisses an die Wand zu malen. In großer Aufmachung servierte die französische radikale faschistenfeindliche Zeitung ,F)euvre" ihren Lesern den angeblich zwischen Mussolini und Schober verabredeten Bau einer neuen Eisenbahnlinie, der sogenannten Ostbahn, die eine direkte Verbindung zwischen Klagenfurth und Graz zu schaffen und somit den Italienern den Aufmarsch durch das österreichische Gebiet zum Zwecke des Anschlusses an ihren ungarischen Verbündeten und zur rückwärtigen Bedrohung Jugoslawiens zu sichern hat.
Es ist kein Geheimnis mehr — behauptete das französische Blatt — daß im Falle eines bewaffneten Konfliktes mit Jugoslawien der strategische Aufmarschplan der italienischen Armee die Ausnutzung der öftere ich ischen Gegend Klagenfürth—Graz als Operationsbasis der italienischen Truppen vorsieht. Und diesen gefährlichen italienischen Plänen käme die Bereitwilligkeit Schobers, die Ostbuhn auszubauen, zu Hilfe. Am 13. April — erzählte Oeuvre weiter — hat Schober die Landesregierungen von Kärnren und Steiermark zu einer dringenden Sitzung zusammrn- gerufen, um die Votierung von 20 Millionen österreichischer Schillinge als Beitrag dieser österreichischen Lände: zn den Baukosten der projektierten Bahn durchzusetzen. MÄ einer gleichen Summe würde sich die österreichische Bundes^ regierung beteiligen. Und den Rest — malt das fraNzZ» fische Blatt den Teufel an die Wand? — hätte MusstckL»i
Leizusteuern.
Das .Zournal" sagt, man müsse entweder dazu komm-Rh im Donaubecken das wirtschaftliche Gleichgewicht wiedev- herzustellen oder Oesterreich werde der Anziehungskraft Deutschlands erliegen. Frankreich Hab« in diesem Pnnft
Zweimal a»kabt erstens, «lei.ÜG Oesterreich selbst
rettete und zweitens, als sich Deutschland wesentlich weniger beeilte, Oesterreich wirtschaftliche Vorteile zu bieten, als Oesterreich es nötig gehabt hätte.
Das nationalistische „Echo de Paris" benutzt den Besuch des Bundeskanzlers gleichfalls zu einem Ausfall gegen den Anschluß und Leon Blum, der Führer der Sozialdemokraten, im „Populaire" zu einem heftigen Angriff auf Schober, weil dieser die Heimwehren noch nicht aufgelöst hat. Schober habe mit ihrer Hilfe die Sozialdemokraten Oesterreichs zur Annahme der Verfassungsreform zwingen können. Diese Tatsache steht allerdings fest. Dagegen gehört wohl in das Reich der Phantasie die Behauptung, Schober habe sich >in einem Brief an den Völkerbund verpflichtet, die Heim- wehren auszulösen.
Ho^eZenmisriizck«' Komon von Vokqsnq k1«-I<sn
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(6. Fortsetzung.)
Voltaire lächelte. „Sire, ich fragte die Frau Fürstin, wer wohl der häßlichste, wer der gröbste und wer der schönste Mann in Preußen sei."
„Nun, was hat Er herausbekommen? Der Häßlichste ist bestimmt Er!"
Voltaire verbeugte sich. „Der Ruhm gebührt mir, Sire. Der des Gröbsten Ihnen."
Der König schmunzelte. Daß er grob war. hörw er gern, und Voltaire wußte es. „Nun, und wer ist der schönste Mann in meinem Preußen?"
„Das hat Frau Fürnm noch nicht entschieden."
„Den ganzen Saal weche ich fragen. Sollen mir alle Rede stehen", rief er fast aufgeräumt. Dann winkte er seinem Sohne: „Fritz, hat Er noch wn dem alten Moselbacher Wein da?"
Der Kronprinz winkte aufatmend den Dienern. Sie sprangen fort.
Der Sohn trat rasch zum Vater. „Wo wünschen Ew. Majestät zu speisen?"
„Hier im Saale. Stell' Er einen Tisch mit geraden Deinen hin, nicht so'n Plunderzeug. Dann laß Er Musik machen. Kann die Bande einen Marsch spielen""
„Wie Ew. Majestät befehlen!"
Auf seinen Wink schmetterten die Musikanten einen prächtigen Reitermarsch, der dem König ausnehmend gut gefiel.
Er erhob sich und trat zu der Kapelle.
„Das ist recht, Kerls, daß ihr was Ordentliches spielen könnt."
Sein Auge blieb dann an dem langen Trommler hasten.
„Wie heißt Er?" schnauzte er ihn an.
Der Aermste konnte nur stammeln: „Augustus Mrla-
„Was hat Er da für einen verrückten Namen!" Der König schüttelte den Kopf. Dann sah er ihn durchdringend an.
„Trommel' Er!"
Mit Todesverachtung bearbeitete der Tambour das Kalbfell. Der König stand und lauschte, als höre er die
Di« französische radikale Presse, die überall in der Welt faschistische Intrigen und Angriffspläne Mussolinis zu wittern pflegt, übertreibt des öfteren die Möglichkeiten der italienischen machtpolitischen Expansion im Osten und Südosten Europas. Es scheint uns kaum möglich zu sein, daß Schober, der doch an der Beibehaltung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen dem kleinen Oesterreich und allen Großmächten Europas einschließlich Frankreichs das größt« Interesse hat, sich blindlings vor den Wagen der faschistischen Alarmpolitik spannen lassen würde. Merkwürdig bleibt nur, daß der französische Ministerpräsident Tardieu im Augenblick von Schobers Ankunft sich auf eine Erholungsreise begeben hat.
Oesterreichs deutsche Politik hat in Dr. Seipel und Dr. Schober zwei Führer gehabt, die jedenfalls in der ersten Etappe den bedeutenden Erfolg buchen konnten, daß das kleine Land sich allmählich konsolidiert und nicht die Beute zu Zeiten einmarschlüsterner Erenznachbarn, auch nicht des Bolschewismus russischer Prägung, geworden ist. Die Ver- fasiungsreform und die Wiedergewinnung der wirtschaftspolitischen Unabhängigkeit ist eine persönliche historische Leistung des gegenwärtigen leitenden Staatsmannes. Er wird sein Werk mit Besonnenheit und Ruhe fortsetzen und auch auf feiner jetzigen Reise für die Interessen seines Landes wirken können, ohne daß jemand von ihm innigere Zusicherungen erwarten dürste, als sie in der Lin,« einer Politik liegen, die ohne äußere Störungen aufbauen, wiederherstellen und das Land neu kräftigen will.
Eine bemerkenswertere Note als der Pariser Besuch dürfte, auch abgesehen von den eigentlichen Anleiheverhandlungen. Dr. Schobers Aufenthalt in London tragen. Das freundschaftliche Verhältnis, das sich im Haag zwischen ihm und Schatzkanzler Snowden angebahnt hat, scheint gelegentlichen von den österreichischen Soz",demokrnten ,>na"p?nehm empfunden zu werden.
Maifeier-Berbote
Umzugsverbot in Bayer«
München, 29. April. Nunmehr hat auch das Bezirksamt München, wie die Polizeidirektion, sämtliche kommunistischen Umzüge, Versammlungen usw. unter freiem Himmel und in geschlossenen Räumen für den gesamten Landbezirk München für den 1. Mai verboten. Auch die Nürnberger Polizeidirektion hat ein Verbot erlassen.
In Frankreich Demonstrationen verboten
Paris, 29. April. Die französische Regierung hat zum 1. Mai alle öffentlichen Umzüge verboten und angeordnet, daß jede öffentliche Kundgebung, jede Arbeitsbehinderung und jede Gewalttätigkeit mit größter Strenge unterdrückt werden wird.
Neues vom Tage
Was geht bei den Demokraten vor?
Berlin, 29. April. Der Vorstand der Demokratischen Partei Berlin-Mitte hat folgenden Beschluß gefaßt: Der Vorstand der Demokratischen Partei Berlin-Mitte hat mit Bedauern und Befremden von den Vorkommnissen Kenntnis genommen, die sich bei der Bildung des Kabinetts Brüning abgespielt haben. Gr erblickt in der Unterstützung die
ser Regierung durch die Demokratische Partei einen Mangel an zielbewußter Führung und einen Bruch mit den Grundsätzen und Forderungen der Partei, sowie eine Erfahr für ihren Fortbestand. Er ersucht den Berliner Parteitag, die sofortige Einberufung eines außerordentliche« Parteitages zu fordern, mit der Parole, die Beziehunge» der Partei zur Regierung zu lösen. Diese Forderung ist da» Gebot der Stund«. Der demokratisch« Parteivorstand ist, laut „Vossischer Zeitung" auf Montag einberufen worden. Voraussichtlich wird, wie das Blatt berichtet, an diesem Tag beschlossen werden, daß der Parteiausschuß am 24. Mai in Berlin Zusammentritt, um sich mit den inneren Auseinandersetzungen zu befassen.
Gegen den Bau des Panzerschiffes B Darmstadt, 29. April. Die hessische demokratische ^and- tagsfraktion hat heute an die Reichstagsfraktion in Berlin das dringende Ersuchen gerichtet, gegen den Bau des Panzerkreuzers B zu stimmen.
Untergang eines indische« Flußdampfers mit 300 Passagieren
Kalkutta, 29. April. Während eines Zyklons sank auf dem Flusse Jamuna in Ost-Bnegalen der Dampfer „Con- dor". Bon 300 Passagiere«, die sich an Bord befanden, stad bisher nur 20 als gerette gemeldet.
Aus Stadt und Land
Altensteig, den 30. April 1930.
Es blüht. In diesem Jahre haben wir die schöne Blütezeit schon zu Ende April. Die Kirschenblüte geht sogar zum Teil schon zur Neige, ist aber bei raschem Entschluß immer noch zu erhaschen; ganz herrlich präsentieren sich die Täler, Nagold-, Kinzig-, Rench- und Murgtal im Vlütenschmuck. Bei Bühl kommen bereits die Apfelbäume ins Blühen. Prachtvoll und äußerst lohnend ist jetzt eine Fahrt ins Kinzigtal, Renchtal, Op- penau—Oberkirch—Waldulm oder über den Ruhestein nach Baden-Baden und durch das Murgtal zurück; in der Bäderstadt blühen Magnolien und Rhododendron in reicher Fülle. In den Niederungen kommt sogar schon der goldige Einster heraus, dessen Zeit normalerweise erst die Maimitte ist. Weit voran sind die Saaten, halbmeterhoch weht uns das grüne Halmenmeer der Roggenfelder entgegen. Frisch auf, hinaus ins weite Land — zur Blütezeit!
Glatten, O.A .Freudenstadt, 29. April. Am Samstag weilten zwei Mannschaften der Sp.Vgg. Freudenstadt hier zur Austragung von Freundschaftsspielen. Die 3. Mannschaft Freudenstadts wollte sich scheinbar rächen an der Niederlage vor acht Tagen vorher mit Hornberg. Dieses jedoch gelang ihnen nicht und sie verlegten sich auf rohes Spiel. Besonders der Halblinke tat sich hervor, dieser schlug dem Torhüter, als dieser herauslief und in vorgebückter Haltung den Ball schon hatte, denrechtenFußglatt ab. Der Unfall ist umso tragischer, da der Verunglückte kommenden Sonntag Hochzeit machen wollte. Dies sollte wieder eine Warnung sein, daß das Fußballspiel Sport ist und kein Kriegsgefecht.
Tübingen, 29. April. Gestern nachmittag 3 Uhr fand in Anwesenheit von Oberbürgermeister Scheef die feierliche Einweihung des neuen am Nordabhang des Oesterbergs in der Brunnenstraße gelegenen Studentenheims „Deutsche Burse" statt. Der Plan zu dem prächtigen Heim stammt
köstlichste Musik. Endlich gab er den Befehl, daß er aufhören solle.
„Wieviel Zoll mißt er?"
„Zweiundsiebzig Zoll, Ew. Majestät!" hauchte der Unglückliche, der schon ahnte, was ihm bevorstand.
„Er lügt!" donnerte ihn der König an. „Er ist mindestens fllnfundsiebzig Zoll groß."
„Nicht einen halben Zoll ist er größer", kam der Kronprinz dem Unglücklichen zu Hilfe. „Als ich ihn als Trommler annahm, habe ich ihn messen lassen, weil ich glaubte, daß er für die Garde Ew. Majestät in Frage käme. Aber er ist nur zweiundsiebzig Zoll hoch. „Es tat mir leid, daß ich Ew. Majestät nicht einen „langen Kerl" verschaffen konnte."
Die Worte gefielen dem König. Er nickte seinem Sohn und dem Trommler wohlwollend zu und nahm dann an der Tafel Platz. Der Wein und das kalte Essen schienen ihm vorzüglich zu munden, denn er ließ sich Zeit.
Um seinen Vater noch günstiger zu stimmen, ließ der Kronprinz die Kapelle ununterbrochen Märsche spielen und erreichte damit, daß die Stimmung des Königs immer fideler wurde.
Gndlich beendete der König seine Mahlzeit.
Er wandte sich zunächst an die Frau Fürstin und frag: sie: „Nun, Frau Fürstin, haben Sie sich inzwischen übe legt, wer der schönste Kerl in Preußen ist?"
Die Fürstin nannte den Generalmajor von Klettei Hausen, was der König sehr gnädig aufnahm.
„Sie haben einen guten Blick. Den lasse ich mir g fallen. Aber er ist nicht ver Schönste. Bei meiner Ehr ich habe heut' einen Schöneren gesehen, dem reicht d, Klettenhausen nicht das Wasser. Einen Malefizkerl, sa: ich Ihnen — und noch gröber als sein König. Versteht 6 mich, Mosjö Voltaire? Noch gröber als sein König."
Er schritt dann durch den Saal und fragte die einzelne: Die verschiedensten Persönlichkeiten wurden genannt, wc dem König teils gnädige Zustimmung entlockte, teils zu Lachen reizte.
Als er die Runde abgeschritten hatte, kam er zu Vo tmre und sah ihn spöttisch an.
„Nun Mosjö, weiß Er mir auch einen zu nennen?"
„Ja, Sire, — den Schmied von Jlsleben, Friedri Augsburger, der zurzeit im Städtchen im Gasthaus zu: „Grünen Kranz" logiert." °
Der König war maßlos erstaunt.
"-^2 ist er. Beim leibhaftigen Satan, das ist d, Bur>che. Das ist der schönste Kerl in meinem Land. Ur
grob ist der Kerl, hör' Er, Mosjö, grob, daß —. Ja, sag' Er, woher kennt Er den Burschen?"
Voltaire erzählte sein Erlebnis mit dem jungen Schmied.
„Ein Sappermentskerl! Den muß ich in Berlin haben, Fritz!"
Der Kronprinz eilte rasch herbei.
„Sofort sechs Berittene nach der Stadt. Den Mosjö Augsburger aus dem „Grünen Kranz", den will ich heute nacht noch hier haben. Versteht Er mich. Noch diese Nacht will ich den Burschen haben. Laß Er seine Leute sofort ausrücken und dann laß Er seine Musikusse noch den ersten Marsch spielen."
Der Kronprinz gab die Befehle. Der Marsch war noch nicht verklungen, als sechs Berittene hinausjagten.
Als der König nach Schloß Rheinsberg weitergeritten war, wagte sich der Wirt wieder ins Zimmer. Er hatte die gesamte Unterhaltung des Schmieds mit dem König gehört und staunte nun den frisch-fröhlichen Friedrich Augsburger wie ein Wundertier an.
Ihr habt mir einen großen Dienst erwiesen, Herr Augsburger. Erlaubt, daß ich Eure Zeche, solange Ihr hier wohnt, mit schwarzer Kreide in den Schornstein schreibe."
„Wenn Euch das Spaß macht, Herr Wirt, dann immerzu. Werd' ich Rheinsbergs Armen das Geld schenken, das ich bei Euch verzehrt hätte. Aber nun bringt noch etwas zu trinken."
„Das Beste aus meinem Keller, das Allerbeste. Habt ja Dispens vom König, könnt trinken, solange es Euch beliebt.
Eilfertig stürzte er fort und bediente seinen East, als habe er den König vor sich. Die Musikanten kramten alte Melodien aus ihrem Musikschatze, und Friedrich Augsburger sang.
Der alte Polizeidiener hörte es nachts um zwei Uhr, schüttelte den Kopf unwillig und ging in die Gaststube, um den Fremden zur Ruhe zu bringen.
7 5* eintrat, erstaunte er sehr, denn der Wirt saß
selbst mit dem Fremden zusammen und trank ihm andauernd zu.
„Herr Wirt", sagte er so höflich, wie er es vermochte, „ich mache Euch darauf aufmerksam, daß Ihr das Aerger- nis unseres Rates und unseres Königs erregt, wenn Ihr Euch samt Eurem Gast nicht ohne Verzug zur Ruhe begebt."
Der Wirt torkelte auf ihn zu.
(Fortsetzung folgt.)