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ALtenstsig. Mittwo ch den 30. April 1 930
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«orjrylag: Aufhebung von 37 Oberämter»
Der 1. Hauptdand des Eutachrens des Reichssvarkommissars Dr. Saemisch über die Landesverwaltung Württemberg und im besonderen über den Behördenaufbau und die Finanzen liegt nun vor. Es ist eine umfangreiche Drucksache von 184 Seiten, die von gründlicher Arbeit zeugt. Im Vorwort heißt es u. a.: Die württ. Verwaltung war von jeher durch Gediegenheit und Gründlichkeit sowie bei aller Neigung zum Festhalten an überkommenen Einrichtungen durch das Bestreben gekennzeichnet, nicht rückständig zu sein. Ihr war ferner eine mit der althergebrachten Genügsamkeit der Beamtenschaft in engem Zusammenhang stehende Sparsamkeit immer eigentümlich. Die Aufgabe, diese Verwaltung zu prüfen, mußte sich im wesentlichen auf die groben grundsätzlichen Fragen der Berwaltungsreform beziehen. Das Gutachten erörtert deshalb 1. die Reformziele, 2. die Finanzlage und ihre Entwicklung, 3. die Reformverschläge.
Im einzelnen wird die Entwicklung der wiirtr. Verwaltung und die bisherigen Reformbestrebungen in einem geschichtlichen llederblick behandelt und die Aufgabe des Reichssvarkommissars in Württemberg klargelegt. Auf Einzelheiten wird noch zurüL- »ukommen sein.
Die vorgeschlagene Neugliederung der Oberämter
Das Wichtigste und Wesentlichste enthält Paragraph 3 Über die Neugliederung der Oberamtsbezirke. Die Prüfung nach ver- waltungsvolitischen und finanzpolitischen Grundsätzen bat ergeben, daß nur 23 Oberämter so gestaltet werden können, daß sie geographischen und wirtschaftlichen Merkmalen entsprechen. Für A Oberämter ergibt sich die Notwendigkeit der Aufhebung daraus, daß sie aus steuerschwachen Gemeinde« sich zusammeu- setzen und daß ihre durchschnittliche Steuerkraft sehr geriug ist.
Diese 20 Oberämter sind: Brackenheim. Marbach, Herrenberg, Horb a. N., Nagold, Rottenburg, Spaichingen, Sulz a. N„ Lrailsheim, Ellwangen, Gaildorf, Eerabronn. Künzelsau, Ne- resheim. Oehringen, Welzheim, Ehingen. Münsingen, Saulgau und Waldsee.
Andererseits wird die Aufhebung von 17 weiteren Oberämter« nötig, da diese Oberämter, obwohl sie nicht leistungsschwach find, zu Berwaltungseinheite» ausreichender Größe nicht erwei» tert werden können. Es sind dies die Oberämter Besigheim, Leanders, Maulbronn, Neckarjulm, Vaihingen a. E., Waiblingen, Neuenbürg, Nürtingen, Oberndorf, Urach, Schorndorf, Blaubeuren. Geislingen, Kirchheim u. T.. Laupheim, Wangen.
Eigenartig ist die Stellung des Amtsoberamtes Stuttgart. Die Frage der Aufhebung des Amlsoberamtes Stuttgart hängt mit dem Problem Grob-Stuttgart aufs engste zusammen. Das Amtsoberamt ist, wenn es in seiner gegenwärtigen Gestalt auch »u den Leistungsfähigen gehört, doch zu klein, um aufrecht erhalten zu werden. Die Vergröberung gerade dieses OLeramtes scheint ausgeschlossen. Die Eingemeindungen in die Stadt Stuttgart, mit denen das Gutachten rechnet und die rum größten Teil wohl auch zwangsläufig sind, werden seine Größe wie auch seine Leistungsfähigkeit Herabjetzen. Die Ausrechterbaltung des Amtsoderamtes wird denn auch im allgemeinen gar nicht mit diesen für die übrigen Oderämter geltenden Gesichtspunkten gerechtfertigt. Seine hauptsächliche Aufgabe wird darin gesehen, daß es, lindem es die um Stuttgart berumliegenden Gemeinden, die rrotz verschiedener Wirtjchaftsstruktur durchweg einen Einschlag von Vsrortcharakter haben, verwaltungsmäßig zujammengefabt, einen Schutz gegen Eingemeindungsbestrebungen bietet und einem zu starken Wachstum der Großstadt entgegenwirkt.
D»e neuen, noch verbleibenden vverämter sind: Backnang mit 89 Gemeinden, Bietigheim (Ser bisherige Oberamtssitz in Ludwigsburg wird nach Bietigheim verlegt) 106 (Gemeinden), Böblingen (66), Eßlingen (71), Heilbronn (105), Balingen (49), Ealw (115), Freudenftadt (LÄ), Reutlingen (86), Rottweil (65), Tübingen (73). Tuttlingen (38), Aalen (77), Gmünd (56), Hall (104), Heidenheim (40), Mergentheim (132), Biberach (96). Göppingen (89), Leutkirch (56), Ravensburg (82), Riedlinsen (103), Ulm (113).
Die durchschnittliche Einwohnerzahl der neuen Oberämter wird 94 969 gegenüber jetzt 36 693 üetragen, der durchschnittliche Flächeninhalt 839,63 Quadratkilometer gegenüber jetzt 318,40 Quadratkilometer. Die Zusammenfassung starker Industrie mit grasen landwirtschaftlichen Gebieten trifft in besonderem Maße auf die Oberämter zu, die der Größe nach an erster Stelle stehen: Bietigheim 187 068 Einwohner, Heiloronn 165 645, Eßlingen 139,618, Ulm 130 407. Auch die Steuerkraft der neuen Ober- amrer ist ausgeglichen, allerdings sind noch 4 darunter, deren »sleuerkraflsahl wegen der landwirtschaftlichen Zusammensetzung unter 20 Mark liegt (Hall, Aalen, Riedlingen, Mergentheim).
Das Gutachten hat nur die unrer den gegebenen geographischen und witischafrlichen Bedingungen zweckmäßigste Neugliederung der Oberamlsoezirke vorgejchlagen. Die vorgejchlageue sleuglieoerung gründe» sich au> enigeoeuoe Erhebungen über die wirtschaitsgeographijcheu Berbältuisse des Landes. Sie mag der Berbessernn« ,»jo,eru bedürfen, als einzelne Gemeinden besser «»esem als lenem Oderamt rngeteilt werde«. Bei ihrer Abänderung sollte jedoch die Möglichkeit oer stenerljchen Enriastnng, die sie für die Landwirtschaft und für die bodenständige Arbeiterschaft enthält, keine Avschwüchnng erfahren.
Neuregelung der Amtsgerichrsbezirke Werden die wültt. Amtsgericht umer Berücksichtigung dieser für ihre Gröjte maßgeoenden Gesichtspunkte in die neuen vergrößerten Oberämler emgegliederl, so sind 13 Amtsgerichte au»- zuoedeu und 4 Amtsgerichte zu 2 neuen Amtsgerichten zujam- menzuiegen. Diese 13 der Aufhedung verfallenen Amtsgerichte sind: Brackenbetm, Marbach, Herrenderg, Rottenburg, Spai- chutgen, Sulz, Gaildorf, Langenburg, Künzelsau, Reresheim, Welzheim, Blaubenren, Münsingen. — Maulbronn und Vaihingen a. E. sollen zu etnem neue» Amtsgericht Dürrmenz-Mühlacker und die Amtsgerichte Saulgan und Walüjee zu einem neuen Amtsgericht Aulendorf zujammengelegr werde».
Die Ersparnisse i
dieser Neuregelung werden bei den Oberämtern durch Personal r auf jährlich 1391682 Mark errechnet. Ls werden eingespart 71 j höhere Beamte, 74 mittlere Beamte und 17 untere Beamte. , Bei der Neugliederung der Amtsgerichte wird eine Ersparnis - von 799 000 Mark errechnet. f
Ausdrücklich wird auch iestgestellt, daß die Schwierigkeiten der « Vermosensauselnanderjetznng zwischen den Amtskörperjchaften j
kein Hindernis für die Neuregelung bilden. t
Das Gutachten fordert ferner strikte Durchführung des Zwei- K Lustauzeujystems bei der inneren Verwaltung, Vereinfachung i bei de» Ministerien, Zusammenlegung des 3»»eu- und Wirt- k jchaftsmiuisteriums, Verringerung der Zahl der Laudtagsabge» s ordneten von 80 aus 72. lieber die Finanzlage des Landes Würt- i temberg stellt Las Gutachten des Reichssvarkommissars fest, daß s Liese dank der sparsamen Politik des Landes beute besser und S gefestigter als die aller anderen deutschen Länder ist. Die Der- « mögensreserven sind grob genug, um ein gelegentlich sogar stär- « keres Absinken der die Finanzgebarung im wesentlichen beitim- i menden Reichssteucrn ausbalten zu können. H
Gutachten des Reichssparkommissars. Von ^ zuständiger Seite wird mitgeteilt: Das Staatsministerium » hat heute den 1. Hauptband des Eutachens des Reichsspa z kommissars dem Landtag zugehen lassen. Der 2. Hauptband ^ und die beiden Anlagenbände .werden tu Bälde Nachfolgen, l
Regelung der Sst-ReparMM
Die Abmachungen über die endgültige Regelung der Ostreparationen wurden in den Räumen des französischen Außenministeriums vor den Vertretern Großbritanniens, Frankreichs, Italiens, Rumäniens, der Tsechchoslowakei, Südslawiens und Ungarns unterzeichnet. Die Verhandlungen über diesen Gegenstand waren recht schwierig und haben längere Zeit in Anspruch genommen, als ursprünglich erwartet wurde. Die zweite Haager Konferenz hatte zwar die Erundzüge für die Regelung der Ostreparationen festgelegt, aber die dort getroffenen grundsätzlichen Abmachungen erwiesen sich, sobald zur Ausarbeitung der Vertragstexte geschritten wurde, als unvollständig und teilweise als unklar. Die Haager Abmachung über die Bildung der zwei Fonds von 240 und 100 Millionen Goldkronen, durch die die Verpflichtungen der Kleinen Entente zur Entschädigung ungarischer Grundbesitzer (Optanten) emittiert werden, hat die Finanzierung dieser Fonds nicht erschöpfend geregelt, so daß die Pariser Konferenz diese Frage einer genaueren Neuprüfung unterziehen mußte. Wenn es ungeachtet aller Schwierigkeiten schließlich gelungen ist, die widerstreitenden Interessen der Kleinen Entente und Ungarns in Einklang: zu bringen, so ist das nicht zuletzt dem Druck der Großmächte und namentlich Frankreichs zu verdanken.
Die Hinauszögerung der Ostreparationsregelung hatte bekanntlich auch eine Vertagung der italienischen und mit-: hin auch der englischen Ratifizierung des Youngplans her- ' ' vorgerufen. Die in Paris Unterzeichneten Verträge werden es Italien wohl ermöglichen, seine Unterschrift unter den — Poungplan zu setzen. Man kann jedoch vermuten, daß Italien zunächst die Ratifizerung der Ostreparationsregelung. durch die Tschechoslowakei abwarten wird, da Italien auf Grund dieser Regelung bestimmte Eingänge von de«7 Tschechoslowakei erhält. Die tschechoslowakische Annuität von 10 Millionen Eoldmark für die sogenannte Befreiungsschuld kommt nämlich Italien zugute, das diese Beträge seinerseits an England abführt. Man rechnet jedoch damit, daß die Tschechoslowakei in einem beschleunigten Verfahren wenigstens einen Teil der Ostreparationsregelung ratifizieren und damit auch die italienischen Hemmungen für die endgültige Annahme des Poungplanes beseitigen wird. Sobald Italien seine Ratifizierung vollzieht, kann auch d^e Inkraftsetzung des Poungplanes erfolgen.
Ist MamerWM.Graf »epptlM
Dr. Eckener hatte am Montag abend in Friedrichshafen mit einigen Pressevertretern eine längere Unterredung, in der er folgendes mitteilte:
Die fast dreiwöchige Fahrt des „Graf Zeppelin" nach Südamerika wird nunmehr endgültig am 18. Mai in Friedrichshafen angetreten. Die voraussichtliche Fahrtroute führt über Basel, Dijon, der spanischen und portugiesischen Westküste entlang nach Sevilla. In Sevilla wird gelandet, nicht wegen Nachfüllung von Gas, sondern nur, um Post und Passagiere auszuwechseln. Wenn natürlich schon gelandet wird, dann wird auch die Menge des nach Sevilla verbrauchten Gases wieder ersetzt. Die Lufthansa bringt nach Sevilla mittels Flugzeug die angefallene Post von Berlin für die Südamerikafahrt.
Nach kurzem Aufenthalt in Sevilla wird die Fahrt nach Pernambuco über die Kanarischen und Cap Berdischen Inseln fortgesetzt. Bei dieser Strecke wird das Luftschiff den Aequator passieren. In Pernambuco ist ein Aufenthalt von etwa zwei Tagen zur Nachfüllung des Easbestan- des und Auswechslung von Post*und Passagieren vorgesehen. Das Luftschiff wird bei diesem Aufenthalt am Ankermast befestigt. Von einer Landung in Rio de Janeiro müssen wir, so fuhr Dr. Eckener fort, deshalb ab- sehen, weil ein günstiger Landungsplatz nicht zu finden ist und die meteorologischen Verhältnisse uns nicht genügend bekannt sind. Für Rio de Janeiro und Pernambuco hat das Südamerikanische Condor-Syndikat einen ähnlichen Zubringerdienst organisiert, wie ihn die Deutsche Lufthansa nach Sevilla durchführt.
Die nächste Etappe führt über Sap San Roca und die Inselgruppe der Großen Antillen nach Kuba, wo in Havana ebenfalls nur bei günstigen Witterungsverhältnissen gelandet wird. Von Havana fliegt das Luftschiff über Florida nach Lakehurst, wo ein Aufenthalt von ein bis zwei Tagen vorgesehen ist.
Bei der Heimfahrt nach Friedrichshafen ist wieder eine Zwischenlandung in Sevilla vorgesehen. Die Eesamt- strecke der Südamerikafahrt Friedrichshafen—Friedrichshafen beträgt rund 27 000 Kilometer, während die Ee-
samtstrecke der vorjährigen Weltfahrt sich auf rund 30 000 Kilometer belief. Wie alle Fahrten des „Graf Zeppelin" so ist auch diese nicht lediglich eine Demonstrationsfahrt, sondern auch Studienfahrt. Besonders bietet sich bei dieser Fahrt Gelegenheit, die Tropen kennen zu lernen. Wir werden in diesem Gebiet anstatt Winden Regen und Eewit» ter zu erwarten haben. Die starken Passatwinde, die sich im Sommer bis Lissabon (35. Breitegrad) und das ganze Jahr hindurch über die Kanarischen und Pap Verdischen Inseln ausdehnen, sind gefährlich. Wir müssen deshalb bei dieser Strecke in einer beträchtlichen Höhe fahren. Da über die Passatwinde so iehr verschiedene Angaben vorliegen. möchten wir bei dieser Fahrt den Passat besonders studieren und erforschen. Für künftige Fahrten wäre dies deshalb von großem Vorteil, weil entsprechend den Nordwest- bezw. Südost-Passatwinden die Fahrt durch Schiebewinde wesentlich beschleunigt und erleichtert ausgeführt werden könnte. Ein Pressemonopol besteht bei dieser Fahrt nicht. Der Fahrpreis für jede Teilstrecke ist auf 2000 Dollar festgesetzt.
Aus Befragen über den Zweck der Südamerikafahrt antwortete Dr. Eckener noch folgendes: Der Hauptzweck ist, die im letzten Herbst entworfenen Verträge der Jnter- national-Zeppelin-Corporation zu prüfen und zur Unterzeichnung zu bringen. Von großer Wichtigkeit war mir bei meiner soeben beendeten Amerikareise, günstige Landeplätze auszusuchen. Auf den nun in die engere Wahl nommenen Plätzen müssen jetzt vor allem meteorologische Beobachtungen gemacht werden. Auf den sich als günstig erweisenden Plätzen werden Ankermasten errichtet, und an den Endpunkten der neuen Verkehrslinien Europa- Amerika müssen Luftschiffhallen erstellt werden
Der regelmäßige Verkehr der Internationalen Zeppelin-Verkehrsgesellschaft, zu dessen Durchführung mindestens vier Luftschiffe erforderlich sind, wird voraussichtlich keines, weqs vor drei Jahren zu erwarten sein. Nach dem in Amerika Unterzeichneten Vertrag werden die Luftschiffe in Europa und in Amerika, und zwar zu ein und denselben Bedingungen gebaut. ^
Die Finanzierung hat in Amerika dre International City Bank übernommen. Auf deutscher Seite wird da?