Ergründet 1877

Gegründet 1877

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Nrrrnniev 65

Attenfteig. Mittrnncts den 19. März 1930

53. Jahrgang

Bttlluilkung von Land- und Geerüstlingm

Neuer französischer Sabotageversuch Macdonald lehut einen Kuhhandel über die ausgebildeten Reserven ab

London, 18. März. Seitdem das Projekt eines Ea- rantieabkommens endgültig begraben ist, versuchen die Franzosen mit anderen Mitteln ihr Ziel zu erreichen. Mit einer Geschäftigkeit, die Verdacht erwecken muh, streuen sie das Gerücht aus, datz durch das Eingreifen Tardieus am Sonntag eine neue Möglichkeit zur Befriedigung der fran­zösischen Sicherheitswünsche gefunden wurde. Danach sol­len die englisch-französischen Besprechungen einen Kuhhan­del zum Ziele haben, wonach England den Franzosen in der Landabrüstung Zugeständnisse machen würde» während sich Frankreich als Entgelt zu einer Herabsetzung der Ziffer seines Bauprogramms herbeiliege.

Sicherheit" ist das Schlagwort, das die ehrgeizigen Pläne des französischen Militarismus verschleiern mutz. GegenDeutschland, so wird geltend gemacht, fühle sich Frankreich nur ganz sicher, wenn ihm die zahlenmäßige Ileberlegenheit seines Landheeres für alle Ewigkeit -»gesichert wird. Gegen den Ausdehnungsdrang des fasziftischen Italiens könne nur die Aufrechterhaltuug des bisherigen Flottenverhiiltnisses zwischen den beiden Mächten Schutz bieten.

Diese Gedanken gehen also von der utopischen Möglichkeit .einer Annäherung zwischen Italien und dem waffenlosen Deutschland aus, die die französische Vormachtstellung auf dem Festland bedrohen würde. Daher wird die alte For­derung wiederholt, wonach die Arbeiterregierung sich in der berühmten Frage der ausgebildeten Landreserven dem französischen Standpunkt anschlietzen soll, d. h. datz die ge­waltigen Reserven Frankreichs bei der Rüstungsbeschrän­kung Zu Lqnde nicht mitgezählt und diese damit illusorisch gemacht wird.

Es ist die alte französische Taktik, im kritischen Augen­blick einen Versuchsballon aufsteigen zu lasten. Von amt­licher englischer Seite wird ganz entschieden bestritten, datz Tardieu in seiner Besprechung mit Macdonald die Herstel­lung einer Brücke zwischen der See- und der Landabrüstung sondiert habe, und mit Nachdruck betont, datz nicht politische Probleme, sondern die Flottenziffern den Inhalt der Unterredung von Chequers bildete.

Es kann mit absoluter Gewißheit gesagt werden, daß sich Macdonald bisher nicht zu der französischen Auffassung in der Frage der ausgebildeten Landreserveu bekannte.

^ Macdonald würde sich ohne Frage der schärfsten Kritik in weiten Kreisen der englischen öffentlichen Meinung aus­setzen, wenn er der Konferenz zuliebe Verrat an seiner Ueberzeugung beginge, und in die Futzstapfen Chamber- lains träte. Gerade in dem Punkt der ausgebildeten Re­serven hat die Arbeiterregierung stets eine grundsätzliche, , gegen die französischen Wünsche gerichtete Politik verfolgt.

> Die ganze Haltung Macdonalds rechtfertigt die An- ! nähme, datz er sich seiner Aufgabe als Konferenzvorfitzender

in dem gegenwärtigen krisenhaften Zustand der Verhand­lungen mehr denn je bewußt ist und seine Aufgabe einzig , darin sieht, zwischen den Parteien zu vermitteln. Dies ist

> der Grund, weshalb er gestern spät übendes den italieni- s scheu Delegierten Erandi empfing, der zwei Stunden mit i ihm zusammen war, denn nach wie vor hängt von der wirk- i lichen Lösung des französisch-italienischen Problems der Er­folg der Konferenz ab.

Maedonald wußte den Außenminister Mussolinis zu überzeugen, daß er in keiner Weise hinter seinem Rücken irgend welchen Abmachungen über das Flotten­verhältnis zwischen Frankreich und Italien zugestimmt r habe. Grandi betonte seinerseits noch einmal, daß die s italienischen Ansprüche vollinhaltlich bestehen bleiben.

' Beide Staatsmänner haben somit keine Gelegenheit gehabt, ^ sich über Ziffern zu unterhalten. Das italienische Problem ! bleibt dort, wo es vorher stand.

j Während der gestrigen Aussprache im Unterhaus über i den Flottenhaushalt bezeichnete das Mitglied der Regie- ! rungspartei, Kennworthy, die Flottenkonferenz als einen fürchterlichen Fehlschlag. Dieser Fehlschlag füge nicht nur , dem Prestige der Regierung, sondern auch der Friedens-

> bewegung der ganzen Welt einen schweren Schlag zu. In i der Tat ist die englische Presse nach den ein wenig hoff­nungsfreudigeren Betrachtungen, die sie gestern anstellte, erneut recht pessimistisch gestimmt. Man ist nämlich zu der Einsicht gelangt, daß keines der wirklichen Konferenzpro­bleme in irgend einer Weise einer Lösung entgegen geführt wurde. Wenn es überhaupt einen Grund zur Genugtuung

? gibt, ist er in der entschiedenen Weigerung Macdonalds zu ! sehen, den französischen Sirenenklängen in der Frage der I Landabrüstung zu folgen.

Htnteabiirg imlusckrM dal Wm-Abkommen

Unterzeichnung des deutsch-polnischen Liquidationsabkommens »urch den Reichspräsidenten Aufforderung an die Reichsregie­rung um Borlegung eines Ostprogramms

Berkin, 18. März. Reichspräsident von Hindenburg hat die Unterzeichnung des deutsch-polnische« Liquidationsab- kommens vollzogen und um Vorlage eines Ost-Programms ersucht.

Berlin, 18. März. Der Herr Reichspräsident hat heute das das deutsch-polnische Liquidationsabkommen enthaltendeGesetz über die Abkommen zur Regelung oon Fragen des Teiles des Vertrages von Versailles" unterschrieben und bei dieser Ge­legenheit an den Herrn Reichskanzler das nachstehende Schreiben gerichtet:

Aus dem gestrigen Vortrag des Herrn Reichsjustizministers und der mit ihm bei mir erschienenen Herren habe ich die Ueber­zeugung gewonnen, daß gegen das vom Reichstag verabschiedete Zustimmungsgesetz zum deutsch-polnischen Liquidationsabkommen verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestehe«. Ich habe gelegent­lich des mir erstatteten Berichtes auch Kenntnis davon genom­men, daß Rechtsgutachten, welche die Regierungsvorlage als ver- sassungsändernd ansahen, jetzt ihre Vedeken als behoben erachten, nachdem der Reichstag in der Entschädigungsfrage eine von der ursprünglichen Vorlage abweichende Regelung beschlossen hat. Demgemäß habe ich nunmehr das Gesetz über die Abkommen zur Regelung von Frage« des Teiles 1v des Vertrages von Versailles ausgefertigt und zur Verkündung au das Reichsgefetzblatt weiter­geleitet.

Bei meiner Entscheidung habe ich den von einer starken Min­derheit des Reichstags gegen das deutsch-polnische Liquidations­abkommen erhobenen Widerspruch durchaus gewürdigt, besonders verstehe ich die im notleidende» Oste» unseres Vaterlandes gegen dieses Gesetz und das bevorstehende deutsch-polnische Wirtschafts­abkommen vorhandenen Widerstände. Das Liquidationsabkom- men hat in erster Linie zum Ziele, die deutsche« Stammesgenosse» ,euse,ts unserer Grenze auf ihrer Scholle und In ihrer Existenz r* -»hakten. Ich will hoffe», daß dieses Ziel durch dea «eueu

Vertrag voll erreicht wird. Aber in Verbindung hiermit erwächst »ns die Pflicht, unsere« Ostpreußen und den anderen Brüdern im deutschen Osten in ihrer Not, die aufs höchste gestiegen ist, zu Helsen und auch ihnen den Acker, von dem sie leben, zu bewahre«. Daß auch hier rasch und tatkräftig gehandelt wird, muß ich iu dieser Stunde, i« der ich trotz mancher Bedenke» auch dieses Ge. setz unterfertige, von der Reichsregierung nachdrücklich verlangen.

In meiner Kundgebung vom 13. März habe ich mich dahin ausgesprochen, daß der politische Kampf der letzten Monate nun einer entschlossenen praktische« Arbeit Platz mache« muß. Für diese praktische Arbeit eröffnet sich hier ein ganz besonders be­deutsames Gebiet. Zunächst ist erforderlich, daß die zurzeit zur Beratung stehenden Agramoßnahmeu, die der gesamten Land­wirtschaft zugute kommen sollen, aber für den Osten besonders lebensnotwendig sind, mit aller Beschleunigung und in eine« Umfange durchgesllhrt werde«, der der deutschen Landwirtschaft in allen ihren Betrieben, den große« wie den bäuerlichen, für Die Dauer die Lebensfähigkeit wiedergibt. Diese allgemeinen Maßnahmen zum Schutze der Landwirtschaft werden aber für den verzweifelt um seine Existenz ringenden Osten allein nicht aus­reichen.

Für den Oste» muß. beginnend mit de« vefouders gefährde«« Gebieten, uoch eine wirksame finanzielle Hilfsaktion hiuzutreten. Viele landwirtschaftliche Betriebe, Güter wie Bauernhöfe, find in einem Grade überschuldet und mit so hohen Zinsleistungen belastet, daß es ihnen unmöglich ist, aus den Erträgnissen auch nur die Zinsen aufzubrmgen und aus eigener Kraft die Ueber- schuldung und damit den Verlust der Scholle abzuwehren. Hier müssen große Mittel bereitgestellt werden, um den Eigentümern Zuschüsse zu den übermäßig hohen Zinssätzen zu geben, ihnen die Umschuldung zu ermöglichen und ihnen den Besitz zu er­halten, der die Grundlage für die Existenz fast der gesamten Be­völkerung des Ostens ist. Geschieht dies nicht, dann ist der Zu­sammenbruch vieler Landwirte und die Abwanderung zahlreicher Menschen aus dem Osten unaufhaltbar.

Ich weiß wohl, daß es bei der schlechten Finanzlage des Reiches schwer ist, die hierfür erforderlichen erheblichen Mittel auf­zubringen; aber die unmittelbare Not, die den deutsche» Oste» in seiner Gesamtheit bedroht, zwingt dazu, diese Summen zu bv-

Kurze lleliersicht

Im Reichstag wurde am Dienstag das Republikschutzgesetz und das Miuistergefetz mit großer Mehrheit augeuomme».

Die Parteibesprechungen über die Finanzreform führte» «och zu keiner Einigung. Die Entscheidung dürfte damit bi» «ach dem Mannheimer Reichsparteitag der Deutsche« Botts- Partei znriickgestellt sein.

Im Haushaltsausschuß des Reichstages kam es zu einer Auseinandersetzung über die»e des Reichsfkuanzminister» i« Hamburg, wobei der Reichsarbeitsminister scharf pole­misierte.

Der deutsch-polnische Handelsvertrag ist vorläufig unter­zeichnet worden» der deutsche Gesandte Rauscher in Warscha» begab sich in Urlaub.

Zn de« Agrar- und Zollfragen soll das Ermächtigungs­gesetz des Reichsernährungsministers Dietrich gescheitert, dafür aber eine Verständigung der Parteien auf anderer Basis gefunden sein.

fryasseu. nun Teil derselben wird so nehme ich an aus de» gesteigerten Erträgnissen, welche die erhöhten Zölle einbringen, verfügbar gemacht werden können. Soweit dies nicht ausreicht, erscheint es mir ein gerechter Ausgleich, wenn weitere Mittel aus der Zndustriebelaftung, deren schrittweiser Abbau im Fi­nanzprogramm der Reichsregierung vorgesehen ist, dadurch ent- uommen werden, daß der Abbau der Industrieabgabe im Tempo verlangsamt und im Ausmaß gemindert wird. Die in den letzte« Jahren abgeschlossenen Handelsverträge und das gestern zwischen Deutfchlaud «nd Polen paraphierte »eue Wirtschaftsabkommen haben, um der deutschen Industrie neue Absatzmöglichkeiten zu verschaffen, der Landwirtschaft durch Zulassung der Einfuhr vo» Agrarerzeugnissen große Opfer auferlegt und in weiten Kreisen, gerade im Osten, die Meinung einer absichtlichen Vernachlässigung der landwirtschaftlichen Lebensinteressen aufkommen lassen. Es erscheint mir billig und recht und auch zur Beseitigung dieser Mißstimmung geeignet, wen« nu» iu diesen Notjahren der Land- Wirtschaft von der Industrie ein gewisser Ausgleich gewährt wird und Lies iu der Weise geschieht, daß alljährlich, etwa «uf die Dauer von fünf Jahren, aus der Zndustriebelastung Beträge für landwirtschaftliche Zwecke zur Verfügung gestellt werden. Es ist i» -er letzten Zeit oiel über die Verbundenheit der landwirt­schaftliche» »nd der industriellen Produktion gesprochen und ge­schrieben worden. Hier ist ein Gebiet, wo sich diese Verbunden­heit praktisch betätigen und nicht nur zur Sanierung der pro­duktiven landwirtschaftlichen Betriebe, sonder» auch zu allgemein- wirtschaftlichen Zwecken, nämlich zur Stärkung des Binnenmark­tes und zur Besserung unserer Handelsbilanz beitragen kann. Ans Besprechungen, die ich in der letzten Zeit mit einzelne» Füh­rer« -er deutschen Industrie hatte, habe ich de« Eindruck ge­wonnen, daß dieser Gedanke der Verbundenheit und des Aus­gleichs auch i« der Industrie trotz eigener Sorge und trotz der Klagen über die hohe», die Produttion bedrückende» Laste« Berständnis findet.

Im Hinblick anf die Stellung, welche die Reichsverfassuug de« Reichspräsidenten einriinmt, will und kann ich hier nicht ei» ge­nau »mrissenes Programm und einen bestimmten Weg festlege». Aber es ist mir eine Gewissenspslicht, die Reichsregierung ein­dringlich aufzufordern, mit aller Beschleunigung auf solcher Grundlage ein Ostprogramm ausznstellen und es nach feiner par­lamentarischen Verabschiedung gemeinsam mit Preußen durch- zuführe». Bei der Aufstellung dieser Hilfsmaßnahmen im ein­zelnen halte ich es für geboten, die Mitarbeit der landwirt­schaftlichen Vertretungen und Vertrauensstellen der östliche« Provinzen selbst mit einzuschalten.

Nachdem die seit langen, schwebenden außenpolitischen Fragen nunmehr ihre gesetzliche Regelung gefunden haben, muß neben der Sanierung der Finanzen nun entschlossen an die Sanie­rung unserer Landwirtschaft und an die Wiederaufrichtung de« z«samme»brechende» Ostens herangegangen werden. Nur in der bestimmten Erwartung, daß dies geschieht, habe ich meine eige­nen Bedenken gegen das deutsch-polnische Liquidationsabkomme» uud das gestern paraphierte deutsch-polnische Handelsabkommen zurückzustellen vermocht und dem Gesetz meine Unterschrift ge­geben.

Schümm« Wer HWentW

Rede Schnrmaun» bei einer Empfangsfeier in Neu: ork Neuyork, 18. März. Bei der zu Ebren des Botschafters Schur­mann veranstalteten Empfangsfeier deutsch-amerikanischer Ver­eine antwortete Schurmann auf die an ibn gerichteten Anspra­chen in einer längeren Rede, in oer er ausführte. Reichspräsi­dent v Hindenburg habe auf die Annahme des Youngplanes durch Deutschland einen großen und heilsamen Einfluß ansgeübt. Er habe sich damit von neuem als loyaler Unterstützer der par­lamentarischen Regierung und als stärkstes Bollwerk der Revu- blik erwiesen. Sein scharfes Urteil, sei, furchtloser Mut. sein Patriotismus und sie Liebe zu seinem Volke gäben ihm aus der Grundlage seiner Deutschland geleisteten beispiellosen Dien­ste ein Ansehen und einen Eirnlub, wie ihn kein anderes Staats-