Bad Licbeuzell, 26. April. Die Sonntage der letzten Zeit brachten uns einen äußerst starken Frem­denverkehr. Liebenzell zeigt sich aber auch im Festge- wand. Der Wald bietet durch die verschiedenen Schat­tierungen in Grün ein herrliches Farbenspiel und in keinem andern Revier findet man so viele Arten aus­ländischer Nadelhölzer als gerade im Revier Lieben­zell, z. V. die Weymuthskieser, Douglastanne, Thuja und Erpresse. Schon hat sich auch eine Anzahl Kur - gäste eingefunden. Manche Verbesserungen werden diese hier finden. Die Eisenbahnoerwaltung ließ den Bahnhof erweitern, um den gesteigerten Ansprüchen des Verkehrs genügen zu können, sowie einen hübschen Geh­weg zum Bahnhofe anlegen. Mit großem Kostenauf­wand läßt die Gemeinde die Hauptstraße der Stadt, die Kirchstraße, umbauen, und beiderseitig Gehwege anbrin­gen. Auch die Bautätigkeit beginnt wieder eine regere zu werden. Einige Neubauten sind schon erstellt, an­dere werden folgen. Mit dem Bau eines stattlichen Volksschulgebäudes wird im Lauf des Sommers begon­nen werden.

c?a llnterhaugstett, 26. April. Ihren goldenen Hochzeitstag feiern am Sonntag, 3. Mai, Georg Kalm- bacher, Holzhauer und seine Ehefrau Christine, geb. Dittus. Kalmbacher ist 84 Jahre alt, seine Frau 77. Sehr lebhaft erzählte uns das alte Mütterchen, daß ihr Mann sowohl, wie auch ihr einziger Sohn, Soldat ge­wesen seien und daß sie 60 Jahre lang Rahm nach Calw getragen habe. In Monakam finde die kirchliche Feier statt, der Hirschwirt z'Unterhaugstett führe sie und ihren Mann umsonst hin und zurück. Sie sei auch an einer schweren Krankheit darniedergelegen, daß man gemeint habe, sie müsse sterben, aber d'r Heiland habe ihr noch- einmal d'Enad g'schenkt. Es sei doch eine lange Zeit, fünfzig Jahre. Aber es gehe ihnen beiden ganz ordent­lich. Zwei Enkel habe sie. Ihr Mann stamme von Oberkollbach, sie von llnterhaugstett. Wir wünschen dem Jubelpaar einen gesegneten goldnen Hochzeitstag und noch manch ein geruhsames, friedliches Jährlein!

Pforzheim, 25. April. Am Wehr bei der Vencki- serschen Fabrik hat man gestern vormittag auch die Leiche der zehnjährigen Tochter der Frau des Zu­richters Fehr von der Wilhelmshöhe gefunden, die am 20. ds. Mts. als Leiche an derselben Stelle ge­landet wurde. Dem Kind waren die Arme mit einem Seil gefesselt. Offenbar hat es die Mutter, die krank war. mit in den Tod genommen.

Württemberg.

Militärische Beförderungen.

DasMilitärwochenblatt" meldet: Der Charak-' ter als Generalleutnant wurde u. a. verliehen: von Erävenitz, württembergischer Generalmajor und Kommandeur der 29. Jnfanteriebrigade unter Er­hebung von dieser Stellung. Zu Generalmajoren wurden befördert: die Obersten Langer, Komman­deur des Kolbergischen Grenadierregiments Graf Eneisenau (2. pommerisches Nr. 9) unter Komman­dierung nach Württemberg behufs Verwendung als Kommandeur der 54. Jnfanteriebrigade (4. würt- tembergische.)

Württembergische Offiziere auf Kriegsakademie und

im Generalstabe.

Das württembergische Offizierkorps ist auf der die Generalstabslaufbahn vorbereitenden Kriegsaka­demie zurzeit mit 31 Offizieren vertreten; weitere 31

Offiziere haben im letzten Monat sich der Aufnahme- Prüfung unterzogen. Von den schon kommandierten 31 Offizieren befinden sich 12 in der ersten, 7 in der zweiten und 12 in der dritten Lehrstufe. Von ihnen gehören 19 Offiziere der Infanterie, 3 der Ka­vallerie, 7 der Feldartillerie und 2 den Pionieren an. Beim Generalstabe stehen bei einem Etat von 6 Offi­zieren z. Zt. 16 württembergische Offiziere. Von die­sen sind verwendet: im großen Generalstab: 3 Stabs­offiziere (darunter 2 als Abteilungs-Chef) und 4 Hauptleute, beim Kriegsministerium: 1 Hauptmann, bei Generalkommandos: 1 Stabsoffizier, 4 Haupt­leute, beim Gouvernement: 1 Stabsoffizier, bei Di­visionen: 1 Stabsoffizier und 1 Hauptmann. Weitere 10 Offiziere sind nach abgeschlossenem dreijährigem Besuch der Kriegsakademie behufs weiterer Ausbil­dung im Eeneralstabsdienst zur Dienstleistung beim großen Generalstabe kommandiert.

Der neue Hofkammerpräsident.

Der Staatsanzeiger bestätigt die Blättermeldung, daß der König die erledigte Stelle des Präsidenten der Hofkammer dem Staatsminister a. D. v. Geßler übertragen hat. Herr v. Geßler hat das Amt schon vor seiner Ernennung zum Finanzminister in den Jahren 19041908 bekleidet.

Vom Schwäbischen Schillerverein.

Stuttgart. 25. April. Im oberen Museum hielt heute nachmittag der schwäbische Schillerverein seine 18. Mitgliederversammlung ab. Geheimer Hofrat Prof. Dr. v. Güntter begrüßte die zahlreich er­schienenen Mitglieder, Freunde und Gönner der Schillersache, voran die Palastdame der Königin, Grä­fin von Uxkull-Gyllenband. Der König ließ seine Grüße entbieten und allen denen, die sich um den Schillerverein verdient gemacht haben, seinen wärm­sten Dank aussprechen. Aus dem vom Geh. Hofrat v. Güntter erstatteten Jahresbericht war zu ersehen, daß das Schillermuseum zu Marbach auch im letzten Jahre eine Reihe von wesentlichen Bereicherungen erfahren hat, vorab die schönen Schenkungen des Königs als Protektor des Vereins, ll. a. vermachte ein nicht ge­nannt sein wollender Gönner dem Verein Schillers ersten Entwurf zu seinemDon Carlos" von 1783. Auch die Abteilung Mörike hat wieder einen außerordentlichen Zuwachs zu verzeichnen. Im gan­zen erhält das Schillerarchiv nunmehr 59 000 Num­mern, die Bildnissammlung 4400 und die Bibliothek 12 500. Der dritte Band von Uhlands Briefwechsel wird den Mitgliedern in diesem Jahre zugehen. Der Schlußband folgt im nächsten Jahre. Durch eine be­sondere Ausstellung wird in diesem Jahre der 100. Geburtstag von Eduard Zeller begangen wer­den. Durch die Erwerbung zweier neben dem Museum gelegenen Grundstücke wird die schöne Lage des Mu­seums in Marbach dauernd erhalten bleiben. Weiter sind Erwägungen im Gange, in welcher Weise eine Erweiterung des Baus, die durch, das starke Anwach­sen der Sammlungen nötig wird, sich ermöglichen läßt. Der vom Schatzmeister Gustav Müller er­stattete Kassenbericht wies an Gesamteinnahmen die Summe von 40 385 Mark auf, an Ausgaben 41 300 Mark. Der Stand des Vermögens beträgt 55 200 ^st, die in Staatspapieren angelegt sind.

Das Iischermädchen.

38) Novelle von Björnstjerne Björnson.

Nach diesem Ereignis war der Propst lange Zeit für keinen Menschen zu sprechen; ein andrer wurde mit der Lei­tung seines Amtes betraut; er selber ging aus einem Zimmer ins andre, von einem Ott zum andern, als suche er etwas. Lautlös ging er umher, und wenn er sprach, so geschah es mit gedämpfter Stimme, und nur dadurch, daß sie auf diese stille Weise einging, konnte die Tochter ganz allmählich Einfluß auf ihn gewinnen. Jetzt half sie ihm suchen: jedes Wort der Mutter wurde wieder hervor- geholt; was sie gewollt hatte, das war die Richtschnur, nach der sie weitergingen. Das Zusammenleben der Tochter mit ihr, von dem er bisher ausgeschlossen gewesen war, ward erst jetzt lebendig für ihn; von dem ersten Augenblick an, dessen sich das Kind entsinnen konnte, ward alles von neuem durch­genommen, ihre Lieder wurden gesungen, ihre Gebete ge­betet, die Predigten, an die sie sich vorzugsweise gehalten hatte, wurde eine nach der andern gelesen, und ihre Aeuße- rungen und Auslegungen gläubig ins Gedächtnis zurück­gerufen. Auf diese Weise wieder zu Tätigkeit gekommen, wollte er auch bald dahin reisen, wo er sie gefunden hatte, um dort ebenfalls ihren Spuren nachzugehen. Sie reisten, und er erholte sich völlig wieder, indem er ihr Leben ganz und gar in sich aufnahm. Selber ein Neuling im Leben bekam er Sinn für alles Neue, was sich um ihn her regte, für das große nationale, für das kleinere politische Leben und dies gab ihm dann auch seine eigne Jugend wieder. Seine Kräfte strömten wieder zurück, und mit ihnen seine Sehnsucht zu wirken jetzt wollte er das Wort verkünden, so, daß er für das Leben vorbereitete und nicht allein für den Tod!

Ehe er sich wieder in seine felsumschlossene Gemeinde zurückzog, mit dieser ihm am Herzen liegenden Lebensauf­gabe empfand er das Bedürfnis, seinen Gesichtskreis durch das zu erweitern, was draußen in der Welt war. Deswegen reisten sie weiter und brachten reiche Erinnerungen mit heim.

Mit diesen Menschen lebte nun Petra.

Im dritten Jahre darauf, an einem Freitag, wenige Tage vor Weihnachten, saßen die beiden jungen Mädchen in der Abenddämmerung beieinander; der Propst war gerade mit seiner Pfeife hereingekommen. Den Tag hatte man wie die meisten in diesen beiden Jahren verlebt: man hatte ihn mit einem Spaziergang begonnen, Halle dann nach dem Früh­stück eine Stunde Klavier gespielt und gesungen, sich dann mit Sprachen und anderen Unterrichtsgegenständen beschäftigt und sich schließlich häuslichen Arbeiten gewidmet. Den Nach­mittag verbrachte jedes auf seinem Zimmer; Signe hatte ge­rade an Oedegaard geschrieben, nach dem Petra niemals fragte, wie sie auch nie etwas von der Vergangenheit hören wollte. In der Dämmerstunde hatten sie eine Schlittenfahrt gemacht und sich jetzt wieder zusammengefunden, um zu sin­gen und sich später etwas vorzulesen. Hierzu kam der Propst immer herein. Er las ausgezeichnet, und seine Tochter nicht weniger; Petra lernte die Art und Weise der beiden, nament­lich aber ihre Aussprache. Signes Aussprache und Tonfall hatten für ihr Ohr einen solchen Wohllaut, daß sie noch in ihr nachklangen, wenn sie allein war. Petra stellte Signe über­haupt so hoch, daß ein Mann den vierten Teil davon für stürmische Liebe gehalten hätte; sie machte Signe auch häufig erröten. Bei diesen abendlichen Vorlesungen des Propstes und seiner Tochter (Petra war nicht dazu zu bewegen) hatten sie die Hauptdichter der nordischen Literatur durchgenommen und waren allmählich zu denen der Weltliteratur übergegan­gen. Vorzugsweise wurden dramatische Wette gelesen. Ge-

Oberndorf, 25. April. Der Schrvarzwaldgau- Sängerbund, der zurzeit 53 Vereine mit 2154 Sän­gern umfaßt, hält am 7. Juni in Trossingen sein 13. Liederfest ab. Zum Preisgesang haben sich 14 Gau­vereine und ein Verein außer Gau (Männergesang- vereinDeutsche Fuhrleute" in Zürich) angemoldet.

Schramberg, 26. April. Die milden Nächte sind dem Verlauf der jetzt allgemein einsetzenden Heidelbeerblüte sehr förderlich. Das weiteren Bestand versprechende schöne und sommerliche Weiter läßt eine volle Heidel- beerernte für dieses Jahr erhoffen.

Tübingen, 25. April. Am 18. April 1864 also kürzlich vor 50 Jahren war im deutsch-dänischen Krieg der berühmte Sturm auf die Düppeler Schanzen. Da ist es, wie die Tübinger Chronik schreibt, wohl auch der Erwähnung wert, daß bei der Erstürmung der Schanze Nr. 3 ein früherer Tübinger Student, namens Hubert Teusch, fiel, und auf dem Kirchhof zu Satrup seine letzte Ruhestätte fand. Herr Teusch wurde so berichtet die Geschichte der hiesigenEuestfalia" geb. am 18. Jan. 1837 zu Dormagen am Rhein und wurde am 29. November 1860 beimBorussia" (so hieß damals die heutigeEuestfalia") aktiv. Zwei Jahre später ging er nach Bonn und wurde er zum 5. Westfälischen Jnf.-Regt. eingezogen. Hubert Teusch war der erste Angehörige des Kartell-Verbandes der kath. deutschen farbentragenden Studentenverbindungen, der sein Leben für das Vaterland opferte.

Stuttgart, 26. April. Die Einkaufsgenossenschaft der Spezerei- und Kolonialwarenhändler hat statt ihres zu klein gewordenen Lagerhauses in der Kaserneu­straße einen großen Neubau in der Stöckachstraße er­richtet. Das prächtige, außerordentlich geräumige und zweckmäßige Lagerhaus ist gestern im Beisein von staat­lichen und städtischen Behörden, sowie von Vertretern befreundeter Vereine feierlich eingeweiht worden.

Eßlingen, 25. April. Im nahen Wiflingshausen llbergoß sich gestern nachmittag eine verheiratete, 29 Jahre alte Frau mit Spiritus und zündete sich an. Ihre Verwandten bemerkten die Unglückliche, die schon seit einiger Zeit Spuren von Geistesgestörtheit zeigte, lösch­ten die Flammen und verbrachten sie ins hiesige Kran­kenhaus, wo sie gestern abend um 11 Uhr ihren schweren Verletzungen erlegen ist.

Langenargen, 25. April. Gestern morgen ist in der Mittlmühle von Gemeinderat Baumann der Eipser- meister Walgenmaier von Knebelhof bei Mariabrunn, der dort mit Ausbesserungsarbeiten beschäftigt war, mit seinem Rock in der Verkuppelungen einer Welle des Sägwerks hängen geblieben und ins Getriebe der lau­fenden Maschinen geschleudert worden. Bis das Werk abgestellt werden konnte, war der Unglückliche am ganzen Körper verstümmelt, daß er in schwerverletztem Zustand mit dem Sanitätswagen ins Spital geschafft werden mußte. Dort ist er alsbald sei­nen Verletzungen erlegen. Walgenmaier war ver­heiratet und hinterläßt 4 Kinder. Sein Bruder mußte den Unfall mit ansehen, ohne indes Hilfe bringen zu können.

Vom Bodensee, 25. April. Gestern nachmittag ge­gen ,^6 Uhr mietete in Lindau ein fremder Tourist, nachdem er längere Zeit am kleinen See geweilt hatte, einen Kahn, um in den See hinauszufahren. Er zahlte gleich für 2 Stunden voraus und sagte, er wisse nicht, wie lange er draußen bleiben werde. Er fuhr dann in den großen See hinaus und kam nicht wieder zurück.

rade als sie heute abend die Lampe anzünden wollten, um anzufangen, kam die Köchin herein und sagte, draußen sei jemand, der einen Gruß für Petra bringe. Es zeigte sich, daß es ein Seemann aus ihrer Heimatstadt war; ihre Mutter hatte ihn beauftragt, sie aufzusuchen, da er in diese Gegend kam; er war jetzt eine Weile gegangen und mußte sich be­eilen, da sein Schiff weitersegeln sollte. Petra begleitete ihn eine Strecke, sie wollte gern noch mehr mit ihm sprechen, denn er war ein zuverlässiger Mann, den sie kannte. Der Abend war ziemlich dunkel, und auf dem Pfarrhofe waren alle Fenster finster, mit Ausnahme des Fensters im Waschhause, wo gerade große Wäsche war. Auf der ganzen Landstraße war kein einziges Licht zu erblicken, kaum den Weg konnte man jetzt erkennen, ehe sich der Mond über das Gebirge heraufgearbeitet hatte; aber sie ging tapfer mit in den Wald hinein, obwohl tiefe Schatten zwischen den Tannen lagen. Namentlich eine Nachricht hatte sie veranlaßt, den Seemann zu begleiten; er hatte ihr nämlich erzählt, Pedro Ohlsens Mutter sei gestor­ben, worauf er sein Haus verkauft habe und zu Gunlaug gezogen sei, wo er jetzt Petras Dachstübchen bewohne. Dies war schon vor fast zwei Jahren geschehen, die Mutter aber hatte nie ein Wort davon erwähnt. Jetzt war es Petra auch klar, wer der Mutter die Briefe schreibe, wonach sie diese oft, aber immer vergeblich gefragt hatte, denn jeder Brief schloß regelmäßig mit den Worten: Und nun noch einen Gruß von dem, der diesen Brief geschrieben hat. Der Seemann hatte den Auftrag, zu fragen, wielange sie noch im Pfarrhause zu bleiben, und was sie dann anzufangen gedenke. Petra ant­wortete auf die erste Frage, das wisse sie nicht, und auf die zweite, er solle der Mutter nur sagen: es gebe nur eins in der Welt, was sie werden wolle, und könne sie das nicht, so würde sie ihr Leben lang unglücklich sein; was es aber sei, könne sie vorläufig noch nicht sagen.

(Fortsetzung folgt.)