gegen Hagelschaden in Versicherung zu nehmen, und daß die wiirttembergifchen Landwirte, die der Nord­deutschen Hagelversicherungsgesellschaft beitreten, in­folge der Uebernahme der Verpflichtung zur Nach­schußleistung auf die Staatskasse durch Bezahlung eines dem staatlichen Hagelversicherungsfonds zu- flietzenden Zuschlags von 40 Prozent der Vorprämie von der Gefahr der Anforderung einer Nachschutz­prämie unbeding befreit, also gegen feste Prämie versichert fein werden.

Neuenbürg, 24. April. Bei einer neuen Ver­tragsaufstellung mit dem Distriktsarzt Dr. Happold kam im Eemeindekollegium zur Sprache, daß, seitdem der Oberamtsarzt keine Privatpraxis mehr haben darf, und der andere Arzt vollständig im Kranken­haus beschäftigt ist, mindestens noch ein weiterer Arzt hier nötig sei. Das Kollegium forderte, daß vom Aerzteverein des Bezirks nichts mehr gegen den Zuzug eines neuen Arztes nach Neuenbürg ein- gewendet werde.

Herrrnberg, 24. April. Durch den Landjäger in Eärtringen wurde eine noch sehr jugendliche Diebes­bande aufgehoben, die einem Mitbewohner nach und nach Papier, Geld und Silber stahl, bis der Tabak­beutel. der den Schatz verborgen halten sollte, leer war. Etwa 75 Mark von dem gestohlenen Geld wur­den aus einem Versteck ausgegraben.

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Aus der Landeshauptstadt.

Nach einer in der letzten Eemeinderatssitzung gegebenen amtlichen Mitteilung hat sich Stuttgart rn den letzten 4 Jahren um rund 30 000 Einwohner vermehrt. Die offizielle Zählung ergab 316 5 2 3 ertsonwesende Einwohner. Für das auf dem Wasen geplante Stadion haben die bürgerlichen Kollegien 35 000 Mark bewilligt. An 18 Sonntagen und an einer Anzahl von Werktagen sollen größere sportliche Veranstaltungen in dem Stadion erfolgen. Die Ortsgruppe Stuttgart e. V. des Verbandes deutscher Detailgeschäfte der Textil­branche hielt gestern abend im Kunstausstellungs­gebäude ihre 5. Hauptversammlung ab. Nach dem vom Vorsitzenden G. Kienzle erstatteten Geschäfts­bericht ist im letzten Jahre die Zahl der Mitglieder m n 99 auf 13l gestiegen. Um Streitigkeiten auf dem Gebiete des unlauteren Wettbewerbes aus dem Wege zu schaffen, wurde bei der Handwerkskammer ein Einigungsamt gegründet. Der Berichterstatter

kam dann auf die Mitzstände in der Textilbranche zu sprechen, als da sind: der direkte Verkauf von Grossisten an Private der Hausierhandel, das Detail­reisen mit Wäsche, weiter auf die schwierige Rege­lung des Provisionswesens für Schneiderinnen, auf die Gewährung von Sonderrabatten, und das Ein­ziehungsamt für Eintreibungen von Forderungen, auf die Notwendigkeit einer besseren Schulbildung des Personals, die einheitliche Regelung der Lehr­zeit für weiblich-kaufmännisches Personal und auf die Stellenvermittlung für Lehrlinge. Die Grün­dung eines Zentralausschusses für den Stuttgarter Detailistenverband steht bevor. Ferner soll die Hauptversammlung in Stuttgart stattfinden, aus diesem Anlatz veranstaltet die Ortsgruppe vom 15. bis 27. Juni im Königsbau unter dem Protektorat der Königin eine Sonderausstellung für Mode und Ausstattung, wobei sich Hoftheatermitglieder für die Modeschau und Tanzauffllhrungen zur Verfügung gestellt haben. Auch ist vom Ministerium die Geneh­migung zu einer Lotterie erteilt worden. Es betrugen die Einnahmen 2697 Mark, die Ausgaben 2447 Mark. Aufgrund eines Ausschutzantrages soll die Lehrzeit für das weibliche kaufmännische Perso­nal mindestens 2 Jahre dauern, die berufsmäßige Vorbildung mindestens 8 Schulklassen erfordern und die Vergütung im 1. Jahre 20, im 2. Jahre 30 Mark für den Monat betragen. Auch die Einführung einer Lehrstellenvermittlung wurde angenommen.

Rüblings Antwort.

Landtagsabgeordneter Dr. Nübling kommt nun mit einer Erklärung heraus, um sein Verhalten zu den sozialdemokratischen Stichwahlbedingungen zu erklären und zu rechtfertigen. Es habe ihm völlig ferngelegen, durch die Beantwortung des Fragebogens sich um die sozialdemokratischen Stimmen bemühen zu wollen und er sei durch die Art und Weise der Beantwortung auch seinen konservativen Grundsätzen nicht untreu gewor­den. Wenn er trotz der klaren Erkenntnis, daß er in der Stichwahl unterliegen werde, den Fragebogen be­antwortet habe, so sei das lediglich aus der Erwägung heraus geschehen, daß ein Kandidat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht habe, jedem Wähler gegenüber, möge er einer Partei angehören, welcher er will, über seine Stellung Auskunft zu geben. Er weise auch besonders auf die Tatsache hin. daß nicht er sich um die Hilfe der Sozialdemokratie beworben habe, sondern um­gekehrt diese zu ihm gekommen sei und er keinerlei Hilfe von ihr begehrt, sondern lediglich die gestellten

Fragen beantwortet habe. Er habe seinen konservati­ven Grundsätzen nichts vergeben. Er sei zu dem Ergeb­nis gekommen, daß er die Fragen bejahen könne, zumal er seine Zusage aus die jetzige Reichstagsperiode be­schränkt habe.

Die Konservative Partei wird in der Sache nichts tun. Sie billigt Dr. Nübling mildernde Umstände zu, indem sie anführt, daß er im guten Glauben und ohne gegen seine Parteigrundsätze zu verstoßen, gehandelt habe. Geheime Machenschaften mit der Sozialdemo­kratie habe er nicht getrieben. Mit Rücksicht hierauf und da der Vorgang vor dem bekannten Parteibeschluß vom 8. November 1913 gespielt hat, könne für die Par­teileitung ein weiterer Schritt gegen Dr. Nübling nicht in Frage kommen; sie erwartet aber von ihm und je­dem Parteiangehörigen aufs bestimmteste, daß er sich künftighin unter allen Umständen an diesen Beschluß gebunden hält.

Lohnbewegung der Landarbeiter.

Die an den Deutschen Landarbeiterverband ange­schlossenen Landarbeiter des Bezirks Vaihingen a. Enz haben beschlossen, in eine Lohnbewegung ein­zutreten. Sie fordern einen Mindestlohn für Vieh- und Pferdeknechte im Winter (1. Dezember bis 31. März) von wöchentlich 8 -11 und im Sommer (1. April bis 30. November) von wöchentlich 10 -4l. Die jetzi­gen Durchschnittslöhne betragen 68 und 79 ^l.

Erotzfeuer.

Ochsenbach OA. Brackenheim, 24. April. Heute nacht X>3 Uhr brach hier ein gefährlicher Brand aus, der wahrscheinlich durch Brandstiftung entstanden ist. Ab­gebrannt sind insgesamt 5 Wohnhäuser und 3 Scheunen mit kleineren Anbauten. Die Brandstätte befindet sich in der Nähe des Rathauses, das ausgeräumt werden mutzte, aber verschont blieb. Der Gebäudeschaden wird auf 25 000 -ll, der Mobiliarschaden auf 20 000 ge­schätzt. Die Feuerwehren von Hohenhaslach und Spiel­berg leisteten Hilfe. Es sind 9 Familien obdachlos geworden; u. a. ist auch ein großer Stall mit 5 Stück Vieh ein Raub der Flammen geworden. Die Fern­sprechleitungen sind teilweise unterbrochen.

Aalen, 24. April. Heute nacht gegen 3 Uhr brach auf bis jetzt unbekannte Weise in der Maschinenfabrik und Kesselschmiede von Pfleiderer Feuer aus, das so rasch um sich griff, daß in kurzer Zeit mehrere angren­zende Wohn- und Fabrikgebäude ergriffen wurden. Den Bemühungen des Löschzuges und der Feuerwehr ge­lang es, dem Brand Einhalt zu tun und die Nachbar­häuser zu retten. Die Kesselschmiede ist aber vollständig niedergebrannt.

Frühling im Schwarzwald.

Von Anton Fendrich.

Wenn der Frühling auf die Berge steigt und im Sonnenstrahl der Schnee zerschmilzt" diese durch die beiden bekannten Zeilen des schönen Liedes gezeichnete Jahreszeit ist mit ihren feinen Reizen noch so gut wie unbekannt. Die Bauern, die oben in den Bergen des Schroarzwakdes oder der Schweiz wohnen, haben an andere Dinge zu denken, als an weiche Farbenstimmung, und die Städler, deren begüterter Bruchteil den Winter auf den Hö­hen durch den Schneeschuhsport hat kennen lernen, gehen im Frühling wohl deshalb nicht auf die Berge, weil es nicht Mode ist. Das ist gut so; denn der ein­same Wanderer und Naturfreund hat dann wenig­stens einige Wochen Schonzeit und kann die Wälder und Höhen durchstreifen, ohne immer auf ganze Herden von Menschenvolk zu stoßen, die an der Idee leiden, die Natur bekäme erst durch ihre Anwesenheit richtigen Wert.

Wer bei uns im Frühling auf die Berge geht, der mutz gegen das Lächeln der Menschen gewappnet sein. Die langen Schneeschuhe, die man mitnehmen mutz, auch wenn es unten in der Stadt schon überall blüht und sprießt, reizen die Spottlust so manches Mitmenschen, der die Berge immer nur aus der Froschperspektive gesehen hat. Was der Frühlings­landschaft in den Schwarzwaldtälern ihren innigen Reiz verleiht, das sind vor allem die f e i n e n, w e i- tzenLiniendesSchnees, der hinter den Kan­ten der Bergmulden von der Sonne noch nicht er­reicht worden, die die Plastik der Berge dem Auge viel näher bringen. Im Vordergrund legen sich die Bergrücken in braunen und gelben Tönen übereinan­der und verlieren sich, je weiter sie in den Hinter­grund hineinstehen, in ein dunkles Blau oder Violett bis zu den höchsten Kuppen, über deren weißen Schneefeldern sich das blaue Hochzeitszelt des Früh­lingshimmels spannt. Der Uebergang vom Früh­ling zurück in den Winter ist oft ganz plötzlich. Man kann eben einem rauschenden Fluß mit überhängen­dem blühenden Gebüsch auf einer staubigen Talstratze im heißen Sonnenschein dahinwandern und sich nach einer scharfen Wegbiegung plötzlich am Eingang einer Schlucht befinden, über deren schneebedeckten und vereisten Weg ein kalter Winterwind weht. Die staubigen Stiefel nehmen sich dann auf den Schnee­schuhen, die bald angeschnallt werden muffen, sonder­

bar genug aus. Und trotzdem, man riecht es, wenn man es auch nicht sieht, daß es nicht mehr Winter ist in den Bergen. Das Leben regt sich schon in den Tannen und sie strömen wieder Harzduft aus. Ihre untern Zweige stecken zwar noch wie straff ange­spannte Taue in der metertiefen Schneelast, aber die Stämme haben sich den Schnee wenigstens handbreit oder noch breiter ringsherum vom Leib geschafft.

Eines der schönsten Wunder des Frühlings im Schwrzwald ist die Entschleierung der Al­pen. Die Luft besitzt einen Durchsichtigkeitsgrad, daß die wildgezackten Vergriesen der benachbarten Schweiz, die sonst hinter Dunstschleiern verborgen sind, mit unfern badischen Bergen so zusammenzu­hängen scheinen, als wäre der Schwarzwald nur ein Stück von ihnen. Besonders morgens und abends läßt sich ein seltsames Naturphänomen beobachten, nämlich dielinierten Alpen". Die ganze Kette vom Säntis bis zum Montblanc erscheint mit hellblauen und hellgrauen horizontalen Streifen abwechselnd durchzogen. Es sind dies übereinander gelagerte, warme und kalte Luftschichten, die, wenn sie beson­ders stark auftreten, infolge von abnormaler Strah­lenbrechung das Bild mancher Berge vollständig ver­zerren können. Farbenkünste der überraschendsten Art treibt die Sonne auf dem Schnee und besonders während der länger als im Winter dauernden Son- nenauf- und -Untergänge kann man den Glauben, daß der Schnee immer weiß sei, ein für allemal los werden. Vom leuchtendsten Rot bis zum tiefsten Blau finden wir die glänzendste Palette der Natur auf dem Frühlingsschnee des Schwarzwaldes.

Weit weniger, als man vermuten sollte, hat der Schnee in den Höhen über elf- oder zwölfhundert Metern abgenommen. Er erreicht dort sogar im Mo­nat April und Mai seine größte Höhe. Zwei bis drei Meter sind das gewöhnliche, aber er ist morsch geworden und wer nicht sehr vorsichtig ist, der kann auf einer vollständig ebenen Schneefläche auch mit Schneeschuhen plötzlich einbrechen und sich nach einer Versenkung von drei Meter Tiefe in dem Bett eines lustig rauschenden Bächleins wiederfin­den. Das Wasser arbeitet von unten her und die Sonne setzt dem Schnee von oben her zu. Letzteres geschieht nicht durch eigentliches Schmelzen, sondern durch langsames Verdunsten. Deswegen büßt man den Genuß des Farbenspiels im Frühlingsschnee sehr oft mit einer bösen Erkältung. Die Sonnenstrahlen werden nicht, wie bei der trockenen Kälte im Winter,

reflektiert, dadurch Wärme bildend, sondern sie er­zeugen eine feuchte Verdunstungsschicht über dem Schnee von etwa einem Meter Höhe.

Da wo die Schneemaffen an steilen Abstürzen im Laufe des Winters zu weit überhängenden soge­nanntenMächten" zusammengefrieren, da geht der Tauprozeß natürlich weniger geräuschlos vor sich. Wenn solche vieleHundertevonZentnern wiegende Schneebrocken durch ihr eigenes Gewicht losbrechen und zu Tal stürzen, so geschieht das unter einem weithin hörbaren Donnern. Die oerheerende Gewalt der Lawine in den Alpen be­sitzen sie natürlich nicht aber es ist doch gut wenn man das Niedergehen einer Mächte im Schwarzwald aus geeigneter Entfernung beobachtet. Ist das Schau­spiel vorbei, dann findet man als Nachzügler der Lawine aufgerollte Schneeschnecken. Das sind klei­nere abstürzende Schneemassen, die sich auf ihrer Bahn den Berg herab zu riesigen weißen Ammons­hörnern aufrollen. Es gibt deren von drei bis vier Meter Durchmesser.

Ueberraschend ist es, daß man in den weißen Schneelandschasten des Schwarzwalds im April und Mai die leichtbefiederte, singende und jubilierende Vogelwelt findet, wie drunten im Tal. Die kleinen Sänger lassen sich durch den Schnee nicht darüber täuschen, daß es Frühling ist. Die Menschen, die da oben in ihren einsamen Hütten Hausen, wissen das zwar auch, aber wenn sie etwa mit Familie und Hausrat zu Tal ziehen wollen, dann müssen sie hübsch warten, bis die Wege schneefrei sind. Die Todtnauer Hüttenwirtin möchte schon lange gern zu Tal. Sie wird vielleicht bis in den Juni hinein warten müssen. Für den Personenverkehr kommt be­sonders jetzt bei dem brüchigen Schnee der Schnee­schuh zur Ehre. Als er im Schwarzwald noch nicht bekannt war, hat man sich auch schon zu helfen ge­wußt. Wenn der alte Raimardibuer mit selbstge­flochtenen Schneereifen an den Füßen die steile See­haldewand entlang auf den Feldberg ging, dann hatte er beim Aufstieg vorn immer einen Leder­schurz, damit er sich den Unterleib nicht erkältete. Bei der Heimfahrt wurde der Lederschurz nach hinten gedreht, zwischen den Beiden vorgezogen und als wasserdichter Schlitten benutzt. Mit Hui fuhr der Alte gegen Abend, wo der Frühlingsschnee immer wieder gefriert, hinab ins Tal, wo schon die Primeln blühten.