Schwaezwälder TageszeitungAus den Tauueu"

Nr. 236

Seile 2

Aus Stadt und Land

Altensteig, den 8. Oktober 1929.

Fahrplan. Unserer heutigen Ausgabe liegt ein Aus­zug des Wintersahrplanes 19291930 bei.

Eintragung zum Volksbegehren. Das Württ. Innen­ministerium veröffentlicht jetzt einen Erlaß an die Wahl­behörden zur Durchführung der Bestimmungen über das Volksbegehren mit dem KennwortFreiheitsgesetz", das bekanntlich in der Form eines Eintragungsoerfahrens vor sich zu gehen hat. Wer das Volksbegehren unterstützen will, hat sich in eine Eintragungsliste einzutragen. Die Ein­tragungsfrist beginnt auf Grund einer Verordnung des Reichsministers des Innern am Mittwoch. 16. Oktober, und endigt am Dienstag, 29. Oktober. Di« Kosten der Ein­tragungslisten nebst Anhänge- und Einlegebogen sowie deren Versendung an die Gemeindebehörden fallen den An­tragstellern zur Last; die übrigen Kosten des Eintragungs­verfahrens werden den Ländern und Gemeinden vom Reich nach den für die Reichstagswahlen geltenden Vorschriften erstattet.

Nagold, 7. Oktober.Das Dreimäderlhaus", das der hiesige Vereinigte Lieder- und Sängerkranz im letzten Winter zweimal und nun am Samstag und Sonntag abend zum dritten und vierten Mal aufführte, hatte wie­der einen vollen Erfolg. Der Besuch war an beiden Tagen, am Sonntag auch von auswärts, sehr groß und die Auf­führung unter der Leitung von Präzeptor Wieland glän­zend. Die Mitwirkenden spielten ihre Rollen vortrefflich und waren gesanglich auf einer erfreulichen Höhe. Herr Hauptlehrer Nicht hatte wieder den musikalischen Teil übernommen und in feinfühliger Weise durchgeführt. Der Ver. Lieder- und Sängerkranz hat jedenfalls durch die wohlgelungene AufführungDas Dreimäderlhaus" ge­zeigt. was man mit vereinten Kräften zu leisten vermag und hat die Genugtuung, mit dieser Aufführung einen vollen Erfolg verbuchen zu dürfen und vielen damit eine wirkliche Freude gemacht zu haben.

Freudenstadt, 7. Oktober. (Leichenfund.) Am ver­gangenen Samstag ist bei Ausübung der Jagd von einem hiesigen Jäger in einer dichten Tannenkultur unweit der Straße vom Lauterbad nach Loßburg ein Toter aufgefun­den worden, der sich nach vorliegenden Umständen wahr­scheinlich erhängt hatte. Der Leichnam dürfte mindestens schon zwei Jahre an dieser Stelle gelegen haben. Vor­gefunden wurden nur noch Knochen und Kleider. Irgend welche Anhaltspunkte, die zur Indentifizierung dienen könnten, wurden nicht gefunden. Der Tote dürste ein Mann im Alter von 35 bis 40 Jahren sein.

Freudenstadt, 7. Oktober. Den Post-Autofahrten und den Chauffeuren der Reichspost wird in einem Artikel im St. N. Tagbl." besondere Anerkennung gezollt. Es heißt darin:Angenehm ist es erstens mal zu hören, daß auch dieses Jahr die Unfallchronik keine Daten aufzuweisen hat. Besonders für den, der die oft schmalen und kurvenreichen Straßen des Schwarzwaldes kennt. Und daß Tiefland­maschinen mit ihren im Gebirge oft versagenden Herren­fahrern angenehme Wegkumpane sind, wollen wir nicht eben behaupten. Trotzdem! Die ganze Saison hindurch ist nichts passiert. Kein Zusammen­stoß. Fremdes Eigentum in Form von Kotflügeln, Rand­steinen und Telegraphenstangen wurde absolut respektiert. Die Mitfahrenden, darunter waren sehr viele, die die Ner­vosität nur so gepachtet zu haben scheinen, waren voll des Lobes über Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit der Fahrer. Diese Reichspost Verbindungen haben für Freudenstadt außerordentliche Bedeutung bekommen. Dadurch, daß die schönsten Punkte des ganzen Schwarzwal­des bequem und vor allem sehr billig erreicht werden

können, wird unsere Stadt zum wahren Zentrum der Schwarzwaldbesucher. Die Kurzsichtigkeit, daß den hie­sigen Geschäftsleuten viele Gäste durch die Fahrten ver­loren gingen, ist der Einsicht gewichen, daß Freudenstadt von vielen Gästen als Standquartier für Touren gewählt wird. Statt nur einen oder zwei Tage hier zu bleiben, um dann einen anderen Platz zu besuchen, verbringen eben viele den ganzen Urlaub bei uns."

Nottenburg, 7. Okt. (Eröffnung des Landwirt­schaft s feste s.) Am Samstag wurde das Landwirt­schaftliche Bezirks- und Gaufest in Gegenwart des Wirt- schastsministers Dr. Beyerle, des Präsidenten von Sting sowie der Spitzen der Behörde» feierlich eröffnet.

Böchingen OA. Oberndorf, 7. Okt. (Brand.) Am Frei­tag abend brach im Ortsteil Halde in dem landwirtschaft- lsichen Doppelanwesen der Landwirte Bach und Hahnengrad Feuer aus. Das Doppelhaus ist bis auf die Grundmauern abgebrannt. Die Feuerwehren beschränkten ihre Tätigkeit auf den Schutz der Nachbargebäude.

Stuttgart, 7. Okt. (Arbeiterentlassungen.) Die Firma Daimler-Venz in Sindelfingen hat vom Eewerbs- aufsichtsamt die Zustimmung zur Entlassung von 250 Ar­beitern erhalten. Die 250 Arbeiter sollen in der Zeit vom 10. Oktober bis zum 16. November zur Entlastung kommen.

Reisende Taschendiebe. Wie kürzlich berichtet wurde, ist auf dem Hauptbahnhof hier am 7. September ein internattonaler D-Zugdieb beim Taschendiebstahl von der Polizei ertappt und dem Gericht übergeben worden. Kaum drei Wochen darauf, am 25. September, sind von der Kriminalpolizei wiederum im Hauptbahnhof zwei wei­tere zugereiste Taschendiebe tschechischer Staatsangehörig­keit ergriffen worden, die in letzter Zeit nicht nur im Haupt­bahnhof, sondern auch auf Straßenbahnwagen und an Haltestellen ihr unsauberes Handwerk mit gutem Erfolg betrieben haben.

Vertretertag. Am 5. und 6. Oktober hielt der Landesverband der Kinderreichen hier seinen Bertretertag ab. Es wurde folgende Entschließung angenommen:Die Ehe ist die Grundlage des Familienlebens und der Erhaltung und Vermehrung der Nation. In der körperlichen, geistigen und sittlichen Kraft der Familie liegen die Wurzeln der politischen und wirtschaftlichen Wiedererhebung unseres Volkes. Daher bedarf die Ehe in ihrer Erfüllung als Fa­milie des starken Schutzes der Volksgemeinschaft. Wir rufen die weltlichen und geistlichen Behörden unseres Landes so­wie die breite Oeffentlichkeit mit allem Ernste auf, an die­sem Schutze tatkräftig mitzuarbeiten. Wir fordern als un­erläßliche Stützen der Familie: Wohnung urch Arbeit. Ohne Lösung der Wohnungsfrage für unsere kinderreichen Fa­milien wird aller soziale Dienst am Volke erfolglos bleiben und die Fürsorge dem Volke unerträglich werden. Als dem Träger und Erhalter des Volkes muß der kinderreichen Familie eine Bevorrechtung auf allen Gebieten des sozialen und wirtschaftlichen Lebens zugeständen werden. Wir er­streben den Ausgleich der Familienlasten durch staatliche Erziehungsbeibilfen an die kinderreichen FamM-- Stände."

Böblingen, 7. Okt. (Zur Zeppelinlandung.) Die Ortsgruppe Böblingen-Sindelfingen des Deutschen Touring- Clubs hat beschlosten, am 20. Oktober, dem Tag, da der Zeppelin in Böblingen ist, eine Plakettenfahrt, offen für alle Kraftfahrer, zu veranstalten und damit fliegerisch« Veranstaltungen aller Art zu verbinden.

Ludwigsburg, 7. Ott. (A u t o z u s a m m e n st o ß.) Der in Landwirtschaftskreisen bekannte 46 Jahre alte Handels­gärtner Adolf Kocher jr. fuhr nachts auf der Heimfahrt von Stuttgart nach Ludwigsburg mit seinem Auto auf einen Kraftwagen so unglücklich aus, daß ihm die Glas­

splitter der zerbrochenen Schutzscheibe in die Hirnschale ein­drangen, so daß er alsbald verstarb. Das Auto wies sonder­barerweise selbst keine Beschädigungen auf.

Großheppach OA. Waiblingen, 7. Okt. (Die größt« Kelter Württembergs.) Mit großem Kostenauf­wand hat die Gemeinde durch die Architekten Maas L Hor- lacher, Obertürkheim, eine neue Kelter erstellen lasten. Am Samstag und Sonntag ist diese größte Eemeindekelter Württembergs eingeweiht worden.

Korntal OA. Leonberg, 7. Okt. (Eifeubahnerlos.) Seim Rangieren verunglückte am Freitag abend auf dem hiesigen Bahnhof Stellwerksmeister Sterr tödlich. Sterr vollte auf einen in Bewegung befindlichen Wagen aufspvin- zen und glitt dabei aus. Es wuden ihm beide Beine abge­fahren. Der Verunglückte ist seinen Verletzungen erlegen.

Schorndorf, 7. Okt. (Bran d.) In dem Wohn- und Ge­schäftshaus des Kaufmanns Wurst in der Neuen Straß« brach Sonntag abend Feuer aus, das bald in lichterlohe« Feuergarben zum Dach hinausschlug. Als von der Motor­spritze zwei Leitungen eingesetzt wurden, war das Fe«« rlsbald gelöscht. Durch das Abreißen von Drähten setzte die Straßenbeleuchtung aus. Rachbargebäude haben nur ganz inerheblich Schaden erlitten. Der Dachraum ist völlig au»- jebrannt.

Heilbronn, 7. Ott. (T ö d l i ch e r U n f al l.) In der Nacht um 6. Oktober wurde in der Neckarsulmerstraße ei« 4b ßahre alter Maschinensormer von einem Motorradfahre «»- lefahren und zu Boden geworfen. Er trug innere Bes­etzungen davon und mußte ins städtische Krankenhaus ibergeführt werden, wo er seinen Verletzungen erlegen P.

Heidenheim, 7. Okt. (T öd l i ch e r U n fal l.) Am Sams» lag nachmittag wurde der 86jährige Gottl. Ortlieb mit e» rem Büschel Holz auf dem Kopfe auf der Straße von eine» lluto von hinten angefahren: sein Holzbüschel flog in tüe Schutzscheibe und zertrümmerte diese. Durch den Aufprall ruf die Straße wurde Ortlieb äußerlich nur leicht verletzt Zn bewußtlosem Zustand wurde er ins Krankenhaus vvk bracht, wo er noch am Samstag abend verschied. ^

Ulm, 7. Ott. (Unaufgeklärter Mord.) Der am 6. Juli 1929 bei dem Vorwerk 12 in Neu-Ulm geschehe« Mord an dem Maschinenschlosser Wilhelm Rupp ist noch nicht aufgeklärt. Der bisher verdächtige Johannes Otto, Schmied in Jungingen, ist durch Beschluß der Strafkammer Memmingen außer Verfolgung gesetzt und aus der Hast entlassen worden.

Friedrichshasen, 7. Okt. (B o o t s u n f ä l l e.) Am Sonn­tag kenterte vor der Hafeneinfahrt bei starkem Sturm eia Segelboot. Das Polizeiboot eilte zu Hilfe und rettete di« vier Insassen. Das Boot ging unter. Ein Paddelbotst, das mit zwei jungen Ulmern besetzt war, kenterte. Der ei« von ihnen konnte sich ans Ufer retten, der andere, ein 18j^> riger Optikerlehrling Kaplan, wird vermißt und dürste Ge­trunken iein.

Heilbronn, 7. Oktober. (Vom Unterländer Weinpar­lament.) Die alljährlichen Zusammenkünfte der Vertreter der Weinbaugemeinden des württ. Unterlandes haben nicht mit Unrecht den zutreffenden Namen Unterländer Weinparlament erhalten, denn es kommen dabei verschie­dene Fragen, wie Herbstausschreiben, Herbstbeginn usw., zur Besprechung. Wie immer fand auch die heutige Zusam­menkunft im großen Rathaussaal im Heilbronner Rathaus statt. In der Aussprache setzte man sich zunächst nachdrück­lich für ein H i n a u s s ch i e b e n der Lese ein im In­teresse der Erzielung einer guten Ausreife der Trauben und der dadurch zu erwartenden vorzüglichen Qualität des Heurigen. Schließlich einigte man sich für die all­gemeine Lese auf Montag, 14. Oktober und für die Frühlese auf Ende dieser Woche. In Heilbronn erwartet man einen Ertrag von etwa 10 000 Hektoliter.

lok oäer lek?

Roman von Hermann Hilgenborff

(1. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) ,

. . . und so hat dieser Verderbte nicht nur den Mord­versuch gegen Tornheim auf dem Gewissen. Nein, er hat auch ein blühendes unschuldiges Mädchenleben vernichtet ... ins Irrenhaus gebracht!" schließt der Staatsanwalt seine Anklagerede gegen den jungen Studenten, der stumm und mit fast unbewegten Eesichtszügen auf der Anklage­bank sitzt. Das Schicksal hat ihn vernichtet. Er ist jetzt schon ein lebendiger Toter.

Seine Stummheit nehmen die Geschworenen als Schuld­beweis. Er ist ein Verdorbener . . .! Keine Gefühls­regung mochte die Verhandlung in ihm zu erwecken . . .

Was ahnten die Geschworenen von der vernichteten Seele dieses jungen Studenten.

Das schwerste Urteil schien ihnen zu leicht . . .

So ging das Schicksalsrad über Paul Lestmann, den jungen Studenten, hinweg.

Niemand vermochte ihn zu retten.

Der junge Student wanderte ins Zuchthaus . . .

So saß er auch an diesem Abend und brütete vor sich hin.

In diesem Augenblick knatterte der Donner wie Mil­lionen rasender Schüsse.

Trotzdem hörte Paul Lestmann das Klirren von Schlüs­seln an der Zellentür. Der Donner konnte alle Geräusche zerstampfen. Das Schlüsselklirren an der Zellentür für einen Gefangenen . . . nie.

Er sprang in einem Satz von der Pritsche und lauschte . . . Was wollte man von ihm?

Es war schon nach Einschluß. Nach dem kargen Abend­brot: Schwarzbrot und dünner Tee!

Danach hieß es sonst nur: Schlafen!

Ein Blitz zerriß die Dunkelheit der Zelle und sah die Spannung, die das scharfe männliche Gesicht Lestmanns zucken ließ.

Die eiserne Zellentür sprang auf. Das Klirren der Schlüssel verstummte. Ein leises Knack!

Mattes, rötliches Licht entströmte der schwachen ver­gitterten Birne an der Decke.

Ein leichtes Zittern überlief den starken, muskulösen Körper Paul Lestmanns, als er den eintretenden Gefäng­niswärter ein weißes Aktenstück schwenken sah.

Begnadigt!" überheulte die Stimme des Gefängnis­wärters einen krachenden Donnerschlag.

Er schwenkte noch immer die Akte wie eine Siegesfahne.

Er gönnte diese Begnadigung Paul Lestmann. Alle gönnten es ihm. Vom Eefängnisdirektor bis zum Ein- schlietzer. Dieser Paul Lestmann war ein Prachtkerl ge­wesen! Seit Jahren einer der anständigsten Gefangenen! Ein Mann mit Disziplin in den Knochen.

Allerdings: Schweigsam! Verschlossen! Nie eine Gefühlsregung zu erkennen. Aber sonst: Gehorsam! Ge­fällig! Diszipliniert! Nie hatte er Scherereien gemacht.

Begnadigt!" schrie er noch einmal und schlug Paul auf die Schulter. Er fühlte, daß der Gefangene leicht zitterte. Er sah auch die unheimliche Blässe im Gesicht. Aber das war alles.

Freust du dich nicht?" fragte er erstaunt.Wir hätten es dir erst morgen Mitteilen brauchen, Paul . . . Aber du warst immer ein anständiger Kerl! Du kannst heute noch heraus. Der Direktor macht deinetwegen eine lleberstunde . . Fein Paul! Fein!" . . .

Aber noch immer war keine Freude auf dem Gesicht des Mannes im Drillichanzug. Im Gegenteil. . . Der Ee- fängnisbeamte erschrak.

In diesem Gesicht war plötzlich Haß.

Lodernder, grimmiger, unerbittlicher Haß.

Der Eefängnisbeamte fuhr zurück. Er hatte viel Ge­sichter des Hasses gesehen. Ein solches noch nicht!

Ich begreife nicht. . .", stammelte er verwirrt.

Es ist gut! Kann ich gleich mitkommen, um meine Effekten in Empfang zu nehmen . . .!" Seine Worte waren ruhig, kalt ohne die geringste Gefühlsregung.

Du kannst mitkommen!" sagte der Beamte fast bitter. Er hatte sich so gefreut, Paul diese Nachricht zu bringen. Er begriff diese Aufnahme nicht . . . Begriff absolut nichts . . .

Aber enttäuscht! Ja. das war er . . .

Eine Hand legte sich plötzlich auf seine Schulter Er zuckte zusammen. Eine Faust, wie Eisen so hart.

Ich wollte Sie nicht kränken! Gewiß hätte ich mich freuen sollen! Aber Freude muß man erst wieder zu

empfinden lernen ... Ich war zehn Jahre in diesen Mauern ...Zehn Jahre"...

Die letzten Worte waren wie Schreie . . .

Wir waren gut zu Ihnen . . .!"

Ich danke Ihnen und . . . und . . . den anderen . . ." Er drückte dem Beamten die Hand. Der war getröstet. Sie wußten ja alle, daß Paul ein seltsamer Mensch war. Und . . . zehn Jahre! Verdammt, das war eine Zeit!

Nun, Sie sind erst Anfang der Dreißig! Sie können Ihre Freiheit noch genießen! Ein anderes Leben anfangen ... Es ist noch nicht zu spät."

Ja! Ja!" Wieder war der seltsame Klang von Haß in diesen Worten.

War er nicht direkt ein wenig unheimlich, dieser Paul, dachte der Beamte. Er ließ ihn in das Zimmer des Direk­tors.

Der kam auf Paul zu. Würdevoll. Steif . . . und doch glänzte Freude in seinen Augen. Auch er hatte diese« stillen, immer fleißigen, nie krakehlenden Gefangenen gern gehabt.

Endlich! Endlich! Ich habe einiges dazu getan, daß Sie begnadigt wurden . . . Auch er hatte Freude er­wartet! Jubel! Erregung . . .

Pauls Gesicht war hart, unbeweglich wie das Antlitz einer Marmorstatue . . . Nur seine Augen brannten. Ja, f sie brannten wie die Hölle . . .

Die Augen ... die Augen . . .

Der Spiegel der Seele.

Es ist eine Seltenheit! Denken Sie, zehn Jahre sind Ihnen geschenkt . . . Zehn Jahre! . . . Zehn Jahre! Eine solche Begnadigung ... das zweite Mal erst, daß ich hier Direktor bin . . . Das zweite Mal in dreißig Jahren..."

Seine Worte rangen förmlich mit Paul, um ihm eine Freude abzugewinnen.

Paul blieb stumm. Auch er kämpfte. Es war ein Kampf mit einer Hölle . . . Einer Hölle, die zehn Jahre gebändigt war. Jetzt brach sie aus . . . Aber sein Gesicht zeigte nichts davon! Zehn Jahre hatte er Beherrschung gelernt und noch vieles mehr . . . vieles . . . vieles . . -

Auch manches vergessen. . .

Nur eines nicht: Den Haß.

(Fortsetzung folgt.)