Luzekgenpreis : Die einspaltige Zeile oder deren Raum IS Pfg., die Reklamezeile 45 Pfg. > Erscheint wöchentl. 6 mal. / Bezugspreis: Monatl. 1.56 Mk., die Einzelnummer kostet i« Pf- Ittr teleph. erteilte Aufträge übernehmen wir keine Gewähr. Rabatt nach Tarif, der jedoch bei ! Bei Nichterscheinen der Zeitung infolge höh. Gewalt od. Betriebsstörung besteht kein Anspruch aus zeiichtl. Gintreib, od. Konkursen hinfällig wird. Erfüllungsort Altensteig. Gerichtsstand Nagold, j Lieferung der Zeitung / Postscheck-Konto Stuttgart 5780 / Telegr^Adr.:Tannenblatt" / Teles. 11

Urrmrner 331

ALLensteig, Kreith 30. September 1939

53. Jahrgang

3m SK jährige« 3«« des

In den Tagen vom 21. bis 2Z. September feiert der Landwirtschaftliche Bezirksverein Nagold sein 9 0 jähri - gesJubiläumin Form eines groß angelegten Land­wirtschaftlichen Festes in der Oberamtsstadr Nagold. Sind auch die Zeiten im allgemeinen gewiß keine glänzenden und für die Landwirtschaft erst recht nicht, so kann doch ein Verein von der Bedeutung des Landwirt­schaftlichen Bezirksvereins ein Jubiläum, wie das 90jäh- rige, nicht sang- und klanglos vorüber gehen lassen. Um ihm die richtige Weihe zu geben, soll das Bezirkssest stattfinden, nicht allein zur Freude und Lustbarkeit, son­dern auch mit dem ernsten Endzweck, durch Ausstellungen und Prämierungen der Landwirtschaft treibenden Bevöl­kerung neue Anregung und Förderung zu vermitteln und das Gefühl ihrer Zusammengehörigkeit zu ihrem Berus zu stärken. Bei dem engen Zusammenhang von Landwirt­schaft, Gewerbe und Industrie ist es aber begreiflich, daß ein solches Fest nicht auf den Jubiläumsverein, seine Mit­glieder und seinen Stand beschränkt bleibt, sondern daß die andern Berufe, die Allgemeinheit daran teilnimmt, ebenso wie die Landwirtschaft auch der Grundpfeiler für die Ernährung der Allgemeinheit ist. Daß man sich bei dieser Gelegenheit erneut daran erinnert, was der Bauern­stand im Weltkrieg für die Ernährung des Volkes unter oft sehr schweren Opfern geleistet hat, ist recht wohl an­gebracht.

Ein Rückblick aus die Entwicklung der Landwirtschaft zeigt, daß diese mit der sonstigen Entwicklung zwar lang­sam und bedächtig, aber nach Erkennung der Vorteils mit festem Willen fortschreitet, insbesondere auch seit die Jugend in den landwirtschaftlichen Schulen zielbewußt ihre Ausbildung findet. Diese fachliche Schulung läßt für die Zukunft auch ein neues Aufblühen der Landwirtschaft selbst erhoffen, denn der Jugend gehört auch bei der Landwirt­schaft die Zukunft.

Alle Stürme der Zeiten, alle Mißerfolge und Mißernten haben das zähe Festhalten der Bauern und die Liebe zu ihrem Beruf und zu ihrer Scholle nicht zu lähmen vermocht. Ihre Energie und zähe Ausdauer wird sie auch über die jetzigen schweren Zeiten kommen lassen. Entbehrungen und Not haben immer auch den Willen gestärkt und Gottes Segen ruht auf dem, der in Treue seine Pflicht im Beruf, seinem Nebenmenschen und seinem Volk gegenüber erfüllt.

Der Landwirtschaftliche Hauptverein und seine Bezirksvereine haben eine große Auf­gabe zu erfüllen. Die Stärke dieser Organisation liegt darin, daß sie unpolitisch ist, deshalb alle Glieder des Berufes zu umfassen in der Lage ist und die Belange der Landwirtschaft in dieser Geschlossenheit vertreten kann. Sie hat es auch seither getan und wird es um so mehr tun können, als ihre Glieder bei der Fahne blieben und auch ihrer Organisation gegenüber zu Opfern bereit sind. Daß diese Opfer nötig sind, sollte niemand mehr verschlossen bleiben, und daß sie sich lohnen, zeigen andere Berufsorga­nisationen durch die errungenen Erfolge oft recht deutlich.

Der Landwirtschaftliche Bezirksverein Nagold hat in den 90 Jahren seines Bestehens eine er­freuliche und gesegnete Wirksamkeit gehabt und seine Bedeutung ist zweifellos im zunehmen. Was er in der För­derung der Landwirtschaft, des Ackerbaus, der Viehzucht, der Milchwirtschaft, des Obstbaus, der Schaffung der Land­wirtschaftlichen Winterschule usw. getan hat, was seine Vor­stände und Ausschußmitglieder für den Verein und die Landwirtschaft in selbstloser Weise geleistet haben, dessen soll heute dankbar gedacht werden.

Wir gratulieren dem Jubelverein zu seinem 90jährigen Jubiläum, wünschen ihm eine weitere segensreiche Wirksamkeit im Dienste der Land­wirtschaft und des gesamten Volkes und hoffen, daß die landwirtschaftliche Bevölkerung auf dem Bezirksfest manche p.ute Anregung bekommen und mit neuer Freudigkeit sich ihrem schweren und doch so schönen freien Beruf weiter erfolgreich widmen möge!

Landw. VezirLsvereias Mold

Wir freuen uns, unserer Zeitung heute eine stattliche Festzeitung zum Landwirtschaftlichen Fest beifügen zu können, die in der Buchdruckerei unseres Blattes her­gestellt worden ist und deren reicher Inhalt unseren Lesern manche Anregung geben dürfte. Im übrigen enthält sie ein so reiches Festprogramm, das die Bevölkerung des ganzes Bezirks und darüber hinaus anlocken wird.

Leset die Schwarzwälder TageszeitungAus den Tannen" mit dem beliebten, inhaltsreichenSchwarz­wälder Sonntagsblatt" und sonstigen Beilagen.

Deutscher Lmimrtschllstsrat

Münster i. W., 18. Sept. In der Vollversammlung des Deut­schen Landwirtjchaftsrats nahm nach Begrützungsworten des Präsidenten

Rcichserniihrungsminister Dr. Dietrich

das Wort, um zunächst die Grüße des Reichspräsidenten und der Regierung zu überbringen. Mit der Landwirtschaft stehe und falle nicht nur unsere Wirtschaft, sondern auch das Wohl des ganzen Volkes sei mit ihr untrennbar verbunden. Er habe nicht einen Tag geschwankt, die Stützungsmaßnahmen auf dem Rog­genmarkt über die Zeit hinwegzufllhren. Es sei ihm gar nicht eingefallen, zu versuchen oder daran zu denken, irgend etwas an dem zu ändern, was gesetzlich festgelegt ist. Die Regierung sei bereit, alles zu tun, um den Getreidepreis auf einer erträg­lichen Höbe zu halten. Im klebrigen müßten die Wirkungen der Zollmaßnahme abgewartet werden, die infolge des schwedischen Handelsvertrages keine sofortige Wirkung haben könne. Er habe sich allgemein mit dem Tiefstand der Viehpreise beschäftigt und eine entsprechende Vollmacht des Reichskabinetts vorlegen kön­nen. Die Frage sei nur, wie man verhindern könne, daß ein ungünstiger Handelsvertrag mit Polen zustandekomme, und daß man wieder in eine uferlose Schweineerzeugung komme, die die Preise vollends umwerfe. Es sei Aussicht vorhanden, daß die Landwirtschaft bis zum Avril nächsten Jahres von den Ren- tenbankzinsen herunterkomme. Auch in der Umschuldung seien gewisse Lichtblicke vorhanden. Bei dem bevorstehenden Finanz­ausgleich werde er sich für eine Herabsetzung der Realsteuern einsetzen. Das Reichsmilchgesetz werde infolge verschiedener Schwierigkeiten den Reichstag erst im Winter beschäftigen kön­nen.

Der preußische Landwirtschaftsminister Dr. Steiger wies da­rauf hin, daß auch in diesem Jahre weniger die Ernte, als die Preise für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse die Lage der Landwirtschaft besorgniserregend gestaltete. Nichtlandwirtschast- liche Kreise müßten sich darüber klar sein, daß auch sie durch die traurige Lage der Landwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen würden, und daß deshalb der Schutz der Landwirtschaft auch in ihrem Interesse liege. In weiten Kreisen der Landwirtschaft sei man sich darüber klar, daß durch zollvolitische Maßnahmen allein befriedigende Preise nicht zu erreichen seien. Daneben müsse die innere Absatzregelung treten, die von der Selbsthilfe der Landwirtschaft und von staatlichen Maßnahmen gemeinsam getragen werden müsse. Beim Brotgetreide müsse neben der strengen Durchführung des Vermahlungszwangcs durch eine bes­sere Beleihbarkeit der Getreide-Erzeugung Las Jnlandsangebot besonders alsbald nach der Ernte eingeschränkt werden. Hierzu müsse eine einwandfreie Preisfeststellung an den Börsen treten. Die für die Bewegung der Getreideernte im Reichshausbalt eingestellten 3,75 Millionen müßten der Getreidebewegung in vollem Umfange und besonders im Interesse der östlichen Land­wirtschaft sofort dienstbar gemacht werden. Zu den Kartosfel- preisen sprach der Minister die Erwartung aus, daß es ihm ge­lingen werde, des Ucberangebots an Speisekartoffeln aus dem Inland durch weitgehende Förderung der Markenkartoffel Herr zu werden. Mit besonderer Besorgnis müsse die Entwicklung der Rindviehpreise erfüllen. Die Verhandlungen wegen Aenderung der Viehzölle müßten nach Möglichkeit beschleunigt werden. Die Schweinepreise hätten durch den Rückgang des Schweinebestan­des einen so hohen Stand erreicht, daß hierin für die Landwirt­schaft ein starker Anreiz liege, Schweinezucht und Schweinehal­tung zu vermehren. Der Eesamtbestand an Schweinen habe sich nach dem bisherigen Ergebnis aus 152 Kreisen um rund 17 Prozent gegen dem 1. Juni 1929 vermehrt. Es sei damit zu rechnen, daß man bei der nächsten Zählung im Dezember den Bestand des Vorjahres nicht nur erreicht, sondern voraussichtlich überschritten haben werde.

Darauf wurde eine Entschließung angenommen, in der der deutsche Landwirtschafsrat neben schleunigster Durchführung der von den landwirtschaftlichen Führern geforderten Sofortmaß­nahmen vollständige Verwirklichung des im Frühjahr aufge­stellten Rentabilitätsprogrammes erwartet. Er sieht einen Aus­weg aus der Notlage dtzs deutscheu Volkes nur in einer zielbe­wußten Umstellung der gesamten deutschen Wirtschaftspolitik auf die Entwicklung aller landwirtschaftlichen Produktionszweige.

Der Inhaber der Discontogesellschaft Dr. Solmssen sprach über den doungplan und die deutsche Ladwirtschaft. Der Youngplan ist eine politische und keine wirtschaftliche Lösung. Das Wirt- schaftsvrogramm muß vor allem auf dis Einfuhrverminderung abzielen. Erste Voraussetzung muß die größte Sparsamkeit in der Finanzgebarung der öffentlichen Hand sein.

Am zweiten Tag der 59. Vollversammlung des Deutschen Lanü- wirtschaftsrates sprach Professor Dr. Münstuger-Hohenheim über Die Auswirkung der Agrarkrise auf den kleinbäuerlichen Be­trieb", wobei er u. a. auf das Schicksal der zweiten Söhne und Bauerntöchter hinwies die mehr und mehr Fabrikarbeit suchen müssen, um dadurch die Vargeldeinnahmen des Bauernbetrieb- zu vergrößern. Dies habe in den letzten Jahren zur starken Pro­letarisierung des Bauerntums und zur Landflucht geführt. Die herrschende Agrarkrise, besonders das schlechte Verhältnis zwischen den Preisen von Betriebsmitteln und Erzeugnissen bringe es dahin, daß der Bauer nie Geld habe und sich infolgedessen jeder Ausgabe enthalten mutz, auch dann, wenn diese Ausgaben den Betriebserfolg erhöhen würden. Bei Zinssätzen für Leihkapital, die über 10 Prozent liegen, wage es der Bauer nicht, Kunst­dünger, Futter usw. auf Kredit zu kaufen. Den größten Teil seiner Steuern müsse der Bauer aus seinem Arbeitsertrag zah­len, da er bei Zugrundelegung des ortsüblichen Lohnanspruches nur eine ganz ungenügende Kapitalrente durch den Reinertrag hat. Ziel unserer Agrarpolitik müßte sein, wenn man den Jung­brunnen des deutschen Volkes, sein Bauerntum, erhalten wolle, für unsere Landwirte ein Einkommen zu schaffen, das dem der anderen Verufsstände ebenbürtig ist und den Bauernstand vor Ueberarbeitung und vor körperlicher und geistiger Verkümmerung zu schützen.

Landwirtschaftsrat und Arbeitslosenversicherung

Münster, 19. Sept. Die Vollversammlung des Deutschen Land­wirtschaftsrates nahm zwei Entschließungen zur Arbeitslosen­versicherung, zum Entwurf eines Reichsmilchgesetzes und über die Landwirtschaft Westfalens unter den neuzeitlichen wirtschaftlichen. Verhältnissen an. Bezüglich der Arbeitslosenversicherung lehnt der Deutsche Landwirtschastsrat jede Erhöhung der Beitrags­sätze ab. Er hält die Einbeziehung der Landwirtschaft in die allgemeine Arbeitslosenversicherung nach wie vor für verfehlt und wird den Gedanken einer Sonderbehandlung der Land­wirtschaft mit allem Nachdruck weiter verfolgen, sobald sich zeigte daß auf eine durchgreifende Beseitigung der jetzigen Mitzstände und eine stärkere Berücksichtigung der landwirtschaftlichen Not­wendigkeiten nicht gerechner werden kann.

Bezüglich des Reichsmilchgesetzes begrüßt die Vollversamm­lung die vom milchwirtschaftlichen Ausschuß beim Reichsaus­schuß der Deutschen Landwirtschaft aufgestellten Richtlinien für die Gestaltung des Reichsmilchgesetzes.

Wirtschastssklmdale oh«e Ende

Der Raiffeisenkrach vor dem Untersuchungsausschuß

65 Millionen Mark sind es, die die Raiffeisenbank durch leichtsinnige Gewährung von Privatkrediten verloren hat. Das ist die traurige Tatsache, die durch nichts mehr hin- rveggeleugnet werden kann. Diese enormen Verluste kosteten nicht nur der Raiffeisenbank ihre Selbständigkeit, sondern auch den Steuerträgern nicht weniger als 40 Millionen, die aus öffentlichen Mitteln gedeckt werden, um die Land­wirte zu schonen, die an der Mißwirtschaft schuldlos sind und infolge ihrer überhaupt bedrängten Lage solche Ver­luste nicht zu tragen vermögen. Das Kapital der Raiff­eisenbank im Betrage von ca 18 Millionen Mark (nominell sind es über 25 Millionen, 7 Millionen sind jedoch nicht eingezahlt) ist selbstverständlich vollkommen verloren. Es ist ganz klar, daß ein derartiger Skandal bei einem volks­wirtschaftlich so äußerst bedeutsamen Institut, wie es die Raiffeisenbank ist, nicht ohne weiteres hingenommen wer­den kann. Besonders da die Verlusttrüger das Reich und die Länder sind. Der preußische Landtag hat deshalb auch einen Untersuchungsausschuß eingesetzt- der die Kredit­gewährung der Raiffeisenbank und der Landbundgenossen­schaften genau zu prüfen hat. Aus den bisherigen amt­lichen Ermittlungen kann man schon heute ersehen, mit welcher Leichtfertigkeit bei der Raiffeisenbank Geschäfte ge­macht wurden

Zum großen Teil gehen die Riesenverluste auf die Ver­bindungen mit dem Eelegenheitsgeschäfte betreibenden