Vetter

Geständnis des Bombenanschlages in Riebuell Altona, 16. Sept. Ueber dir Untersuchung der Bomben- attenlate verlautet, dag einer der Verhafteten in der letz­ten Nacht ein Geständnis ablegte, das den Bombenanschlag »« Niebuell betraf. Damit wären nur noch die beiden An- sthläge in Lüneburg und am Reichstagsgebäude in Berlin W klären.

lleberfiedlung der Rheinlandkommifion nach Wiesbaden London, 16. Sept. Nach einer Meldung derDaily News" ans Koblenz wird die Rheinlandkommisston am 5. Novem­ber nach Wiesbaden überstedeln. Der Wiesbadener Korre­spondent des Blattes berichtet, druch die Mitteilung, dag französische Truppen die Stelle der abziehenden britischen Truppen einuehmen werden, sei eine schwierige Lage ent­standen. . .

Rückkehr britischer Besatzungstruppen nach England London, 16. Sept. Der erste Schub der aus dem Rhein­lands zurückkehrenden englischen Truppen wurde bei seiner Ankunft in London von einer großen Menschenmenge be­grüßt. Ein Soldat erklärte:Wir verlebten in Deutschland sine schöne Zeit und bringen erfreuliche Erinnerungen zu­rück an die drei Jahre, die wir dort standen." Ein anderer sagte:Wir waren gar nicht so erpicht auf die Rückkehr: denn wir mögen die Deutschen gern leiden und die Deut­schen hatten uns gern."

Aus Stadt und Land

Altensteig, den 17. September 1929.

Amtliches. Uebertragen wurde die Pfarrei Bibe- rach, Dekanats Heilbronn, dem Pfarrer Bausch in Grömbach, Dekanats Nagold.

Das LuftschiffGraf Zeppelin" berührte heute früh auf seiner Fahrt nach Hamburg auch unsere Gegend. Schon in Alt-Nu ifra konnte man das Luftschiff zur großen Freude der Bewohner des Orts deutlich seörn, in manchen Orten und in den Tälern wegen des Nebels nur das Ge­räusch der Motoren des Luftschiffes Horen. Gesehen hat man das Luftschiff in den über dem Nebel liegenden Orten Obsrshardt, Wart, Berneck, Hornberg, Altensteig-Dorf, Ileberberg, Beuren ujw. Den Bewohnern von Altensteig war die Freude, das Luftschiff zu sehen, nichr vergönnt, es flog abseits der Stadt und man hörte nur das Motoren- geräusch des Luftriesen.

Schwarzwaldverein Altensteig. Die sonntägliche Nach­mittagswanderung am 15. September führte die Teilneh­merschar über Lengenloch, Beuren nach Simmersseld, um sreundnachbarliche Beziehungen zu pflegen. Es war keine große Marschleistung, diese Strecke zu durchwandern, aber der Gang durch Wald und Feld brachte doch die gewünschte Ausspannung und das schwüle Wetter sorgte dafür, daß die Schweißporen in gesunde Tätigkeit gesetzt wurden. In Simmersseld erhielten die Teilnehmer noch Zuwachs durch etliche Benzintouristen, so daß schließlich eine ganz stattliche Familie beieinander war. Ein Zeichen der Zeit war es aber, daß nur wenige Unverzagte den Heimweg unter die >Füße nahmen, während dasGros" sich dem Motorroß an- -vertraute, eine Tatsache, die einem Wanderverein gerade nicht zur besonderen Zierde gereicht. In Heselbronn traf man noch mit dem Schwarzwaldverein Pfalzgrafenweiler zusammen, die Stimmung wuchs und bei heiteren Gesängen, Reden und Vorträgen fand die Wanderung einen fröhlichen Abschluß. ' >V 2 .

Das Schicksal der verschleppten Basler Missionare. Am 11. September lief bei der Basler Missionsgesellschaft die

Der rote Brief"

Kriminalroman von Hardy Worm

Copyright by Eremer L Co., Berlin UtiV 6 (18. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)

Oo Doktor . . ." Fräulein Hansens Augen waren blinkende Lichter.Wenn ich das vorher gewußt hätte."

Und sie sprang schnell zur Tür hinaus.

Der Detektiv blickte ihr nach. Er stand wie angewurzelt. Dann schlug er sich mehrmals gegen die Stirn, daß es knallte und ahmte Fräulein Hansens Stimme nach.Wenn ich das vorher gewußt hätte ..."

Und wegen eines solchen Frauenzimmers fühlten jetzt vielleicht zwei nützliche Mitglieder der menschlichen Gesell­schaftsordnung einen kalten Revolverlaus an ihrer Stirn.

Armer Maret. In Liebessachen sind die klügsten Detek­tivs die größten Esel."

Dann svielte er solange an seinem Rockknopf, bis er absprang.

15. Kapitel.

Die Mission des Gaston Leroux.

Nach zehn Minuten trat die Gesellschafterin ins Zim­mer. Sie drehte sich kokett in den Hüften und erwartete wohl ein Kompliment des Detektivs.

Aber der dachte gerade daran, daß er noch gar nicht gefrühstückt hatte.

Da die Gefahr bestand, daß die Wohnung beobachtet wurde, schickte Wolter die Gesellschafterin zur nächsten Auto- Haltestelle voraus. Mit der Weisung, ihn im ersten Wagen zu erwarten.

Nachdem er die Korridortür abgeschlossen hatte, nahm er noch eine kleine Manipulation am Schlüsselloch vor und ging dann: lustig pfeifend, die Treppe hinunter.

Fräulein Hansen hatte schon die Ecke erreicht, leichtfüßig schritt sie über den Damm.

Der Detektiv ging, wie in tiefes Nachdenken versunken, hinter ihr her. Dabei tasteten seine Blicke aufmerksam die Straße ab. Nichts. Keine Spur eines Verfolgers.

Als er neben der Gesellschafterin im Wagen saß, sagte er:Nun, schießen Sie los. Madame Maret."

Lchi»«rz»tl»»r LDGe»,ett»>i>»» st« LOME*

Nachricht ein, daß die in China weggeschleppten Missionare noch unversehrt seien, die Räuber aber ein Lösegeld von zwei Millionen Dollar (mexikanisch), ungefähr vier Mil­lionen Mark) verlangen. Die deutsche und die schweizerische Regierung sind bei der chinesischen Regierung vorstellig ge­worden, und es ist zu hoffen, daß diese energische Schritte zur Befreiung der Missionare unternehme.

Vom Bienenziichterverein. Die Herbstversammlung bei Albert Luz war sehr gut besucht. Für treue Mitarbeit seit 26 Jahren konnte vom Landesverein den Mitgliedern, Bahnhofvorsteher a. D. Joh. Mäusle und Johs. Bäuerle in Egenhausen ein Ehrendiplom verliehen werden. Der Vorsitzende, Oberlehrer Schwarz, referierte zuerst über die heurige Zuckerversorgung, die bei den Imkern durch Schuld der Reichsregierung einen dauernden Wechsel von Hoff­nungen und Enttäuschungen auslöste und dann über das Versicherungswesen des Vereins. Der Haftpslichtversiche- rungsvertrag mit dem Allianz-Konzern läuft Ende dieses Jahres ab. Künftighin übernimmt die Jmkerschaft das Versicherungswesen selbst durch Gründung einer Versiche­rungsgenossenschaft auf Gegenseitigkeit. Von nun ab ist jeder Imker, der dem Verein angehört, automatisch nicht nur gegen Haftpflicht, sondern auch gegen Feuers- und Wassergefahr sowie gegen Einbruch und Diebstahl ver­sichert. Als Folge dieser Verbesserung mußte der Vereins­beitrag von 3.60 Mark auf 4.10 Mark pro Jahr erhöht werden. Durch Beschluß beteiligt sich der Verein am land­wirtschaftlichen Fest in Nagold durch Ausstellung bienen­wirtschaftlicher Erzeugnisse. Der Bereitstellung eines Fest­wagens stellen sich zu große Hindernisse in den Weg.

Rohrdorf, 16. Sept. Der Eemeindeob st verkauf brachte einen Erlös von 4.504.60 Mark pro Zentner. Kurios war die Versteigerung eines Apfelbaumes (Kurz­stiel), der auf 1.30 Ztr. geschätzt war und anscheinend aus Liebhaberei auf den Preis von 20.40 Mark Hinaufgetrieben wurde.

Calw, 16. Sept. Gestern vormittag um 9.15 Ahr parkte ein III V-Kleinwagen vor dem Kirchhof. Kaum hatten die Insassen des Wagens denselben verlassen, so schlugen be­reits am Benzintank hohe Flammen empor. Das Feuer dehnte sich rasch auf das Innere des Wagens aus, trotzdem in wenigen Minuten vomBadischen Hof" zwei Feuer­löscher herbeigebracht wurden, mit welchen das Schaden­feuer sofort bekämpft wurde. Der Brand hatte eine große Menschenansammlung zur Folge.

Simmozheim, 16. Sept. (Höhenfeuer.) Unter Betei­ligung fast der ganzen Einwohnerschaft veranstaltete der Turnverein Simmozheim in Verbindung mit der Volks­schule am Samstag abend auf dem Eaisberg ein Höhen­feuer. L. Z. 127, als Fackelbild aufgestellt, zeigte den eigentlichen Zweck der Feier. Durch Schüler der Oberklasse unter Leitung von Herrn Wiesmeyer wurde dann den An­wesenden die Szene des Rütlischwurs aus SchillersTeil" vorgeführt. Darauf flackerte der ungeheure Scheiterhaufen, weithin als Feuerfanal sichtbar, auf.

Vom unteren Nagoldtal, 16. September. Durch rück­sichtsloses Verhalten zeichneten sich gestern drei Motorrad­fahrer aus, welche auf der Fahrt Liebenzell -Pforzheim in Dennjächt ein paar jugendliche Radfahrer überholten. Da sie sehr schnell fuhren, mußten die Radfahrer ebenso schnell ausweichen, wobei der 14 Jahre alte Schüler Ewald R. am Rasen der rechten Straßenseite hängen blieb und stürzte. Der mittlere der Motorfahrer überfuhr den Knaben mit dem Beiwagen,- er fuhr ihm übers Kreuz. Der Täter hielt aber dann nicht an, sondern machte sich aus dem Staube. Der dritte Motorfahrer hielt kurz an, fuhr dann aber hin­ter den andern auch weiter. Der Ueberfahrene war eine Zeit lang bewußtlos. Er wurde von seinen Kameraden nach dem Spielplatz der Unterreichenbacher Fußballmann­schaft gebracht, wo ihm Hilfe zuteil wurde. Heute klagt der Knabe über innerliche Schmerzen. Hoffentlich gelingt es, den rücksichtslosen Fahrer festzustellen, damit er zur Rechenschaft gezogen werden kann.

Fräulein Hansen wurde rot bis unter den Hutrand, r Ihr ganzes Wesen war wie umgewandelt. Ihre Unsicher- z heit, ihre hastende Sprechweise war vollkommen verschwurt- - den, als sie jetzt erzählte: f

Ich habe Sie damals in Wiesbaden belogen. Nein, - belogen ist nicht der richtige Ausdruck, ich habe Ihnen vieles verschwiegen. Sie werden meine Beweggründe i kennen lernen und mir wahrscheinlich verzeihen. z

Ich wurde vor sechs Monaten von meinem Verlobten ? mit dem Auftrag betraut, nach Berlin zu fahren und zu ? versuchen, im Hause der Gräfin v. Biberstein als Haus­mädchen oder Gesellschafterin Unterschlupf zu finden. Dis Gründe, die ihn zu diesem Auftrag veranlaßt hatten, er­fuhr ich erst später, erfuhr ich durch Herrn Leroux.

Nun, es gelang mir verhältnismäßig leicht, mir bei der ! Gräfin Eingang zu verschaffen. Sie war gerade auf der Suche nach einer Gesellschafterin, und da ich gute Empfeh­lungsschreiben besaß und ihr auch sonst gut gefiel, wurde ich sofort engagiert.

An Jean Maret schickte ich jede Woche einen Bericht ? über den Besuch, den die Gräfin empfangen, über die Be- r kanntschasten, die sie angeknüpft hatte, kurz über alle ihre j Lebensgewohnheiten. Da die Gräfin im Winter verreisen s wollte, nahmen wir nur einen kurzen Aufenthalt in Ostsee- ! Ladern und kehrten Ende Juli nach Berlin zurück. !

Bereits am 4. August erhielt ich einen Brief von dem ! in Berlin weilenden Leroux. Wir trafen uns an verschie- j denen Orten, und er teilte mir eine ziemlich abenteuerlich S .klingende Geschichte mit.

Der erste Mann der Gräfin war ein Ingenieur namens Berthold Laronge. Dieser war, wie erst jetzt durch das Geständnis eines im Kampfe mit meinem Verlobten tödlich verwundeten Verbrechers bekundet wurde, Mitglied des internationalen VanditenordensDas Auge wacht". Er unterschlug bei einer günstigen Gelegenheit verschiedene für den Orden wichtige Papiere, unter denen sich ein roter Brief befand. Laronge wurde ermordet, verstümmelt und in die Seine geworfen. Die unterschlagenen Papiere aber wurden nicht aufgefunden. Die Verbrecher nahmen erst an, daß Laronge sie an einem sicheren Ort versteckt hatte, er­fuhren aber vor kurzem durch einen Vertrauensmann, daß sich der rote Brief im Besitz der Gräfin befand. Ein gewisser Gouret wurde beauftragt, nach Berlin zu fahren und der

Nr. 218

Freudenstadt, 16. Sept. (Autounfall.) Gestern nach­mittag gegen 2 Uhr fuhr das Auto einer hier zur Kur weilenden Familie beim Roten Wasser die Böschung hinab- glücklicherweise wurde der Wagen durch herumliegende Holzstämme aufgehalten und hiedurch größeres Unheil ver­mieden. Eine Dame erlitt leichtere Verletzungen.

Röt, 16. Sept. (Jubiläumsfeier.) Am gestrigen Sonn­tag beging der Kriegerverein Röt-Schönegründ im engeren Kreise der Nachbarvereine von Klosterreichenbach, Huzen- bach, Schwarzenberg und Schönmünzach seine 50jührigr Gründungsfeier und das 25jährige Jubiläum der Fahnen­weihe.

Calmbach, 15. Sept. (Schwere Unfälle.) Am Freitag abend nach Fabrikschluß verunglückte eine Arbeiterin der Eauthier'schen Fabrik aus Neuenbürg ziemlich schwer. In der engen Schömbergerstraße wurde das große, breite Auto des Koch-Schwarzenberg von einem Langholzfuhrwerk auf­gehalten. Als die genannte Arbeiterin sehen wollte, was los ist, wurde sie mit Kopf und Achsel zwischen einen Elek­trizitätsmast und dem Auto eingeklemmt und schwer ver­letzt. Sie wurde vom Arzt sofort ins Krankenhaus ver­bracht, wo sie bedenklich darnieder liegt. Gestern abend wurde das zwei Jahre alte Söhnchen des Georg Kallfaß von einem Motorradfahrer überfahren und schwer verletzt, so daß es ebenfalls ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Eine neue Mahnung für Eltern, bei dem regen Verkehr ihre Kinder recht im Auge zu behalten.

Nufringen, O.A. Herrenberg, 16. Sept. (Unter die Räder.) Am Sonntag abend wollte Oberlehrer a. D. Frie­drich Fischer von Schorndorf auf den letzten Zug. Vermut­lich beim Einsteigen kam er zu Fall, glitt aus und kam unter die Räder, so daß ihm beide Füße oberhalb der Knöchel abgefahren wurden. Den lebensgefährlichen Verletzungen ist der 64jährige Mann im Vezirkskranken- haus in Herrenberg am Montag morgen erlegen.

Rottenburg, 15. Sept. (Todessturz.) Der 60 Jahre alte Florian Heberle von hier wollte Freitag abend in seiner Scheune Stroh auf die Tenne herabwerfen. Er ver­lor das Gleichgewicht, stürzte auf den Plattenboden und zog sich solch schwere innere Verletzungen zu, daß er nach kurzer Zeit starb.

Oberndorf, 16. Sept. (Reiche Heuernte.) Welch ergie­biges Jahr das laufende Jahr für die Landwirtschaft war, mag daraus geschlossen werden, daß aus, dem Höhenort Beffendorf allein 3000 Zentner Heu zum Verkauf nach auswärts gekommen sind. Die Landwirte veräußerten das Futter, da ihnen die Aufbewahrungsräume fehlen. Für Heu des zweiten Schnittes wurden 4.404.60 Mk. bezahlt, für Kleeheu bis zu 3.60 Mk. Auch der dritte Schnitt liefert noch ein gutes Ergebnis. Mit der Bahn werden seit Wochen große Mengen Heu von hier abbefördert.

Rottweil» 14. Sept. (Eine tapfere Frau.) Einige Bur­schen aus dem Dorfe E., die den hiesigen Viehmarkt benützt hatten und mehr tranken als ihnen gut war, benahmen sich auf der Heimfahrt im Zuge recht unnütz. Kaum hatten sie den Zug bestiegen, da belästigten sie in zwei Wagen durch unflätiges Verhalten und durch eine Art Gesang, der auch auf eine Mahnung des Schaffners hin keine besseren For­men annahm, die Reisenden. Schließlich begannen zwei von ihnen ein zotiges Lied zu singen. Als dann die Sache zu unverschämt wurde, faßte eine im Abteil fahrende Dame den Mut, den Burschen ordentlich das Maul zu stopfen. Voll Entrüstung ging sie auf die Burschen zu, versetzte unter Beifall der anderen Reisenden den zwei Sängern eine klatschende Ohrfeige und ging dann an ihren Platz zurück, worauf sich alsdann die anderen Mitreisenden ins Zeug legten.

Marbach, 15. Sept. (Historischer Festzug.) Mit größter Spannung sah man in unserer Stadt dem heutigen Tckge entgegen, der den Höhepunkt der Ausstellung des fünften landwirtschaftlichen Eauverbands bringen sollte, den groß angelegten historischen Festzug. Ueber den lange und emsig

SS! S » ! > !.. , v!

Gräfin die Papiere zu entreißen. So sollte er ihr zum Bei­spiel einreden, daß ihr erster Mann gar nicht tot sei, son­dern sich in der Gewalt des Bundes befinde und nur durch Herbeischaffung des roten Briefes wieder in Freiheit gesetzt werde. Auf jeden Fall sollte Gouret die Gräfin nach allen Regeln der Kunst einschllchtern. Das ist alles, was der Sterbende meinem Verlobten gebeichtet hatte.

Maret und Leroux sahen nun die Möglichkeit, einen großen Schlag zu tun. Sie beschlossen, dem Verbrecher zu­vorzukommen und sich in den Besitz der Dokumente zu setzen, um die Bande, die über ganz Europa verbreitet ist und über die besten Verbindungen bis in die höchsten Kreise hinein verfügt, unschädlich zu machen.

Leroux also trug mir auf, mich zu informieren, ob die Gräfin überhaupt im Besitz des roten Briefes war und wo er sich befand.

Das Glück war mir günstig. Die Gräfin war zu einer Festlichkeit geladen und wollte dazu ihr kostbares Perlen­kollier anlegen. Wir gingen zur Bank, und als ihr Safe geöffnet wurde, sah ich, daß sich in diesem tatsächlich ein rotes Kuvert befand. Es war also für uns nicht erreich­bar. Leroux hätte ja nun selbst zur Gräfin gehen und ihr von der großen Gefahr, die über ihrem Haupte schwebte, Mitteilung machen können, um sie eventuell zur Heraus­gabe des Dokumentes zu bewegen. Aber da niemand wußte, wie weit sie selbst in die Verbrechen des Bundes verstrickt war, beschloß er, Abstand zu nehmen und auf das Erscheinen Gourets zu warten.

Und Gouret kam. Ein Deutsch-Franzose. Der Gefähr­lichste der Bande. Ein großer, schlanker, schwarzhaariger, elegant gekleideter Mensch. Er führte eine längere lebhafte Auseinandersetzung mit der Gräfin. Ich konnte leider nicht alles verstehen, aber ich entnahm seinen Worten, daß er glänzend informiert war. Höchst wahrscheinlich hatte er sich schon mehrere Monate in Berlin aufgehalten und spio­niert, ehe er sich zur Gräfin begab. Auf jeden Fall hörte ich, daß sich die Gräfin weigerte, den roten Brief heraus­zugeben. Da sich Frau v. Biberstein mit Gouret duzte, nehme ich an, daß sie früher auf sehr vertrautem Fuße mit­einander gestanden haben müssen. Der Verbrecher ent­fernte sich unter Drohungen.

(Fortsetzung folgt.)