dent Dr. v. Weizsäcker, er könne es nicht übers Herz bringen, an die Gesellschaft heranzutreten. Man müsse ein positives Offert abwarten. Die Uebernahme des Aktienbesitzes wäre für den Staat kein großer Vorteil. Ein Kleinbahnnetz würde zu keiner Besserung der Verhältnisse führen. Es folgte die Anfrage des Abg. Hans er betreffend Verhandlungen mit Baden und Hessen wegen sofortiger Inangriffnahme der Neckarkanalisierung zwischen Mannheim und Heil­bronn. Der Abgeordnete betonte bei der Begründung seiner Anfrage, daß die Vorarbeiten für die Kanalisierung bereits vollständig durchgeführt seien, lediglich die Geldfrage mache noch Schwierigkeiten. Minister v. Fleischhauer erklärte, daß sich die Kosten auf etwa 43 600 000 ^ belaufen, wozu noch IX- Proz. oder ungefähr 600 000 für die Unterhal­tung des Kanals kommen. Dieser beträchtlichen Summe stehe an Einnahmen nur der Wert der gewonnenen Wasserkräfte und die Schiffahrtsabgaben gegenüber. Die Gesamteinnahmen aus letzteren dürften sich auf rund 450 000 jährlich helau- fen. Hinsichtlich des technischen Betriebes würden auf würt- tembergischem Gebiet 4500 PS. gewonnen, was einen Wert von 3X Millionen Mark darstelle. Auf der Grundlage des Schiffahrtsabgabengesetzes würde die württembergische Regie­rung das Wagnis riskieren. Die württembergische Regie­rung habe nichts versäumt, um auf die Wichtigkeit und Dringlichkeit der Sache immer wieder hinzuweisen und darauf zu dringen, mit der niederländischen Regierung in Verbin­dung zu treten. Nach einigen Bemerkungen des Abg. Betz (V.) wurde die Sitzung um 1 Uhr abgebrochen und die nächste Sitzung auf morgen vormittag X10 Uhr anberaumt.

Für den Frieden.

Stuttgart, 1. April. Die Deutsche Friedensgesellschaft hatte auf heute abend im Europäischen Hof eine öffentliche Versammlung einberufen, der die Anhänger der Friedens­bewegung zahlreiche Folge geleistet hatten. Oberlehrer Gra­mer widerlegte in seiner Begrüßungsansprache die Ein­wände, die für eine Berechtigung der Kriegsführung vorge­bracht werden. Domkapitular Dr. Gieß wein, Päpst. Hausprälat und Reichsrat der ungarischen Krone, sprach überChristentum und Friedensbewegung". Er stellte ein­gangs seiner Ausführungen die Forderung auf, das Gefühl der Brüderlichkeit aus sittlichen und ökonomischen Rücksichten unter allen Menschen zu pflegen und zu verbreiten, und wies den Vorwurf zurück, das Christentum sei nicht friedliebend. Vielmehr werde der Krieg in der christlichen Ueberlieferung als ein großes Uebel betrachtet. Das Christentum vertrete die Auffassung, die Menschheit in eine ideale Einheit zusam- menzufafsen, und dieses Bewußtsein der Einheit des Men­schengeschlechts sei umso notwendiger, als ein Zukunftskrieg physische und ethische Wunden schlage, wie sie die Welt früher nie gekannt habe. Aber nicht nur der Krieg sei ein wirtschaftliches Uebel, sondern auch der bewaffnete Friede eine Last und eine Bürde für alle Völker Europas. Auch das Frauenherz möge beitragen zur Verwirklichung des Frie­densgedankens. Er (Redner) sei ein Freund des Dreibundes, lieber wäre ihm aber noch ein Kulturbund aller Nationen. Universitätsprof. Charles Richet-Paris (Nobelpreisträger für Medizin), machte seine Ausführungen überKriegslose Kulturentwicklung" in französischer Sprache: Diejenigen, die den Krieg fordern, seien nicht die wahren Patrioten; Liebe für Vaterland und Liebe für den Frieden gehen miteinander. Zuerst sei die Forderung der Gerechtigkeit zu erfüllen, dann erst die der Abrechnung. Die Grundlage des Krieges liege im Menschen selbst mit seinen Leidenschaften und seiner Hab­sucht und mit seiner Dummheit. In der sich daran an­schließenden Besprechung verlangte eine Rednerin die poli­tische Gleichberechtigung der Frau, das Frauenstimmrecht, um so die Friedenssache am besten unterstützen zu können.

Großfeuer.

Stuttgart, 1. April. Der Brand in der Stuttgarter Malz­kaffeefabrik hat einen Schaden von 3040 000 ^ angerichtet. Die Feuerwehr hatte I X Stunden mit 6 Rohren zu kämpfen,

' bis sie des Flammenmeeres Heer geworden war. Die Fabrik ist vollständig ausgebrannt. Das Vorderhaus und Seiten­gebäude wurden gerettet, aber durch Wasser stark beschädigt.

Mittelstand und studentische Käufervereinigung.

Tübingen, 1. April. Die von hier aus in Szene gesetzte Gründung vonstudentischen Käufervereinigun­gen" auf konsumgenossenschaftlicher Grundlage, als deren geistigen Urheber man in beteiligten Kreisen den hies. Nationalökonomen Prof. Dr. Wilbrandt ansieht, zeitigte gestern abend eine Art Protestkundgebung. Eine vom Handelsoerein, Rabattsparverein und Gewerbeverein einberufene, außerordentlich stark besuchte Versammlung nahm in Berücksichtigung der Tatsache, daß am zweck­mäßigsten am Ausgangspunkt einer Bewegung auch die Eegenbewegung einsetzt, nach einem sehr überzeugenden Vortrag von Handwerkskammersekretär Herrmann folgende Resolution an:

Die glänzend besuchte öffentliche Versammlung des gesamten Tübinger Mittelstandes bedauert aufs leb­hafteste, daß Tübingen zum Ausgangspunkte einer stu­dentischen Genossenschaftsbewegung geworden ist, die, ohne diesen Kreisen nennenswerten Nutzen zu bringen, in besonderem Maße geeignet ist, den selbständi - gen Mittel st and namentlich in den Universitäts­städten schwer zu schädigen und das Einverneh­men zwischen Universitäten und Bürgerschaft aufs emp­findlichste zu stören. Gleichzeitig protestiert die Ver­sammlung aufs entschiedenste gegen die geringschätzige Wertung des Mittelstandes, wie sie in den Lehren und Schriften der Kathedersozialisten, insbesondere von Prof. Dr. Wilbrandt-Tübingen, zum Ausdruck kommt und gibt der Erwartung Ausdruck, daß die Privatangestellten, Staats- und Gemeindebeamten, sowie Angehörigen des Mittelstandes selbst, die Selbsthilfebestrebungen der Kauf­leute und Handwerker gegenüber den Konsumvereinen nachdrücklichst unterstützen."

Raubmordversuch.

Besigheim, 1 . April. Als heute früh 6 Uhr der Post­agent Geißel von Freudental die gestern empfangenen Gelder verpacken wollte, um sie an das hiesige Postamt zu überweisen, drangen zwei unbekannte Männer in das Bureau, warfen ihm ein Tuch über den Kopf und knebelten ihn. Geißel griff nach seinem Revolver, der ihm aber aus der Hand gerissen wurde, worauf die Ein­brecher zwei Schüsse auf ihn abgaben. Eine Kugel ging dem Postagenten durch die Hand. Dann nahmen die Einbrecher etwa 4000 -R an sich und entkamen unerkannt. Die Verletzung des Postagenten hat sich bei der ärzt­lichen Untersuchung als nicht schwer erwiesen. Ueber die Einbrecher sagt er aus, der eine von beiden sei ziemlich groß und habe einen schwarzen, vielleicht künstlichen Vollbart, sowie einen dunklen Ueberzieher getragen. Der andere sei weniger groß, trage einen dunklen Schnurrbart und habe einen dunklen Lodenanzug ange­habt. Der Fall bedarf noch der Aufklärung.

Viehzuchtgenoffenschaft.

Ellwangen, 1. April. Der Landwirtschaftliche Bezirks­verein hat in einer Versammlung in Bühlerzell nach ein.m Vortrag des Tierzuchtinspektors Storz-Heilbronn über Vieh- zvchtgenossenschaften beschlossen, der Gründung einer Vieh­zuchtgenossenschaft näher zu treten. Der Bezirk Ellwangen hat bekanntlich unter den Oberamtsbezirken Württembergs den zweitgrößten Viehbestand. Nachdem weit über die Hälfte der Oberamtsbezirke des Landes züchterisch organisiert ist, war es hohe Zeit, daß auch der Bezirk Ellwangen sich zu einer Vnhzuchtgenossenschast zusammenschloß.

Krankenversicherung der Dienstboten.

Auf eine nationalliberale Anfrage im Landtag über zu hohe Beiträge für die Krankenversicherung der Dienstboten erwiderte der Staatsminister des Innern, daß die Forderung der Herabsetzung der Beiträge in Anbetracht der Verhältnis­

Das Iischermädchen.

30) Novelle von Björnstjernc Björnson.

Der unglückliche Kaufmann wurde also noch einmal ganz unerwartet überfallen, und zwar auf seiner eignen Treppe. Er lief vor dem Verrückten ins Kontor hinein, Gun- nar aber hinter ihm her. Hier stürzten sich alle Kontoristen über den Ruhestörer, der aber nach allen Seiten um sich trat und schlug; Stühle, Tische und Pulte wurden umgeworfen; Briefe, Papiere und Zeitungen flogen durcheinander wie bei einer Feuersbmnst. Endlich kam Hilfe aus Ungves Spei­chern, und nach einem erbitterten Kampfe wurde Gunnar auf die Straße hinausgeworfen. Hier ging es aber erst recht los. Es lagen zwei Schiffe an der Brücke, ein ausländisches und ein inländisches, und es war gerade um die Zeit der Mittagsruhe, wo die Matrosen dieses Pläsier gem Mitnah­men. Sie gerieten sofort in Prügelei, Mannschaft gegen Mannschaft, die Ausländer gegen die Inländer, noch mehr Mannschaft wurde dazu geholt und kam im Sturmschritt an­gerückt; Arbeiter, alte Weiber, Straßenjungen strömten herzu, schließlich wußte niemand mehr, weswegen oder gegen wen man sich schlug. Vergebens fluchten die Schiffer, vergebens befahlen würdige Bürger, daß nach dem einzigen Polizei­diener des Städtchens geschickt werde; der lag gerade drau­ßen auf dem Fjord und angelte. Sie liefen zum Bürger­meister, der zugleich Postmeister war; der aber hatte sich mit der eben angekommenen Post eingeschloffen und antwortete durch den Schalter, er könne nicht kommen; der Postschreiber

sei zu einem Begräbnis, folglich müßten sie warten. Da sie aber mit dem Prügeln nicht warten wollten, bis die Post sortiert war, riefen mehrere, namentlich ängstliche Weiber, man solle doch Arne, den Schmied, holen. In diesen Vor­schlag stimmten die würdigen Bürger ein, und nun ging seine Frau hin, um ihn zu holen, weil die Polizei nicht zu Hause sei. Er kam zum Entzücken der ganzen Schuljugend, und er tat ein paar Griffe in den Schwarm hinein, holte sich einen fixen Spanier heraus und schlug mit ihm ohne Unterschied auf alle andern los.

Als alles vorbei war, kam der Bürgermeister mit seinem Stock dahergeschritten. Er fand ein paar alte Weiber und die Straßenjugend, die auf dem Schlachtfelde standen und schwatzten. Diesen befahl er in strengem Ton, nach Hause zu gehn und ihr Mittagessen zu verzehren, was er selber auch tat.

Am nächsten Tage aber fing er an, ein Verhör anzu­stellen; es wurde eine Weile fortgesetzt, obgleich kein Mensch eine Ahnung davon hatte, wer sich eigentlich geprügelt hätte. Nur darüber waren. sich alle einig, daß Arne Schmied mit da­bei gewesen war, da sie gesehen hatten, wie er mit dem Spa­nier auf die übrigen losgeschlagen hätte. Für dieses Ver­gehen mußte Arne Schmied einen Speziestaler bezahlen, weshalb seine Frau, die ihn hineingeritten hatte, am elften Sonntag nach Trinitatis eine Tracht Prügel bekam, an die sie lange dachte.

Das war die einzige juristische Folge dieser Prügelei.

Sie sollte aber noch andere Folgen haben. Die kleine

mäßig geringen Erkrankungsgefahr der Dienstboten nicht als unbillig bezeichnet werden kann. Da die Verwirklichung der Herabsetzung nach 8 384 Abs. 1 RVO. möglich erscheint, sollen die zuständigen Aufsichtsbehörden veranlaßt werden, im Sinne der vorstehenden Ausführungen auf die allgemeinen Ortskrankenkaffen einzuwirken. Die Stuttgarter Orts­krankenkassen werden schon vom 20. April ab eine Er­mäßigung der Beiträge eintreten lassen.

Böblingen, 1 . April. Heute sind es 25 Jahre, seit der Stadtvorstand Dingler und der Stadtpfleger Zieg­ler sich in den Diensten der Gemeinde befinden.

Nürtingen, 1. April. Die im Neubau des Realpcogym- nasiums untergebrachte Kunstausstellung ist heute nachmittag in Anwesenheit des Kultministecs, zahlreicher Regierungs­beamten, der Stadtvertretung und vieler Künstler feierlich er­öffnet worden.

Göppingen, 1 . April. Die Beschwerde des früheren Ortskrankenkassenvorstandes und bei den letzten Wahlen zum Vorstandsmitglied gewählten Kinkel gegen die vom Versicherungsamt verfügte Amtsenthebung ist vM Oberversicherungsanrt abgewiesen worden.

Au» rv-it Z-kt.

Der Kaiser auf Korfu.

Korfu, 1. April. Der Kaiser besuchte heute nachmit­tag den Park des Schlosses Monrepos, wo die Frei­legung des Tempels von Kardaki ausgenommen wurde. Er besuchte sodann die Ausgrabungen bei Caritza, wo bei der Fortsetzung der Grabungen am Gorgstempel neben zwei tadellos erhaltenen scharfkantigen Trigly- phen auch die erste Metope zum Vorschein kam, die die Architektur des Tempels wesentlich vervollständigt und wodurch die Breite meßbar wird. Auch wurden Fragmente anderer Glieder des Baues ausgegraben. Zugegen waren auch sämtliche Mitglieder der griechi­schen Königsfamilie sowie Graf von Quadt mit Ge­mahlin. Das Wetter war schön. Zu der Abendtafel im Achilleion waren geladen: alle Mitglieder der Kgl. Familie sowie der Gesandte Gras Quadt mit Gemahlin.

Keine Auflösung.

Der nat.lib.Deutsche Kurier" schreibt: Wie wir erfah­ren, wird auf der am 19. April in Frankfurt a. M. stattfin- dendcn Gesamtvorstandssitzung des Reichsverbands der na- tionallib. Jugend der Beschluß des nationallib. Zentralvor­stands zur Sprache kommen. Es besteht durchaus keine Ge­neigtheit, diesem Beschluß beizuketen; an eine Auflösung des Reichsverbands der nationallib. Jugend wird in den Kreisen des Reichsverbandsvorstands unter keinen Umständen gedacht.

Ein V-Zug durchs Auto entgleist.

Kassel, 1 . April. Ein Automobil aus Mainz mit 4 Insassen überfuhr bei dem Bahnübergang bei Ober­zwehren, indem es mit großer Geschwindigkeit den stei­len Abhang hinunterfuhr, die geschlossene Bahnschranke. Der in demselben Augenblick mit 85 Kilometer Ge­schwindigkeit herannahende V-Zug 187 Köln-Leipzig überfuhr das Automobil, dessen Insassen herausgeschleu­dert wurden, erhebliche Verletzungen jedoch nicht erlit­ten. Der l)-Zug entgleiste. Infolge der durch den Un­fall verursachten Störung im Eisenbahnbetrieb ver­zögerte sich die Abreise der Kaiserin nach Venedig, die um 7. 15 Uhr erfolgen sollte, bis um 7.33 Uhr. Mit der Kaiserin hat sich Prinz Joachim nach Venedig be­geben.

Paul Heyse schwer erkrankt.

Der kürzlich in sein 85. Lebensjahr getretene Dichter Paul Heyse, der in München lebt, ist an den Folgen einer Erkältung neuerdings schwer erkrankt. Nach einer Meldung des Berliner Lokalanzeigers ist im Laufe des gestrigen Tages eine Lungenentzündung eingetreten. Das Befinden hat sich sehr verschlimmert.

Stadt war kein ruhiges Städtchen mehr, das Fischermädchen hatte sie in Aufruhr versetzt. Die seltsamsten Gerüchte waren im Umlauf zunächst aus eifersüchtigem Aerger darüber, daß sie es fertiggebracht hatte, den besten Kopf des Städtchens und die beiden reichsten heiratsfähigen jungen Leute an sich zu locken, während sie noch mehrere in der Hinterhand hatte; denn aus Gunnar waren nach und nach mehrere junge Leute geworden. Und bald darauf erhob sich ein allgemeiner mora­lischer Sturm. Die Schande, eine große Straßenprügelei veranlaßt und Kummer über drei der besten Familien der Stadt gebracht zu haben, lastete auf dem jungen Mädchen, das vor kaum einem halben Jahre konfirmiert worden war; drei Verlobungen auf einmal, und die eine mit ihrem Leh­rer, mit dem Wohltäter ihres Lebens nein, die Ent­rüstung floß überl War sie der Stadt nicht von Kindheit an ein Aergernis gewesen, hatte man ihr nicht trotzdem die schönsten Erwartungen entgegengebracht, als Oedegaard sich ihrer annahm, und hatte sie sie jetzt nicht alle verhöhnt, ihn zugrunde gerichtet und sich, nur dem Drang ihrer Natur folgend, ungezügelt auf eine Bahn geworfen, die zum Ab­schaum der Menschheit führte und mit den Jahren im Zucht­haus enden mußte? Die Mutter mußte ihre Mitschuldige sein, in ihrer Seemannskneipe hatte das Kind den Leichtsinn gelernt. Man wollte das Joch nicht länger dulden, das Gunlaug der Stadt auferlegte, man wollte sie nicht länger unter sich leiden, weder die Mutter noch die Tochter, und so einigte man sich dahin, sie zu vertreiben.

(Fortsetzung folgt.)