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Schwarzwalder Tageszeitung „Aus den Tannen"
Nr. 233
Neues vom Tage
Auswärtiger Ausschuß des Reichstages
Berlin, 3. Okt. Während über Berlin der Zeppelin kreiste, versammelte sich im Reichstage um 10 Uhr der Auswärtige Ausschuß unter dem Vvrsitz des sozialdemokratischen Abgeordneten Scheidemaun. Mit dem Reichskanzler Müller und Staatssekretär von Schubert, den deutschen Vertretern bei den Genfer Verhandlungen, waren auch Reichsinnenminister Severing, Reichsfinanzminister Dr. Hilferding, Reichsverkehrsminister v. Euerard und Reichswirtschaftsminister Dr. Curtius erschienen. Zahlreiche Vertreter des Reichsrates, unter ihnen der bayerische Gesandte von Preger, sowie der badische Ministerpräsident Remmele, der württembergische Innenminister Bolz und der thüringische Minister Leut- heusser nahmen an der Sitzung teil. Ferner sah man den Reichstagspräsidenten Löbe und den Botschafter a. D. Graf Bernstorff. Reichskanzler Müller ergriff sofort das Wort, -nn über die Genfer Verhandlungen wegen der Räumung Der Rheinlands Bericht zu erstatten. Er gab u. a. davon -Kenntnis, daß nach den neuesten Nachrichten der Aerzte der Reichsminister des Auswärtigen Dr. Strcsemann wahrscheinlich schon Ende dieses Monats so weit wiederhergestellt Lein werde, um seine Amtsgeschäfte in vollem Umfange auf- -unehmen. Am Schluß seiner Ausführungen stellte der Reichskanzler fest, daß die Genfer Verhandlungen einen Fortschritt gebracht hätten. — Nach der Rede des Staatssekretärs v, Schubert begann im Auswärtigen Ausschuß des Reichstages die allgemeine Aussprache. In ihr ergriffen das Wort die Abgeordneten Ulitzka (Z.), Graf Westarp (Dntl.). Dr. David (Soz.), v. Rheinbaben (D. Vp.).
Belrin, 3. Okt. Während der Aussprache im Auswärtigen Aussputz brachte laut D.A.Z. der volksparteiliche Fraktionsführer Dr. Scholz eine Entschließung ein, die von allen Parteien mit Ausnahme der Deutschnationalen und der Kommunisten unterzeichnet wurde. Sie bringt zum Ausdruck, daß die Haltung der deutschen Delegation in Genf gebilligt wird, andererseits wird bedauert, daß in den wichtigen Fragen der Räumung und Abrüstung keine Fortschritte erzielt seien. Die allgemeine Aussprache im Auswärtigen Ausschuß konnte nicht zu Ende geführt werden und wurde deshalb auf Donnerstag vertagt.
Herriot in Berlin
Berlin, 3. Okt. Der französische llnterrichtsminister Herriot ist Mittwoch vormittag in Berlin eingetroffen. Er befindet sich hier in einer durchaus privaten Angelegenheit, da er Archive und die Staatsbiliothek für sein in Arbeit befindliches Werk über Beethoven in Anspruch zu nehmen beabsichtigt. Herriot gedenkt einige Tage in Berlin zu bleiben.
Zur Verhaftung der drei Zugendlichen im besetzte» Gebiet
Berlin, 3. Olt. Die Angelegenheit der drei Jugendlichen, die in Worms verhaftet worden sind, hat keinen politischen Charakter. Die Jugendlichen, die im Alter von 14 bis 16 Jahren stehen, hatten eine Räuberbande gebildet, etwa zwanzig Einbrüche verübt, darunter drei bei französischen Offizieren, und bei einem der letzteren Einbrüche auch einen Revolver gestohlen. Sie sollten von der deutschen Polizei zunächst ihren Eltern zugeführt werden, die französische Militärgerichtsbehörde hat aber dagegen protestiert als gegen ein Eingreifen in ihr Verfahren. Nach französischem Recht mußten sie gefesselt nach Landau transportiert werden.
Die Auswirkungen des Werftarbeiterstreiks
Hamburg» 3. Okt. Der Streik auf den Werften macht sich in Hamburg in steigendem Maße auch für die kleineren Revaraturarbeiten bemerkbar. Die verfügbaren Arbeits-
vo» Astrid
Baering
Originalübersetzung aus dem Schwedischen von vr. Gerhard Niedermeyer 49) (Fortsetzung.)
Die Mädchen hatten aufgehört zu wispern und zu tuscheln. Wie verzaubert hingen ihre Augen an dem Flößer, der scherzte und Worte um sich warf, die wie die Feuerfunken umherstoben. Sie vergaßen des Feuers, das sowieso niederzubrennen begann. Da gedachte Einar des alten Spiels bei der letzten Glut des Walpurgisfeuers.
„Jetzt, Mädchen, wollen wir übers Feuer springen", und griff die Nächste. Auch er war jung und schmuck. Das Haar stand ihm wie eine Lichtquelle auf dem weißen Rand der Stirn über dem braungebrannten Gesicht, und auf der breiten Brust stand das Hemd offen. Willig ließ sich das Mädchen fassen, jetzt flog sie in seinem starken Arm unbeschädigt über den Feuerbrand. Jungen und Mädchen waren mit beim Spiel. Paar auf Paar sprangen nach, Röcke flogen, Schuhe schlugen auf den Boden, die Burschen lachten und die Mädchen schrien. Die Gesichter glühten von Hitze, Funken flogen ihnen bis ins Haar.
Zuletzt von allen ging der Flößer auf Anna-Greta zu und legte den Arm um ihren Leib. Er beugte sein Gesicht tief nieder gegen das ihre, lachte wie zu einer Frage und tat den Sprung mit ihr über das knisternde Feuer. Mats sah sie auf sich zukommen. Eng aneinander geschmiegt, dunkel wie Schatten ohne Körper gegen die roten Gluten. Ihm dünkte, da fliegt jetzt Anna-Greta auf ihrer Blocksbergfahrt in des Schwarzen Armen. Unwillkürlich wich er einen Schritt zurück.
Als er wieder aufsah, stand sie wohlbehalten vor ihm und lachte mit leuchtenden Augen und Gesicht in den Brand. An ihrer Seite stand der schwarze Flößer und drückte ihren warmen jungen Leib hart an sich. Betäubt von der Hitze taumelte Anna-Greta, aber ein starker Arm hielt sie fest, und zwei schwarze Augen sahen tief in die ihren, während heiße Worte in ihre Ohren tropften wie ein leise einschläferndes Gift. Diese Augen brannten ihr fm Blut, ihre Seele berührten sie nicht.
kräfte: Vorarbeiter, Dockmeister, Lehrlinge und Arbeiter über 60 Jahre, die von der Teilnahme am Streik entbunden wurden, können den Anforderungen nicht mehr überall gerecht werden. Schon sind Fälle zu verzeichnen, daß die Schiffe, die in Hamburg in Reparatur gehen sollten, umgeleitet wurden, um ihre Arbeiten im Auslande ausführen zu lassen.
Koalitionsoerhandlungen in Preußen Berlin, 3. Okt. Im Anschluß an die Besprechung des Reichswirtschaftsministers Dr. Lurtius mit dem preußischen Ministerpräsidenten Braun hat die volksparteiliche Landtagsfraktion die Abgeordneten Stendel und Schwarzhaupt zu ihren Unterhändlern bestimmt, die mit den bisherigen preußischen Regierungsparteien für die Erweiterung der Koalition verhandeln sollen. Der volksparteiliche Reichstagsabgeordnete Scholz wird an diesen Verhandlungen insofern beteiligt sein, als er als Verbindungsmann zwischen der volksparteilichen Landtagsfraktion und der volksparteilichen Reichstagsfraktion fungieren soll. Ein wichtiger Gegenstand der Koalitionsverhandlungen wird das Konkordat sein, das von dem preußischen llnterrichtsminister Dr. Becker in Verhandlungen mit dem Vatikan ziemlich weit gefördert ist.
Eine Schlacht zwischen Dorfbewohnern und Zigeunern Reustadtl a. d. Waag, 3. Okt. In der Nacht zum Dienstag drangen Bewohner der Gemeinde Pobedin in ein in l>er Nähe befindliches Zigeunerlager ein. Es kam zu einem
blutigen Zusammenstoß, bei dem von Leiden Seiten auch geschossen wurde. Fünf Personen wurden dabei getötet, vier schwer und eine große Anzahl leicht verletzt. Der Vorfall ist daraus zurückzuführen, daß die etwa 170 Köpfe zählende Zigeunerbande durch Diebstähle, Bedrohungen und Brandstiftungen die Dorfbewohner in Erregung versetzt hatte. Die Polizei verhaftete 21 Bauern.
Zwei Versuchsfahrten eines Raketeuwagens Halberstadt, 3. Okt. Auf einer bei Blankenburg gelegenen Strecke der Halderstadt—Blankenburger Eisenbahn fanden heute um 11 und 12 Uhr zwei Versuchsfahrten mit dem neuen Raketenwagen Rak II statt. Bei den Probefahrten handelte es sich nicht um Erzielung größerer Geschwindigkeiten, sondern um die Prüfung der Betriebssicherheit der Rakete. Die beiden Probefahrten haben nach Ansicht der. Sachverständigen vollen Erfolg gehabt. Die erste Fahrt wurde mit 25 Raketen durchgeführt und erreichte eine Geschwindigkeit von 100 Kilometer, die zweite mit 36 Raketen eine solche von 240 Kilometer. Wichtig war die außerordentlich flache und ruhige Entzündung der Raketen. Der Antrieb ging nicht ruckweise, sondern langsam vonstatten. Bei der zweiten Fahrt sprangen fast gleichzeitig alle vier Räder ab, sodatz der Wagen, der nicht aus dem Gleis sprang, nur auf den Achsennaben weiterlief. Die Schuld liegt daran, daß die Speichen der Räder zu schwach waren.
Die Regelung der Aufmärsche um 7. Oktober Wien, 3. Okt. In getrennten Besprechungen, die der niederösterreichische Landeshauptmann Dr. Buresch mit den Vertretern der Heimwehr und den Vertretern des Schutzbundes und der sozialdemokratischen Organisationen einerseits sowie der Stadt Wiener-Neustadt andererseits abhielt, wurde von beiden Seiten den vom Landeshauptmann Dr. Buresch als dem Chef der politischen Verwaltung des Landes Niederösterreich gemachten Vorschlägen über die Regelung der Aufmärsche am 7. Oktober zugestimmt. Demgemäß wird der Aufmarsch der Heimwehr um 9 Uhr beginnen und um 11.30 llhr beendet sein, worauf sich die Heimwehrformationen nach ihrem Sammelplatz begeben. Der Aufmarsch der Sozialdemokraten erfolgt mittags von 12 llhr an. worauf äuch diese Gruppen sich auf ihren Sammelplatz begeben.
Unwillkürlich suchten ihre Blicke Mats. Er stand noch immer abseits, bleich und ernst wie immer und einsam mitten unter der lärmenden Schar. Er sah nach ihr, aber es war, als ob er über sie hinweg nach etwas schaute, das von unendlich größerer Bedeutung war. Ein plötzlicher und bitterer Trotz ergriff sie. Da stand er, aus den sie mit dem heißen Sehnen all ihrer Jugend gewartet. Und schwieg, schwieg, während ein anderer ihr all das sagte, was er hätte sagen sollen. Schließlich sah sie deutlich wie ! nie zuvor, nur hier in diesen wunderlichen Augen mit die- i sem tiefen Fernblick konnte sie das Geheimnis und die Lösung aller Dinge finden. Warum, warum — waren sie !
im Grunde so unglücklich.-Doch des Lebens Spiel war !
lustig und froh, und mit zurllckgebeugtem Kopf schenkte sie i dem Flößer ihr sonnigstes Lachen, sodaß er einen Augen- j blick das Wort verlor, und da rief sie in schäumendem - llebermut Mats zu: ,
„Na, Mats, bleibst du draußen, du, willst du nicht über > dein eigenes Feuer springen, das du angezündet?" ^
Da sah Mats finster zu ihr hin, wie sie in des Flößers : Arm ruhte. Nixe, dachte er kalt. Alles Mannvolk lockst du ! und verführst du. Durchs Feuer führst du sie. Eine heftige ! und dumpfe Raserei ergriff ihn, ergriff ihn auf einmal > über das Feuer, das er ihr zu Ehren angefacht hatte. Mit einem Sprung war er mitten in der Glut, um sie auszulöschen. Außer sich, kreideweiß von all der inneren Anspannung trampelte er mit seinen groben Nagelschuhen im Brande herum, so daß die Holzkohle und die Glut rauchten. Mit bloßen Händen warf er große Brandscheite aus dem Haufen. Es war, als ob er Pech und Schwefel nicht kannte, als ob das Feuer ihm nichts anhaben könnte.
Hilflos und zerfahren sahen die anderen ihm zu. Das Gelächter, das Anna-Gretas Worten gefolgt war, verstummte. Sie hatten genug damit zu tun, die brennenden - Scheite zu löschen, die Mats rings um sich warf. Jeden Augenblick erwarteten sie, daß seine Kleider Feuer faßten.
Mats stand da, ganz ruhig, sein Gesicht ganz verrußt, und er schlug das letzte Flackern mit einem Knüppel nieder. Als von dem stolzen Walpurgisseuer nichts mehr als ein rauchender Aschenhaufen übrig war, warf er den Knüppel auf den Flößer zu, wandte allen den Rücken und zog seines Weges. j
Aus Skadl und Land.
Altensteig, den 4. Oktober 1928.
Der deutsche Nährstand. Der heutigen Nummer unseres Blattes ist die Beilage „Der deutsche Nährstand" beigefügt, die allwöchentlich erscheinen wird. Wir hoffen damit der Landwirtschaft und dem allgemeinen Volkswohl in gleicher Weise zu dienen.
— Wochenendkarten 2. Klasse. Mit dem Wegfall der 4. Klasse in den Zügen der Reichsbahn ist auch eine Aende- rung in der Ausgabe der Wochenendkarten (Sonntagsrückfahrkarten) notwendig geworden. Auf den meisten Strecken wurden bisher nur Rückfahrkarten 3. und 4. Klasse ausgegeben. Wie das Nachrichtenbüro des Vereins Deutscher Zeitungsverleger hört, werden künftig solche Karten für die 3. und 2. Klasse verkauft und zwar auch auf solchen Strecken, wo seither solche Karten für die 3. und 2. Klasse nicht ausgegeben wurden.
Walddorf, 3. Okt. (Besitzwechsel.) Bei der gestern stattgefundenen Zwangsversteigerung wurde das Wohnhaus samt Scheune des Schmieds Christian Braun, zum Preis von 7050 -4L vom Traubenwirt Kempf-Ebhausen erworben.
Freudenstadt, 3. Okt. (Tagung.) Im Palmenwald findet vom 13. bis 16. Oktober eine Tagung der christlichen Akademiker Württembergs statt. Es werden reden Professor Heim-Tübingen, Prälat Wurm Heilbronn, Dekan Vöhrin»! gerMm und andere. ^
Freudenstadt, 3. Okt. (Eemeinderatssitzung vom 2. Okt.) In nichtöffentlicher Sitzung wird zunächst das Gesuch von E.R. Rothfuß um Entbindung von seinem Amt als Gemeinderat behandelt. Er teilt in einem Schreiben mit, daß wichtige Gründe, vor allem die Rücksicht auf die Erhaltung seiner Gesundheit ihn zwingen, sein Gemeinderatsmandat niederzulegen. Mit ausschlaggebend zu diesem Entschluß seien die sich häufenden Anfeindungen aus den Reihen seiner Fraktionskollegen. Dazu komme, daß der Fraktionszwang eingeführt werden soll, was unter Umständen eine freie Entschließung nach eigenem pflicht- mäßigem Ermessen unmöglich machen würde. Dies würde aber im Widerspruch stehen zu dem von ihm abgelegten Diensteid. Die Abwehr der aus der feindseligen Stimmung der Mehrzahl der Fraktionsmitglieder entspringenden .Angriffe würde seine Gesundheit aufs schwerste beeinträchtigen. Er bitte daher dringend, ihn von seinem Amt zu entbinden. Es sei sein fester und unabänderlicher Entschluß, an den Sitzungen des Gemeinderats nicht mehr als dessen Mitglied teilzunehmen. In Abwesenheit der sozialdemokratischen Fraktion, die erklären ließ, daß sie an der Beratung und Beschlußfassung zu dieser Frage nicht teilnehmen werde, wird von sämtlichen 12 Stimmen beschlossen, dem Gesuch von G.R. Rothfuß stattzugeben. Der Vorsitzende widmet dem Ausscheidenden noch einige Dankesworte für die seitherige Mitarbeit. Als Nachfolger tritt Johann Fahrner, Holzhauer, für die restliche Wahlperiode von 3 Jahren in den Gemeinderat ein. — Berichterstattung. G.R. Teufel stellt namens der sozialdemokratischen Fraktion den Antrag auf Herausgabe amtlicher Sitzungsberichte. Dem Antrag von G.R. Wähler zufolge wird Vertagung dieses Antrags beschlossen. — Beschlüsse der Baukommission. Verkauf des Warteck-Gebäudes. Bet dem öffentlichen Verkauf verblieb das Warteck-Gebäude den beiden Bewerbern Joh. Schaber, Kaufmann und Wilhelm Baum zum Warteck um die Kaufsumme von 800 000 Mark, wovon die Hälfte am IS. Oktober, der Rest am 1. April 1929 bar zu bezahlen ist. Die Verzinsung der restlichen Kaufsumme erfolgt zu 1 Prozent über Reichsbankdiskont. Das städtische Auktionslokal, das sich in dem Hausanteil von Kaufmann Schaber befindet, soll möglichst bald, spätestens bis 1. April 1929 frei gemacht werden. Die Stadtgemeinde wird sich in dieser Zeit nach einem geeigneten Lokal Umsehen. — Gesuche um Ueberlassung von Bauplätzen in der Falkenfeldsiedlung. Schaffner Maurer hatte den Eckbauplatz neben dem Landhaus Holl käuflich erworben. Nachträglich hegte man jedoch Bedenken wegen der zukünftigen Führung der Straße vom Ziegeltal her. Man will
Anna-Greta sah ihn gehen.
„Mats", rief sie, er antwortete nicht.
Stumm und hilflos, wie alle die anderen, hatte sie ihm zugesehen, war's das, was unter dem kalten, ruhigen Aeuße:en hauste? Eine Minute nur war sie seinen Augen begegnet, jetzt hatte er sie gesehen, doch wozu? Mit einem Ruck riß sie sich los aus des Flößers Arm, sprang vor bis zur Bergkante und sah lange der einsamen Gestalt nach, die unten am Wege verschwand.
Noch nie war der Wald so voll unheimlich, raunenden Unglücks gewesen, wie den Abend. Es raschelte und knisterte in den Zweigen, dort schürfte etwas im Holz und hier ertönte ein Bockshorn. Alles Böse war im Waldesdunkel auf dem Sprung, die ausgehenden Feuer leuchteten durch die Stämme gleich blutigen Funkenaugen.
Im ersten Augenblick dachte Mats, das alles könne Macht über ihn gewinnen. Zu sich ziehen wollte es ihn, in das schwärzeste Dunkel des Sumpfes ihn schleifen, weil er das Feuer, die Eotteslohe, ausgetreten hatte. Aber er hielt an sich, wandte den Blick nicht zurück, schleppte sich zum Hofe. Unten im Anders-Ersa-Hose schliefen sie alle schon. Jetzt wußte er, Anna-Greta war ohne Erlaubnis auf den Berg gegangen. Ach, die Gamm-Lisa, das Altmädchen, hatte wohl nach ihr sehen sollen. Aber sie war an die Sechzig und schlief fest nach der Tagesarbeit. Na, eine andere Wache sollte sie bekommen, die sie nicht erwartet hatte. Da stand die Espe, der Schreck seiner Jugend. Zitternd bewegte sie ihre blattlosen Zweige in ewiger Angst. Etwas in ihm gab ihm einen Stoß, haltlos warf er sich in das feuchte Vorfrühlingsgras. Die Erde war ihm vertraut. Sie hatte so oft seine Jugendsorgen aufgesogen. Er bohrte sein Angesicht in ihr weiches Kleid und brachte ihr seiner Jugend heißes Sehnen. Sein Blut stand in Brand. Zum ersten Male erfaßte er ganz die Macht der Liebe und ihre Stärke. Mit einem Erglühen seines Herzens gedachte er der spröden Stimmung der Vorfrühlingsnacht mit ihrem langen Wachen und Sehnen, wo er erwacht war, und all dessen, was damit zusammenhing, und jetzt — so war sie! Nein, sie verdiente keine Schonung.
(Fortsetzung folgt.)