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Nr. 113
«ar, daß "sie Geld hatten. 'Als ihn bei dem polizeilichen Verhör der Kommissar fragte: „Warum haben Sie sich denn an gar so viele Frauen herangedrängt?", da er- «iderte er: „Ich kann ja nichts dafür, ich bin so veranlagt, ich muß jedes Jahr sechshundert Frauen haben. Und da ich nicht reich bin, muH eben eine Frau für die andere« auf-- kommen."
' Die behördliche Untersuchung gestaltete sich ungemein schwierig, denn die Frauen hatten für Dobrohruschka so große Sympathien,daß sie ihn auch nicht fallen lassen wollten, als ihn die Justiz schon in ihren Fingern hatte.
Eines Tages verheiratete sich Dobrohruschka mit einer Baronin und ein Zwischenfall in dieser Ehe, die späterhin geschieden wurde, brachte ihn in den Kerker. Er beschuldigte vor Fahren einen damals aktiven Minister, daß dieser ihn mit seiner Gattin betrögen habe. Er behauptete, d«n Minister mit seiner Frau überrascht zu haben, und »on da an verfolgte er sein Opfer mit Erpressungsversuchen. Es gelang ihm einige Male, von dem eingeschüchterten Mann, der einen öffentlichen Skandal verhindern wollte, Geldbeträge zu empfangen. Als er aber in seinen Ansprüchen immer kühner wurde, blieb dem Minister nichts anderes übrig, als den Erpresser dem Gericht zu Aberantworten. Eine mehrjährige Kerkerstrafe hat Dobrohruschka aber nicht zur Raison bringen können, und jetzt noch behauptet er, Geldforderungen an den ehemaligen Minister zu haben. Kaum aus dem Gefängnis entlassen, begann Dobrohruschka wieder sein Spiel mit den Frauen und wieder flogen ihm die Weiberherzen und was das wichtigste für ihn war, ihre Geldbörsen, zu. Nun sitzt er wieder im Gefängnis.
Aus demTazebuche einer ruff.Palaftdame
8 Soeben werden die Tagebücher der russischen Palastdame und besten Freundin der letzten Zarin, Anna Wyru- Lowa, der Oeffentlichkeit übergeben. Als Augenzeugin der Kerenski-Revolution schildert sie die Abdankung und die Gefangennahme des Zaren Nikolaus und die wahrhaft erschütternden Szenen, die sich dabei abspielten. Nachstehend Veröffentlichen wir einen kurzen Auszug aus dem Werk, das vom Amalthea-Verlag, Wien, herausgegeben wird: „Am 8. März erhielten wir endlich Nachricht von dem verschollenen Kaiser. Als Seine Majestät im Auto vorfuhr, eilte die Kaiserin wie ein junges Mädchen die Treppe Hinab und lief durch die langen Korridore ihrem Gatten entgegen. Zn diesem Augenblick der Wiedersehensfreude war alles Schwere der letzten Tage vergessen. Nachher jedoch, als das kaiserliche Ehepaar allein war, hat der Zar seines Kummers und seiner furchtbaren Seelenqual nicht wehr Herr werden können und wie ein Kind geweint. Erst um 4 Uhr nachmittags suchte die Kaiserin mich auf und «Is ich in ihr bleiches Atlitz blickte und dessen qualvollen, »on tiefem Leid kündenden Ausdruck wahrnahm, erkannte «h mit voller Deutlichkeit, was sie während jener Stunden durchgemacht hatte. Aeutzerlich ruhig und würdevoll, berichtete sie mir von allem, was geschehen war. Ihre Erzählung erschütterte mich in tiefster Seele, da ich während meines zwölfjährigen Aufenthalts am Hofe nur dreimal Tränen in den Augen der Kaiserin gesehen hatte. „Er ist jetzt ruhiger geworden", sagte sie zuletzt, „und ergeht sich ein wenig im Garten; sieh hinaus!" Mit diesen Worten zog sie mich ans Fenster. Niemals in meinem Leben werde -ich den Augenblick vergessen, der sich uns bot, die wir in gemeinsamem Kummer, eng aneinandergeschmiegt, hinun- terblickten. Zm Garten, in unmittelbarer Nähe des Palais, stand der Kaiser aller Reußen und neben ihm sein treu ergebener Freund, der Fürst Dolgoruki. Um sie herum drängten sich sechs Soldaten, richtiger — sechs bewaffnete Räuber, die den Kaiser ununterbrochen, bald mit den Fäusten, bald mit den Gewehrkolben, in den Rücken stießen, als wäre er irgend ein gemeiner Verbrecher und ihn anschrieen: „Dorthin dürfen Sie nicht gehen, Herr Oberst, kehren Sie um, wir wünschen es!" Der Kaiser sah sie ruhig an und kehrte in das Palais zurück. Des Kaisers einziger Wusch ging dahin, nicht aus Rußland vertrieben zu werden. „Mögen sie mich mit meiner Familie hier in meiner Heimat «ls einfachen Bauern wohnen lassen, der sich durch seiner Hände Arbeit sein Brot erwirbt", sagte er. „Mögen sie «ich in den entferntesten Winkel unseres Vaterlandes senden, aber in Rußland sollen sie mich lasten!" Es war dies das erste und einzige Mal, daß ich den russischen Kaiser in schwerer Depression erblickte; in den darauffolgenden Tagen tzrug er wieder seine gewohnte Ruhe zur Schau. Täglich beobachtete ich aus dem Fenster, wie er von den Parkwegen den Schnee sortschaufelte. Der Hauptweg führte um einen -»or meinem Fenster liegenden Rasenplatz, und hier standen der Kaiser und Fürst Dolgoruki einander gegenüber, eifrig in ihre Arbeit vertieft, während einige Soldaten und Unteroffiziere um sie herumstanden. Bisweilen richtete der Kaiser seinen Blick nach dem Fenster, hinter dem die Kaiserin und ich saßen und ihnen zusahen, und ohne daß die anderen es gewahr wurden, lächelte oder winkte er uns zu. Am 21. März begann die Tragödie der Romanows -hrem entsetzlichen Ende zuzugehen. Früh am Morgen wurde die Tür in das Schlafzimmer, wo die Kaiserin und ich noch im Bett lagen, aufgerissen und ein Bote schrie Herein: „Kerenski macht einen Rundgang durch das Palais — Gott schütze dich!" Gleich darauf trat ein Läufer ein Und meldete Kerenski. Hinter ihm erschien, umringt von Einigen Offizieren, ein kleiner Mann mit frechem, glattrasiertem Gesicht, der mir mit drohender Stimme zuschrie, jer wäre der Justizminister, und ich solle mich sofort bereit wachen, um ihm nach Petersburg zu folgen. Als er sah, daß ich im Bette lag, wurde er ein wenig höflicher und jerdnete an, die Aerzte zu befragen, ob ich transportfähig fei; im anderen Falle sollte ich für die Dauer von einigen Tagen im Palais isoliert werden. Graf Benckendörff Handle nach Dr. Botkin, der, von der allgemeinen Panik «ngesteckt, erklärte: „Natürlich kann sie fahren!" Ich Habe nachher erfahren, daß die Kaiserin ihm schluchzend -«gerufen hatte: „Sie haben doch selbst Kinder, schämen
Schwarzwälder Tageszeitung „Aus den Tannen"
Sie sich nicht Ihrer Handlungsweise?" Während sich
einige bewaffnete Soldaten vor meine Tür drängten, warf ich mich mit Hilfe der Pflegerin rasch in die Kleider und sandte der Kaiserin, zugleich mit einem kurzen Abschiedsbrief, mein großes Erlöserbild; ich. wiederum erhielt von Ihren Majestäten zwei Heiligenbilder, mit ihrem eigenhändig geschriebenen Namenszug auf der Rückseite, zugesandt. Mit Tränen in den Augen bat ich den Kommandanten Korowitschenko, er möge mir gestatten, mich von der Kaiserin zu verabschieden. Den Kaiser hatte ich vorher aus dem Fenster erblickt, wie er, von seinem gewohnten Spaziergang zurückkehrend, laufend auf das Palais zugeeilt war; er war aber nicht mehr hereingelassen worden . . . Das war aber schon das Ende."
Ei« Sustizmird m einem Ki«d
Der unlängst verstorbene Direktor des berüchtigten Sing-Sing Gefängnisses in Amerika hat sein Leben lang einen Kampf gegen die Todesstrafe geführt. Seine Briefe und Erinnerungen bringen eine große Zahl erschütternder Erlebnisse. Anläßlich seines Todes wird die Erinnerung an einen der entsetzlichsten Iustizirrtümer wieder geweckt, die je die öffentliche Meinung in Erregung versetzt haben. Ein löjähriger Knabe war eines Sonntags mit einem Kameraden nach dem Sciotofluß gegangen, um zu baden. Cr kehrte allein nach Hause zurück, sein Kamerad war verschwunden. Drei Wochen später fand man eine Leiche in dem Schlamm des Flusses, die schon so weit verwest war, daß die Gesichtszüge nicht mehr zu erkennen waren. Die Eltern des vekschwundenen Knaben besichtigten die gefundene Leiche, entdeckten ein Muttermal und stellten fest, daß es die Leiche ihres Sohnes sei. Der Knabe, der damals mit dem Freunde zum Baden gegangen war, mußte ihn also getötet haben. Cr wurde auf diesen Verdacht hin verhaftet. Zahlreiche Zeugen hatten beobachtet, wie die beiden plötzlich in Streit geraten waren, daraus hatte der eine, in dem sie mit Sicherheit den jetzt Angeklagten erkannten, den andern beim Arm gepackt, ihn zum Flusse hinabgezerrt und geschrieen: ,jIetzt werfe ich dich ins Wasser." Der Indizienbeweis war lückenlos erbracht, und der Knabe wurde zum Tode verurteilt. Am Tage vor der Hinrichtung noch versicherte er seine Unschuld. Er und der Freund seien zusammen zum Flusse gegangen, unterwegs hätten sie sich gezankt und gebalgt, aber eigentlich nur im Spaß. Dann habe er nach Hause gehen müssen und sich von Bob getrennt. Weiter sagte er aus, daß der Freund, als er sich von ihm getrennt, munter im Wasser umher geschwommen sei. Die Hinrichtung wurde vollzogen und Augenzeugen schilderten die ergreifende Szene, wiesdieser Knabe mit dem unschuldigen Kindergesicht die Todesangst zu unterdrücken versuchte, aber sein Gesicht war bleich und sein Blick gläsern. Er wurde mit Riemen aus dem elektrischen Stuhl festgeschnallt und die Elektroden auf dem abrasierten Schädel und dem nackten Bein befestigt. Der Direktor des Gefängnisses forderte ihn aus, sich schuldig zu bekennen. Im Falle des offenen Geständnisses solle noch eine Begnadigung erwirkt werden. Aber der Knabe schüttelte den Kops. Mühsam stammelten seine Lippen: „Ich bin nicht schuldig. Ich habe Bob nicht getötet." Da gab der Ge- sängnisdirektor das Signal. Eine blaue Flamme umi zuckte den Kopf des Knaben, daß die Züge scharf beleuchtet wurden. Der Körper wand sich und über die Lippen kam eim leises Aechzen. Dann wurde der Strom ausgeschaltet und der Knabe war tot. Erst nach langer Zeit kam die Wahrheit an den Tag. Der Totgeglaubte tauchte in Portsmouth aus. Es war alles genau so gewesen, wie der Angeschuldigte erzählt hatte. Als der Kamerad ihn verließ, war er munter im Fluß umhergeschwommen und hatte sich dabei so verspätet, daß er wegen allzu langen Ausbleibens Strafe zu bekommen fürchtete. Deshalb hatte er es vorgezogen nicht ins Elternhaus zurückzukehren, sondern in die weite Welt hinauszuwandern; er ließ sich als Heizer aus einem Flußdampfer anwerben. Als sein Kamerad hingerichtet wurde, befand er sich viele Hunderte von Meilen entfernt und erfuhr nichts von der ganzen Tragödie. Als er sich meldete war es zu spät. Die Justiz hatte ein schuldloses Kind aus grausame Weise vom Leben zum Tode befördert, nicht im dunklen Mittelalter, sondern in der Neuzeit und im freien Amerika
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Eine schwer vergoldete goldene Hochzeit
Alter schützt vor Torheit nicht. Herr Walter May aus Pittsburg in U.S.A. kann es sich aber leisten; denn seine chemischen Werke werfen jährlich xmal so viel Millionen ab, als zwei kinderlose Ehegatten ausgeben können. Herr May ud Gemahlin befinden sich zurzeit auf einer Europareise in Paris und werden dort in einigen Wochen ihre goldene Hochzeit feiern. Deshalb war man ja auch nach Europ gereist, um allem lästigen und für alte Leute gefährlichen Eratulantenwesen und Festefeiern zu entgehen. Aber in Paris schlug die Stimmung bei Herrn May und vermutlich auch bei seiner Gemahlin um. Europa befremdete sie, und es erschien ihnen plötzlich sinnlos und traurig, so allein und abgetrennt von allen Freunden und Landsleuten den Jubeltag ihrer goldenen Hochzeit begehen zu müssen. Und also war Herr May rasch entschlossen und kabelte sechzig Eiltelegramme an sechzig seiner besten Freunde und seiner Fr<u beste Freundinnen (genau: 37 Damen und 23 Herren) wohnhaft in U.S.A. mit sechzigmal der dringenden Bitte und herzlichen Einladung, sofort die Koffer zu packen und zur Feier seiner goldenen Hochzeit nach Paris zu kommen. Er würde es sehr bedauern, wenn seiner Einladung nicht gefolgt würde, müsse aber eine kleine Be
dingung an sie knüpfen. Jeder der Geladenen müsse sich von dem Augenblick an, wo er zu Sause den nächsten Pullmannzug zur Küste besteige, bis zu seiner Heimkehr als East betrachten und dürfe weder die Reise noch sonst irgend etwas seiner Aufent- üaltskosten in Europa anders als mit Blankoschecks des Herrn May bezahlen. Er müßte es schon als beleidigend empfinden wenn seine Gäste auch nur eine Zeitung auf dem Bahnsteig aus eigener Tasche bezahlten. Die großzügige Gastfreundschaft des Herrn May in Ehren, ob er aber nicht doch einen Teil seiner Gäste, die übrigens inzwischen bereits annähernd vollzählig angekommen sein sollen, durch seine schrullenhafte Uebcrtreibung des Prinzips in peinliche Verlegenheit bringt? Schließlich soll man sich doch „revanchieren". Und das wäre eine schrecklich kostspielige Angelegenheit,
Die Zahl der deutschen Zeitungen
In Deutschland werden gegenwärtig rund 3380 Zeitungen an 1890 deutschen Orten herausgegeben. Nach der politischen Richtung ausgeschieden sind rund 1800 Blätter parteilos, 172 sozialdemokratisch, 374 deutschnational, 277 sentrumsfreundlich, 106 Blätter der Bayerischen Volkspartei, 183 bürgerliche Blätter, 88 demokratisch, 59 liberal, 58 deutschoolksparteilich, 143 amtlich 10 völkisch, 15 republikanisch und 35 kommunistisch. Die übrigen Blätter vertreten kleinere Gruppen.
Die konfessionelle Zusammensetzung des letzten Reichstags
Für die Entscheidung kulturpolitischer Fragen im Reichstag ist selbstverständlich die Zugehörigkeit der Abgeordneten zu den verschiedenen Erupppen der Religion und Weltanschauung wichtig. Der letzte Reichstag wies in dieser Hinsicht höchst bemerkenswerte Abweichungen von der Zusammensetzung der Bevölkerung Deutschlands auf. Von den 62 410 609 Einwohnern des Deutschen Reichs sind 64,12 Prozent evangelisch, 32,35 Prozent katholisch, 1,83 Prozent Dissidenten, 0,9 Prozent Juden, 0,8 Prozent andere Bekenntnisse. Non den 494 Abgeordneten des letzten Reichstages dagegen waren 41,9 Prozent evangelisch, 24,1 Prozent katholisch, 32,4 Prozent dissidentisch, 0,8 Prozent Juden und 0,8 Prozent andere Bekenntnisse. Die Dissidenten waren somit auf Kosten der christlichen Bevölkerung unverhältnismäßig stark vertreten. Die Wählerschaft hat es in der Hand, bei den kommenden Wahlen diesem Mißverhältnis entgegenzutreten, das zur Zusammensetzung der Bevölkerung in auffallendster Weise widerspricht und oft genug schmerzlich empfunden wurde.
Wieviel Motorräder gibt es auf der Erde?
Nach einer amerikanischen Statistik befinden sich gegewäriig auf der ganzen Erde 29,6 Millionen Motorfahrzeuge im Betrieb. Davon stellen die Vereinigten Staaten den Löwenanteil mit 23,2 Millionen; an zweiter Stelle folgt England mit 1,2 Mill.
Zahlen, die man nicht vergessen darf
Der „Volksbund Deutsche Kriegergräberfürsorge" hat sich mit 42 Verbänden und 1116 Ortsgruppen die Aufgabe gestellt, für eine würdige Bestattung der deutschen Gefallenen des Weltkriegs zu sorgen. 42 Friedhöfe mit etwa 380 000 Toten hat der Bund jetzt in Angriff genommen; das sind etw zwei Fünftel aller in Frankreich bestatteten 676 000 Kriegsopfer, deren Gesamtzahl etwa 900 000 beträgt, wovon 234 000 als verschollen anzusehen sind.
Wie viele Kraftwagen gibt es auf Erden?
Die amerikanische Fachzeitschrift „American Automobil" veröffentlichte in ihrer letzten Ausgabe eine interessante Statistik über die auf der ganzen Welt vorhandenen Automobile. Der Statistiker will wissen, daß zur Zeit 29 638 535 Kraftwagen im Dienste der Menschen stehen. Hiervon 55 Prozent, also etwa 16 Millionen, in den Vereinigten Staaten. Im vergangenen Kalenderjahre wurden „nur" 2111287 Automobile hergestellt. Diese Zahl bedeutet eine Produktionszunahme von genau 7,7 Prozent; diese Steigerung ist im Vergleich mit denen der Vorjahre eine auffallend geringe.
so ooo Selbstmorde jährlich in Europa
In Genf wurde die Selbstmordstatistik in den europäischen Staaten veröffentlicht. Aus dieser gebt hervor, daß in Europa durchschnittlich 50 000 Selbstmorde jährlich verübt werden. An erster Stelle stehen Ungarn und die Tschechoslowakei mit 26 Selbstmorden auf 100 000 Einwohner, dann folgen Deutschland mit 23, Oesterreich mit 22, Frankreich mit 17, Estland mit 15, Schweden und Dänemark mit je 14, Finnland mit 11, Großbritannien mit 10, Italien mit 8, Holland mit 6, Norwegen mit 5 und Spanien mit 4 Selbstmorden auf 100 000 Einwohner.
Die liebevolle Gattin " ' "T'I." 1
Der „zärtlichen Fürsorge" seiner liebevollen Gattin hatte es Herr Marcel Orcel in Grenoble zu verdanken, daß er nahezu ein Jahr lang in einer Heilanstalt für Geisteskranke zubringen mußte, aus der entlassen zu werden ihm erst nach unsäglichen Leiden und Schwierigkeiten gelang. Man denkt oft, daß romanhaft anmutende Geschichten wie diese sich auch nur in Romanen« zutragen, aber das Leben schreibt eben selber doch die seltsamsten Romane. — Herr Orcel batte Grund, über die Untreue seiner! Arau zu klagen und strengte deshalb einen Scheidungsprozeß gegen sie an. Als er das Eerichtsgebäude betreten wollte, um tn dem ersten Termin Zeugnis gegen seine Frau abzulegsn, wurde er im Flur des Hauses plötzlich von zwei uniformierten Leuten, anscheinend Gerichtsbeamten, angesvrochen und nach einem kurzen Handgemenge überwältigt. Man legte ihm Handschellen an und bestieg mit ihm ein vor dem Eerichtsgebäude wartendes Auto, um das sich eine große Menschenmenge rm- gesammelt hatte, um den vermeintlichen Schwerverbrecher ab- transportieren zu sehen. Als Herr Orcel sich immer noch verzweifelt wehrte, betäubten ihn die beiden „Beamten" die, wie sich später herausstellte, von seiner Frau gedungene Bravos waren und die Uniformen zu diesem Zweck gestohlen hatten. — Als der Unglückliche nach geraumer Zeit wieder zu sich tam, befand er sich in — der Tobsuchtszelle des Irrenhauses. Nur dadurch, daß er einen Wärter bestach, gelang es ihm nach lausen Mühen, wieder Verbindung mit der Außenwelt zu bekommen und seine Freunde zu benachrichtigen, welche ihrerseits alles aufboten, um ihn zu befreien. Die liebende Gattin hatte den Spieß umgedreht und behauptet, daß er in einem Wahnsinns- anfalle ihr Leben bedroht habe. — Jetzt hat der vielgeprüfte Ehemann aufs neue die Scheidungsklage gegen seine Frau angestrengt und gleichzeitig gegen die Aerzte des Sanatoriums, in dem er widerrechtlich festgehalten war, einen Schadenersatz! -on 400 000 Mk. für die erlittene Unbill und den ihm ver- rrsachteu wirtschaftlichen Schaden eingeklagt -
Für die Schriftleitung verantwortlich: Ludwig Lauk. Druck und Verlag der W. Rieker'schen Buchdruckerei, Altensteig