deten Regierungen nicht den Entschluß fassen, zu regieren. (Große Heiterkeit.) Das deutsche Volk lechzt nach emer starken Regierung (stürmischer Beifall), und will nicht regiert sein von diesen wechselnden Parteibtldun- gen. In Elsaß-Lothringen wird man hoffentlich den Französlingen die Kandare anziehen, aber auch da gilt es, nicht halbe, ganze Arbeit ist das einzige, was uns die Reichslande erhalten kann, die wir nicht mehr herausgeben wollen. (Stürmischer Beifall.) Ob Elsaß- Lothringen, ob das deutsche Vaterland, es gilt das Wort: „Eigener Gedanken Bängliches Schwanken Wendet kein Elend,
Macht uns nicht frei;
Nimmer sich beugen,
Kräftig sich zeigen.
Rufet die Arme Der Götter herbei."
(Stürmische, minutenlange Beifallskundgebungen, die sich immer wiederholen.)
Nach der Diskussion wurde eine Resolution angenommen, die also schließt: „Der Bund der Landwirte spricht die feste Entschlossenheit aus, der für die Monarchie, das Reich und das gesamte Volk gleich unheilvollen demokratischen Entwicklung mit aller Kraft und Entschiedenheit an seinem Teil entgegenzuwirken."
Auch die Versammlung im Zirkus Schumann war so überfüllt, daß der Zirkus geschlossen werden mußte. Dort eröffnete Freiherr von W a n g e n h e i m die Versammlung mit politischen Rück- und Ausblicken. Nach ihm hielt Dr. Oertel das Referat über die politische Lage, worin er sich in ähnlichen Ausführungen erging, wie der Redner des Zirkus Busch und insbesondere die Person des Kronprinzen als einen kernigen Soldaten in den Mittelpunkt seiner Erörterungen stellte. „Bravo! kaiserliche Hoheit!" müsse man ihm zurufen. Nachdem Dr. Hahn den Geschäftsbericht erstattet hatte, wurde auch diese Versammlung unter den üblichen Schluß- und Ergänzungsreden geschlossen.
Statzh Bezirk ««- Nachbarschaft.
Calw, den 17. Februar 1914.
Die Arztfrage in den Gäuorten.
Durch das Ausscheiden des Dr. Schiler hier ist die Arztfrage in verschiedenen Eäuorten Gegenstand der Erörterung geworden, namentlich in Stammheim, Eechin- gen, Althengstett, Neuhengstett und Ottenbronn.
Wegen event. Anstellung eines eigenen Arztes für die Orte des rechten Nagoldufers des Bezirks Calw hat Schultheiß Braun von Althengstett die Gemeinderäte der in Betracht kommenden Gemeinden auf das Rathaus Althengstett zu einer gemeinschaftlichen Sitzung eingeladen, wozu der Oberamtsvorstand, Reg.-Rat Binder und sämtliche eingeladenen Gemeindevertretungen, mit Ausnahme von Eechingen, erschienen sind. Eechingen lehnte die Beschickung der Sitzung ab, weil der Eemeinde- rat dort eine Aenderung mit dem Arzt in Aidlingen nicht eintreten lassen will. Die Verhandlung hat ergeben, daß als Gemeinden, welche sich mit dem neuen Arzt kontraktlich verpflichten könnten, Stammheim, Althengstett, Neuhengstett und Otteybronn mit zusammen 3400 Einwohnern in Betracht kämen. Außerdem wäre dem Arzt, falls er in Althengstett seinen Wohnsitz hätte, Gelegenheit geboten, mit der Zeit eine Praxis in den für seinen Distrikt günstig gelegenen Orten Eechingen. Möttlingen, Simmozheim und Ostelsheim zu erwerben. Nach eingehender Besprechung und Prüfung der Ange
legenheit kam man M dem Resultat, Saß ohne kontraktliche Mitwirkung der Gemeinde Eechingen die Exr- stenzfähigkeit eines Arztes in Frage gestellt sei.
Schultheiß Braun wurde beauftragt, den Herren Aerzten in Calw den Gang der Verhandlung mitzuteilen und sie um ihre Ansicht zu hören, insbesondere darüber, ob unter den obwaltenden Umständen der Versuch, einen tüchtigen Arzt für die Eäuorte zu gewinnen. Aussicht auf Erfolg habe.
Falsches Gerücht. Gestern abend durchlief das Gerücht die Stadt, der vermißte Sohn des Briefträgers Sommer hier, der in Cannstatt in der Lehre war, sei im Keller seines Meisters tot aufgefunden worden. Wir stellen demgegenüber fest, daß bis zur Stunde weder die Polizei noch die Eltern des jungen Mannes Bestimmtes über den Verbleib des auf so rätselhafte Weise Verschwundenen wissen. Die Verfolgung der ganzen Angelegenheit wird jetzt von der Staatsanwaltschaft betrieben werden. — Es wäre sehr zu wünschen, daß man im Weitertragen von Meinungen, Gehörtem und nur Halbverstandenem sich mehr Zügel anlegen würde; nicht nur in diesem Fall Sommer.
Von der Organisten- und Kantorenkommission. Die beiden Erlaße des Evangelischen Konsistoriums und des Evangelischen OberschulratS vom 13. Januar 19k4, die eine Anzahl vielerörterter Punkte des Organisten- und Kantorendienstes behandeln, wurden vor der endgültigen Regelung in einer vorn Eo.. Konsistorium auf 8. Januar einberufenen Kommission gründlich vorbereitet. Den Vorsitz in der Kommission führte der Eeneral- superintendent des Reutlinger Sprengels, Prälat D. v. Hermann. Von den Geistlichen, die zu der Beratung einberufen waren, seien genannt: Pfarrer Sauter von Baiersbronn; von Lehrern: Hauptlehrer Reiff aus der Schwarzwaldgemeinde Nemveiler OA. Calw.
Das Hausiererunwesen auf dem Lande. Die Vor- und Nachteile des Hausiererunwesens sind schon viel behandelt worden. Ein Nachteil aber muß die gebührende Beachtung noch finden: Die Hausierer werden, je länger sie ihr Gewerbe betreiben, desto raffinierter', sie machen förmlich psychologische Studien, wie sie einzelnen Bevölkerungsklaßen und einzelnen Personen am besten beikommen, ihre Kauflust am leichtesten reizen.. So haben sie allmählich insbesondere über einen großen Teil des weiblichen Geschlechts eine starke Herrschaft gewonnen und verstehen es meisterhaft, die Bäuerinnen zum Kaufe von Stoffen in großen Vorräten zu bewegen. Bei solchen Eelegenheitskäufen kommt man natürlich,! das wißen die Hausierer glaubhaft zu machen, immer! billiger und beßer zu seinem Weißzeug odre seinen Kleidern, die man ja früher oder später doch kaufen müßte. Auf diese Weise werden viele Landleute, die oft auch nur kaufen, um den Hausierer los zu werden, oder gar sich seine Feindschaft nicht zuzuziehen, zu einer Verschwendung im Kleiderverbrauch getrieben, die ihnen vollständig fern läge, wenn sie immer nur im Bedarfsfall kaufen würden. Unsere ländliche Bevölkerung wird durch die Hausierer vielfach zu ganz unnötigen Ausgaben veranlaßt, deren Summe sich viel höher beläuft, als man gewöhnlich annimmt.
-ci. Stammheim, 16. Febr. Ein hübsches Stück „Heimatpflege" bot sich gestern abend im Waldhornsaal unfern Augen dar. Dort hielt in der Form eines Ee- meindeabends der Zungfrauenverein sein Jah- resfest. Posaunenbläser mit — fast etwas zu markigen Tönen begleiteten den Gemeindegesang „Befiehl du
deine Wege", Vorauf die Maschen die „Ruth", eine dichterische Bearbeitung des bekannten altteftamentlichen Büchleins, aufführten. Die trauernde Naemi mit ihren Töchtern, der freundliche Willkomm im Heimatland, der Auszug der Schnitterinnen mit dem frischen Schnitter- lieS — alles war darauf gestimmt, die Liebe zur Heimat zu wecken. Ergreifend wirkte der Schluß, die Verheißung Und ihre Erfüllung „Ls ist ein' Ros' entsprungen." Recht heiterer Natur war die zweite Aufführung, „D' Frankfurters". Nach einem halben Jahr „Dienst" in Frankfurt kommt das „Nösle" wieder heim als frischpolierte „Rosalinde". Sie hat moderne „Pull- tung" mitgebracht und ein „eklatantes Kostüm". Sie findet sich damit nimmer zurecht im Heimatdorf und weiß Wunderdinge zu erzählen von der Großstadt, daß selbst die biedere Mutter, das treuherzigeRickele und all die Kaffeebasen staunen. Ein Glück, daß die Baronin zur rechten Zeit erscheint, die ländliche Einfachheit zu schätzen weiß und der Rosalinde derart den Kopf zurechtsetzt, daß sie gern zu ihrer früheren Natürlichkeit zurückkehrt. Passende Gedichte und schöne Gesänge umrahmten die Aufführungen und eine humorvolle Ansprache von Pfarrer Jung gab Einblick in das Vereinsleben. Die musterhafte Haltung der dichtgedrängten Zuhörerschar und der gelungene Verlauf Ser Feier dürften den Veranstaltern, Pfarrer Jung und Hausvater E u g e l e r, der schönste Lohn sein für ihre mühevolle Arbeit und die Versicherung, daß sie sich mit ihren Bestrebungen auf dem rechten Weg befinden.
g. Möttlingen, 14. Febr. Zwecks Gründung eines Darlehenskassenvereins hielt heute abend ein Herr H u - der aus Stuttgart: auf dem hiesigen Rathaus einen Vortrag, der sehr gut besucht war.. In seiner trefflichen, vielfach mit Humor gewürzten Rede führte er aus, wie notwendig gerade bei der landwirtschaftlichen Bevölkerung die Errichtung eines solchen Institutes sei, um die weniger Bemittelten nicht bekannten Wucherern in die Arme zu treiben. Redner wies nach, wie seit der Gründung des ersten derartigen Vereins (im Jahre 1843' durch Friedr. Wilh. Raiffeisen) dieses aus edlen Gesinnungen und Nächstenliebe entsprungene Werk so herrlache Früchte getragen habe durch die Gründung vieler Hunderter solcher Vereine landauf, landab, and wie dieselben beitragen zu sozialer Besserstellung und richtiger volkswirtschaftlicher Erziehung. Nachdem Redner noch auf die Vorteile des Anschlusses der Darlehens- ,kässenvereine an die verschiedenen Einrichtungen der Zentralstelle (Kaufstelle, Rechtsberatungsstelle usw.), hingewiesen hatte, schloß er seinen mit Beifall aufge- nonrmenen Vortrag. — Nach einigen kürzeren Auseinandersetzungen, bei welchen Herr Huber bereitwilligst Auskunft gab, Unterzeichneten sich 23 Bürger als Mit- glieder, welchen jedoch in den nächsten Tagen noch wei- ) tere folgen dürften. — Als Tag der ersten konstituierenden Generalversammlung wurde den 28. Februar be- ! stimmt.
Horb. 12. Febr- Letzten Samstag» fand im „Lindenhof" eine gut besuchte Versammlung der realistischen Lehrer des oberen Neckargaus statt- Rektor Krimmel aus Tübingen hielt dabei einen vom gründlichem Studium zeugenden, gehaltvollen Vortrag über: „Die Entstehung der Allmande". Die allgemeine Anschauung sei gewesen, daß die Akkmande eine altgermanische Ein- richtung seien, die- sich ursprünglich im Besitze der Markt- genossenschaft befunden habe. Der Franzose Fussel de Coulanges sei in einem größeren Werk dieser Anschauung entgegengetreten und habe es, zu beweisen gesucht,
Die Württemberg« im Feldzug von 1814.
Von A. Hummel.
Die gewaltigste Rolle in der ganzen Geschichte der Befreiungskrieg von 1813—15 nimmt wohl die Gestalt des deutschen Helden ein, dessen Volkstümlichkeit nur mit der unseres Grafen Zeppelin verglichen werden kann. Blücher war es, der ungestüme Draufgänger, dessen weithin schallendes „Vorwärts, Vorwärts!" die Rußen in der Schlacht bei Leipzig in den Kampf trieb, daß sich fortan ihm der Ehrentitel „Marschall Vorwärts" an den Namen kettete, wie es der Dichter Rückert besingt:
„Mit dem besten Mannesgruße
Hat ihn dir genannt der Ruße .
Marschall Vorwärts nennt er ihn!"
Auf dem Marktplatz von Leipzig aber begrüßte der Zar Alexander von Rußland im Beisein des Königs von Preußen, des Kronprinzen von Schweden und des Kaisers von Oesterreich den Sieger in der Völkerschlacht als den „Erretter Deutschlands". Aber Blücher lehnte ab: „Noch sind wir nicht so weit, erst mutz der Nebukad- nezar herunter vom Thron". Und auch Eneisenau war mit Blücher einig in dem Gedanken: Der Krieg dar, nur in Paris und mit dem Sturze Napoleons enden. Napoleon, von Blücher wie der Teufel gehaßt und als sein persönlichster Feind ingrimmig verfolgt, war über Mainz entkommen und hatte sich in seinem „Babel", wie Blücher Paris nannte, daran gemacht, neue Truppen zu sammeln, da die Verbündeten von Frankfurr aus umständliche diplomatische Verhandlungen mit ihm
eingeleitet hatten. Aber mit dem Jahr 1814 kam ein frischer Zug in die Fortführung des Kriegs, und Blüchers, des alten Brausekopfs, Feuergeist hatte den Ein- marsch in Frankreich durchgesetzt, der in jener denkwürdr gen Nacht vom 1. Januar 1814 durch den Rheinübergang bei Caub von Blücher begonnen wurde. Und in drei Monaten war dann das Riesenwerk vollbracht, de. korsische Löwe in der eigenen Höhle gestellt und niedergerungen. Wie bei diesen entscheidungsvollen Kämpfen vom 1. Januar bis 31. März 1814 die württembergi- schen Truppen hervorragenden Anteil und mannigfache Gelegenheit, sich auszuzeichnen, hatten, soll im folgenden kurz geschildert sein.
Württemberg hatte, dem Beispiel Bayerns folgend, dem Rheinbund den Rücken gekehrt und war im 2. November 1813 durch einen Bund mit Oesterreich aui die Seite der Verbündeten getreten. Durch einen Aufruf gab König Friedrich von Württemberg am 6. Nov. 1813 seinem Volk die politische Lage bekannt und rie, den aufopfernden Sinn seiner in den letzten Jahren freilich schwer heimgesuchten Untertanen wach. Würt temberg sollte unter den acht deutschen Bundeskorps das siebente in der Stärke von 24 500 Mann, je zur Hälfte Linie und Landwehr, mit 2900 Pferden und 24 Geschütze,, aufstellen. Die Bekleidung der damaligen Truppen war nach dem vorzüglichen Werk von Fritz v. Hitler, Geschichte des Feldzugs 1814 gegen Frankreich (Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart), bei der Infanterie: blaues (bei den Jägern grünes) Kollett, eine Weste, enge weiße bzw. grüne Beinkleider, schwarze Gamaschen, weißes bzw. schwarzes, über der Brust gekreuztes Lederzeug, lederner Tschako, weißgrauer Tuchmantel und unter
anderem ein Zopfband. Rach fieberhafter Tätigkeit war es auch möglich geworden, daß der König bei Ludwigsburg ein- Heer in der oben» angegebenen Stärke mustern konnte: 24 000 Mann; das bedeuteten etwa zwei Prozent der damaligen Bevölkerung. Die Würt- temberger standen unter der Führung von Feldzeugmeister Graf v. Franquemont, der im fernen Afrika wie im Jahr 1813 seine Unerschrockenheit und sein militärisches Talent bewährt hatte. Die Kavalleriedivision stand unter Prinz Adam von Württemberg, der auch der Chef des am 17. November neu geschaffenen Jägerregiments Prinz Adam Nr. 4 war. Alle Württemberg. Truppen und einige österreichische Regimenter bildeten das 4. (ursprünglich 7.) deutsche Korps, das unter dem Oberbefehl von Feldmarshall Kronprinz Wilhelm von Württemberg stand und zum böhmischen Heer unter Fürst von Schwarzenberg gehörte. Der damals 32jährige Kronprinz hatte in Vorarlberg und im Feldzug gegen Rußland im Feld gestanden, war aber an der russischen Grenze am Nervenfieber erkrankt und heimgekehrt. Durch und durch Soldat und Feind Napoleons, stand er bei seinen Truppen in großer Verehrung. Wohlbekannt ist Wilh. Hauffs Gedicht, der dem hochgebornen Heerführer Württembergs nachsingt:
Prinz Wilhelm, der edle Ritter,
Ritt hinaus ins Schlachtgewitter,
Ritt mit aus in blutgen Strauß.
Denn als man die Trommel rührte Und nach Frankreich abmarschierte.
Blieb der Kronprinz nicht zu Haus.
(Fortsetzung folgt.) s