SernfprecheL N-11
ÄmLsNMfür den Gberamtsbezirck Nagslö nnd Mmfieig-Sta-t. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, Lalw u. Freudenstad
«Ichrxtltch S mal. Bezugspreis: monatlich 1.S0 Mark. Nie Einzelnummer kostet lOPsg. l Anzeigenpreis: Die einspaltige Zeile oder deren Raum 15 Loldpfennige, die Reklamezeile 45 Goldpfg scheine» der Zeitung infolge höherer »emalt ad. PetriebSstSrung besteht kein Anspruch auf Lieferung. > Postscheckkonto Stuttgart Rr. 5730. — Für telephonisch erteilte Aufträge übernehmen wrr keme Gewahr
Nr. rr^i
AUrnsteig. Donnerstag de» 82. September
L»S7
Genfer Bilanz
Die Iahrestagungen des Völkerbundes geben immer nieder Veranlassung, einmal Bilanz zu ziehen, zu prüfen, ob man in der Weltpolitit Fortschritte verzeichnen kann, die auf eine Entwicklung zum Frieden hindeuten. Und es ist leider nicht zu leugnen, daß die Bilanz diesmal nicht sehr gut aussieht. Gewiß, aus mancherlei Anzeichen kann man vielleicht die Hoffnung ableiten, daß der Völkerbund in girieren Jahren einmal Las wird, was er seiner Bestimmung nach sein sollte, ein Parlament der Nationen, vor dessen Forum die Meinungsverschiedenheiten und Jnteressenkämpfe mit dem friedlichen Mittel des geistigen Kampfes ausgeira- gen werden. Aus dem entschiedenen Vorstoß der kleinen Nationen gleich zu Anfang der Tagung, der sich durchaus gegen die Diktatur der Großmächte richtete, — auch Deutschland war ein wenig damit gemeint — darf man vielleicht schließen, daß sich hier eine Denkweise anibahnt, die frei ist von den zahlreichen politischen und wirtschaftlichen Bindungen, denen die kleinen Staaten der Welt trotz der großen Parolen der Entente und Wilson während des Krieges noch immer unterlegen sind. Bisher aber ist es bei diesem Symptom, dem jede praktische Auswirkung versagt blieb, geblieben. Während in allen Ländern freie und unabhängige Geister daran arbeiten, die Idee des Friedens in allen politischen Lagern fest zu verankern, begnügt man sich in Eens damit, eine Apparatur aufrecht zu erhalten, der jedes wirkliche Leben fehlt. Man hat sich mit dem Völkerbund und seiner Bürokratie einen Mechanismus geschaffen, dem jeder ernsthafte Antrieb, die an ihn herankommenden Probleme anders zu lösen als auf mechanische Weise, fehlt. Und es ist klar, daß dieses seelenlose Werkzeug in Len schwierigsten Kragen einfach versagen muß. Wenn es dazu noch eines Beweises bedurft hätte, dann wäre er durch den Ausgang, den die Behandlung des ungarisch-rumänischen Optantenstreites vor dem Rat genommen hat, erbracht worden. Dr. Stresemann hat in der sehr lebhaft und hitzig geführten Diskussion das Kernproblem, das zugleich die moralische Existenzfrage für den Völkerbund überhaupt ist, sehr glücklich einmal dahin formuliert, daß hier offenbar zwei verschiedene Interessen miteinander konkurrierten: Das staatspolitische Interesse Rumäniens, dessen Vertreter eine Lösung der Optantenfrage im rumänischen Sinne als Existenzfrage seines Staates bezeichnete, und das Interesse des Völkerbundes an der Aufrechterhaltung und Fortentwicklung der von ihm eingerichteten Schiedsgerichtsbarkeit. Und Dr. Stre- semann hat keinen Zweifel darüber gelassen, daß in diesem Falle dem Interesse des Völkerbundes der Vorrang gebühre, auch dann, wenn in einem Einzelfalle einmal die Existenzgrundlagen eines Staates gefährdet seien. Einem lebendigen und zu ständiger Fortentwicklung bereiten Völkerbund hätte eine einwandfreie Entscheidung in dieser Streitfrage nicht schwer fallen können. Der jetzige Mechanismus erwies sich aber der Lage nicht gewachsen. Der Rat entzog sich durch Vertagung der ganzen Angelegenheit dieser unangenehmen Situation. - -^ . .
Für Deutschland wird die Unmöglichkeit des jetzigen Systems noch klarer, wenn man sich einmal bemüht, es auf deutsche Verhältnisse anzuwenden. Als der Reichsaußenminister 1925 die Locarnoverträge abschloß, da gewann der Völkerbund, in dem man bei uns bis dahin nur ein Instrument der Siegermächte zur Niederhaltung des geschlagenen Mitteleuropas gesehen hatte, erstaunlich rasch wenigstens soviel Sympathien, daß es Dr. Stresemann möglich wurde, im Laufe eines langen Jahres Deutschlands Beitritt zum Bunde Lurchzusetzen — trotz der widerwärtigen Hemmungen, die uns aus den Kreisen des Bundes selbst bereitet wurden. Die gesamte deutsche Oeffentlichkeit nahm damals als selbstverständlich an, daß der Völkerbund sich iu seinem eigenen wohlverstandenen Interesse nun auch mit den zahlreichen deutschen Fragen befassen würde, wie sie der Versailler Vertrag aufgeworfen hat. Was aber ist eingetreten? Der Bund und alle seine Organe entzogen sich dieser unangenehmen Aufgabe mit der formalistischen Begründung, daß alle durch die Friedensverträge aufgeworfenen Probleme nicht zu seiner Zuständigkeit gehörten. Formell ist das sicher nicht zu bestreiten. Der Reichsaußenminister hat denn auch, seit wir in Genf vertreten sind, alle Besprechungen über das Rheinlandproblem, über Reparationsverpflichtungen, über Abrüstungsfragen und dergleichen gewissermaßen immer nur am Sfande führen können. Daß dabei bei einigem schlechter Willen unserer Gegner nicht besonders viel herausspringeu konnte, liegt auf der Hand. Wenn sich nun schon der Völker, bund d?r Aufgabe entzog, die deutschen Probleme, die süi eine wirkliche Lstndamentierung des Weltfpiedsus doch nach
wie vor eine ernste Gefahr find,'zu behandeln, dann hatte ei wenigstens an seinem Teile zu einer Erleichterung unserer Situation insofern beitragen müssen, als er mithals, die geistige Atmosphäre für eine rasche und glatte Erledigung der deutschen Fragen zu schaffen. Daß er auch in dieser Hinsicht vollkommen versagt hat, bedarf angesichts des Stillstandes unserer gesamten Außenpolitik seit einem Jahre keines besonderen Beweises mehr. So bleibt uns nur übrig mit einiger Bitternis festzustellen, daß der Bund uns gegenüber vollkommen versagt hat und daß wir an ihm in feiner jetzigen Gestalt nicht sonderlich viel Interesse haben. Soll der Völkerbund seiner großen Aufgabe, den Weltfrieden aufzubauen und zu sichern, gerecht werden, dann wird es fist freimachen müssen von dem toten Formalismus und Buch stabengeist, der ihn jetzt beherrscht. Die Welt braucht nicht Stillstand, sondern Entwicklung und Fortschritt.
Die Ergebnisse der Weltwirtschaftskonferenz im Ausschuh der Völkerbundsversammlung
Genf, 21 Sept. Der zweite'Versammlungsausschuh hat beute vormittag die Aussprache über die Weltwirtschaftskonferenz abgeschlossen und zwei Resolutionen angenommen. In der ersten werden mit Genugtuung die Zustnnmungserklärungen zahlreicher Regierungen verzeichnet und die Organe des Völkerbundes zur tatkräftigen Förderung der von der Weltwirtschaftskonferenz niedergclegten Gedanken, insbesondere in der Frage der Zolltarife und der Wirtschaftspolitik, aufgefordert. Die zweite Entschließung regelt die Schaffung eines neuen beratenden Ausschusses von 35 Mitgliedern, der die Anwendung der Empfehlungen der Weltwirtschaftstonfcrenz zu fördern hätte. Die Mitglieder werden vom Völkerbundsrat aus sämtlichen am Wirtschaftsleben beteiligten Kressen zu entnehmen sein, außer- dem wird das internationale Arbeitsamt drei Arbeitervertreter, der Wirtschäftsausschuh des Völkerbundes fünf seiner Mitglieder und das internationale Ackerbauinstitut und die internationale Handelskammer Vertreter in diesen Ausschuß entsenden. — In der vorbergegangenen Aussprache gab Dr. Breitscheid der Erwartung Ausdruck, dah bei der Benennung der drei Arbeitervertreter auch die Interessen der landwirtschaftlichen Arbeiter und kleinen Bauern berücksichtigt werden.
Der Rcsolutionscntwurf zur Abriistungsfrage
Genf, 21. Sept. Der Resolutionstext zur Abrüstungsfrage, aus den sich beute vormittag zunächst das Redakti-nskomitee und später der Unterausschuh geeinigt haben, und der beute nachmittag um 5 Uhr dem Vollausschuh als gemeinsamer deutscher, französischer und holländischer Antrag unterbreitet wird, enthält fast unverändert die Präambel des französischen Entichlie- hungsentwurfs. Er empfiehlt sodann drei Maßnahmen: 1. die progressive Entwicklung der Schiedsgerichtsbarkeit durch den Ab- schluh von Sonderocrträgen oder Kollektioabkommen einschließlich solcher zwischen Mitgliedsstaaten und Nichtmitgliedsstaaten des Völkerbunds, um auf diese Weise das gegenseitige Vertrauen zu schaffen und zu erweitern, 2. beschleunigter Abschluß der technischen Vorarbeiten des vorbereitenden Abrüstungsausschusses, damit der Rat die Abrüstungskonferenz nach Abschluß dieser Arbeiten unverzüglich einberufen kann, 3. Erteilung von besonderen Instruktionen des Rates an den vorbereitenden Abrüstungsausschuß, dessen Aufgabe sich nicht auf die Vorbereitung einer ersten Abrüstungskonferenz beschränken soll, dessen Arbeiten vielmehr bis zur Verwirklichung des Endzieles fortgesetzt werden sollen zur alsbaldigen Schaffung eines besonderen Komitees der Vertreter aller Völkerbundsstaaten, die dem vorbereitenden Abrüstungsausschuß angehören. Dieses Sonderkomitee, das dem Vorbereitungsausschuß zur Verfügung stehen soll, bätte die Aufgabe, gemäß den Angaben des vorbereitenden Ausschusses die Prüfung jener Maßnahmen fortzusetzen, die geeignet wären, allen Staaten die notwendigen Garantien durch Schiedsgerichtsbarkeit und Sicherheit zu geben, um das Niveau ihrer Rüstungen beim Abschluß eines internationalen Abrüstungsvertrages auf die niedrigsten Ziffern festzusetzen. Alle diese Maßnahmen sollen Unbeschadet der Verpflichtungen aus dem Völkerbundspakt getroffen werden.
gedankens, der Deutschtumsgemeinschaft als solcher. Mit dieser Rechtsangleichung erfolgt ein Riesenschritt weiter, typisch für die kulturelle Angleichung, die ja für beide Völker noch unendliche Möglichkeiten bietet und von größtem Segen für Leider Zukunft sein wird.
Das neue österreichische Strafrecht vor dem Nationalrat
Wien, 21. Sept. Der Nationalrat begann die erste Lesung des neuen Strafgesetzbuches. Justizminister Dr. Dingho « fer verwies auf das Bestreben der Justizverwaltung, die Juftizpflege jederzeit ohne Ansehen der Partei durchzufiih- ren, und entwickelte in großen Zügen die kriminalpolitische Erundauffassung, auf der der neue Entwurf aufgebaut ist. Der Entwurf sei im wesentlichen mit dem in Deutschland m Beratung stehenden Strafgsfetzentwurf gleichlautend. Abweichungen ergäben sich nur, wo verfassungsrechtliche Gründe maßgebend waren. Der Minister dankte dem deutschen Iu- stiminister Dr. Hergt und den deutschen Behörden, die dem Gedanken der Rechtsangleichung bei der Aufstellung des Entwurfes gefördert haben und appellierte an das Haus, denselben Geist walten zu lassen, damit Liese Aufgabe u einem gedeihlichen Ende geführt werde.
Die deutsche Arbeit am Strafgesetzbuch
Der Sonderausschuß des Reichstages, der der Entwurf . des Reichsstrafgesetzbuches zur Vorberatung überwiesen worden ist und der als 32. Ausschuß im Reichstag geführt wird, nahm seine umfangreichen Arbeiten am Mittwoch in Angriff. Dem Ausschuß gehören 28 Mitglieder an und zwar 8 von der Sozialdemokratischen Partei, 6 von der Deutsch- - nationalen Volkspartei, 4 vom Zentrum, 3 von der Deutschen Volkspartei, je 2 von der Kommunistischen Partei, der Demokratischen Partei, der Wirtschaftlichen Vereinigung und ein Mitglied der Bayerischen Volkspartei. Der Ausschuß tagt unter dem Vorsitz des Abg. Dr. Kahl (D. Vp.), dessen Stellvertreter der Abg. Dr. Bell ist. Der Ausschuß gedenkt, in der ..egel wöchentlich vier Sitzungen abzuhalten i iwar von Dienstag bis Freitag. Die Annahme einer Korrespondenz, die vor kurzem verbreitete, daß der Ausschuß bis zu Weihnachten mit seiner Arbeit fertig sein könne, ist unzutreffend. Das Werk des neuen Strafgesetzbuches ist viel zu umfangreich, als daß mit einer so schnellen Erledigung gerechnet werden könnte. In maßgebenden Kreisen des Ausschusses wird vielmehr angenommen, daß es schon schwierig sein wird, bis Weihnachten den allgemeinen Teil im Auszug durchzuarbeiten.
Berlin, 21. Sept. Der 32. Ausschuß des Reichstages (Sonderausschuß für das Strafgesetzbuch) trat heute um 19 Uhr vormittags zu seiner ersten Sitzung in der sachlichen Beratung des umfangreichen Werkes zusammen. Das Reichs- justizministerium war bei Beginn der Sitzung durch Len Staatssekretär Joel vertreten. Der Reichsjustizminister Hergt, der gestern der Tagung des Wiener Nationalrates über das gleiche Werk für Oesterreich beiwohnte, war non seiner Reise noch nicht zurück, wurde aber noch für den Lauf der Sitzung erwartet. Reichstagspräsident Loebe war anwesend. Die Beratungen, wurden von dem Vorsitzenden des Sonderausschusses, Abg. Dr. Kahl (D. Vp.), mit längeren Ausführungen über die bedeutendsten Aufgaben des Ausschusses und den Geist, der dem Entwurf zugrunde 'i cingele'itet.
MlMSleichunq Mischen Oesterreich md Senischlmd
Wien, 21. Sept. Im Gespräch mit dem Vertreter der „Neuen Freien Presse" erklärte Reichsminister Dr. Hergt: Ich komme nicht in politischen Angelegenheiten, sondern ^als Kollege zum Kollegen, aber erfüllt von dem Bewußtsein von der Bedeutung dieses Tages, an dem bis auf drei Punkte, Todesstrafe auf das Verbrechen des Mordes, Abtreibung und Sicherheitsverwahrung völlig übereinstimmende Gesetzeswerke dem Parlamente übergeben wurden. Das ist ein Beweis, daß trotz der Verschiedenheit in vergangenen Jahrzehnten die sittlichen Grundanschauungen beider Völker sich doch völlig, übereinstimmend entwickelt haben und andererseits ein Beweis für die Kraft des Deutschtums
Jeiltschmtwmler ParieiW
Königsberg, 21. Sept. Der achte deutschnatlonale Parteilag wurde im großen Saale der Städtehalle eröffnet. Der Parter» vorsitzende, Reichstagsabgeordneter Graf Westarp, hielt die Eröffnungsansprache. Nach Worten der Begrüßung führte Graf Westarp unter Hinweis auf den lebendigen Eindruck der gemeinsamen Teilnahme an der Weibe des Tannenbergdenkmals unter stürmischer Zustimmung u. a. aus: Auf der Stätte von Tännenberg bat der Reichspräsident noch einmal in mannhaften und weithin schallenden Worten Zeugnis dafür abgelegt, daß das deutsche Schwert, nur zur Verteidigung des durch eine Welt von Feinden angegriffenen Vaterlandes gezogen, rem geblieben ist, daß alle iene Behauptungen von deutscher Kriegsschuld und deutschen Kriegsgreuetn unwahr sind, erdichtet zn unserer Vernichtung. Des Reichspräsidenten tatkräftiges Eintreten für die Reinheit der deutschen Ehre ist eine Tat, die uns nach alledem, was wir diesem treuen deutschen Mann verdanken, zu neuem Dank vervilichtet. Es legt uns eine ernste Pflicht auf, nicht müde zu werden und nicht zu ruhen, bis Deutschland in einmütigem Wollen des ganzen Volkes die erzwungene und erpreßte Schuldlüge von sich geworfen hat. (Lebhafter Beifall.) So ist die Denkmalsweibe von Tannenberg zu einem besonders bedeutsamen Auftakt für alle die Ehrungen geworden, die das deutsche Volk dem Herrn Reichspräsidenten zu seinem 80. Geburtstage bereitet. Von Herzen schließen wir uns diesen Ehrungen an, und wir könnten die Arbeit unseres Parteitages nicht