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Am Stadt und Land.

Altensteig» den 20. September 1927.

Bericht über die Gemeinderatssitzung vom 11. Sept. 1927 Abwesend: Eemeinderat Walz, Hang, Ackermann, Kalten­bach, Schittler und Zimmermann

Es sind eine Anzahl Beschwerden gegen die Heran­ziehung zur Feuerwehrabgabe 1927 eingelaufen, welchen teilweise stattgegeben wird. Die Beschwerden, welchen nicht abgeholfen wurde, gehen an den Bezirksrat weiter. Betriebsleiter Brändle bittet um Einweisung seiner Stelle von Gruppe VI in Gruppe VII der Besol­dungssatzung. Dem Gesuch wird in der Weise entsprochen, daß sein Besoldungsdienstalter um 4 Jahre vorgerückt wird, d. h. eine Vorrückung von Gruppe VI Stufe 6 nach Stufe 8 stattfinden soll. Ferner wird auf Ansuchen Schutz­mann Schaible von seiner Gehaltsgruppe III Stufe 2 nach Stufe 4 vorgerückt. Beide Gehaltserhöhungen sind rückwirkend vom 1. April 1927 ab. Nachdem die Prü­fungsbemerkungen des württ. Sparkassen- und Eirover­bandes über die Rechnungen 1925 und 1926 vom Verwal­tungsrat der städt. Sparkasse als erledigt betrachtet wur­den, werden die beiden Rechnungen der Spar­kasse anerkannt und dem Rechner Entlastung erteilt. Für die städt. F r a u e n a r b e i t s s ch u l e hat sich die Anschaffung eines Stoffkundekastens mit Farbenkörper­modell als notwendig erwiesen. Die Kosten von zusammen 184 Mark werden bewilligt. Es wird dann noch die An­gliederung eines Kochkurses an die städt. Frauenarbeits­schule besprochen. Die von der Stadtpflege angefertig­ten A u s st a n d s v e r z e i ch n i s s e für die Rechnungs­jahr 1923 und 1924 werden durchgesehen und mehrere Aus­stände zur abgängigen Verrechnung genehmigt; außerdem werden einigen bedürftigen Schuldnern von Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer für 1926 N a ch l ä s s e an der Gemeindeumlage bewilligt und der Staatssteuerbetreff beim Finanzamt zum Nachlaß befürwortet. Es werden dann noch mehrere Gesuche um Befreiung von der Ge­bäudeentschuldungssteuer 1926 behandelt. Aus Anlaß der immer wieder vorkommenden Unfälle an der W a l d d o r f e r st r a ß e bei der Möbelfabrik May und auf Anregung des Oberamts, wird über eine Ver­bess e r u n g der Straßenstrecke gesprochen. Stadtbaumeifte. Henßler hat eine Berechnung der Kosten vorgelegt, wonach sich die letzteren aus etwa 600 Mark belaufen. Es wird beschlossen, in Bälde einen Augenschein an Ort und Stelle einzunehmen. Michael Schmerle, Gastwirt z.Drei König" beabsichtigt die Errichtung einer öffentlichen Tankstelle der Firma Olex Deutsche Petroleum Ver­kaufsgesellschaft, vor seinem Stallgebäude an der Bahn­hofstraße. Da der Zapfschlauch beim Gebrauch über den Gehweg der Bahnhofstraße gelegt werden müßte, kann die Genehmigung zur Aufstellung der Tankanlage an dieser Stelle nicht erteilt werden.

Nagold, 19. Sept. Im letzten Jahr und besonders Heuer herrschte hier eine rege Bautätigkeit. An dem letzten Jahr neu erschlossenen Baugelände anTeufels Hirnschale" wurden 1926 zwei und Heuer weitere sechs Wohnhäuser erstellt. Es wird nicht mehr lange dauern, so wird die bekannte Lehmgrube ausgehört haben zu existieren. Nachdem dieselbe in den letzten Jahren als Auffüllplatz benützt wurde, ist es besonders im Interesse der Besucher des nahen Bezirkskrankenhauses zu begrüßen, daß dieses wenig schöne lLandschaftsbild verschwindet. Manche Nagolder werden ja allerdings dem Zuschütten der Grube mit etwas Wehmut zugesehen haben, denn die l an den Sommerabenden immer dort gehörten beliebten Froschkonzerte" wird man nun nicht mehr hören. Ein weiterer größerer Bau, der bereits seiner Vollendung entgegen geht, ist die Erweiterung des Bezirkskranksn-

hauses. Begonnen im Februar ds. Js. ist nun unter rast- I loser Arbeit, die vielfach eine Ileberzeitarbeit erforderte, - der Rohbau erstellt, so daß im Laufe des Herbstes mit der Inneneinrichtung begonnen werden kann. Das Kranken­haus bildet nun mit dem Anbau einen größeren Komplex und es ist zu hoffen, daß nun den vorhandenen Bedürf­nissen wieder aus lange Jahre hinaus genügt ist. Nach­dem in der ebenfalls 1926 erschlossenen Hohestraße Abzweigung von der Bahnhofstraße im letzten Jahre zwei Wohnhäuser erstellt wurden, sind dieses Jahr zwei weitere hinzugekommen, so daß, nachdem nun die Bau­arbeiter: für ein weiteres Wohngebäude ausgeschrieben sind, diese Straße in Bälde ganz ausgebaut sein wird. An der Fortsetzung dieser Straße, die mit der Zeit bis zur Leonhardstraße durchgeführt werden soll, wird sodann in den nächsten Tagen mit den Erabarbeiten für das von der Evang. Kirchengemeinde zu erstellende Kleinkinderschul­gebäude begonnen werden. Ein weiteres Baugelände eines der schönsten bildet der Galgenberg. An der auf diesem neuangelegten Weingartenstraße sind bereits drei Häuser erstanden, während zwei weitere bereits ausgesteckt sind. Nicht unerwähnt soll dann noch bleiben der Bau eines neuen Beamtenwohnhauses für Staatsbeamte an der Emmingerstraße hinter dem Seminar, rmt dessen Aus­führung bereits begonnen wurde. Macht die Bautätigkeit in hiesiger Stadt im nächsten Jahre weitere solche Fort­schritte, so ist die Wohnungsnot bald vollends behoben. Als weitere große Bauarbeit sei dann zum Schluß noch erwähnt die bereits in Angriff genommene Nagoldkorrek­tion, die den Zweck haben soll, Hochwasserschäden für die Zukunft auszuschließen. Die Ansichten über die Notwen­digkeit dieses Unternehmens sind zwar sehr geteilt. Eine Verschandelung des Landschaftsbildes läßt sich naturgemäß bei einem solchen Unternehmen nicht vermeiden und es muß somit vom Standpunkt des Naturfreundes aus stark verurteilt werden. So sehr nun aber auch diese Umgestal­tung des Landschaftsbildes vom Standpunkt des Natur­freundes aus bedauert werden muß, so muß eben doch die Rücksicht auf das Landschaftsbild hinter der Wirtschaft­lichkeit des Unternehmens zurücktreten. Erfreulicherweise haben sich auch schon einige Kunstfreunde gefunden, die die malerischen Motive der der Korrektion zum Opfer fallen­den Landschaft im Bild festgehalten haben.

Freudenstadt, 20. Sept. (Missionsfest.) Das- gestrige Bezirksmissionsfest in unserer Stadtkirche hat eine recht stattliche Schar von Missionsfreunden aus Stadt und Land zusammengeführt, trotz der ungünstigen Witterung für die

auswärtigen Besucher. Jetzt, nachdem die deutschen Missionare wieder auf ihre früheren Arbeitsgebiete haben zurückkehreg dürfen, jetzt, wo unsere Basler Mission wie­der nicht weniger als fünf Missionsgebiete bedienen darf, hat sich auch in der Heimatgemeinde die alte Liebe und Freude an der Missionssache wieder zu regen begonnen. Auf diesen Umschwung in der Eesamtlage der Mission wies Dekan Haller in seiner Begrüßungsansprache hin: des Herrn Rat ist wunderbar, er führet es herrlich hinaus. Eine treffliche Schilderung heidnischen Elends in Indien bot der Missionsgemeinde der in unserem Bezirk weilende Pfarrverweser Ruopp, früher Missionar in Indien. Missionar Fischer aus Stuttgart, der früher ebenfalls im Dienst der Basler Mission in Indien gewesen war, führte in seinen Ausführungen auf die übrigen Missions­gebiete der Basler Mission, insbesondere schilderte die großen Umwandlungen auf politischem und religiösem Gebiet in dem unruhigen gewaltigen China. Neben allem Nationalismus und Bolschewismus findet sich immer wie­der ein ergreifendes Suchen nach dem Evangelium. Auch in den andern Missionsgebieten Basels, in Kamerun und auf der Eoldkllste, sowie auf der großen Insel Borneo erweist sich das Evangelium als eine einflußreiche Gottes­kraft. Den Eindruck hat gewiß die Feier des gestrigen I Tages bei allen Teilnehmern hinterlassen, daß es auf dem I Gebiet der Mission vorwärts geht. Darum ist es auch heilige Pflicht der heimischen Christenheit, mit allem Ernst sich der heiligen Missionssache anzunehmen. Ueber Mis­sionsgaben 1926/27 berichtete Stadtpfarrer Herrlinger. Gesamtsumme im Bezirk mit Einschluß des Opfers vom Erscheinungsfest: 13 702 Mk. Im einzelnen: Freuden­stadt 4053 Mk., Alpirsbach 335 Mk., Baiersbronn-Kniebis 751 Mk., Vesenfeld 100 Mk., Dietersweiler 381 Mk., Dorn­stetten 722 Mk., Glatten 499 Mk., Eöttelfingen 566 Mk., Erüntal 684 Mk., Klosterreichenbach 110 Mk., Lombach 166 Mk., Loßburg-Rodt 361 Mk., Mitteltal 1161 Mk., Oberiflingen-Schopfloch 168 Mk., Pfalzgrafenweiler 830 Mark, Reinerzau 193 Mk., Schömberg 288 Mk., Schwarzen­berg 93 Mk., Tumlingen 488 Mk., Wittendorf 310 Mk., Wittlensweiler-Aach 417 Mark.

Freudenstadt, 19. Sept. (Kein Flugtag.) Das ungün­stige Wetter ermöglichte es am Sonntag den Flugzeugen nicht, zu starten. Fritz Schindler und Frl. Schumann waren zwar hier anwesend und bereit, die bekannten Programm­nummern auszufllhren. Das Flugzeug in Böblingen war startbereit und wäre auf telephonischen Anruf sofort ge­kommen, falls die Witterung die Vorführungen irgend

Lotte Lobenstreit

Roman von Erich Eben st ein

Urheberschutz durch die Stuttgarter Romanzentra.

C. Ackermann, Stuttgart

47) (Nachdruck verböten)

Wieckfeld ging oben unruhig und erwartungsvoll in sei­nem Zimmer auf und ab und rechnete aus, wann Lotte da sein konnte. Er hatte ihr und Koblitz sein Auto nach Erls­bach geschickt,weil es rascher und bequemer geht, als die umständliche Bahnfahrt", wie er ihr geschrieben. Seiner Rechnung nach mußten sie um vier Ahr in Wolfshag ein- treffen. Nun war drei vorüber. Er hatte eben seinen Kam­merdiener nach dem Parktor geschickt, von dem man die Straße weit überblicken konnte. Sowie das Auto in Sicht käme, sollte Nebe es melden, damit er den Erwarteten bis ans Tor entgegengehe. Nun sah er alle Augenblicke auf die Uhr. Wie langsam die Zeiger vorrückten.

Plötzlich klopfte es Nebe trat ein.Wie sie sind schon da?" rief Wieckfeld und wollte zur Tür eilen.

Aber Nebe sagte:Nein, Herr von Wieckfeld. Nur ein fremder Herr ist eben angekommen und möchte seinen Besuch abstatten. Hier ist seine Karte."

Aergerlich griff Wieckfeld darnach und warf einen Blick darauf. Wie vom Blitz getroffen, fuhr er zurück.

Harald Wieckfeld", stand in großen Buchstaben gedruckt. Darunter mit Bleistift in englischer Sprache geschrieben: bittet Dich, eben aus Amerika zurückgekehrt, dringend um eine Unterredung."

Alles Blut war aus Wieckfelds Gesicht gewichen. Harald - sein Neffe!

Der Schurke, der sein Lebensglück zerstörte! Er hatte ihn längst totgeglaubt, untergegangen im Sumpf des Leichtsin­nes und Verbrechen. Denn sonst hätte er ja wohl versucht, die Früchte seines Schurkenstreiches einzuheimsen! Nun lebte er! Und er wagte den Versuch, vor sein Antlitz zu treten, als wäre nichts geschehen. Freilich er konnte nicht wißen, daß inzwischen durch Kummers Mitteilungen alles offenbar ge­worden war. ..Sagen Sie dem Herrn, daß ich ihn nicht emv-

fange. Weder heute noch überhaupt." Wieckfelds Stimme klang hart und spröde.

Nebe verschwand. Gleich darauf aber erschien er wieder. Herr von Wieckfeld, der Herr will si chdurchaus nicht ab­weisen lassen! Er behauptet, ein Neffe"

Ach was", unterbrach ihn eine Stimme von der Tür her, machen Sie nicht soviele Worte und verschwinden Sie ge­fälligst Natürlich handelt es sich um einen Irrtum denn so zähe kann dein Groll doch nicht sein, Onkel Klaus, daß du nach so vielen Jahren und jetzt, wo ich als ordentlicher Mensch zurückkehre, mir um der alten Lappalien willen dein Haus verschließen würdest?"

Nebe hatte sich, da er von seinem Herrn keinen Gegenbe­fehl erhielt, schweigend in das Vorzimmer zurückgezogen. Wieckfeld, der beim Klange von Haralds Stimme zusam­mengezuckt war, stand unbeweglich da, den Blick starr auf seinen Neffen ^richtet, als könne er nicht fassen, was er da sah.

Als aber Harald nun einen Schritt näher trat und ihm die Hand hinftreckte, indem er halb vertraulich, halb bur­schikos sagte:

Nun, Onkel Klaus, wollen wir uns nicht versöhnen? Ich war ein dummer Junge damals, aber nun bin ich ein ge­reifter Mann, der allen Leichtsinn längst abgetan hat und dem du wohl die Hand schütteln könntest!" wich er jäh zu­rück.

Rühre mich nicht an, Schurke!"

Harald erblaßte.

Alles Selbstbewußtsein, das eben noch in feinem hübschen, aber stark verlebten Gesicht gestmwen, war plötzlich wie weggehaucht daraus.

Schurke!"

Was soll das heißen, Onkel Klaus?" fragte er unsicher.

Frage dein Gewissen, das wird dir wohl Antwort geben?"

Ich bin mir nicht bewußt was selll ich denn getan haben?"

Ah, du weißt wirklich nicht mehr, daß du mir mein Le­bensglück vernichtetest und einen Enael aemordet balt durch

gefälschte Briefe, die Lu durch Beermann in meine Hände, spielen ließest?" donnerte Wieckfeld ihn an.Du wagst, nach, all dem mir wieder unter die Augen zu treten? Du denW wohl, auch ich hätte vergessen."

Die Adern auf Wieckfelds Stirn waren angeschwollen, seine Stirne bebte vor zorniger Erregung.Geh, geh", stieß i er heftig heraus, als der andere noch etwas sage« wollte, ,chder, bei Gott, ich vergreife mich an dir!"

Er drückte mehrmals rasch hintereinander auf die Glocke auf seinem Schreibtisch. Nebe erschien sofort.Führen Sie den Herrn aus Wolfshag hinaus, Nebe. Bis ans Parkt«. Und sehen Sie sich sein Gesicht genau an, damit Sie es wie­dererkennen, falls er noch einmal versuchen sollte, hier Ab­tritt zu verlangen. Ich bin unter keinen Umständen für i^l zu sprechen, verstanden?"

Sehr wohl, Herr von Wieckfeld."

Wie ein geprügelter Hund schlich Harald Wieckfekd von dannen. Sein Gesicht war erdfahl und in den Augen brannte die Flamme unauslöschlichen Hasses.

Wieckfeld der Aeltere war allein geblieben, auf sein« Stuhl gesunken und atmete schwer. Ein beklemmendes Ge­fühl schnürte ihm die Kehle zusammen. War es nicht wie ein böses Vorzeichen, daß dieser Mensch gerade aus de« Schatten der Vergangenheit auftauchte, wo Lotte endlich ihr Vaterhaus wieder betreten sollte? Nein, nein, nicht daran denken? Er war doch nicht abergläubisch? Wie konn­ten nur so törichte Gedanken auftauchen?

Er stand auf und trat an das offene Fenster. Es stand die Welt in üppiger Sommerpracht. Und da kam auch schon Nebe die Lindenallee hergelaufen, mit beiden Armen win­kend:Sie kommen, Herr von Wieckfeld, sie kommen."

Lotte war doch sehr gerührt, als sie sah, welche Vorberei­tungen ihr Vater getroffen hatte, zu ihrem Empfang. Auch schien er ihr ganz anders als früher, herzlicher, fast verklärt.

,D>as macht die Freude", flüsterte ihr die Hofrätin z«, Du ahnst ja nicht, Kind, wie sehr er dich liebt? Es ist, als wolle sein Herz alles nachholen, was er ein Leben lang ver­säumt hat!"

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