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1927

Genfer MM

Die Delegierten zu der Ratstagung des Völkerbundes sind in Genf eingetroffen. Einige Männer aber, die bei diesen Genfer Zusammenkünften in der ersten Reihe stan­den, fehlen, und ihr Fehlen bedeutet nicht nur persönliche Lücken. Daß der bisherige ständige Vertreter der französi­schen Regierung beim Völkerbund, der Senator de Ioii- ri e n e l, nicht mehr nach Genf gehen will, wäre an und für sich eine Tatsache, die man eher begrüßen als bedauern könnte, denn sein politisches Glaubensbekenntnis ist nicht derart, daß man von seiner Mitarbeit bei den Genfer Ver­handlungen einen günstigen Einfluß im Sinne eines Aus­gleiches der Gegensätze erwarten dürfte. Herr de Jouvensl zieht es vor, seine Kräfte in Paris zu betätigen, und da sein persönlicher Ehrgeiz keineswegs gering ist, so kann es niemanden wundern, daß die Pariser Spatzen bereits von den Dächern pfeifen, wohin dieser Ehrgeiz zielt. Er will Nachfolger Briands werden. Erreicht er dieses Ziel, so wird das für den deutsch-französischen Ausgleich einen schweren Rückschlag bedeuten.

Driand muß zum mindesten die ersten Tage der Gen­fer Beratungen versäumen, angeblich wegen eines Mini- fterrats. Er hofft Nachkommen zu können. Wenn man sich daran erinnert, daß in den letzten Tagen Briand in der französischen Presse des nationalen Lagers aufgefordert wurde, in Genf offen zu bekennen, daß er seine Versprechun­gen von Locarno und Thoiry nicht einzulösen vermöge, da er sie zwar für sich persönlich, nicht aber für die verantwort­liche französische Regierung in ihrer Gesamtheit abgegeben habe und da der Sinn dieser Besprechungen sich nicht mit der Auffassung des französischen Kabinetts vereinbaren lasse, so rann man verstehen, daß sich der französische Außen­minister am Vorabend von Genf nicht g>anz wohl fühlt. Wenn man auch ohne Voreingenommenheit diese verspätete Ankunft Briands beurteilt, so kommt man nicht darüber hinweg, daß die verfrühte Abreise Briands im Juni und die verspätete Ankunft Briands im September keine reinen Zufälle sind, sondern daß Briand nach einem Vorwand fucht, um nur möglichst kurze Zeit in Genf anwesend zu sein. Vielleicht will er sich durch allzuhäufiges Verhandeln mit den Vertretern Deutschlands nicht in Frankreich seine Sym­pathien Verscherzen. Die dritte Persönlichkeit, die diesmal in Genf fehlen wird, ist der bisherige englische Repräsen­tant Lord Cecil. Die Bedeutung seines Rücktritts von dem Amt, das er unter Einsatz seiner ganzen Persönlichkeit so lange verwaltet hat, ist bereits gewürdigt worden, und die Konsequenzen, die sein Schritt im politischen Leben Englands nach sich zieht, verdienen besondere Aufmerksam­keit. Cecil gilt als einer der aufrichtigsten Verfechter der Völkerbundspolitik, andererseits wirft der Rücktritt ein grelles Licht auf die hinterhältige Politik der größten Mili­tärmächte in der Abrüstungsfrage. Die Abrüstungsfrage sängt allmählich an, sich zu entlarven. Für Genf aber ist das Fernbleiben Briands und Lord Cecils alles weniger als ein günstiges Omen.

Der Jahresbericht des Völkerbundssekretariats, der als einer der ersten Punkte auf der Tagesordnung der Voll­versammlung steht, ist außerordentlich mager. Er trägt die Entschließungen und Dokumente zusammen, die über die verschiedenen im Verlaufe des Jahres vom Völkerbund be­handelten Fragen verfaßt wurden. Sehr umfangreich sind die Kapitel über Danzig und das Saargebiet. Einen noch größeren Umfang haben die Kapitel über Opiumfragen und über den Frauen- und Mädchenschutz. Sehr interessant ist in dem Bericht die Statistik über die im abgelaufenen Jahr beim Völkerbund niedergelegten internationalen Verträge. Danach ist die deutsche Politik die vertragsfreudigste gewe­sen, sie steht mit 39 Verträgen an der Spitze, dann folgt England mit 36, Polen mit 31, Dänemark mit 22.

Die erste Sitzung des Rats

Genf, 1. Sept. Die 46. Ratstagung wurde heute vormit­tag 11 Uhr mit einer eineinhalbstündigen Eeheimsitzung unter dem Vorsitz von Villegas-Chile eröffnet. Die einzige neue Erscheinung im Rat ist der chinesische Gesandte aus L'' Ion, Wang: Frankreich wird durch Paul-Boncour und Ine Tschechoslowakei durch Socal am Ratstisch vertreten. Neben der Festsetzung der Tagesordnung und Regelung emiger administrativer Fragen war die Sitzung vorwie­gend einigen Anträgen Danzigs gewidmet. Senatspräsident Dahin war infolgedessen bei diesen Verhandlungen zuge­

zogen. Es handelte sich dabei im wesentlichen um zwei Fragen: Um die Forderung Danzigs auf Beendigung eines am 8. Oktober 1921 abgeschlossenen provisorischen Abkom­mens, das Polen die Berechtigung verleiht, den Hasen von Danzig als Anlegehafen für seine Kriegsschiffe solange zu benutzen, wie es über keinen eigenen ausreichenden Hafen verfügt. Danzig erklärt nunmehr, daß der polnische Kriegs­hafen von Gdingen hinreichend ausgebaut sei, um dieses Provisorium entbehrlich zu machen. Gegen den polnischen Protest wurde nach einer Debatte, an der u. a. die Ver­treter Deutschlands, Frankreichs und Italiens teilnahmen, beschlossen, diese Frage auf der Tagesordnung zu belasten.

Die zweite Frage betrifft die Verlegung des polnischer Munitionsdepots von der Westerplatte im Sinne der be­reits auf der Junitagung des Rates erörterten Danziger Anträge. Da hierbei die grundsätzliche Frage aufgeworfen wird, ob eine frühere Entscheidung des Rates aufgehoben werden soll und zwar diejenige vom 14. März 1927, so wurde beschlossen, zunächst ein Komitee einzusetzen, zu dem jedes Ratsmitglied einen Juristen entsenden kann. Der sachliche Teil des Danziger Antrages wird dann im Falle einer Klärung dieser Grundfragen in bejahendem Sinne r-nschlietzend zur Behandlung kommen.

Die nächste Sitzung ist auf Freitag vormittag 10 Uhr v»t- «esetzt und wird gleichfalls zunächst nichtöffentlich sein.

Polens neneste wirtschaftliche KriegserMW

Am 26. August hat die polnische Regierung eine Ver­fügung erlassen, wonach vom 26. Dezember d. Js. ^n eine hundertprozentige Zollerhöhung für die Waren derjenigen Länder Eintreten soll, mit denen Polen nicht in einem Han­delsvertragsverhältnis steht oder die in der Zollbehandlung polnische Waren gegenüber den Waren anderer Länder be­nachteiligen. Es gehört nicht viel Kombinationsgabe dazu, lich gegen deutsche Waren richtet. Nach Unterzeichnung des li chgegen deutsch eWaren richtet. Nach Unterzeichnung des deutsch-französischen Handelsvertrages am 19. August ist Polen das einzige große europäische Land, mit welchem Deutschland noch keinen Wirtschaftsvertrag besitzt. Bis zum Monat Juni 1925 genossen die Erzeugnisse des wichtigsten polnischen Industriegebietes, Ostoberschlesiens, laut den Genfer Abmachungen bei der Ausfuhr nach Deutschland Zollvergünstigungen. Als keine Einigung zwischen den De­legationen beider Länder zustande kam, verhängte die pol­nische Regierung im Sommer des Jahres 1925 handelspoli­tische Kampfmaßnahmen gegen deutsche Erzeugniste. Da Deutschland darauf mit Gegenmaßnahmen antwortete, ent­stand innerhalb weniger Wochen ein wirtschaftlicher Kriegs­zustand, der fast unverändert bis heute andauert. In un­zähligen Sitzungen haben die mit der Führung der Handels­vertragsverhandlungen beauftragten Abordnungen beider Länder versucht, eine Verständigungsgrundlage zu finden. Anfangs weigerten sich die Polen sogar, gewisse halbpoli­tische Fragen in den Kreis der Erörterung einzubeziehen. Es handelt sich hierbei um das Einreise-, Aufenthalts- und Ansiedlungsrecht. Während noch darüber verhandelt wurde, ob diese Fragen gleichfalls Gegenstand der Unterredungen sein sollten, haben die polnischen Behörden in Ostoberschle­sien und in den übrigen früher deutschen Gebietsteilen des Landes die dort ansässigen Deutschen in großer Zahl aus­gewiesen oder doch durch alle erdenklichen Schikanen zur Auswanderung veranlaßt. Sie wollten auf diese Weise die Fragen, an deren loyale Erledigung die polnische Regierung nicht recht heranwollte, im stillen erledigen und damit prak­tisch aus der Diskussion ausschließen.

Man konnte bisher in Deutschland der Meinung sein, daß Polen nicht eher einen Wirtschaftsvertrag mit Deutschland abschließen wollte, als bis der große Freund Polens in Westeuropa, Frankreich mit Deutschland zu befriedigenden handelspolitischen Abmachungen gelangt sei. Fast allgemein erwartete man daher, daß nach Abschluß des deutsch-fran­zösischen Wirtschaftsvertrages nun auch der Weg für den Abschluß eines deutsch-polnischen Handelsvertrages frei sein würde. Die erwähnte Verfügung der polnischen Regierung hat diese Hoffnung zerstört. Man könnte zunächst glauben, die Festsetzung einer Zollerhöhung von einem mehrere Mo­nate voraus liegenden Zeitpunkt ab sollte einen Drück der polnischen Regierung darstellen, daß bis zu diesem Zeit­punkte ein Vertrag mit Deutschland abgeschlossen sein müßte.

Das wäre nur denkbar, wenn es Deutschland gewesen wäre, das die Verhandlungen in die Länge gezogen hat. Davon kann keine Rede sein. Im Gegenteil! Wenn für irgend eine Vorarbeit oder für die Beantwortung einer Anregung eine reichlich und überreichlich lange Frist in Anspruch genommen worden ist, so ist es stets durch die polnische Abordnung oder durch die polnische Regierung geschehen. Deutschland ist sich darüber klar, daß es einen Teil seines aus nationalwirt­schaftlichen Gründen notwendigen Agrarschutzes aufgeben muß, wenn es der polnischen Wirtschaft genügend Anreiz zum Abschluß eines langfristigen Handelsvertrages geben will, der beiden Ländern gestattet, ihren Produktionsüber­schuß richtig zu verwerten. Wenn es also irgendwo Lässig­keit, Saumseligkeit und Gemächlichkeit bei der Führung der Verhandlungen zu. befestigen galt, so war das auf Seiten d«"!' Polen.

Lee Sinn der polnischen Zolloerordnung

Warschau, 1. Sept. Die polnische Telegraphenagentur er­fährt von zuständiger polnischer Seite, daß die Verordnung über das Inkrafttreten der polnischen Höchstzölle keines­wegs die Erundzüge der polnischen Handelspolitik ändere und auch gegen keinen Staat besonders gerichtet sei. Die Waren, die im Maximaltarif von Sonderzöllen belastet werden, gehören nicht zur Reihe deutscher Exportwaren. Uebrigens sei der Termin von vier Monaten spät genug, am den interessierten Staaten zu gestatten, die Handels­beziehungen zu Polen zu ändern und alle Ausnahmever» iügungen aufzuheben, die ausschließlich gegen polnische Wa­len gerichtet sind.

Halbamtlich wird dazu bemerkt: Der Hinweis auf dt Verordnung vom 22. November 1924 ist nicht geeignet, di Austastung zu widerlegen, daß die neue polnische Verord nung über die Maximalzölle hauptsächlich gegen Deutsch land gerichtet ist, denn bereits gegen die Verordnung vor 1924 ist von deutscher Seite mit Erfolg Einspruch erhoben worden. Auch die ausländische Presse sieht die Verordnung über die Maximalzölle als gegen Deutschland gerichtet an. Die Haltung Deutschlands, das auf den Abschluß eines Han­delsvertrages mit Polen hinarbeitet, dürfte sich auch durch die neue polnische Verordnung nicht ändern.

Neues vom Tage

Das Reichsergebnis der Wohnungszählung Berlin, 1. Sept. Das Statistische Reichsamt veröffentlicht das vorläufige Ergebnis der Wohnungszählung vom 16. Mai 1927. In die Zählung sind sämtliche Gemeinden mit über 5000 Einwohnern und eine große Anzahl kleinerer Gemeinden, insgesamt 68,6 v. H. der gesamten Reichs- bevölkerung einbezogen worden. Besonderes Augenmerk wurde dabei darauf gerichtet, die in einer Wohnung zu­sammen lebenden Haushaltungen und Familien zu erfassen, um Anhaltspunkte für die Beurteilung des Bedarfes an Wohnungen zu gewinnen. Die Zahl dieser sogenannten zweiten und weiteren Haushaltungen" beträgt in den Ge­meinden mit über 5000 Einwohnern rund 591 000 oder 6,4 v. H. sämtlicher Haushaltungen. Am stärksten tritt diese Erscheinung in den Großstädten hervor. Dazu kommen Noch diejenigen Fälle des Zusammenwohnens, in welchen weder eigene Hauswirtschaft noch eigene Wohnung vorliegt, das sind beispielsweise Fälle, in denen ein junges Ehepaar zu den Eltern des einen Teiles gezogen ist. Die Zahl dieser sogenanntenweiteren Familien" ist zwar erheblich gerin­ger, umfaßt aber immerhin in den Gemeinden mit . über 5000 Einwohnern rund 185 000 Fälle. Im Gegensatz zu den zweiten und weiteren Haushaltungen" ist der Anteil der weiteren Familien" in den Kleinstädten etwas höher als in den Großstädten. Insgesamt sind in den Gemeinden mit über 6000 Einwohnern, d. h. viel mehr als die Hälfte der Reichsbevölkerung, aus je 100 Wohnungen 8,9 Haushaltun­gen und Familien ohne selbständige Wohnung festgestellt worden. In den Gemeinden mit unter 5000 Einwohnern liegen die Verhältnisse im allgemeinen bedeutend günstiger. Erfahrungsgemäß wird jedoch nicht von jeder Haushaltung und Familie ohne selbständige Wohnung wirklich eine Woh- bung beansprucht. Für die Abschätzung des tatsächlichen Wohnungsbedarfes werden weitere Feststellungen nähere Anhaltspunkte ergeben.