3ur Lage am Kanal.
Kopenhagen» 9. Dez. „Berlinske Tidende" erfährt aus Paris: Der „Temps" schreibt, mau sei auf die Absichten der Deutschen sehr gespannt. Was bedeute die scheinbare Untätigkeit? Während deutsche Laufgräben im Norden von Brügge längs des Leopold- und Schierdonk-Kanals zum Zwecke eines etwaigen deutschen Rückzugs angelegt sein könnten, seien andererseits große Truppenkonzentrierungen ln der Gegend um Brügge augenscheinlich zum Zweck der Vornahme eines neuen Durchbruchsversuchs durch die Front der Allierten erfolgt. Jedenfalls müsse man auf einen neuen deutschen Angriff von jenem Punkt aus in nächster Zeit gefaßt sein.
Die Verschlechterung des französischen Soldatenmaterials.
(W.T.V.) Berlin. 10. Dez. Das „Verl. Tageblatt" meldet aus Rom: Der „Temps" klagt über die Verschlechterung des französischen Soldatenmaterials. Eine große Anzahl der nach dem letzten Erlaß des Kriegsministers in die Armee eingestellten Leute sei schwach und tuberkulös und daher den Anstrengungen des Kriegsdienstes nicht gewachsen, vielmehr nur eine physische und moralische Last für die Armee.
Der Islam im Kriege.
Konstantinopel, 9. Dez. Die Flußgebiete des Tschorok und der Adjara (im Kaukasus) sind fest in türkischem 'Besitze. Die Russen erlitten dort, wie die „Agence Ottomane" laut „Deutscher Tagesztg." berichtet, neue Schlappen. — Aus Anlaß des deutschen Sieges bei Lodz hat Konstantinopel geflaggt. — Der in Schiras wohnende Scheik Kiassim, das in Ostarabien, Afghanistan und Beludjistan äußerst einflußreiche Sektenoberhaupi, ruft zum Heiligen Kriege auf und stellt dem Khalifat Mannschaften und Kriegsmittel in beträchtlichem Umfange zur Verfügung.
Der Aufstand in Marokko.
Frankfurt a. M., 9 Dez. Die „Franfurter Zeitung" meldet von der schweizerischen Grenze: D'e französische Zensur unterdrückt seit vorgestern jede Pressemitteilung aus Marokko.
Die Engländer in Aegypten.
(W.T.V.) Frankfurt a. M., 9. Dez. Nach einer Meldung der „Franks. Zeitung" aus Mailand wird dem „Corriere della Sera" aus Cairo berichtet: Hussein Kemal ist im Begriff, als Sultan den ägyptischen Thron zu besteigen. Die englische Okkupation wird in ein Protektorat umgewandelt. Der neue Staat soll von der Türkei unabhängig sein. Das Ministerium des Aeußern wird abgeschafft und die fremden Staaten ziehen, wie es scheint, ihre diplomatischen Vertretungen zurück. Das Schicksal der Kapitulationen ist noch ungewiß.
Der Bnrenaufstand.
(W.T.V.) Pretoria, 9. Dez. Amtlich wird gemeldet: Es ist noch unsicher, ob General Beyers, der Führer der Buren in Transvaal, der nach einer -Fohannesburger Meldung von einer Kugel getroffen war, den Tod gefunden hat. Während eines scharfen Gefechtes am Ufer des Vaalflusses versuchte Beyers mit einigen anderen den Vaal zu überschreiten. Sie wurden beschossen und man sah, wie Beyers vom Pferde fiel und stromabwärts getrieben wurde. Er verschwand bald darauf im Wasser. — Wenn die Engländer die feindlichen Heeresführer beim südafrikanischen Aufstand ebenso verschwinden lassen, «je sie es mit den deutschen machen, dann werden ahnen diese totgesagten und gesangengesetzten Burengenerale noch tüchtig zu schaffen machen. Die Schriftl.
(W.T.V.) London, 9. Dez. Nach einer Reutermeldung aus Pretoria sind auf dem Streiszuq Vo- thas bei Reitz insgesamt etwa 820 Buren gefangen genommen worden.
Bülow über unser Verhältnis zu Italien.
(W.T.B.) Berlin, 1ü. Dez. Verschiedenen Blättern zufolge hat Fürst Bülow dem Chefredakteur eines römischen Blattes gesagt: Wir haben von Italien keine Waffenhilfe verlangt und vor dem Gegenteil schützt uns die Ehrenhaftigkeit der entscheidenden Stellen wie die politische Besonnenheit der Italiener. Deutschland und Italien sind durchaus aufeinander angewiesen. Sie sind durch keine gegensätzlichen Interessen oder störende Erinnerungen getrennt.
Die Legende vom deutschen Militarismus.
(W.T.V.) Wien. 9. Dez. (Nicht amtlich.) Die „Neue Freie Presse" veröffentlicht ein Schreiben Ernst Pleners, des Präsidenten des Gemeinsamen
und Obersten Rechnungshofes und Obnranns der Oesterreichischen Gruppe der Interparlamentarischen Kommission an Barthold, den Obmann der Amerikanischen Gruppe der Interparlamentarischen Kommission, in dem er sich gegen die Legende vom deutschen Militarismus wendet. Er weist darauf hin, daß seit der Marokkokrisis die Rüstungen aller europäischen Staaten zugenommen haben. Die jährlichen Heeresausgaben seien von 1908 bis 1912 in allen Staaten um etwas mehr als 20 A gestiegen. Das Marinebudget Englands allein aber um mehr als 59 A. Dazu kam die militärische Kräfteverschiebung durch den Balkan krieg und die Wiedereinführung der dreijährigen Dienstzeit in Frankreich. Oesterreich-Ungarn und Deutschland konnten demgegenüber nicht gleichgiltig bleiben. Das treibende Element des europäischen Militarismus sei das Bestreben der Tripleentente gewesen, ihre militärischen Kräfte größer und stärker als jene Deutschlands und Oesterreich-Ungarns zu machen. Die letzte russische Zweimilliarden-Anleihe sei ausdrücklich zum Bau einer Militärbahn bestimmt gewesen, zwecks erleichterten Einbruchs in Oesterreich-Ungarn und Deutschland. Wenn die Tripleentente nicht einen allgemeinen Krieg hätte entfesseln wollen, dann wäre die Austragung des österreichisch-serbischen Zwistes lokalisiert geblieben.
Rußland und England.
Kopenhagen, 9. Dez. In Petersburg fand eine außerordentliche Sitzung des Kollegiums der Handels- und Jndustrievertreter statt, die über die Frage der Einführung außerordentlicher Militärsteuern beriet. Der Präsident Graf Witte kritisierte in ein- stündiger Rede den Plan, dem er ablehnend gegenübersteht. Im Verlaufe seiner Rede tat er die bemerkenswerte Aeußerung: England ist kein Vorbild für uns, wenn es auch mit diesem Kriege ein gutes Geschäft macht u. neue Reichtümer sammelt. Ferner meint er, Rußland werde ohnehin gezwungen sein, neue Anleihen aufzunehmen, denn man dürfe nicht vergessen, daß Rußland nicht mit Argentinien oder Serbien Krieg führe.
Die Bemerkung von Graf Witte wird noch interessanter, wenn man weiß, daß Witte ein ehrgeiziger Streber ist, der seine derzeitige Ausschaltung aus dem Staatsleben nur dazu benützt, sich für „künftige Zeiten" Anhänger zu erwerben, und der unbedingt wieder ans Staatsruder gelangen möchte, selbst wenn es unter einem — anderen Regierungssystem sein sollte. Die Schriftl.
Die Irländer in Amerika.
(W.T.B.) London. 9. Nov. Wie die „Daily Mail" meldet, veranstaltet der irische Arbeiterführer James Larkin in den Vereinigten Staaten eine Propaganda gegen England. In einem Lokal in Philadelphia hielt er eine Rede, worin er die Irländer aufforderte, Geld, Waffen und Munition nach Irland zu senden „für den glorreichen Tag der Abrechnung mit England." Warum sollte Irland in diesem Krieg für Großbritannien kämpfen? Was hat Großbritannien jemals für unser Volk getan? Wir werden für die Zerstörung des britischen Reiches und für die Aufrichtung der irischen Republik kämpfen, nicht für die Erhaltung eines Feindes, der 700 Jahre lang die Gefilde Irlands mit Tod und Verwüstung überzog, Wir werden kämpfen, um Irland von der Umklammerung durch jene faule Ruine, genannt England, zu befreien. Bei diesen Worten brach das Publikum in stürmischen Beifall aus und als der Vorhang aufging, standen sich auf der Bühne mit Waffen in der Hand eine Kompagnie irischer Freiwilliger und eine Abteilung deutscher Ulanen gegenüber. Die Kommandanten der Abteilung kreuzten die Schwerter und schüttelten sich die Hände, während über ihnen deutsche und irische Fahnen entrollt wurden und das Publikum die Wacht am Rhein und God save Irland sang.
Japans Absichten.
Genf, 9. Dez. Der „Cri de Paris" meldet, wie wir der „Deutschen Tageszeitung" entnehmen, nach einer sicheren Quelle, anfangs September sei von der japanischen Regierung Frankreich der Vorschlag gemacht worden, zehn Armeekorps nach Europa zu senden. falls Jndochina an Japan abgetreten werde. Als Frankreich diese Abtretung abschlug, sagte Japans Unterhändler wörtlich: „In 2 V bis 40 Jahren fällt uns Jndochina doch als reife Frucht in den Schoß. Frankreichs iNacht ist dort illusorisch, es wäre besser, Jndochina gutwillig abzutreten." Die Pi- chonsche Propaganda verfolgt jetzt in Frankreich den gleichen Plan unter denselben Bedingungen.
Die Neutralen und der Krieg.
Die amerikanische Neutralität.
(W.T.B.) London, 9. Dez. (Nicht amtl.) Aus Washington wird vom 7. ds. Mts. gemeldet: Der
Kongreß ist heute zusammengetreten. Das Marinedepartement fordert 29 Millionen, die Heeresverwaltung 20 Millionen Pfund Sterling. Das Flottenprogramm sieht den Bau von 2 Schlachtschiffen, eines Oelschiffes, 6 Zerstörern, eines Kanonenbootes und etwa 8 Unterseebooten vor. Der Senat hat eine Entschließung angenommen, in der der Sekretär des Handelsdepartements aufgefordert wird, über die Menge der nach Canada und an die kriegführenden Mächte in Europa zur Versendung gelangten Waffen und Munition zu berichten. Staatssekretär Vryan kündigt an, daß die Fore-River-Schiffbau- gesellschast sich den Wünschen des Präsidenten Wilson unterwerfe und keine Unterseeboote für die Kriegführenden in Europa bauen wolle. In seiner Botschaft an den Kongreß sagte Präsident Wilson, der Krieg vernichte eine erschreckend große Anzahl von Menschenleben und wirtschaftlichen Hilfsquellen Die europäischen Völker rechneten auf den Handel und die Industrie der Vereinigten Staaten, um ihre erschöpften Vorräte wieder zu ersetzen. Wilson sprach de» Wunsch aus, daß Amerika Gelegenheit finden möge, durch sein vermittelndes Auftreten den Frieden wieder herzustellen.
(W.T.B.) London, 9. Dez. Das Reutersche Bureau meldet aus Newyork: Während der letzten Wochen wurden ungeheure Mengen von Stacheldraht verkauft. Es besteht solche Nachfrage, daß nicht nur alle bereits bestehenden Fabriken mit Volldampf arbeiten, sondern neue Fabriken zur Herstellung des Artikels hergerichtet werden. — Präsident Wilson erklärte sich gegen eine Untersuchung der Fragen der nationalen Verteidigung durch den Kongreß, da das unklug wäre und einen ungünstigen internationalen Eindruck machen könnte.
Japan und China.
Tokio, 9. Dez Der Minister des Aeußern, Baron Kalo, sagte im Abgeordnetenhaus, daß die Beziehungen zu den Verbündeten und den Neutralen in allen wichtigen Fragen befriedigend seien. Ein offenherziger Meinungsaustausch habe zwischen Japan und China wegen Kiautschau stattgefunden. Die chinesische Negierung habe die Lage völlig begriffen (!). Kalo dankte den Vereinigten Staaten für die Bemühungen um Freilassung der in Deutschland gefangen gehaltenen Japaner.
Frhr. v d. Goltz auf dem Balkan.
Konstantinopel, 10. Dez. Generalfeldmarschall von der Goltz wird erst am 12. Dezember hier ein- treffen. Der neue Generaladjutant des Sultans wird vorerst in Bukarest und Sofia Gelegenheit haben, mit den Königen von Rumänien und Bulgarien zu sprechen.
Griechisch-türkische Verständigung?
Mailand, 9. Dez. Einer Lombardiameldung aus Athen zufolge sind die Reutermeldungen von Ansammlungen griechischer Truppen an der türkischen Grenze und von dem Erscheinen griechischer Kriegsschiffe an der kleinastatischen Küste freie Erfindungen. Der türkische Gesandte hatte am setzten Freitag eine dreistündige Konferenz im Ministerium des Aeußern und es verlautet, daß die noch offenstehende griechisch-türkische Einigungsakte über die Mittelmeer-Inseln unterzeichnet worden ist. Die griechische Regierung hat der römischen „Jtalia" zufolge ihre Neutralität in dem türkisch- russischen Kriege beschlossen und die Mächte davon in Kenntnis gesetzt.
Unruhen in Apulien.
Mailand, 9 Dez. (Nicht amtlich). Der Corriere della Sera meldet: Die Lage in Apulien ist infolge der Arbeitslosigkeit und der steigenden Lebensmittelpreise ernst. In Barletta wurde der Generalstreik erklärt. Es kam zu Tumulten, in deren Verlauf die Menge die Unterpräfektur mit Steinen bewarf. Eine Frau wurde durch einen Revolverschutz verletzt.
Vermischte Nachrichten.
Gefallene deutsche Juristen.
Nach einer Statistik der Deutschen Juristenzeitung sind bis jetzt 948 Juristen fürs Vaterland gefallen, darunter befinden sich 6 Rechtslehrer, 212 Räte aus Ministerien, höhere Regierungs- und Verwaltungsbeamte, Richter, Staatsanwälte, 178 Rechtsanwälte, 260 Assessoren, 292 Referendare usw.
Keine deutschen Schiffe an Amerika.
(W.T.B.) Hamburg, 9. Dez. Gegenüber einer Meldung der Londoner „Times" aus Washington, nach der es in der Absicht der amerikanischen Regierung liege, die deutschen, in Newyork liegenden Schiffe für Amerika anzukaufen, erklärt die Ham- burg-Amerika-Linie, sie beabsichtige nicht, ihre hochwertigen Passagierschiffe, die für die Kriegsdaucr in Newyork und anderen amerikanischen Häfen lie-