Nr. 289

Amts- und Anzeigeblatt für den Obcramtsbeztrk Calw. 89. Jahrgang.

Ursch «Inun g Sw eise: 6 mal wöchentlich. Anzeigenpreis.- Im OberamlS- AEGirk Ealw filr die einspaltige Borgiszeile 10 Pfg.. außerhalb desselben 12 Pfg., Reklamen 25 Psg. Echluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags, Tclefon 0.

Donnerstag, den 10. Dezember 1914.

Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich, Post- bezugspreiS für den OrtS- und Nachbarortsverkebr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg.

Höchstpreisefür Getreide seiaschl. Hästt).

Verfüttern von Brotgetreide und Mehl. Verkehr mit Brot.

Zum Vollzug der Verordnung des Bimde-rats über Höchstpreise sür Getreide und Kleie über das Belfültkrn von Brotgelreide und Mehl, über den Verkehr mit Brot sowie über Höchstpreise sür Hafer hat das K. Ministerium des Innern umerm 26. vor. Mts. (Staatsanzeiger" Nr. 283) Ansfiihrubgsbeftimmnugen getroffen. Hiernach ist der Höchstpreis für die Tonne Kernen in Württemberg gleich dem Höchstpreis für die Tonne Wetzen, d. i. 277 Beim Weizen erhöht sich nach der Bundesratsratsverordnuny der Höchstpreis dann, wenn das Hektolitergewtcht 75 kg übe» steigt. Da das Gewicht des Kernens etwas geringer ist als das des sonstigen Weizens, also auch Kernen von weniger als 75 kg Hektolitergemicht schon dem hochwertigeren Weizen gleich zu achten ist, ist die Grenze sür den Zuschlag niedr ger gezogen worden. Beträgt nämlich das Gewicht des Hekto­liters Kernen mehr als 70 kg, so steigt der Höchstpreis sür jedes volle Kilogramm um i Mk. 50 Pf.

Der Dinkel steht an Wert wesentlich hinter den andern Weizenarten zurück. Der Höchstpreis sür die Tonne Dinkel ist daher 83 Mk. niederer als brr Höchstpreis für die Tonne Kernen; er beträgt somit 194 Mk. Dabei ist vorausgesetzt, daß der Dinkel keine höhere Ausbeute als 70 Hunderitetle Kernen liefert. Ist die Ausbeute höher, so steigt der Höchst, preis sür jedes volle Hundertteil Mehrausbeute um 2 Mk. 77 Pf. für die Tonne

Im übrigen finden aus den Verkehr mir Kernen und Dinkel die Vorschriften der genannten Verordnung des Bundesrats Anwendung.

Als Abnahmeort ist nach den erwähnten Ausführung«, bestimmungen derjenige Ort zu betrachten, der unter den

Parteien als Abnahmeort vereinbart ist. Die Vereinbarung eines Abnahmeoits, der iür den B«rkchrsweg der verkauften Ware nicht in F-age komnt, wird als unzulässige Umgehung des Gesetzes bezeichnet.

In den Aussührungsbestimmungen wird sodann ausge­führt. daß es sür die Anwendung der Vorschriften über Höchstpreise gleichgültig ist, ob sich der Käufer oder Ver­käufer gewerbsmäßig mit dem Ein- oder Verkauf von Ge­treide besaßt oder nicht. Die Aussührungsbestimmungen erklären es sür zulässig, daß sich der Käufer bei seinen Ge­schäften der Dienste eines Agenten oder Kommissionärs im Sinne des Handelsgesetzbuchs bedient und drssen Dienste durch eine Provision angemessen entlohnt, wobei jedoch vorauszusetzen ist, daß es sich in der Tat nur um eine Pro­vision als Entgelt für solche geleistete Dienste handle, daß sich also die Kommisstonsgebühr nicht etwa nach dem wahren Parteiwtllen als Teil des Kaufpreises darstellt, und daß der Verkäufer an der Provision nicht teilnimmt. Auch die Anrechnung eines unangemrssenen Enigelis für die Stellung der Säcke oder sür ein etwaiges Umsüllen des Getreides wäre als unzulässige Uederschreitung der Höchstpreise zu beurteilen.

Auf die Erfüllung abgeschlossener Verträge üben die Verordnungen des Bundesrats über die Höchstpreise von Getreide (einschließlich Hafer und Kleie) keine Wirkung aus. Richtig sind vielmehr nur dnjenigen Verträge, die nach dem Inkrafttreten der Verordnungen zu einem höheren Preis als dem Höchstpreis abgeschlossen werden.

Das Verbot des Berfütterns von Brotgetreide erstreckt sich auch auf wahlfähigen Kernen und Spelz (Dinkel, Beesen).

Unter Weizenbrot im Sinne des § 1 der Bekanntmachung des Stellvertreters des Reichskanzlers über den Verkehr mit Brot vom 28. Oktober I9t4 (Reichsgesetzbl. S. 459), das mindestens 10 Gewichtstetle Roggenmehl auf 90 Gewichts­teile Weizenmehl enthalten muß, fällt auch das sog. Früh» stiicksgebiick (Semmeln, Hörnchen, Wecken. Mtlchbrote),

wie überhaupt jede Bäckerwa e, die ln der Hauptsache aus Weizenmehl hergestellt ist und nicht zumKachen" ge­rechnet werden kann.

Die Gemeindebehörden werden beauftragt, die Durch- sührung der vorstehenden Anordnungen zu überwachen.

Calw, den 8. Dezember 1914.

K. Oberamt: Binder.

Bekanntmachung.

Die Maul- und Klauenseuche

ist in Hofstett Gde. Neuweiler erlösche»; der Bezirk Calw ist wieder seuchensrei. Die Schutzmaßregeln sind ausgehoben. Calw, den 9. Dezember 1914.

K. Oberamt: Amtmann Ripp mann.

Straßensperre

Die Staatsstraße Nr. l02, BöblingenCalwCalmbach wird wegen der Bauarbeiten an der Nagoldbrücke in Hirsau im Etter Hirsau in der Richtung von Oberreichenbach nach Ernstmühl und die Staatsstraße Nr. 108, PforzheimCalw, in der Richtung von Ernstmühl nach Calw und umgekehrt für Langholzsuhrwerke aus die Dauer von 3 Wochen gesperrt.

Die übrigen Fuhrwerke haben di« vorläufigen Brücken- zusahrtsrampen mit Vorsicht und im Schrill zu befahren.

Für Kraftwagen ist beim Befahren der Rampen eben­falls Vorsicht geboten.

Calw, den 9. Dezember 1914.

K. Oberamt: K. Straßeubauiuspektion:

Binder. Schaal.

NB keim EnlsWung in Polen. SGere Verluste der Franzosen.

Kriegsminister Menhoan GeneraWsÄ.

Von den Kriegsschauplätzen.

Der deutsche osfizielle Bericht.

(W.T.B.) Großes Hauptquartier. 9. Dez., vor­mittags. (Amtlich.) Westlich Reims mußte Pecherie- Ferme, obgleich auf ihr die Genfer Flagge wehte, von unseren Truppen in Brand geschossen werden, weil durch Fliegerphotographien einwandfrei fest« gestellt war, daß sich dicht hinter der Ferme eine französische schwere Batterie verbarg.

Französische Angriffe in der Gegend von Sou- ain und bei Varennes im östlichen Argonnenwalde wurden unter Verlusten für den Gegner zurückge- «orfen. Im Argonnenwald selbst wurde an ver­schiedenen Stellen Boden gewonnen, dabei machten wir eine Anzahl Gefangene.

Bei den gestern gemeldeten Kämpfen nördlich Nancy hatten die Franzosen starke Verluste. Unsere Verluste find verhältnismäßig gering. !

Aus Ostpreußen liegen neuere Nachrichten nicht vor. !

In Nordpolen stehen unsere Truppen in enger Fühlung mit den Russen, die in einer stark befestig­ten Stellung östlich der Miazga Halt gemacht haben.

Um Lowicz wird weiter gekämpft. In Südpolen haben österreichisch-ungarische und unsere Truppen Schulter an Schulter erneut angegriffen.

Oberste Heeresleitung.

Die Erkrankung des Kaisers.

(W.T.B.) Berlin. 9. Dez. (Nichtamtlich.) Se. Mas. der Kaiser hat auch heute das Bett noch nicht »erlassen können, aber den Bortrag des Chefs des Generalstabs des Feldheeres über die Kriegslage, entgegengenommen. !

Aenderung im Generalstab.

(W.T.B.) Berlin, 9. Dez. (Amtlich.) General­oberst von Moltke hat seine Knr in Homburg be­endet und ist hier eingetroffen. Sein Befinden hat sich glücklicherweise erheblich gebessert, ist aber noch immer so, daß er bis auf weiteres nicht ins Feld gehen kann. Seine anderweitige Verwendung ist in Aussicht genommen, sobald sein Eesundheitszustand es gestattet. Die Geschäfte des Chefs des General­stabs des Feldheeres sind dem Kriegsminister Gene­ralleutnant von Falkenhayn, der sie bei der Erkran­kung des Genevaloberst von Moltke vertretungs­weise übernommen hat, unter Belastung des Amtes des Kriegsministers endgiltig übertragen worden.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

(W.T.B.) Wien. 9. Dez. Amtliche Meldung vom 9. Dez., mittags: In Westgalizien ist unser An­griff im Gange. In Polen dauert die Ruhe im süd­lichen Frontabschnitt an. Die unausgesetzten An­griffe des Feindes in der Gegend von Petrikau schei­tern nach wie vor an der Zähigkeit der Verbündeten. Unsere Truppen allein nahmen hier in der letzten Woche 2800 Russen gefangen. Weiter nördlich setz­ten die Deutschen ihre Operationen erfolgreich fort.

Zur Lage im Osten.

Berlin, 9. Dez. Der Berichterstatter desBerl. Tagebl." meldet aus dem österreichischen Kriegs­pressequartier: Der Kampf auf dem südlichen Teile der Linie nimmt einen für uns günstigen Verlauf. Die anfangs bei Krakau formierte russische Front ist in ihrer Flanke nach rückwärts abgedrängt wor­

den. In der Stadt ist der Kanonendonner noch im­mer stark hörbar.

(W.T.B.) Köln, 9. Dez. Nach einer Züricher Depesche derKöln. Zeitung" führt der Mailänder Eorriere della Sera", laut Bericht an dieDeutsche Tageszeitung", aus, die Besetzung von Lodz sei des­halb so wichtig, weil es als Verkehrsknotenpunkt und strategischer Stützpunkt den Deutschen sehr nützen könne. DerSecolo" schildert den Sieg als sehr be­deutsam, namentlich, soweit die moralische Wirkung in Frage komme. In derTimes" werde die Schlacht als die größte der Weltgeschichte bezeichnet. Die Deutschen seien bei Lodz so stark, daß ein etwaiger Versuch der Russen, sie über die Grenze zurückzuwer­fen, ungeheure Opfer fordern müsse.

Kopenhagen, 9. Dez. In London hat man, wie sich dieDeutsche Tageszeitung" berichten läßt, im­mer noch keine amtliche Nachricht über den Fall von Lodz erhalten; ebenso wenig wird in der Presse ein Wort laut über die verzweifelte Lage der Russen und über das Vorrücken der Deutschen und der Oesterreicher.

Rotterdam, 9. Dez.Daily Chronicle" meldet wie derDeutschen Tageszeitung" von hier gedrah­tet wird, aus Petersburg: Die Deutschen find ent­schlossen, ihre Kräfteanspannung hauptsächlich aus den Angriff gegen Rußland zu richten, auf der West­front jedoch so viel Streitkräfte zu lassen, daß sie für die Verteidigung ausreichen. Sie rücken in gro­ßer Stärke gegen Lowicz vor. wobei ihre linke Flanke durch die Weichsel gedeckt wird, längs der sie sich auch mit Vorräten versehen. In Thorn liegt eine große Flottille von Dampfern. Die Deutschen rücken auch nach Petrikau vor, und längs der gan­zen Linie werden heftige Kämpfe geliefert.