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Schrvarzwiilder Tageszeitung „Aus den Tannen"
Nr. 119
Aus Stadl und Land-
Altensteig, den 24. Mai 1927.
Die Stadtkapelle erwarb sich auf dem am vergangenen Sonntag in Vierlingen stattgefundenen Musikfest einen la- Preis (Pokal mit Diplom) in der Oberstufe. Am nächsten Sonntag beteiligt sich die Kapelle att dem Bezirksmusikfest in Wildbad. Möge ihr auch dort ein guter Erfolg be- schieden sein.
Familien-Ausflug. Wenn auch der Wonnemonat Mai am letzten Sonntag nicht gerade sehr zum Wandern einlud, so sammelte sich trotzdem ein schönes Häuflein des Reichs- bund es der Kriegsbeschädigten zu einem Nachmittagsausflug durch das nun doch noch im herrlichen Sonnenschein gelegene Köllbachtal nach Berneck, wo man bei Mitglied Seeger zur Linde einige Stunden gemütlich verweilte. Nur allzu früh mußte man sich trennen mit dem Gedanken, auf ein frohes Wiedersehen in großem Kreise, beim Gau-Ausflug in Friedrichshafen.
— Bon der Wohlfahrtsansstellung. Am Freitag avenv besichtigten zahlreiche Mitglieder des Stuttgarter Gememde- rats mit Oberbürgermeister Dr. Lautenschlager an der Spitze die Ausstellung der freien Wohlfahrtspflege in der Stadthalle. Mit großem Interesse wurde namentlich die Möglichkeit benützt, sich mit dem württembergischen Anteil an der freien Wohlfahrtspflege bekannt zu machen. Am Schluß des Rundgangs dankte Oberbürgermeister Dr. Lau- tenichlager in anerkennenden Worten für die Führung und wünjifte der Ausstellung recht viel Beachtung. ^ ^
Nagold» 23. Mai. (Verhaftet.) Der rückfällige Betrüger Ernst Gottlob Klumpp aus Bildstöckle, Gemeinde Baiersbronn, der sich in letzter Zeit im hiesigen und auch in anderen Bezirken als Holzhändler ausgegeben und zahlreiche Betrügereien verübt hat, konnte am 21. Mai von einem hiesigen Landjäger in Mötzingen festgenommen und dem Amtsgericht Herrenberg übergeben werden.
Rotfelden, 23. Mai. (Sängerfest.) Das Sängerfest, das gestern anläßlich des 25jährigen Jubiläums des Sängerbundes verbunden mit Fahnenweihe gefeiert wurde, brachte einen sehr großen Verkehr in unser Dorf. Die Häuser waren geschmückt und beflaggt und überall herrschte Feststimmung. Ein stattlicher Festzug mit Festreitern, Festjungfrauen, Musikkapellen und 20 Vereinen bewegte sich mittags zum Festplatz, wo der festgebende Verein die Sangesbrüder mit dem Gruß „Willkommen seid uns Brüder" empfing und wo dann Ansprachen gehalten und später Lied um Lied gesungen wurde. Es war ein edler Wettstreit unter den Vereinen, die ihr Bestes hergaben, auch ohne daß Preise winkten. Wenn auch das Wetter nicht den ganzen Tag dem Feste hold war, so verlief dies doch zur Zufriedenheit des festgebenden Vereins und der vielen Festgäste.
Baiersbronn, 24. Mai. (5. Bezirksfeuerwehrverbandstag.) Der gestern hier abgehaltene Bezirksfeuerwehrtag verlief in sehr befriedigender Weise. Er legte den Beweis ab, dag die feuerwehrtechnischen Einrichtungen der Freiwilligen Feuerwehr Baiersbronn-ebenso wie deren Ausbildung auf einer beachtenswerten Höhe stehen. Vormittags kurz nach 9 Uhr wurde die Verbandsversammlung im Gasthaus zur Rose eröffnet. Der Bezirksvorsitzende, Kamerad Otto Müller, Freudenstadt, begrüßte die stattliche Versammlung von Feuerwehrkameraden, Kommandanten und Zugführern. Als Vertreter des Oberamts war Amtmann Dr. Wanner erschienen; ferner nahmen eine Anzahl Ortsvorsteher sowie die Bezirksfeuerlöschinspektoren, Oberamtsbaumeister Bernhardt und Oberamtsbaumeister Münz, an der Versammlung teil. Der Vorsitzende würdigte in einem warmen Nachruf die Verdienste des leider allzu früh verstorbenen Kameraden Eottlieb Kirn um die Feuerwehrsache, dessen
Andenken in herkömmlicher Weise geehrt wurde. Schultheiß . Berger sprach namens der Gemeinde Baiersbronn warme Be- grüßungsworte, worauf Amtmann Dr. Wanner zu einer kurzen i> Ansprache das Wort ergriff. 27 Wehren waren auf der Ver- ! bandsversammlung erschienen. Nach dem Kassenbericht beträgt ' das Baroermögen 370,62 Mark. Längere Zeit beanspruchte die ; Beratung der neuen Satzungen des Bezirksverbandes. Als : Vorsitzender soll in der Regel der jeweilige Feuerwehrkomman- l dank von Freudenstadt gewählt werden; die Wahl des Vorsitzen- > den sowie diejenige des aus sechs Mitgliedern bestehenden Aus- i schusses und zweier Ersatzmitglieder erfolgt in der Verbandsver- ' sammlung,' die nach einem von Kamerad Kläger-Dornstetten gestellten und angenommenen Antrag künftig nur noch alle 2 bis 3 Jahre stattfindet. Der neue Satzungsentwurf wurde - en bloc angenommen, jedoch mit der Maßgabe, daß der Aus- ? schuß ermächtigt ist, etwa notwendig werdende Aenderungen ? oder Ergänzungen vorzunehmen Die durchgearbeitete Satzung ! soll der nächsten Verbandsversammlung zur endgültigen An- I nähme unterbreitet werden. Die Wahlen wurden glatt erledigt. ? Kamerad Otto Müller wurde einstimmig durch Zuruf als erster - Vorsitzender wiedergewählt, ebenso die seitherigen Ausschußmit- i glieder und zwar die Kommandanten Kläger-Dornstetten, Haist- Baiersbronn, Waidelich-Jgelsberg, Vosseler-Loßburg, Broß- Pfalzgrafenweiler und Frey-Klosterreichenbach. An Stelle des ' verstorbenen Ausschußmitgliedes Gottl. Kirn wurde Kaufmann Schaber und als dessen Stellvertreter Kaufmann Mühlich neu gewählt. Als Ort des nächsten Bezirksfeuerwehrtags wurde Dornstetten bestimmt. Der Punkt „Verschiedenes" zeitigte eine , Reihe Wünsche und Beschwerden. So wurde von verschiedenen ' Seiten lebhaft beanstandet, daß die Entschädigung für auswärtige Brandhilfeleistung meist erst nach einer Verzögerung von mehreren Monaten zur Auszahlung gelangt. Nach dem langen Winter sind die Mannschaften auf rechtzeitige Auszahlung die- ; ser Gelder umso mehr angewiesen. Gewünscht wurde, daß künftig die Gemeinde oder Feuerwehrkasse die Gelder Vorschuß- s weise ausbezahlt, bis die Anweisung durch die Amtskö'rperschaft i oder die Zentralkasse für das Feuerlöschwesen erfolgt. Auch z eine gleichmäßigere Bezahlung der Mannschaften der.Löschzüge s und der Freiwilligen Feuerwehren wurde gewünscht. Amtmann Dr. Wanner stellte eine Neufassung der Bezirksfeuerlöschord- r nung in Aussicht. Den Kommandanten wurde nahegelegt, die ; Feuerwehrzeitung zu abonnieren. Auf Anfrage wurde mitge- > teilt, daß Entschädigung für beschädigte oder verbrannte Klei- ? dungsstücke bei Brandhilfeleistung gewährt werde. Da noch nicht einmal sämtliche Kommandanten des Bezirks mit einer ^ Uniform versehen sind, wurde gewünscht, daß von seiten der Be- : zirksfeuerlöschinspektoren entsprechend auf die Eemeindevertre- f tungen eingewirkt werde, deren mangelndes Verständnis für die i Feuerwehrsache da und dort zu verzeichnen ist. Anregungen , wurden auch gegeben zu der Absperrtätigkeit von Polizei- und ; Landjägerbeamten bei Vrandfällen. Von Wichtigkeit ist, daß bei auswärtiger Brandhilfeleistung nicht die ganze Feuerwehr l den Ort verlassen darf. — Zur Besprechung all dieser und ; anderer Fragen stellte der Vorsitzende die Abhaltung einer i Versammlung der Kommandanten und Zugführer in Aussicht. ; Damit war die Tagesordnung erschöpft. Anschließend fand beim ' Feuerwehrmagazin eine Schulübung der Gesamtfeuerwehr i Baiersbronn und nachmittags dreiviertel 3 Uhr die Haupt- l Übung statt, an der neben der Freiw. Feuerwehr Baiersbronn j auch der Löschzug Freudenstadt sich beteiligte. Die Hebungen ; nahmen ein flotten Verlauf. Nach dem Festzug, der sich im s Anschluß an die Uebung durch die Hauptstraße des Dorfes be- s wegte, besprach Bezirksfeuerlöschinspektor Oberamtsbaumeister Bernhardt kurz die Uebung und gab einige Belehrungen und i Ermahnungen. Nachdem Schultheiß Berger zahlreichen Mit- ^ gliedern der Freiwilligen Feuerwehr Baiersbronn das Feuerwehrdienstehrenabzeichen überreicht hatte, erfolgte noch zum Schluß die Vorführungen einiger Lafettenmotorspritzen, deren - Leistungen wie ihre leichte Handhabung allgemeine Bewunde- rung erregten. H
Stuttgart, 23. Mai. (Verbandstag der Wirte Württ.) ? Der Landesverband der Wirte Württembergs hält in Ravensburg in den Tagen vom 7. bis 9. Juni seinen 37. Ver- s bandstag ab. Mt der Polizeistunde befaßen sich zwei Anträge. Der eine fordert für das ganze Land die allgemeine s Aufhebung der Polizeistunde, andernfalls aber gleiche Rech- z te in bezug auf die Schlutzstunde für alle Städte entspre- ' chend der Stuttgarter Regelung. Der andere Antrag geht j dahin, daß die bei Eintritt der Polizeistunde gegen Lokal- s inhaber bestehenden ungerechten und harten Strafbestim- ?
mungen aufgehoben werden. Mehrere Anträge erstrecke« sich auf die innere Verwaltung des Verbands. Um de« nächstjährigen Verbandstag bewerben sich Freudenstadt, Tuttlingen. Wildbad und H«-ll.
Waiblingen, 23. Mai. (Mit dem Auto verunglückt.) Die Straße von Winnenden nach Waiblingen hat eine schadhafte Stelle, die einem mit Eßlinger Herren besetzten Auto verhängnisvoll wurde. Der Wagen überschlug sich an der Straßenvertiefung, Schuhfabrikarrt C. Liebert wurde herausgeschleudert und ziemlich schwer verletzt, Kaufmann A. Bucka kam unter den Wagen zu liegen und trug ebenfalls schwere Verletzungen davon.
Hohenheim, 23. Mai. (Ein Fernbeben von außerordentlicher Stärke.) In der vergangenen Nacht wurde von den Erdbebeninstrumenten ein Fernbeben ausgezeichnet mit so großen Anschlägen der Schreibnadel, daß der Bebenherd mit außerordentlich starker Erschütterung verbunden gewesen sein muß. Die Berechnung der wahren Bodenbewegung für das hiesige Gebiet ergab 0,7 Millimeter, was bei der festgestellten Herdentfernung von rund 7600 Kilometer« schon als großer Betrag anzusehen ist. Als Richtung für die Lage des Herds kann die weitere Umgebung der Beringstraße angegeben werden.
Kirchheim, 23. Mai. (Einweihung des Otto Hoffmeisterhauses.) Durch die Einweihung des Otto Hoffmeister-Hauses am Sonntag fand ein lang gehegter Wunsch der Schwäb. Turnerschaft, ein eigenes Kreisheim zu besitzen, seine Erfüllung. An der großen Wanderstraße, die den Albtraus entlang zieht, gelegen in der Mitte eines der schönsten, wonnigsten Wandergebiete unserer Schwäb. Alb, führt das Kreisheim den Namen des verstorbenen Ehrenkreisvertreters Otto Hoffmeister, der sein Leben lang ein warmer Freund und treuer Förderer der Jugend war.
Backnang, 23. Mai. (Wasserversorgungsgruppe.) Unter dem Vorsitz des Oberamtmann Drautz tagten in Oberweis- fach die Gemeinderäte der Gemeinden Bruch, Cottenweiler, Kallenberg, Oberweissach mit Wattenweiler und Unterbrüden. Als Ergebnis konnte von dem Oberamtsvorstand der einstimmige Beschluß jeder Betretung zum Bau einer Wasserleitung festgestellt werden. Die genannten Gemeinden schritten sofort zu einer Wasserversorgungsgruppr „Wöissachertal".
Sulz a. N., 23. Mai. (Eisenbahnbetriebsunfall.) Samstag abend fuhr auf dem hiesigen Bahnhof eine Lokomotive auf den Schluß eines Güterzugs auf, dessen letzte drei Wagen in das Gleis, auf dem die Leerlokomotive kam, hinein- ragten. Die drei Wagen sind dadurch entgleist und es wurde nicht unerheblicher Schäden angerichtet. Der Lokomotivführer und der Heizer wurden leicht verletzt. Die D-Züge 37 und 277 erlitten größere Verspätungen.
Rottweil, 23. Mai. (Von einer Lokomotive überfahren.) Der Verheiratete 30 Jähre alte Rangierer August Liebermann von Göllsdorf geriet auf dem hiesigen Bahnhof beim Usberschreiten der Geleise unter eine Lokomotive. Es wurde ihm der linke Fuß abgefahren. Auch trug er noch sonstige Verletzungen davon.
Schramberg. 23. Mai. (Vom Heimbachkraftwerk.) Im Ratssaal fand die Ver bandsversammlung des Heimbachkraftwerkes statt. Dabei wurde u. a. der Vertrag mit dem Kraftwerk Laufenburg über Zusammenstoß des Heimbachkraftwerks mit diesem in Schramberg und die vom Gemeinderat bereits in seiner letzten Sitzung gebilligte Aenderung des Stromtarifs für Kleinabnehmer mit Wirkung vom 1. IM ab einstimmig genehmigt. Von den derzeitigen Schulden des Heimbachkraftwerks im Betrage von 2 400 000 Reichsmark wurden rund 700 000 Reichsmark ist gleich 30 Prozent für die Elektrizitätsversorgung in Schramberg aufgenommen.
Die Fra« des Adjntemte«j
Roman von Fr. Lehne s
Nachdruck verboten. H
42. Fortsetzung
„Nein, gnädige Frau!" erwiderte er schroff. „Im i Gegenteil — man lernt sie erst nach und nach in ihrem s Wert erkennen und wacht deshalb ängstlich über einen ? so kostbaren Schatz, hütet ihn und ist jeden Tag glück- z licher in seinem Besitz und verteidigt ihn, wenn es sein ;
mutz, mit seinem Herzblut-und fragt nach nie- ;
mand mehr!" ?
Ein Helles Leuchten brach nach diesen Worten aus j seinen Augen und glitt wie Sonnenschein über sein ! ernstes Gesicht. -
Sie erblaßte. Das war eine Absage, wie sie sie s deutlicher sich nicht denken konnte — sie hatte ihn wohl verstanden. i
Also er wollte den Krieg! Vorher schon hatte er j ihr klar zu verstehen gegeben, datz er ein Entgegen- j kommen der Frau seines Obersten nicht wünsche — ? und jetzt ließen seine Worte erraten, datz er sein Herz ! ganz seiner Frau zugewandt hatte. Das war etwas, k
womit Leonie nicht gerechnet hatte. Sie wollte ihn ?
in ihrer Macht halten, wollte ihn quälen und ihm Unruhe machen und wollte ihr Spiel mit ihm treiben — als Frau seines Vorgesetztem
Diese Wendung betäubte sie fast. Sie starrte ihn an, als habe er sich einen Scherz mit ihr erlaubt. Dann erhob sie sich.
„Entschuldigen Sie, Herr von Altorf, datz ich Sie jetzt allein lasse. Ich habe für meinen Mann einen Imbiß zurechtzumachen, den er nur von mir zubereitet haben will."
Ohne ihm die Hand zu geben und ohne einen Gruß an Jolantha zu bestellen, rauschte sie hinaus.
Belustigt lächelte er. Wie kleinlich war doch diese Frau!
Der Oberst war erstaunt, ihn allein zu treffen.
„Wahrscheinlich habe ich nicht verstanden, die gnädige Frau zu unterhalten," sagte Altorf.
„Das weiß der Teufel — die Weiber sind doch gar - zu anspruchsvoll und launenhaft!" Er lachte geräusch- ^ voll auf. „Na, kommen Sie! Nicht zwei Minuten l kann man es ja hier aushalten — dieser Hyazinthen- f öuft erstickt einen ja förmlich!" Während des Hin- r ausgehens fuhr er fort: „Dem Lezius, dem Windhund, r habe ich mal ordentlich den Star gestochen! Er ist ein i wahrer Verderb für den Bruder meiner Frau!" Er s griff an seine Halsbinde, als sei ihm da etwas zu eng s und unbequem. ß
„Oder auch umgekehrt!" dachte Altorf, der genam i wußte, datz Benno dem Obersten eine sehr unbequeme ; Zugabe war. i
Mit kluger Berechnung hatte es Leonie verstanden, S die Mutter zu veranlassen, ihren Wohnsitz zu ver- ^ ändern. Sie „wirkte wohl zu wenig dekorativ," wie ^ man im Regiment spöttisch flüsterte. Die hiesige Luft z bekam plötzlich der Baronin anscheinend gar nicht mehr, i Die Atem- und Herzbeschwerden wurden immer quälender. Von einem ständigen Aufenthalt in Nauheim versprachen sich die Damen Linderung. Der Oberst war damit einverstanden, denn es war ihm eine große Erleichterung, die Schwiegermutter nicht in der Stadt zu wissen. Gern gab er und reichlich zu einem standesgemäßen Leben. Die pathetische Art, mit der sie „dem > lieben Schwiegersohn das teure, geliebte Kind ans Herz gelegt" hatte, war ihm direkt widerlich gewesen, und trotz seiner Verliebtheit hatte er doch mit leisem Bangen an die Zukunft gedacht, in der ihm die Schwiegermutter eine lästige Zugabe sein würde. Leonie hatte seine Gefühle verstanden. Sie wußte sich ihm durch gefälliges, nachgiebiges Wesen, durch schmeichlerische Zärtlichkeit immer unentbehrlicher zu machen, daß er sich wohl und glücklich in ihrem Besitz fühlte. Er war verliebter denn je und tat ihr allen Willen.
Erleichtert atmete Jolantha auf, als sie sah, daß diese Ehe, für die sie sich beinahe verantwortlich fühlte, so gut und harmonisch verlief. Anders dachte Altorf — er hatte Leonie jetzt zu gut kennen gelernt, als daß er nicht ahnte, datz das alles nur Komödie und Verstellung war. Und mit Bangen fürchtete er den Augenblick, in dem Leonie ihres Spieles überdrüssig war und sich an der Seite ihres Mannes zu langweilen
begann.
Nur ungern betrat er das Haus, in dem er doch dienstlich so oft zu verkehren hatte. Bisher wäre« seine heimlichen Befürchtungen unbegründet gewesen, daß sie wieder auf die Vergangenheit zurückkommen würde, sie sonnte sich noch im Glanze ihrer neuen Würde; aber nun — heute hatte sie ihn mit dem früher so oft gebrauchten Kosenamen angeredet — und da wußte er, datz sie nicht vergessen, nicht verzichtet hatte.
Siedendheitz überlief es ihn noch jetzt, als er nach Hause ging. Eine tiefe Empörung und Verachtung über die leichtfertige Frau erfüllte ihn, die ihn skrupellos von neuem in ihre Netze ziehen wollte.
Aber jetzt war es vorbei. Alles, was er je für sie gefühlt, hatte er in ehrlichem Kampfe niedergerungeu. Sie hatte es ihm ja durch ihr Benehmen leichter gemacht, als es ihm sonst vielleicht geworden wäre. Heinrich Altorf war nicht der Mann, der ein Weib liebte, das er nicht mehr achten konnte. Und jetzt, da sie den Namen seines väterlichen Freundes trug, stand sie ihm fremder und ferner gegenüber wie je.
Er begriff es selbst nicht, datz es so lange gedauert hatte, dieser unseligen Leidenschaft Herr zu werden. Aber er hatte jetzt überwunden und voll ehrlicher Freude fühlte er, datz Leonies Künste und Koketterien ihn gänzlich unberührt ließen.
Sehnsucht erfaßte ihn nach dem süßen, reinen Gesicht seiner Frau. Er beflügelte seine Schritte. Es dämmerte schon und sie würde bereits auf ihn warten. Der Oberst hatte ihn länger aufgehalten. Niemals noch hatte er solche Ungeduld gefühlt, nach Hause zu kommen.
Heinrich Altorf sah Jolantha im Erker des Wohnzimmer stehend, seiner wartend. Er winkte ihr z« und dann kam sie ihm entgegen, was sie ja immer tat. Aber heute war ihm alles anders — so neu. Er sah plötzlich mit anderen Augen. Nie war ihm die unbeschreibliche Anmut seiner Frau so ausgefallen!
(Fortsetzung solgr.)
Humoristisches
Ein Landarzt untersucht eine Dorfschöne und fragt sie nach der Untersuchung: „Nun, wie steht es mit dem Appetit?"
„Oh, ich bin schon seit sechs Wochen unappetitlich!"