Nr. 48

Schwarzwälder TageszeitungAus den Tannen"

Seite 3

Stuttgart, 26. Febr. (Der Stadthaushaltplan für 1927). Der Haushaltplan der Stadt Stuttgart für das Planjahr 1837 liegt jetzt gedruckt vor. In dem Vorwort des Ober­bürgermeisters wird gegenüber den Betrachtungen über die Vermehrung des Besitzstandes der Stadt darauf hinge- vmstu, datz gegenüber den Verhältnissen der Vorkriegszeit Ne Lasten der Stadt bedeutend gestiegen sind, datz insbe­sondere ihre Verpflichtungen auf dem Gebiet des Wohl- sahrts- und Fürsorgewesens im Jahr 1914 1,3 Millionen betrugen und im neuen Etat auf 10,1 Mill. gestiegen sind. Auch nach der Seite des Schuldendienstes ist keine Erleichte­rung vorhanden und der außerordentliche Haushaltplan läßt erkennen, datz auf Anleihe 250 000 RM. genommen werden müssen. Die Ausgaben betragen 118 653 700, die Einnahmen 116 887 700 Mk. Der Voranschlag für 1927 weist somit einen ungedeckten Abmangel von 1,766 Mill. auf, eine gegenüber dem letzten Jahr mit seinem ungedeck­ten' Fehlbetrag von 4,464 Mill. bemerkenswert geringere. Summe. Vorgeschlagen ist die Beibehaltung des bisheri­gen llmlagesatzes von 15 Prozent. "

Luftverkehr. Am 25. d. Mts. legte das Lufthansa- Flugzeug D 232, Führer Behrendt, die 300 Kilometer lange Strecke StuttgartErfurt in 1 Stunde 30 Minuten zurück, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 220 Kilometer pro Stunde entspricht. An Bord befanden sich 4 Personen.

Ernennung. Der Stuttgarter Eemeinderat hat Rechtsrat Dr. Weidler, den seitherigen juristischen Berater des Stadtschultheitzenamts zum Vorstand des Personal­amts bestellt. Diese wichtige Stelle hatte früher Rechtsrat Dr. Elsas inne.

Zum Ministergesetz. Ilm eine vollkommen klare Rechtslage herbeizuführen, hat das Staatsministerium be­schlossen ,dem Reichsgericht folgende Fragen zu unterbrei- tne: 1. Ist es zulässig, dem Gesetz rückwirkende Kraft für die früheren Königlichen Minister nach den Bestimmungen des Art. 13 des neuen Entwurfes zu geben? 2. Ist es zu­lässig, dem Gesetz rückwirkende Kraft für diejenigen parla­mentarischen Minister zu geben, denen beim Inkrafttreten des Gesetzes bereits ein Anspruch auf Ruhegehalt auf Grund früherer Vorschriften erwachsen oder genehmigt ist? 3. Ist es zulässig, dem Gesetze rückwirkende Kraft für diejenigen Minister zu geben, die bei seinem Inkrafttreten noch aktive Minister sind, aber vorher als Minister berufen worden sind? Das Staatsministerium hat außerdem beschlossen, vor dem Bekanntwerden der Entscheidung des Reichsgerichts in der Zahlung der bisherigen Beträge keinerlei Aenderung eintreten zu lassen, sofern der Landtag sich hiermit einver­standen erklärt.

Ludwigsburg, 25. Febr. (Amtseinsetzung.) Die Amtsein­setzung des neuen Oberbürgermeisters Dr. Schmid findet am Donnerstag, den 3. März statt.

Marbach OA. Münstngen, 25. Febr. (Pferdezucht.) In diesen Tagen gehen die Eestütswarte mit den Hengsten wieder auf die 39 staatlichen Beschälplatten des Landes ah und zwar durchweg zu Fuß. Auf diesen Platten sind aus­schließlich Hengste des Warmbluts aufgestellt. Die Beschäl­zeit dauert bis 16. Juni. Manche Anzeichen, in erster Linie die steigenden Pferdepreise, sprechen dafür, datz die Warm­blutzucht ihren Tiefstand überwunden hat, die Landwirte bringen deshalb der Pferdezucht wieder mehr Interesse entgegen.

Dürbheim OA. Spaichingen, 26. Febr. (Beim Schießen verunglückt.) Der 21 Jahre alte Farrsnwärter Julius Kai­ser verunglückte beim Abschietzen eines Böllers anläßlich der Beerdigung eines Kriegsinvaliden. Auf dem durch Nässe schlüpfrig gewordenen Boden fiel der Böller gegen Kaiser, sodatz ihm die ganze Ladung an den linken Ober­arm ging. Der Arzt führte den Schwerverletzten ins Ve- zirkskrankenhaus.

Schramberg, 26. Febr. (Eröffnung der Kraftwagenlinie Schramberg-Hardt.) Am Donnerstag fand die erste offi­zielle Fahrt eines neu beschafften Höhenwagens für die Linie SchrambergHardt statt.

Ehingen» 27. Febr. (Brand.) Gestern nachmittag brach im benachbarten Eamerschwang in dem Wohn- und Oekonomie- gebäude des oberen Bauern N. Eräter Feuer aus. Der Feuerlöschzug 1 und die Feuerspritze 2 rückten zur Hilfelei­stung ab. Ebenso waren am Brandplatz die Feuerwehren von Oepfingen und Ulm mit der Motorfeuerspritze. Die Scheuer ist mit Stallung niedergebrannt, während das an- aebaute Wohnhaus mit Inventar gerettet werden konnte.

Friedrichshafen, 26. Febr. (Noch keine Bergung.) Das am Donnerstag vormittag verunglückte Flugzeug konnte noch nicht aufgefunden und die Leiche des Monteurs Lehl« nicht geborgen weredn, obwohl den ganzen Tag über die Arbeiten hierzu in verstärktem Matze fortgesetzt worden sind und die Unfallstelle bis zu 100 Meter Tiefe abgesucht wurde.

Aus Baden

Pforzheim, 25. Febr. Bei der hiesigen Milchzentrale hat ein Angestellter Veruntreuungen begangen, über deren Höhe die Angaben zwischen 6000 und 12 000 -4t schwanken. Er wurde sofort entlassen und sitzt in Haft. Durch die Verhaftung des Täters ist seine Auswanderung nach Amerika auf einige Monate hinausgeschoben. Die Abreise sollte dieser Tage geschehen. Einebefreundete" Person soll bereits vorausgereist sein. Der Täter hat Frau und Kinder, für welche die Stadtverwaltung nun sor­gen darf. Not dürfte schwerlich die Ursache der Verun­treuungen gewesen sein, denn der Betreffende hat sich u. a. ein neues, schönes Motorrad für 2000 -4t gekauft, das jetzt natürlich beschlagnahmt worden ist.

Mine Nachrichten an» aker Welt

Stresemann und Hösch in Nizza Nach einer Meldung derTägl. Rundschau" aus Paris ist der deutsche Botschaf­ter v. Hösch nach Nizza gefahren, wo er bis anfangs näch­sten Monats zu bleiben gedenkt. Da gleichzeitig Havas aus Nizza meldet, datz Dr. Stresemann am Donnerstag meh­rere Stunden in Nizza geweilt habe, scheint er dort eine Zusammenkunft mit Herrn v. Hösch gehabt zu haben.

Lrebestragödie in einem Hotel. Der aus Voede (Kreis Dinslaken) stammende verheiratete Fabrikant August Schulze, der mit seiner 25jährigen Geliebten, der Tochter eines.Gymnasiialdirektors in einem Kasseler Hotel abge­stiegen war, wurde im Hotelzimmer mit einem Eevolverschutz in der linken Schläfe tot aufgefunden. Auch das Mädchen hatte tödliche Schüsse erhalten. Nach den hinterlassenen Aufzeichnungen hat Schulze im Einverständnis mit dem Mädchen zunächst dieses erschossen und dann sich selbst.

Ein französischer Frachtdampfer gesunken. In der Nähe von Brest stieß Freitag vormittag infolge starken Nebels der französischen 4000-TonnendampferSarrebourg" auf einen Felsen aus und sank. Die Mannschaft konnte gerettet werden. Es handelt sich um einen im Jahre 1920 von Deutschland übernommenen Frachtdampfer.

Pinedo nach Rio de Janeiro gestartet. Nach einem Te­legramm aus Bahia ist der italienische Flieger Pinedo beim Morgengrauen nach Rio de Janeiro abgeflogen, wo er sei­nen Flug für zwei Tage zu unterbrechen beabsichtigt.

Der teure Rosenmontag in Köln. DasKölner Tagblatt" berichtet, datz die Preise für die Fensterplätze für die Be­sichtigung des Rosenmontag-Umzuges in Köln unglaublich gestiegen sind. Der Preis für einen Fensterplatz am Neuen Markt, dem Ausgangspunkt des Zuges war am Anfang auf 10 Mark festgesetzt worden und ist jetzt bis auf 175 Mk. gestiegen. Die Gebühren für die übrigen Fensterplätze be­tragen 3040 Mk. pro Platz, also pro Fenster durchschnitt-^ lich 100 Mk.

GerWssM

Gefährliche Körververletzung Kindsmord Ellwangen, 25. Febr. Vor dem Schwurgericht hatte sich der 31 Jahre alte ledige Händler Kaspar Vogel von Aalen wegen eines Verbrechens des versuchten Totschlags zu verantworten. Der An­geklagte hatte im Streit seinen Schwager, den Taglöhner Georg Holzner, mi tdem Taschenmesser gestochen. Das Gericht verur­teilte den Angeklagten wegen eines Vergehens der gefährlichen Körperverletzung zu der Gefängnisstrafe von zweieinhalb Mo­naten. Als letzter Fall der Schwurgerichtstagung kam die Strafsache gegen die 21 Jahre alte ledige Köchin Rosine Mül­ler aus Stuttgart wegen Kindsmords zur Verhandlung. Die Angeklagte ist beschuldigt, am 28. Januar ds. Js. ihr unmittel­bar vorher im Hause ihrer Dienstherrschaft in Beutelsbach OA. Schorndorf geborenes Kind weiblichen Geschlechts vorsätzlich ge­tötet zu haben. Sie wickelte es in einen Teppich und stieß den Kopf zweimal hart gegen die Wand, sodaß es eine Gehirnquet­schung erlitt und starb. Die Leiche warf sie in den Abort. Das Gericht erkannte auf die gesetzliche Mindeststrafe von 2 Jahren Gefängnis.

Handel und Verkehr

Amtliche Berliner Devisenkurse vom 25. »nd 2K. Februar

Geld

Geld

Geld

Brief

Buenos Aires 1 Pav.-Pes.)

1,767

1,771

1,770

1,774

London (1 Pfund Sterling)

20,483

20,485

20,439

20,491

Neunork (1 Dollar)

4,2125

4,225

4.2135

4,2235

Amsterdam (100 Gulden)

168,88

160,10

168,63

169,05

Brüssel l100 Be>ga)

58,585

58,725

58.60

58,74

Italien (100 Lire)

18,43

18,47

18,45

18,49

Kopenhagen (100 Kronen)

112,86

112,58

112,30

113,58

Oslo <100 Kronen)

100,05

109,33

109.06

109,34

Paris <100 Francs)

16,485

16,525

16,495

16,535

Prag (100 Kronen)

13,474

. 2,514

12,475

12,515

Schweiz (100 Franken)'

81,03

81,25

81,03

8133

Spanien (100 Peseten)

70,75

70,93

70,68

70,84

Stockholm (100 Kronen)

113,43

112,71

112,46

112,74

Wien (100 Schilling)

50,325

59,465

59,315

59,455

Wirtschaft

Genossenschaftlicker Giroverbanöstag. In Anwesenheit der Vertreter der Spitzen der maßgebenden Behörden, des Reichsbankpräsidenten, und der Wirtfchaftsvcrbände, fand am 5. Februar in Berlin der genossenschaftliche Girovcrbandstag der Dresdener Bank statt, der von nahezu tausend Leitern deutscher Kreditgenossenschaften besucht wurde. Vor Eintritt in die Tagung gedachte der Vorsitzende, Herr Wilhelm Kleemann, Mitglied des Vorstandes der Dresdner Bank, des großen toten Führers, der während 46 Jahren die deutsche Genoffenfchafts- bewegung tiefgreifend beeinflußte, Hans Criigers. Nunmehr ergriff der Retchsbankvräsident Dr. Schacht das Wort, betonte die hervor­ragende Bedeutung des deutschen Kreditgenoffenschaftswescns und gab seinem Wunsche Ausdruck, datz sich die öffentliche Hand auf dem Ge­biete der Kreditwirtschaft Zurückhaltung auferlcge und die wirtschaft­lich bedeutungsvolle Aufbauarbeit der Gen issenschaften nicht durch un­schöne Manöver schädige. Aus einem Referat über International« Geld- und Wirtschaftsverhältnisse von Herbert M. Gutmann, Mit­glied des Vorstandes der Dresdner Bank, sei hcrvorgeboben, datz heute bei den deutschen Hauptfinanzinstituten kaum mehr als 10 Pro­zent der Krcditeinlagen von seiten des Auslandes erfolgen.

Börsen

Berliner Börse vom 26. Febr. Die mit dem Ultimo im Zusammen. Hang stehende wesentlich verstärkte Geldnachsragc und die infolgedessen eingetretens Erhöhung der Leihiätze, die sich auch heute in einer Herauf» setzung des Satzes für Tagesgeld und einige Tage über Ultimo auf 6,88,5 Prozent kundgab. läßt der Spekulation eine Herabmindernng ihrer Engagements ratsamer erscheinen als deren Uebertragung zu den hohen Geldsätzcn auf den neuen Monat. Auf allen Gebieten überwog daher Verkaufslust, die zu einer allgemeinen Senkung des Kurs­standes führte. Die Einbutzen erreichten bet Industrie-, Schiffahrt?» und Bankaktien durchschnittlich 1Z Prozent, für einzelne Papiere auch t Prozent. Die schwächere Haltung blieb auch im Verlaufe vorherr­schend »nd führte zumeist zu weiteren Kursabbröckelungen von 1 bis Z Prozent. Auch am Rentcnmarkt hielt sich das Geschäft in sehr engen Grenzen bei zumeist weiter leicht abbröckelnden Kursen.

Märkte

Vichvrcise. Dürmeng-Mühlacker: Kühe 420480, Kalbinnen 500 biS 570, Jungvieh 250380. Laichingen: Ochsen und Stiere 300600, Kühe 300-520, Kalbeln .">0-600, Jungvieh 120-380 Rottweil:

schwere Zugochsen 7008eo, Ansetzlinge 475550, trächtige Kühe 400 bis 650, Wnrstkühc 180320, trächtig« Kalbinnen 450750, Jungrinder il-1 jährig 180-300, 1-2jährig 280-450 das Stück.

Schiveiuevrclie. Güglingen: Milchschweine 2020, Läufer 3770 - Jlskofen: Milchfchwcine 2235 ^7. Laichingen: Läufer 5670, Milchschweine 2682 Marbach a. N.: Milchschweine 2231 V/.

Nürtingen: Milchschweine 2438 Rottweil: Milchschweine 2433,

Läufer 56 .4t. Spaichingen: Milchschweine 2028 Trossingen:

Milchschweine 2183 ^ das Stück.

Holz

Simmersseld, 28. Febr. (Holzverkauf.) Bei dem am 28. Februar stattgefundenen Stammholzverkauf des hiesigen Forst­amts wurden gelöst für 1298 Fm. Fichten und Tannen 146,7 Prozent und für 511 Fm. Fichten 150,2 Prozent der Landes­grundpreise.

Getreide

Nagold, 28. Febr. (Fruchtschranne). Markt am 26. Febr.: Verkauft 24,50 Ztr. Weizen. Ztr. 15-15,50 -4l; 10,56 Ztr. Gerste, Ztr 1212,90 -4tj 6,43 Ztr. Hafer, Ztr. 1010,50 -4l. Handel schleppend, wenig Kauflust. Der Geldmangel macht sich stark fühlbar. In der Fruchtschranne sind noch za. 30 Zentner Wei­zen ausgestellt. Nächster Frachtmarkt, verbunden mit Vieh-, Schweine- und Rauchwarenmarkt am Donnerstag, dem 3. März.

Konkurse

Johann Schatz, Kaufmann in Freudenstadt.

Letzte Nachrichten.

Eine neue Ausweisung aus Ostoberschlefieu E Berlin, 27. Febr. In Laurahütte ist, nach einer Mel­dung derBerliner Montagspost", eine neue Ausweisung eines reichsdeutschen Jndustriebeamten aus Ostoberschle­sien erfolgt. Der Ingenieur Skwara von der Laurahütte hat einer Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung, die heute abläuft, nicht erhalten, und mutz daher heute das polnische Gebiet verlassen. Allerdings wird dieser Fall vor dem genuschen Schiedsgericht in Oberschlesien nachge­prüft werden müssen, da Skwara im Abstimmungsgebiet geboren ist und sich zur Zeit des Ueberganges der Staats­hoheit an Polen nur zu Studienzwecken in Breslau aufge­halten hat.

Mit dem Auto in den Rhein gestürzt Berlin» 27. Febr. Am Sonnabend nachmittag fuhr, wie dieMontagspost" berichtet, in Mannheim eine Frau mit einem gemieteten Auto in den Rhein und ertrank. Die Frau wollte einen Schiffer mit dem Auto vom Rheinufer abholen.

Nettungstat eines deutschen Dampfers Saint Mako, 27. Febr. Eine Schaluppe, die Saint Mako am Mittwoch verlassen hatte, lief 350 Meilen von Quessant entfernt auf einen Felsen und sank. Die 53 Mann zählende Besatzung wurde von dem deutschen Dam­pferPhöbus", der nach Falmouth unterwegs ist, ge­rettet.

Die russische Antwort an England Moskau, 27. Febr. Die Sowjetregierung hat England eine Antwort aus seine Note erteilt, in der u. a. gesagt wird, die Sowjetregierung habe wiederholt auf englische Beschwerden einen Hinweis auf etwaige konkrete Fälle verlangt, aber nicht erhalten. Weder in der Sowjetpresse noch in sonstigen russischen Aeutzerungen sei etwas zu fin­den, was etwa scharfen Ausfällen der konservativen Re­gierung gegen die Sowjetregierung gleiche. Als antibri­tische Propaganda könne nicht aufgefatzt werden die Analyse und Einschätzung der Außenpolitik der britischen Regierung, sowie prinzipielle Ausführungen von russi­schen Parteiführern über die Unabwendbarkeit der Welt­revolution. Die englische Regierung rückt bewußt von den allgemein üblichen internationalen Gepflogenheiten und Normen und selbst von den elementarsten Anstandsregeln ab. Sie erlaubt sich mit der Sowjetregierung im Tone einer Drohung in einem Ultimatum zu reden und die Ver­fassung der Sowjetregierung zu ignorieren. Sie habe sich ferner einen unerhörten Ton gegenüber Tschitscherin er­laubt. Der englisch-russische Handelsvertrag, der auch die Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen regelte, habe den Interessen der beiden Länder entsprochen. Wenn die britische Regierung glaube, daß der Abbruch der eng­lisch-russischen Beziehungen dem britischen, Reiche und der Sache des Friedens zum Vorteil diene, so werde sie natur­gemäß dementsprechend handeln und die volle Verantwor­tung für die Wirkungen übernehmen müssen. Die Sow­jetregierung bekräftigte zum Schluß die Erklärung Kras- sins über die Erwünschtheit der Behebung sämtlicher Diffe­renzen und erklärt, sie werde ein Entgegenkommen der bri­tischen Regierung auf dem Wege zum Frieden aufrichtig begrüßen.

London, 27. Febr. Wie Reuter erfährt, wird voraus­sichtlich vor der in Aussicht gestellten Debatte über die englisch-russischen Beziehungen, für die ein Tag noch nicht feststeht, von Seiten der Regierung eine Erklärung im Un­terhaus abgegeben werden. In diplomatischen Kreisen ist man der Ansicht, datz die englische Regierung auch im Sinne ihrer Note handeln wird und es wird als wahr­scheinlich angesehen, datz die Regierung das Handelsab­kommen annuliert, während die diplomatischen Bezieh­ungen weiterhin bestehen bleiben.

Die Wirren in China

Schanghai, 27. Febr. Nach Meldungen haben die nordchinesischen Truppen Hangtschau geplündert. Be­waffnete Bürger hätten sich darauf znsammengeschlosien und durch die Ermordung von 1VV nordchinesischen Solda­ten furchtbare Rache genommen. Aufgrund dieser Vor­gänge sei der Einzug der Kantonesen von den Bürgern willkommen geheißen worden. In Futschau haben die Postbeamten, mit Vambusstöcken bewaffnet, das Publikum am Eintritt in das Postgebäude gehindert und den aus­ländischen Leiter des Postamtes mit Eewaltätigkeit be­droht, falls er nicht ihre Löhne erhöhe. Der Leiter des Postamtes hat sich dem Zwange gefügt und dem Wunsche entsprochen. Der Postdienst ist jetzt normal.

Für die Schriftleitung verantwortlich: Ludwig LanL Druck und Verlag der W. Rieker'schen Buchdruckerei, Altenstekg