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Schwarzwälder TageszeitungAus den Tannen"

Nr. 46

Aus Stadl und Land, z

Altensteig, den 25. Februar 1927. )

Kraftlehrkurs in Freudenstadt. Der von der Württ. Landesfahrschule vorgesehene Kraftfahrlehrkurs in Freu­denstadt ist nunmehr zustande gekommen und beginnt am Dienstag, dem 2. März 1927, in der Gewerbeschule um 2 Uhr nachmittags. Dort werden noch Neuanmeldungen zur Ausbildung auf Fahrschul- und eigenen Wagen in be­schränkter Zahl entgegengenommen. s

Baudarlehensgesuche für das Zahr 1927. Im Staats- s

anzeiger erscheint eine Bekanntmachung der württ. Woh- s nungskreditanstalt, die folgendes besagt: Bei der Woh- : nungskreditanstalt sind in den letzten Tagen vor Ablauf der ; Anmeldefrist die Anträge auf Gewährung von Vaudarlehen ^ so zahlreich eingegangen, daß ihre Sichtung und Prüfung ; die nächsten 34 Wochen in Anspruch nimmt. Die Anstalt s wird jedoch auch in dieser Zeit wie bisher, soweit möglich, Z für vordringliche Bauvorhaben Bescheide erteilen. Die Ge- - meindebehörden und insbesondere die Bauherren werden s

ersucht, persönliche Besuche in den nächsten Wochen nach s Möglichkeit zu unterlassen. Die Wohnungskreditanstalt i wird, wo eine persönliche Aussprache mit den Gemeinde- ! behörden oder den Bauherren erforderlich wird, diese von s sich aus hievon verständigen. Die Sprechstunde findet nach s wie vor vormittags von 1012 Uhr statt. s

Zur Beilegung des Streiks in der württ. Holzindu- 's

strie. Durch das Eingreifen des Vorsitzenden des Schlich- ! tungsausschusses Stuttgart ist es gelungen, die Lohnstrei- § tigkeiten in der württ. Holzindustrie beizulegen. Nach lang- - wierigen Verhandlungen, die am Dienstag beim Vorsitzen- ! den des Schlichtungsausschusses stattgefunden haben, wurde ,> bis auf einen Restpunkt eine Einigung erzielt. Bezüglich ! dieses Punktes machte der Vorsitzende des Schlichtungsaus- r schusses einen Vergleichsvorschlag, über dessen Annahme sich ' beide Parteien bis Mittwoch Mittag 12 Uhr zu erklären s hatten. Die Erklärungen lauteten zustimmend, so daß der ! Streit beigelegt ist. Die Aussperrung ist nicht vollzogen - worden. c

Entschädigungen der Gemeindebeamten als Mitglie- !

der der Bewertungsausschüsse. Es sind Zweifel laut gewor- s den, wer die Reisekosten zu tragen hat, die den in die ; Grundwert- und Eewerbeausschüsse benannten Gemeinde- ' beamten durch Teilnahme an Sitzungen dieser Ausschüsse s entstehen. Zur Beseitigung dieser Zweifel wird bekannt - gegeben: 1. Ist der Beamte vom Vorstand einer Gemeinde : benannt und nimmt deshalb nur als Vertreter dieser Ge- > meinde an den Sitzungen der Ausschüsse teil, so sind die ! Kosten von dieser Gemeinde zu tragen. 2. Ist der Beamte ! vom Bezirksrat als Vertreter der Gemeinden mit weniger s als 1000 Einwohnern benannt, so wären die Kosten von ' der Gesamtheit der vertretenen Gemeinden zu tragen. Da ? jedoch ihre schlüsselmäßige Verteilung auf die beteiligten - Gemeinden außer Verhältnis zum Aufwand an Zeit und s Arbeit stünde, werden sie bis auf weites auf den Aus- , gleichsstock übernommen. i

Nagold, 23. Febr. (Vom Rathaus.) Die Zentralkasse zur s Förderung des Feuerlöschwesens in Stuttgart hat zu einigen Ausrüstungsgegenständen und für Dienströcke der Weckerlinie einen Eesamtbeitrag von 474 RMk. bewilligt. In einem Er- ' laß der Zentralstelle für die Landwirtschaft betr. die Farren- haltung werden eingehende Ratschläge über den Einkauf ge- i eigneten Zuchtmaterials gegeben und empfohlen, nicht beim - Händler, sondern möglichst beim Züchter und nur Farren mit > bekannter guter Abstammung zu kaufen. Der Erlaß wird vom > Eemeinderat zur Kenntnis genommen. Die Bürgerreis- s Verlosung für das Rechnungsjahr 1927 findet in der näch- ^ sten Woche statt. Zur Verteilung kommen wieder je 59 Nadel- ^ reisigwellen an die nutzungsberechtigten Bürger. Für Zwecke

des Stadtwalds wurde ein 16 Ar 85 qm., großer Acker im großen Stadtacker um 300 RMk. erworben. Zum Zweck der Ablage­rung des Schutts aus dem Steinbruch Mittlerbergle wurde von Christian Gauger, Fuhrmann, eine 24 Ar 80 qm. große Wiese im Kreuzertal erworben. Zn der Pumpstation des Wasserwerks im Schwandorfertal ist im Interesse der Be­triebssicherheit die Aufstellung einer Reserve­pumpe nötig, die die Firma Klotz, Maschinenfabrik in Stutt­gart, für 3674 «4t liefern will. Da sie im Besitz des Modells der ersten Pumpe ist, wird unter einer bestimmten Voraussetzung der Firma die Lieferung übertragen. Ein Dampfkesselge­such der Firma Schwarzwälder Dampfseifenfabrik Gebr. Harr in Nagold wird dem Oberamt ohne Einwendung vorgelegt. Nach dem Erlaß des Kultministeriums über die Einführung neuer Stundentafeln an den höheren Schulen hat bis 1. März d. Z. die Realschule mit dem Gemeinderat sich darüber schlüssig zu werden, ob an der Schule der Zug ^ oder 8 oder beide Züge nebeneinander gewählt werden wollen. Die Unter­scheidung des Zugs Z. oder 8 setzt erst mit Klasse 4 ein. Der Zug Z. hat wieder zwei verbindliche Fremdsprachen, Französisch und Englisch. Er entspricht also der seitherigen Realschule und dient zugleich als Unterbau der Oberrealschule. Er ist in erster Linie bestimmt für diejenigen Schüler, welche weiterlernen wollen, aber auch für solche, welche im Beruf die Fremdspra­chen brauchen, also vor allem für Kaufleute und solche, welche mit dem Ausland zu tun haben usw. Der Zug 8 entspricht dem Wesen der seitherigen Bürgerschule. Er hat nur Französisch als verbindliche Fremdsprache, dafür aber mehr die Pflege des Deutschen und besonders der Mathematik betont. Zug 8 ist also geeigneter für diejenigen Schüler, welche mehr praktisch veranlagt sind und den praktisch technischen Berufen sich zuneigen. Das Vorsteheramt der Latein- und Realschule schlägt Zug Z mit dem Vorbehalt, daneben auch einen Zug 8 im Bedürfnisfall einzurichten. Bei Zug 8 wären 4, später 8 Wochenstunden wei­ter unterzubringen. Der Eemeinderat schließt sich dem Vor­schlag der Schule an, weil vor allem das Englische in der Schule nicht entbehrt werden kann. Die Zahl der katholischen Familien in Nagold i. S. des Volksschulgesetzes übersteigt auch heute noch 60, weshalb die katholische Volksschule zu Beginn des Schul­jahres ins Leben tritt. Der Satzung für den Gewerbeschulver­band Nagold wurde zugestimmt und der Vorsitzende zum Ab­schluß ermächtigt. Es erweist sich immer mehr als ein Be­dürfnis, die Nahrungs- und Eenutzmittel und die sonstigen Be­darfsgegenstände auf Grund des Nahrungsmittelgesetzes einer regelmäßigen und systematischen Kontrolle zu unterziehen. Erst in letzter Zeit zeigte es sich wieder, daß die Milch in einem schmutzigen Zustand und dazu noch verwässert an die Sammelstellen abgeliefert wird. Die öffentliche Untersu­chungsanstalt der Stadt Pforzheim hat sich vor längerer Zeit angeboten; neuerdings bittet aber das hygienische Institut der Universität Tübingen um die Uebertragung der Nahrungsmit­telkontrolle, was auch vom Ministerium des Innern unterstützt wird. Da mit dem hygienischen Institut die Stadt leichter die Anerkennung als öffentliche Untersuchungsanstalt im Sinne des Paragraphen 17 des Nahrungsmittelgesetzes erreicht und dem­zufolge die ausgesprochenen Geldstrafen in die Stadtkasse flie­ßen, wird beschlossen, die Nahrungsmittelkontrolle dem hygieni­schen Institut in Tübingen zu übertragen. Der Aufwand be­läuft sich jährlich auf etwa 350 RMk.

Nagold, 24. Febr. (Vom Seminar.) Die nach dem Krieg angestrebte neue Volksschullehrerausbildung bedingte auch einen Abbau des hiesigen Volksschullehrerseminars, sodaß das Seminar im vergangenen Jahr auf dem Aussterbeetat angelangt war. Da die Regierung nunmehr bis auf wei­teres an dem System der Lehrerausbildung festhalten will, konnte letztes Jahr eine neue Klasse ausgenommen werden. Für das ganze Land, d. h. also zur Ausnahme in die ver­schiedenen württembergischen Seminare haben sich Heuer ca. 350 Schüler gemeldet, von denen aber nur ungefähr 150 Aufnahme finden können. Zu der heute hier im Seminar stattfindenden schriftlichen Prüfung fanden sich 52 Jüng­linge ein; die mündliche Prüfung wird Mitte März in Heilbronn abgehalten. Die Pforten des hiesigen Seminars werden sich voraussichtlich für 25 Zöglinge öffnen.

- Calw, 24. Febr. Die Evang. Kirchengemeinde veran­staltete gestern abend imBadischen Hof" einen Gemein­de a b e n d, der dem großen Tonmeister Joh. Seb. Vach ge­widmet war. Zum Vortrag kamen nur Vachsche Kompo-

Entwurf eines Berufsausbildnngsgesetzes ^ Berlin, 24. Febr. Das Reichskabinett hat in seiner gestri­gen Sitzung den Entwurf eines Berufsausbildungsgesetzes verabschiedet. Der Entwurf regelt die Berufsausbildung zugendlicher mit Ausnahme derjenigen, die in der Land­wirtschaft beschäftigt werden. Vorgeshen ist weitgehende be­rufsständige Selbstverwaltung auf der Grundlage der Gleichberechtigung der Arbeitgeber und der Arbeitneüansr.

Deutscher Reichstag

Berlin, 24. Febr.

Vizepräsident Esser eröffnet die Sitzung, da Präsident Löbe an Blinddarmentzündung erkrankt ist und operiert wurde.

Die zweite Lesung des Reichsüanshaltsplanes für 1927 wird fortgesetzt beim Saushalt des Reichsjustizministeriums.

Reichsjustizminister Hergt nimmt erneut das Wort und dankt für die beglückwünschenden Worte des Abg. Kahl anläßlich des 50jährigen Bestehens des Reichsjustizministeriums. Der Minister begrüßt es mit Freuden, daß bei der Mehrheit des Sauses eine Vertrauenskrise gegenüber dem Reich^iustizministerium nicht be­stehe. Er erklärte weiter, daß es seine vornehmste Aufgabe sein werde, die Wiederherstellung der Rechtshobeit im besetzten Ge­biet wieder herbeizuführen. Zu einer Amnestie in Straffällen des Paragraphen 218 (Abtreibung), wie sie von den Kommunisten gefordert werde, sei kein Anlaß vorhanden. Durch eine Rund­frage sei festgestellt, daß die Straffälle sich überall nur in engen Grenzen bewegt hätten und daß von dem Enadenrecht in weit­gehendem Maße Gebrauch gemacht worden ist. Der Redner stimmt dann dem Kompromibantrag bezüglich der Rechtsan­wälte zu. Er gedenkt der hoben Bedeutung des Anwaltsstandes. Den sozialdemokratischen Antrag, das Reichsgericht von allen Sachen in erster Instanz (Hochverrat) zu entlasten, lehnt der Minister ab. Auch die Wiederherstellung der Schwurgerichte be­kämpft er. Alle Länder mit Ausnahme Hamburgs hätten sich für das erweiterte Schöffengericht ausgesprochen.

Abg. Vrodauf (Dem.) bedauert, daß die Richter sich noch nicht restlos auf die neue Zeit ingestellt hätten. Tatsächlich wirke sich die innere Abneigung vieler Richter gegen den neun Staat in der Rechtssprechung aus, namentlich in Strafprozessen, wo sie milde gegen rechts und scharf gegen links urteilen. Der deutsche Staat sei aber und bleibe eine Republik. Das Mißtrauen des Volkes gegen die Justiz sei wirklich nicht künstlich erzeugt. Kein Wort war milde genug für die Fememörder, keines scharf genug für die Waffenverschiebunsen. Bei Zusammenstößen zwischen Reichsbanner und rechtsgerichteten Leuten habe der Staats­anwalt bisher immer nur Anklage gegen das Reichsbanner er­hoben, ganz gleich, wie die Sachlage war. Der Redner fordert - einen schärferen Ehrenschutz. Wenn Reichskanzler Marx im vori­gen Jahre sagen mutzte, er verzichte darauf, noch weiter Straf­anträge wegen Beleidigungen zu stellen, so war das eine furcht­bare Anklage für die Justiz. Seit wir deutschnationale Minister hätten, sei die Ministerehre wieder etwas gestiegen. Sie sei sschon 5 Monate Gefängnis wert. Der Redner spricht sich gegen die Wiedereinführung der alten Schwurgerichte aus und fordert ein Gesetz zum Schutz der außerehelichen Kinder.

Abg. Hampe (Wirtschaft!. Ver.) erklärt, es sei geschmacklos, wenn jemand wie der Abg. Brodaus seinen eigenen Stand ver­unglimpfe. Erfreulich sei die Senkung der Prozeßkosteu. Die An­waltschaft sei eine der stärksten Säulen unserer Rechtspflege, deren wirtschaftliche und soziale Gesunderhaltung erforderlich sei.

Darauf werden die Beratungen abgebrochen. Vizepräsideni Esser teilt mit, daß Präsident Löbe schwer erkrankt ist und sich einer Operation unterziehen müsse. Das ganze Saus, so erklärt der Vizepräsident, ist einig in dem herzlichen Bedauern über die­sen unerwarteten Schicksalsschlag, der den Präsidenten, seine Fa­milie und den Reichstag betroffen bat. Ebenso ist es einig in dem lebhaften Wunsch, daß die Präsident der Operation mit gutem Erfolg überstehen und bald seine volle Gesundheit wieder erlangen möge. (Lebhafte Zustimmung.)

Das Haus vertagt sich darauf auf Freitag nachmittag.

D« bist mein!

Roman von H. v. Erlin ^ Copyright by Ereiner L Comp., Berlin W 30.

58. Fortsetzung.

(Nachdruck verboten.)

Ein jähes Unterbrechen. Langsam hat sich Hartmut ' emporgerichtet und den Blick auf sie gerichtet, der zu den Tiefen ihres Herzens Einlaß fordert.

Wozu sind Si- noch nicht zu spät gekommen, Angelika?''

Fragen Sie mich das nicht jetzt nicht. Aber ich Lin von Sinnen vor Todesangst. Wo ist Madeleine? Sagen Sie es mir! Sie wissen es, müssen es wissen!"

Ich weiß es nicht und kann es nicht wissen."

Sie Weichen mir aus! Sie wollen mir nicht sagen, was Sie wissen. Aber ich beschwöre Sie, es trifft mich ja dock mit, was geschah zwischen Ihnen und Madeleine? Denken Sie daran, wie Sie gestern zu mir kamen! Und was sprachen Sie alles, daß Sie frei wären von Made­leine, daß Sie hieher nicht zurückkehren wollten! Und dann taten Sie es doch. . . und heute ist Madeleine spur­los verschwunden . . ."

Entsetzen lähmt ihr die Zunge wie eine würgende Faust, sie verstummt, starr und groß werden ihre Augen, ihr Körper beugt sich zurück von ihm in grausiger Furcht, dessen Gesicht sich verfärbt in dessen Blicken es brennt und flackert, um dessen Mund sich ein schaurig lautloses Lachen gräbt, und dessen Lippen ihr zurannen:

Sie haben recht, Angelika, all diese Umstände sind Wohl geeignet, mich eines Verbrechens zu verdächtigen.

Mit dumpfem Schreckensruf streckt sie die Hände ab­wehrend gegen ihn aus.

Nicht das! Oh, ich fürchte mich! Ich fürchte mich!"

Vor mir!" Ein derbes Lachen klingt auf, wie wenn Scherben aneinander klirren.

Da tönt ihre Stimme in flehender, herzbezwmgender Kindlichkeit:

..Was ich jetzt spreche, ich bitte Sie, wägen Sie meine

Worte nichts 'Ich bin halb tot ich war schon so aufge­regt als ich hieher fuhr. Und wollte doch nur das beste, auch für Sie, für uns alle! Glauben Sie mir doch! Ich konnte ja gar nicht anders Hanseln! Nicht wahr, das tun Sie, müssen Sie glauben!"

Ich glaube es, Angelika, daß Sie nicht anders han­deln konnten, als Ihre Art es gebietet. Und ich glaube auch, daß Ihr Hieherkommen eine gute Wirkung hat für uys alle!"

Die Gestalt gestrafft, aufgereckt, jede Muskel seines Gesichtes beherrscht von eiserner Ruhe, so ist er von ihr zurückgetreten, als gebe er ihr den Weg, den er ihr ver­stellt hatte, frei.

Gebe Gott, daß ich Sie auch bald über den Verbleib meiner Frau beruhigen darf."

Meiner Frau!" Sie zuckt zusammen, etwas in ihr ist getroffen, was noch einmal sich windet, aufflackern will und dann in sich zusammensinkt. Scheu schreitet sie zur Tür und wendet sich von dort wieder zurück.

Sie werden mir telegraphieren, wenn von Made­leine Nachricht cintrisft, nicht wahr? Ganz bestimmt und sogleich!"

Sogleich. Ich werde Ihnen telegraphieren und nicht selbst zu Ihnen kommen, Angelika."

Durch seine Worte weht es eisig, verweht ihren er- sehnten blauen Himmel zärtlichen Tändelspiels mit eines Mannes Liebe. Ihr Mund findet kein Lebewohl, der seine spricht es klar und fest. Tann ist sie stumm gegangen, von Hartmut bis zu dem harrenden Automobil geleitet.

Mir zusammengekniffenen Lippen sieht er ihr nach.

Entfliehender Traum, grausames Erwachen!

24. Kapitel.

Fragen und Aufregung allerwegen: als gegen Morgen die nach Madeleine ausgesandten Leute auf Leute ckrllsen, die von den umliegenden Gütern zur Feldarbeit auszogen, verbreitete sich wie ein Lauffeuer, von Mund zu Mund mehr aufgebauscht, die Kunde, und drang auch zu dem Ulmenhofe. Der alte Bravand, dem einer der Knechte die Schreckensnachricht zugetragen, hatte sich abgekehrt, war vom Hofe gegangen, wieder in das Haus hinein. Lang­sam, ganz langsam, als müsse er rasten zwischen jedem Schritte, um für den folgenden Kraft zu gewinnen.

Drinnen kam ihm Frau Reichmann entgegen. Sie war

leichenblaß und suchte Doch ruhig zu scheinen, als sie in des Gutsbesitzers Gesicht las, wie die Botschaft, die sie. entsetzt hatte, auch bereits zu ihm gedrungen war.

Das ist alles jedenfalls zum größten Teile übertrieben. Wäre wirklich alles wahr, jo würde wohl direkte Nachricht hier sein."

Er nickte stumm und schritt an ihr vorbei in sein

Zimmer.

Sie reden sonst noch allerlei aber keiner weiß etwas, genau." ^

Von allem, was er gehört, klingt zumeist nur das iu ihm und etwas Dunkles, Fürchterliches steigt daraus empor, will sich ihm aufzwingen, ob er sich auch dagegen wehrt. Er sieht seinen Sohn vor sich, wie er ihn schon einmal erblickt; sieht ein junges Weib, sein Weib, das flüchtet

vor dem, der drohend vor ihr steht, wie ein anderer vor ihm sich geflüchtet hat, und so wie er auch sie, statt sich LU retten, in den Tod gegangen ist.

Ein Unglück rvwomerne Vravand! Im Forst suchen sie nach ihr, im Forst! Wenn er hinausging auf die

Felder, konnte er vielleicht einem der Suchenden begegnen.

Er hat den Mantel umgeworfen, die alte Jagdmütze aufgesetzt, so geht er wieder über den Hof ins Freie hin- aus. Langsam erst hierhin, dorthin auf den schmalen Feld­wegen, dann bleibt er plötzlich in gerader Richtung, schreitet schneller, bestimmter vorwärts, als habe sein Weg ein festes Ziel und ist dann wieder zögernd stehen geblieben aus der Fahrtstraße, auf die er vom Feldrain herübergo- treten. Die Straß: nach Falkenhagen.

Kein Gedanke in ihm, dorthin zu gehen, aber ein heim­liches Wort, ob nicht einer daher käme, der Wahres wußte einer, vielleicht der einzige, der alles wußte: Hartmut.

Mit beiden Händen auf den Stock gestützt, steht der alte Mann da, unter den buschigen Brauen spähen seine noch scharfen Augen die alleeartig von Bäumen einge­faßte Straße entlang.

In scharfem Tempo kam ein Automobil daher, und drinnen ein Kopf, der jäh zurückfuhr. Das Auto­mobil hält.

M>Du Kind du Angelika!"

(Fortsetzung folgt.)