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Nr. 48 /

Altrulleig. Freitag den 2K Februar

1927

Der preußische Mrristerprüfident über den deutschen Einheitsstaat.

Berlin, 24. Febr. Auf Einladung der Vereinigung so- : zialistischer Studenten hielt der preußische Ministerpräsi­dent Braun heute in der Universität einen Vortrag über den deutschen Einheitsstaat, in dem er, wie der Amtliche , Preußische Pressedienst meldet, ausführte, es sei der Natio- s nalversammlung gelungen, gewisse Einrichtungen unseres : öffentlichen Lebens für das ganze Reich einheitlich zu ge­stalten. An der Gliederung des Reiches in Einzelstaaten - jedoch habe die Verfassung nichts geändert. Der Schaf- : fung eines idealen Förderativstaates standen vor allem die großen Unterschiede der deutschen Länder im Wege. Dieser abnormen Gestaltung habe auch im Reichsrat Rechnung ge- ^ tragen werden müssen. Auch in der Weimarer Verfassung bleibe die Bestimmung aufrechterhalten, daß Preußen nicht mehr als zwei Fünftel der Stimmen im Reichsrat stellen darf. Dadurch sei der politische Einfluß des preußischen s Volkes in der Reichspolitik erheblich vermindert. Auch in - der finanziellen Leistungsfähigkeit prägten sich diese inkom- ! mensurablen Erößenverhältnisse aus. Von Preußen werde j immer die weitestgehende solidarische Unterstützung ver- ! langt, aber an Gegenseitigkeit werde nicht gedacht. Das i völlig verarmte und von hohen Kriegslasten bedrückte j Deutschland könne sich den Luxus eines so teuren und un- z zweckmäßigen Staatsaufbaus für die Dauer nicht leisten. : Wir haben in Deutschland außer den Reichsministerien 18 - Ministerien mit insgesamt 58 Ministern, zu denen noch die ! 42 Senatoren der drei Stadt-Staaten kommen, ferner 17 s Landesparlamente und 17 Reichsratsvertretungen. Das ! aber kostet dem deutschen Volke etwa 15 Millionen, ferner ! ein Mehr an Verwaltungsausgaben, das mit dem zehnfa- ! chen dieser Summe sicher noch zu niedrig geschätzt sei. Ob ! die Länder als Zwischenstufen noch weiter notwendig seien, ; das sei die Frage, die entschieden werden müsse. Als ein- ! zig praktisch durchführbarer Weg schlage er das folgende ; vor: Das Reich müsse alle Möglichkeiten, die ihm die ? Reichsverfassung auf legislativem wie administrativem Ge- ; biete gibt, restlos ausschöpfen, was allerdings in einer die ^ Länder finanziell befriedigenden Weise geschehen müsse, i Dann würden die Länder allmählich ihrer Eigenstaatlichkeit , entkleidet und tatsächlich zu Verwaltungsorganen herab- « gedrückt werden. Sollte die Umgestaltung Schwierigkeiten r machen, so würde eine Volksbewegung gegenüber allen ! kleinlichen Partikularisten entfacht werden können. Das I Deutschland der Zukunft müsse nach einem Wort des Reichs- l Ministers Dr. Preuße ein deutsches Deutschland sein. i

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Sr. Marx und die Presse !

Berlin, 24. Febr. Im Berliner Pressehaus, dem Hause des s

D. d. Z., versammelte sich gestern abend auf Einladung des Vor- i standes des Vereins Deutscher Zeitungsverleger eine Anzahl ! prominenter politischer Persönlichkeiten zu einem geselligen : Beisammensein. Reichskanzler Dr. Marx erwiderte auf eine ? Begrüßungsrede des Vorsitzenden Krumbhaar u. a.: Die Neuord- i nnng unserer staatlichen Verhältnisse bedingt auch eine Ren» s regeln»« der Beziehungen von Presse und Staat. Dabei denke i ich nicht nur an die beute von niemanden mehr bezweifelte Not- s Wendigkeit einer möglichst vertrauensvollen, persönlichen Zusam- x menarbeit zwischen Presse und Regierung, sondern in Ueberein- i stimmung mit meinem Herrn Vorredner auch an die großen ge- s setzgeberischen Fragen, welche auf dm Gebiete des Pressewesens x der Lösung harren. Der zur Zeit dem Reichsrat vorliegende und k demnächst an den Reichstag gelangende Entwurf eines allgemei- ! «ne dentschen Strafgesetzbuches berührt in mehr als einer Be- r Siebung Probleme, die für die Presse unmittelbar von Vedeu- s tung sind. Ich nenne nur die Frage der Verbesserung des Ehren- x schutzes und die damit wiederum unmittelbar verknüpfte Rege- s lung des Schutzes der Presse bei Wahrnehmung berechtigter In- s teressen. Das Recht, öffentliche Interessen wahrzunehmen, kann s unserer Tagesvresse nicht länger vorenthalten bleiben. Aber - auf der anderen Seite darf nicht übersehen werden, daß mit der ! Erweiterung des Rechts der Kritik auch die sittliche Verantwor- i tung der Presse eine wesentliche Steigerung erfährt. Aehnlich ! liegen die Dinge Lei der noch in Vorbereitung befindlichen Re- s form des deutschen Presserechts. Ich möchte hier zur Beseitigung ' entstandener Jrrtümer gleich vorweg bemerken, daß die Presse- s rchtsreform, nach dem, was ich mir aus dem Innenministerium s habe berichten lassen, noch keineswegs feste Formen angenom- j men hat, sondern sich noch im Stadrum der Vorbereitung Lefin- ' det. Die besonderen Schwierigkeiten der die Presse betreffenden ' gesetzgeberischen Fragen erfordern ganz besonders umfassende und gründliche Vorarbeiten. Nacb .«mgehender Klärung der '

-presserechtsprobleme Des Deutschen Rechts ist man zurzeit damit beschäftigt, in Verbindung mit dem der hiesigen Universität an­gegliederten Institut für internationales öffentliches Recht das Presserecht sämtlicher Kulturstaaten zusammenzustellen und zu vergleichen, um auch die in anderen Landern gesammelten Er­fahrungen nutzbar machen zu können. Die Besorgnis, daß die s Presse hir eines Tages überraschenderweise vor vollendete Tat- - sachen gestellt werden könnte, erscheint also nicht begründet. Trotz- . dem würde ich es begrüßen, wenn die Presse so früh als möglich I an der Reform des deutschen Presserechts durch Einbringung ein- : zelner Vorschläge Mitarbeiten würde. Das Problem der Presse- ' kreiheit ist unlösbar verknüpft mit der Erkenntnis der hohen moralischen Verantwortung, ohne die eine wirklich freie Presse - auf die Dauer nicht bestehen kann. Erziehung des journalistischen i Nachwuchses zu innerlich unabhängigen und verantwortungs­bewußten Persönlichkeiten, Hebung aller in der Presse tätigen geistigen Kräfte in ethischer und wirtschaftlicher Beziehung sind die Vorbedingungen für eine solche Entwicklung der deutschen Presse. Ich weiß, daß auch Sre, meine Heren, diese Notwendig­keit seit langem erkannt haben und bin überzeugt, daß gerade Sie alles in Ihrer Macht Stehende tun werden, um dieses Ziel zu erreichen. Ich hoffe zuversichtlich, daß der Tag nicht mehr fern ist, an dem wir mit Stolz sagen können, daß die deutsche Presse in all diesen Beziehungen an der Spitze marschiert, wie j sie es in vielem schon jetzt tut. Wenn es sich darum handelt, j einer solchen geistig und ethisch hochstehenden Presse die Frei» ! beit zu sichern, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt, ! werden Sie mich stets an Ihrer Seite finden. (Lebb. Beifall.) s _ ' t

Sie innere« Schwierigkeiten Pmenes!

Seit geraumer Zeit mehren sich di« Stimmen, die die ! französische innerpolitische EntwiLung im Sinne einer Stär- > kung des Kartellgedankens beurteilen. Die Möglichkeit eines i Wiedererstehens des Kartells der Linken kann natürlich nicht bestritten werden, ja, bei einigermaßen geschicktem j Operieren der Radikalen und der Sozialisten besteht sogar ! die große Wahrscheinlichkeit, daß das Einigungswerk der I französischen Linksparteien trotz des Kabinettsder nativ- nalen Einigung" zustandegebracht wird. Beim gegenwär- i tigen Stand der Dinge muß etwas derartiges aber noch als i gänzlich ausgeschlossen bezeichnet werden. Poincare hat die ! Zügel nach wie vor fest in der Hand. Mag inan ihm auch - gerade jetzt wieder in der Angelegenheit der Schuldenrege- ; lung mit England und den Bereinigten Staaten die dicksten s Knüppel zwischen die Beine werfen, so schnell wird er das Feld jedenfalls nicht räumen. Der französische Premier ist zu i schlau, er ist auch heute noch zu sehr Advokat, als daß er ! nicht wüßte, wie er die Herren von seiner parlamentarischen f Linken in Schach halten kann. Es gibt für ihn ein wunder- s volles Abschreckungsmittel, das bisher noch in jeder Situa- i tion Poincare die Wege wieder frei gemacht hat: die Dro- ! hung mit einem neuen Sturz der französischen Währung. So etwas zieht in Frankreich immer, um wieviel mehr aber , bei den Männern des Linkskartells, die sich fast zu Dutzen­den an dem Problem der Sanierung und Stabilisierung des Franken den Kopf eingerannt haben, ohne zu einem dauern­den Erfolg zu kommen. Die Position Poincares ist damit stets gesichert, solange er will und solange sich nicht andere schwerwiegendere Probleme zwangsläufig in den Vorder­grund der politischen Diskussion schieben. j

Da ist vor allem die Wahlreform, die dem Führer des i Kabinetts der nationalen Einigung die größte Sorge macht, s Denn hierin, so scheint es, lassen die Linksparteien nicht mit ! sich spaßen und wenn Poincare noch so sehr drohen sollte, z Die >dem Parlament zugesagte Wahlreformvorlage des In­nenministers Sarvaut stellt wohl das äußerste dar, was die Radikalsozialisten und vor allen Dingen auch die Sozialisten, auf deren Unterstützung das Kabinett angewiesen ist, Mr tragbar halten. Gegen die Wahlreform ist van vornherein ' die Regierungsgruppe des Pensionsministers Marin, die un­gefähr 100 Mann zählt. Wenn nun Poincare unter dem Druck der seiner Regierung angehörenden Minister der Lin­ken sich Genehmigung von den Sozialisten holen muß, dann kann es leicht möglich sein, daß Herr Marin mit seinen Leu­ten der Regierung den Rücken kehrt. Schließlich ist ja die , Wahlreform zu nichts anderem bestimmt, als die Rechte, die ! zur Zeit des Nationalen Blocks dem Lande des Listenwahl­system ausdoktroierte, um eine möglichst höhe Mandatsziffer für sich sicherzustellen, nunmehr durch die Wiedereinführung der Nrrondissementswahlen in ihrem Besitzstand an Man­daten noch weiter zu schwächen, als das bereits bei den letz­ten Wahlen der Fall gewesen ist. Dazu soll nun ausgerech­net Herr Poincare seine Hand bieten. Aus dem Dargelegten erhellt, wie schwierig das Problem ist. An ihm kann in der Tat das Kabinett dernationalen Einigung" scheitern und an feinem Grübe das Kartell der WMep Wiedererstehen -. ^

sofern es gelingt, Das staatsfinanzielle Moment wenigstens auf kurze Zeit aus der Diskussion auszuschalten.

Paris, 24. Febr. Heute nachmittag hat Poincare in der Kammer die mit großer Spannung erwarteten Erklärungen über seine Abmachungen mit Amerika und England in der Schuldenfrage abgegeben. Obwohl im Augenblick noch keine Gefahr für das Kabinett vorhanden ist, wird nicht nur in parlamentarischen Kreisen bereits die Möglichkeit seines Rücktritts erwogen, sondern es werden auch schon die Name» seiner etwaigen Nachfolger erörtert. Die Sozialisten wolle« eine Aussprache in der Kammer unter allen Umständen er­zwingen; jedoch herrscht unter ihren Führern Meinungsver­schiedenheit über die endgültige Haltung. Leon Blum und seine Freunde sind geneigt, Poincare noch weiter regieren zu lassen, weil sie glauben. Laß er sich selber sein Grab schau­feln wird, während Vincent Auriol, der den Angriff er­öffnet hat, für den möglichst baldigen Sturz Poincares ein- tritt. Die Gegner der von Poincare mit Amerika und Eng­land abgeschlossenen Abkommen find zahlreicher, als die Re­gierung zuvor geglaubt hat.

Neues vom Tage.

Generaldirektor Dr. Dorpmüller in Stuttgart

Stuttgart, 24. Febr. Der Generaldirektor der Reichs­bahngesellschaft, Dr. Dorpmüller, ist heute mittag hier ein- getroffen und wurde von den oberen Beamten der Reichs­bahndirektion Stuttgart empfangen. Präsident Dr. Sigel war ihm bis Crailsheim entgegengefahren. Nachmittags stattete Dr. Dorpmüller der Staatsregierung und dem Oberbürgermeister einen Besuch ab. Nach verschiedenen Be­sichtigungen und Konferenzen, führte er bei einem Empfang der Pressevertreter u. a. aus: Mit Befriedigung kann ich feststellen, daß sich die Arbeit zwischen Württemberg und der Reichsbahn reibunglos vollzieht. Das verständnisvolle Eingehen der wllrttembergischen Regierung auf die Lage und die besondere Stellung der Reichsbahn muß ich beson» ders hervorheben. Nach einem Hinweis aus die Aufgaben der Reichsbahn im allgemeinen und deren Lösung streifte der Redner den Ausbau der württ. Nord-Südlinie, führte die Gründe an für die Notwendigkeit der Elektrisierung der Eisenbahnen und die Ausgestaltung des Fahrplans. Der Reichsbahn wird es im nächsten Sommersahrplan möglich sein, den Personenzugsfahrplan um etwa 10 Prozent zu verbessern. Nach der Aussprache wurde dem Generaldirek­tor für seine Ausführungen durch Reg.-Rat Vögele gedankt.

Die Spaltung bei den Völkischen Berlin» 24. Febr. Der nationalsozialistsche Abg. Straßer hat, wie wir hören, seinen Austritt aus der Fraktion der Völkischen Arbeitsgemeinschaft erklärt. Durch diesen Aus­tritt verliert die völkische Fraktion zunächst die Fraktions­stärke.

E«- Autounglück in FreiLurg Freivurg i. V., 24. Febr. Heute vormittag fuhr ein mit drei Personen besetztes Privatauto mit großer Geschwin­digkeit gegen einen Baum. Die mitfahrende Dame, ei» Mitglied der zur Zeit in Freiburg gastierenden bayeri­schen Künstlertruppe, erlitt einen Bruch der Wirbelsäule und war sofort tot. Ihr Begleiter, sowie der Chauffeur erlitten schwere Verletzungen.

Verhaftung von zwei deutschen Arbeitern durch die !

Franzose«

Germersheim, 24. Febr. Von der französischen Eendav» merie wurden zwei hiesige Arbeiter in ihrer Wohnung ver­haftet, die am 20. Febr. in einer Wirtschaft an einem Vergnügen teilgenommen hatten, auf dem es zu einer Rau­ferei mit einem Algerier und einem als gewalttätig be­kannten französischen Sergeanten gekommen war.

Entsendung eine» englischen Kreuzers nach Nicaragua London, 24. Febr. Der amtliche englische Funkdienst teilt mit: Die englische Regierung hat einen Kreuzer nach Mana­gua entsandt, der im Notfäll den Schutz der britischen Staatsangehörigen übernehmen soll. Sie hat Washington von diesem Schritt in Kenntnis gesetzt und ihren Dank für, den bisherigen Schutz der britischen Interessen ausgesprochen.

Der Streik in Shanghai beendet London, 24. Febr. Reuter meldet aus Shanghai: Der Streik ist beendet. Die chinesischen Behörden haben Agenten in die französische Konzession entsandt, die ohne Wissen der französischen Polizei eine große Anzahl von Streikführ er >i gefangen nahmen. ,_ _