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Nr. so I

Alteusteig. Mittwoch den 26 . Januar

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Zur Regierungsbildung

Berlin, 26. Jan. Die Besprechungen des Reichskanzlers Dr. Marx und des Ministers Dr. Brauns mit den fünf Unterhändlern der deutschnationalen Fraktion wurden gegen 1 Uhr unterbrochen. Der Reichskanzler unterrichtete, wie das Nachrichtenbüro des Vereins Deutscher Zeitungs­oerleger erfährt, sofort im Anschluß daran den Retchsaußen- minifter Dr. Stresemann über den Verlauf der Verhand­lungen. Wie wir hören, sind heute vormittag die meisten Fragen des von Dr. Marx in Gemeinschaft mit Dr. Brauns «wd Dr. Stresemann ausgestellten Programms gründlich «örtert worden. Das Ergebnis wird in parlamentarischen Kreisen nicht ungünstig beurteilt. Zur Erörterung der noch offenen Fragen, nämlich der Außen-, Sozial- und Wirt­schaftspolitik sind die deutschnationalen Unterhändler für nachmittags 3.30 Uhr nochmals zum Reichskanzler geladen. Im Anschluß an diese erneute Besprechung, die voraussicht- Vch über eine Stunde dauern wird und die letzte entschei­dende Verhandlung mit den Deutschnationale» sein dürfte, beabsichtigt Dr. Marx die Demokraten über das Ergebnis seiner Verhandlungen mit den Deutschnationalen zu unter­richten. Von der Stellungnahme der Demokraten wird es abhängen, ob sie an einer gleichfalls noch für heute abend «l Aussicht genommenen gemeinsamen Besprechung der künf­tigen Regierungsparteien teilnehmen werden, lieber Per­sonenfragen ist, wie von zuständiger Seite versichert wird. Mit den Deutschnationalen noch nicht verhandelt worden, weil bisher noch nicht zu übersehen ist, welche Parteien sich an der Rsgiernngskoalition beteiligen und wieviel Mtni- sterposten auf die einzelnen Fraktionen entfallen werden. Jedenfalls rechnet man in politischen Kreisen damit, daß die Verhandlungen über die Bildung einer Regierungs­mehrheit «och heute zu Ende geführt werden können, wenn auch die Aufstellung einer endgültigen Ministerliste heute «mb wicht erfolgen kann.

Ministerkandidate«

Berlin» 26. Jan. Wenn auch offizielle Verhu.cdiungen über den Eintritt deutschnationaler Minister in das Ka­binett noch nicht stattgefunden haben ,so werden die Perso­nenfragen in den Wandelgängen des Reichstages schon leb­haft erörtert. Man erwartet, wie das N. d. V. d. Z. hört, in parlamentarischen Kreisen, daß den Deutschnationalen drei bis vier Ministerposten angeboten werden und zwar das Amt des Vizekanzlers, das des Innenministers, des Landwirtschafts und das des Justizministers oder des Mini­sters für die besetzten Gebiete. Ms Kandidaten werden u. a. genannt: Wallraf für die Vizekanzlerschaft und Lindeiner -für das Innenministerium, Thomsen oder v. Eoldacker für das Landwirtschaftsministerium. Wallraf kommt unter Amständen auch für das Justizministerium in Betracht.

Der Stand der Regierungskrise

Berlin, 26. Jan. Die Verhandlungen über die Regie­rungsbildung wurden vom Reichskanzler während des gan­zen heutigen Tages fortgesetzt. Zu diesem Zwecke empfing er heute vormittag die Vertreter der Deutschnationalen Volkspartei, die über ihre sämtlichen Fraktionsberatungen Bericht erstatteten. Um vier Uhr nachmittags besprach er sich mit den Führern der Deutsch-demokratischen Partei.

Berlin, 26. Jan. Die heutigen Abendverhandlungen beim Reichskanzler, die sich bis gegen 11 Uhr nachts hin­zogen, haben, wie das Nachrichtenbüro des Vereins deut­scher Zeitungsverleger erfährt, soweit zu einem gewissen Abschluß der zur Erörterung stehenden Fragen geführt, daß um Mittwoch vormittag 11 Uhr die bereits vorge­sehene gemeinsame Besprechung der Führer der für die Re­gierungsbildung in Aussicht genommenen Parteien statt­finden wird. Dr. Marx wird die in der heutigen Abend­besprechung vereinbarte Formulierung am Mittwoch vor­mittag der Redaktionskommission der Zentrumsfraktion vorlegen. Mit großem Interesse sieht man der Entschlie­ßung entgegen, die die demokratische Partei über ihre Be­teiligung oder Nichtbeteilgung an der Regierung fassen wird. In parlamentarischen Kreisen rechnet man damit, daß die Deutsche Volkspartei am Mittwoch im Plenum be­antragen wird, die für Mittwoch vorgesehene Vertagung solange hinauszuschieben, bis es dem Kanzler möglich ist, mindestens eine Zwischenerklärung über das Zustande­kommen der Regierung abzugeben. Sollten auch die Per­sonenfragen, über die die Verhandlungen bereits am Mittwoch beginnen, inzwischen geklärt sein, so würde Dr. Marx auch sein Kabinett noch vor der Vertagung vorstel-

- len. Die Regierungserklärung wird voraussichtlich sehr : kurz gehalten sein und die Debatte sowie die Abstimmung ^ über das Vertrauensvotum bis zum Wiederzusammentritt z des Reichstages vertagt werden.

' Eine Erklärung der Zentrumspartei

s Berlin, 25. Jan. Die Reichstagsfraktion des Zentrums teilt ! dem Nachrichtenbüro des V. d. Z. mit:

, Die Zentrumsfraktion des Reichstages nahm in ihrer heu- s Ligen Sitzung weitere Berichte über den Verlauf der Verhand­lungen um die Regierungsbildung entgegen. Dabei fand die ! durch gewisse Gerüchtsbildung in namhaften volksparteilichen Blättern geschaffene Sachlage besondere Beachtung.

> Die Deutsche Volkspartei hat sich den aussichtsreichen Mög- s lichkeiten einer Wiederaufrichtung eines Kabinetts der Mitte

> widersetzt und auf den Versuch der Mehrheitsbildung mit den i Deutschnationalen hingedrängt. Im Augenblick, da der Be- z auftragte des Herrn Reichspräsidenten, der Zentrumsmann Dr. s Marx, auf Grund des Manifestes seiner Fraktion Verhand- s langen ausgenommen hat, schicken sich volksparteiliche Blätter

- an, die sachlich politischen Ziele des Zentrums durch leere Kom- i binationen in ein völlig falsches Licht zu rücken, das Zentrum ! zu diskretieren und eine gemeinsame Abwehrfront des Libera- s lismus gegen eine angeblichdem deutschen Geistesleben droh-

> ende Gefahr" zu begründen. Das Ungewöhnliche dieses Vor- i ganges ist offensichtlich.

k Demgegenüber sieht sich die Reichstagsfraktion des Zentrums s veranlaßt zu nachstehender formulierter Stellungnahme: sMit Staunen und Entrüstung nimmt die Zentrumssraktion ! Kenntnis von den geflissentlichen Ausstreuungen volkspartei- f licher Blätter über kulturpolitische Vorverhandlungen und AL- s machungen des Zentrums mit deutschnationalen Kreisen. Solche ; Verhandlungen oder Verabredungen haben, wie wiederholt fest- gestellt worden ist, in keiner Weise stattgesunden. Solche, jeder , Grundlage entbehrenden Ausstreuungen sind aber geeignet, die s politische Atmosphäre zu vergiften und die laufenden Verhand- t lungen zwecks Bildung einer Regierung aus das ernsteste zu , stören. Die Zentrumsfraktion mutz die Verantwortung über die f möglichen Folgen eines solchen Vorgehens den Urhebern die- ; ser durchsichtigen Kombinationen überlassen.

' Die Beweggründe zu ihrem politischen Verhalten hat die z Zentrumssraktion in ihrem Manifest offen dargelegt. Sie hat , dem nichts hinzuzufügen."

! Neues vom Tage.

^ Die neue Reichsanleihe

> Berlin, 26. Jan. Das Reichsfinanzministerium gibt be­kannt: Soeben ist die deutsche Reichsanleihe im Betrage von Aw Millionen Mark, verzinslich zu 5 v. H. zu einem Aus­gabekurs von 92 v. H. abgeschlossen worden. 300 Millionen sind von einem Bankenkonsortium übernommen worden, i 200 Millionen sind freihändig mit 9monatiger Sperrfrist § auf dem Geldmarkt untergebracht worden. Die Zeichnungs- s frist für die Anleihe läuft vom 3. bis 11. Februar. Die Frist i für die Einzahlung läuft vom 21. bis 23. Febr. Als Be­gründung für die jetzige Ausgabe der Anleihe wird ange­führt, daß das Reichsfinanzministerium es für richtig ge­halten hat, den gesamten Anleihebedarf des Reiches auf einmal zu decken, und dies bei dem gegenwärtig besonders günstigen Moment zu tun, da es zurzeit möglich ist, die An­leihe mit einem Zinssatz von 5 v. H. günstig unterzubringen während noch im Jahre 1926 dieser Satz 7 v. H. betragen haben würde. Der Gesichtspunkt des Zinsfußes ist weiter insofern von besonderer Bedeutung gewesen, als man hofft, ^ durch die neue Anleihe einen Normalzinsfuß für gut fun- i dierte Papiere geschaffen zu haben, der es insbesondere auch ' ermögliche, den Realkredit, der für den Aufbau von beson­derer Wichtigkeit ist, auf ein erträgliches Maß zurückzu­führen. Die Anleihe ist bis 1933 untilgbar; von da ad er­folgt die Tilgung innerhalb 25 Jahren durch Auslosung ! zum Nennwert. Die Einführung der Anleihe an den deut­schen Börsen und die Erklärung der Lombardfähigkeit bei der Reichsbank werden sofort in die Wege geleitet werden.

Ministerpräsident Brau« beim Reichspräsidenten Berlin, 25. Jan. Reichspräsident v. Hindenburg empfing heute den preußischen Ministerpräsidenten Braun.

Großer Antomobilschieberprozeß d Berlin, 25. Jan. Heute begann hier ein umfangreicher Prozeß gegen Hans v. Lehn, der sich als Rennfahrer und Kaufmann bezeichnet, sowie gegen 17 weitere Angeklagte, mit denen zusammen v. Lehn unter verschiedenen Deckfir­men ungefähr 80 Automobile verschoben und noch andere Kreditschwindeleien begangen hat. Die Angeklagten er­warben die Wagen auf Grund einer kleinen Anzahlung und gaben für den Rest der Kaufsumme Wechsel. Die Wa­gen wurden dann sofort zu Geld gemacht und die Wechsel 1 nicht eingelöst. .

, Brand in einer Wiesbadener Kaserne

j Wiesbaden, 28. Jan. Auf dem Grundstück der ehemaligen

- Artilleriekaserne, welche von englischen Truppen benutzt

^ wird, entstand heute morgen 4 Uhr ein Brand, dem die ; Autoreparaturwerkstätte und das Lagerhaus zum Opfer ? sielen. ,

! Die Verhandlungen des Haager Auslegungsschiedsgerichts ! Hltllg, 25. Jan. In der heutigen Vormittagssitzung des i Auslegungsschiedsgerichts gab Professor Kaufmann namens j der deutschen Regierung seine Replik auf die Ausführungen i des Vertreters der Reparationskommssion vom Samstag. ! Er bestritt in eingehenden Darlegungen die Auffassung der i Reparationskommisston, daß man bei der Entscheidung der ! Frage, welche Zahlungen unter die Annuitäten fielen, dem , Zustande des deutschen Budgets nicht Rechnung zu tragen ^ brauche. - ---

^ Ein diplomatischer Schritt in Warschau

' Berlin, 25. Jan. Die Blätter melden, das Auswärtige i AM hat den deutschen Gesandten in Warschau angewiesen, : wegen der Deutschenausweisungen in Oberschlesien bei der ) polnischen Regierung diplomatische Schritte zu unternehme« ! und darauf hinzuweisen, Laß Lei in Gang befindlichen Ber- ! Handlungen über den Handelsvertrag und über das Nie- ! derlassungsrecht durch das Vorgehen des Wojewoden in Ost» ^ Oberschlesten außerordentlich gefährdet seien, s Polnische Quertreibereien

> Berli«, 26. Jan. Wie die Blätter aus Warschau melden, ! hat die polnische Regierung beschlossen, sofort eine Abord- s nung, bestehend aus zwei höheren Offizieren des General- < stabs und einem Vertreter des Kriegsministeriums, nach k Paris zu senden, die dort Vorstellungen in der Angelegen- s heit der deutschen Ostfestungen erheben sollen. Die Abord- ; nung soll, wenn den polnischen Forderungen nicht Gehör j gegeben wird, darauf Hinweisen, daß Polen sich mit einer solchen Lösung nicht beruhigen werde.

- Stnrm im Wiener Eemeinderat

- Wien, 25. Jan. Im Wiener Eemeinderat kam es heut« § nacht zu stürmischen Auftritten, als die sozialdemokratisch« i Mehrheit die von der christlich-sozialen Minderheit seit vie- 1 len Wochen geübte Obstruktion gegen die Steuerpolitik der ^ Gemeinde durch Annahme eines Antrages auf Schluß de, ^ Aussprache abschnitt. Die Christlich-Sozialen machten dar- f auf mit Pfeifen, Trommeln und anderen Instrumenten

einen ohrenbetäubenden Lärm. Der Bürgermeister schloß ? um Mitternacht die Sitzung.

s Günstiger Verlauf der Pariser Verhandlungen über r die Ostfestungen

- Paris» 25. Jan. Wie Havas berichtet, verliefen die s Verhandlungen über die deutschen Ostfestungen günstig s und man glaubt, daß sie bis zum 31. Januar zu einem

Ergebnis führen werden.

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i Deutscher Reichstag

§ Berli«, 25. Ja«.

! Am Montag wurde in zweiter Lesung das Gesetz r»r Bekümv- s bürg der Geschlechtskrankheiten angenommen.

- Es folgt am Dienstag die zweite Beratung eines Gesetzent- i Wurfes, der von der Wirtschaftlichen Vereinigung eingebracht t ist, zur Aenderung des Gesetzes über den Verkehr mit Vieh und : Fleisch. Die Vorlage bestimmt u. a., daß der Handel mit Fleisch : und Fleischwaren im Umherziehen verboten ist, ebenso der Ver- j kauf von erkennbaren trächtigen Tieren zum Schlachten.

j Abg. Drewitz (Wirtschaft!. Ver.) tritt für den Antrag ein. ' Der Antrag wird abgelehnt.

! Eine Novelle zur Gewerbeordnung führt die Konzessionspflicht k für das Wach- und Schlietzgewerbe ein. In einer Entschließung 1 wird auch die Konzessionspflicht für das Detektivgewerbe ver- ? langt.

i 3ur Verhandlung kommt dann ein von den Kommunisten be- ? antragter Gesetzentwurf sum Schutz vo« Mutter und Kind. Der 1 Ausschuß hat die Vorlage abgelehnt und ersucht die Regierung : um eine Denkschrift über den Stand des Mutterschutzes.

! Das Haus vertagt sich auf Mittwoch, 3 Uhr mit der Tages- ! ordnung: S. Lesung des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechts- I krankheiten.

i Aeber den Antrag, auch das Erundschulgesetz auf die Tages- j ordnung zu setzen, muß durch Auszählung entschieden werden.

! Mit 151 gegen 109 Stimmen wird beschlossen, den Punkt auf die > Tagesordnung zu setzeu.