Bulgarien und Serbien.

Berlin, 20. Nov. Die Wiener Relchspost meldet aus Sofia: Für kommenden Sonntag sind in Bul­garien über 76V Volksversammlungen «inberufen mit der Tagesordnung: Forderung nach sofortiger Besetzuntz von Serbisch-Mazedonien.

(W.T.B.) Sofia, 19. Mv. (Nicht amtlich.) In einem dem früheren Minister Ehonadiew zugeschrie­benen Artikel der offiziösenBolia" heißt es: Der Kanonendonner von Baljevo kündigt an, daß der Vertrag von Bukarest wirkungslos geblieben ist. Alles beweist, daß die Zeit herankommen wird, wo die Frage einer Revision des Bukarester Vertrages aufgeworfen werden muß. Welche Form hierfür ge­wählt wird, müssen nicht Wissenschaft oder inter­nationale Gebräuche entscheiden, sondern die Er­gebnisse des Augenblicks. DieAgence Bulgare" schreibt: Die Haltung der serbischen offiziösen Presse besonders des RegierungsorgansSamouprava" unter Leitung des Ministers des Innern, gegenüber Bulgarien erregt lebhaften Unwillen. Der zynische Ton der serbischen Blätter zeigt die Unverbesserlich­keit Serbiens.

Eine bulgarische Drohung.

Köln, 19. Nov. DieKöln. Ztg." meldet aus Sofia: Die geplante Einrichtung eines bulgarischen Donaudampferdienstes von Bazias oder Orsowa (am ungarischen Donauufer) abwärts bezweckt, die Handelsverbindungen, sowie den Ein- und Ausfuhr­verkehr Bulgariens mit Mitteleuropa aufrecht zu halten. Serbien ist nicht ohne weiteres geneigt, die­sen Donauverkehr zuzugeben. Es hat angedeutet, daß es hierzu die Erlaubnis Rußlands einholen müsse. Bulgarien erkennt dies nicht an und droht, die für Serbien bestimmten russischen Dampfer anzuhalten, falls Serbien die bulgarischen Donaudampfer nicht vorüberläßt. Die bulgarischen von Ungarn gekauften Dampfer liegen schon in Bazias. Bulgarien, das unbedingt dieser Verbindung bedarf, ist entschlossen, die schärfsten Mittel zu ihrer Erlangung und Sicher­heit anzuwenden.

Die Serben am Ende.

Berlin. DerPopolo Romano" berichtet, die serbische Armee habe nur noch 100.000 Mann in schlimmem Zustand, denen 300000 Oesterreicher gegenüberstehen. Daher sei weiterer Widerstand unmöglich

Berlin.Perseoeranza" meint, Serbien müsse einen Sonderfrieden schließen, wenn ihm der Drei­verband keine Hilfe bringe.

Vermischte Nachrichten.

Der Generalquartiermeister -fi.

Großes Hauptquartier. 19. Nov. (Amtlich.) Generalqaartiermeister Generalmajor von Boigts- Rhetz tsr in der Nacht vom 18. bis 19. November unerwartet einem Herzschlag erlegen. Sein Nach­folger ist noch nicht bestimmt.

Der Kommandant derEmden".

Aus der Schweiz. 20. Nov. Aus Sydney wird gemeldet, der Kommandant derEmden" sei dort etngetroffen und bleibe dort. Die australische Presse weift die Behauptung zurück, daß er jemals auf seinem Kreuzer eine andere als die deutsche Flagge gehißt habe.

Eine Spende der deutschen Lokomotivführer.

(W.T.B.) Berlin, 19. Nov. Die Kaiserin em­pfing heute nachmittag eine Abordnung des Vereins deutscher Lokomotivführer behufs Usberreichung einer von diesem Verein gesammelten Kriegsspende von 126 600 Mark. Ihre Majestät unterhielt sich ein­gehend mit jedem Einzelnen und bekundete ihre hohe Freude über die reiche Gabe, die in der Hauptsache dem Zentralkomite vom Roten Kreuz zur weiteren Ausgestaltung der Lazarettzüge überwiesen werden wird, zum kleinen Teile aber auf besonderen Wunsch der Geber den durch den Krieg besonders betroffenen Landesteilen in Ostpreußen und im Elsaß zufallsn wird.

Bekanntmachung.

Die Maul- und Klauenseuche

ist in Pforzheim in der Kieselbronnerstraße aus­gebrochen.

Calw, den 20. November 1914.

K. Oberamt:

Amtmann Rippmann.

Doppelmord.

Hof, (Bayern) 20. Nov. Im benachbarten Joditz wurden die Ehefrau des Grundbesitzers Dietz und deren Mutter, mit durchschnittener Kehle im Bett liegend tot aufgefunden. Auf einem Tisch lag ein blutiges Messer, mit dem augenscheinlich der Mord ausgeführt worden ist. Als Täter kommt der früher dort im Dienst gewesene Knecht Sieger in Betracht, von dem jede Spur fehlt. Der Ehe­mann der ermordeten Frau steht z. Zt. im Feld.

Die österreichische Kriegsanleihe.

(W.T.B.) Wien, 20. Nov. DerNeuen Freien Presse" zufolge haben die Zeichnungen auf die öster­reichische Kriegsanleihe nach den Schätzungen unter­richteter Persönlichkeiten bereits eine Milliarde er­reicht. Es besteht die Hoffnung, daß noch ein gut Stück Weges bis zur zweiten Milliarde zurückgelegt werden wird. Da auch die Zeichnungen auf die unga­rische Kriegsanleihe schon jetzt ein günstiges Ergeb­nis aufweisen, wird das wirtschaftliche Machtaufgebot beider Staaten der Monarchie überall einen tiefen Eindruck Hervorrufen.

Eine Kriegsanleihe in Frankreich.

Bordeaux. 20. Nov. Dem GenferCourier" wird aus Bordeaux berichtet: Der französische Mi­nisterrat hat beschlossen, der am 20. Dezember zu- sammentreteuden Kammer eine Vorlaae über Be­willigung von Mitteln in Höhe von 10 Milliarden Francs zu unterbreiten.

Rußland und Finlond.

Stockholm, 19. Nov. Der Generalgouverneur über Finland betreibt jetzt unter Hochdruck die ge­waltsame Russifizierung Finlands. Der Absetzung des früheren Präsidenten des finischen Landtags, des Hofgerichts-Astessors Svinhufoud, ist ein langer Ükas gefolgt, der den amtlichen Gebrauch der fini­schen Sprache und andere Ueberreste der Selbstver­waltung ab schafft und der russischen Beamtenschaft zahlreiche Vorrechte einräumt. Aus Helsingsors wird die Unterdrückung mehrerer finischer Zeitungen ge­meldet. Der deutsche Hilssverein in Helsingsors, die Deutsche Gesellschaft in Wiborg und sämtliche Zweig- aesellschaften dieser beiden völlig unpolitischen Kör­perschaften in anderen finischen Städten wurden aufgelöst. Das ist das beste Mittel, das man in Rußland hat, um unterworfene Völker an sich zu fesseln".

Die englische Rekrutierungsnot.

Ein Telegramm derCentral News" aus New- Vork meldet, daß die Iren stärker als bisher von ihrer Heimatinsel auswanderten und daß allein in den letzten Tagen etwa zweitausend Iren in militär- fähigem Alter dort angekommen seien.

Zürich, 19. Nov. Nach einem Brief eines ange­sehenen Spaniers an einen Schweizer sucht England seinen Osfiziersmangel auch in Spanien zu decken. Die Werbung, die mit glänzenden Bedingungen ar­beitet, wurde anfangs geheim gehandhabt, wird aber jetzt ziemlich offen betrieben.

Nom, 19. Nov. Der Londoner Korrespondent der Gazetia del Popolo" schreibt: Der Zufluß von Re­kruten in England geht jetzt derart zurück, daß eine Reihe von Werbebureaus überflüssig wurden.

Die Deutschen in England.

London, 20. Nov. Die britische Regierung be­schloß, den in England geborenen Frauen und Kindern deutscher Internierter ein Pfund Sterling wöchentlich auszuzahlen, was den Zahlungen ent­spricht, die der amerikanische Konsul an in Deutsch­land geborene Frauen und Kinder Internierter leistet.

Die englischen Uebergriffe zur See.

Hamburg, 19. Nov. Das Völkerrechtswidrige Vorgehen der englischen Kreuzer gegen die hollän­dische Schiffährt in der Nordsee und im Kanal hat die Holland-Amerika-Linie veranlaßt, Rotterdam als Ausreisehafen aufzugeben: der DampferRotter­dam" tritt seine nächste Ausreise von Genua an.

Ballin über die englische Flotte.

(W.T.B.) Berlin, 19. Nov. (Nicht amtlich.) Das Wolff'sche Bureau wird um Verbreitung folgen­der Erklärung ersucht:

Hamburg, 19. Nov. 1914. DieTimes" brin­gen in einem Artikel ihres Korrespondenten in Ko­penhagen die Nachricht, daß es hervorragenden Pat­rioten in Deutschland von Tag zu Tag klarer werde, daß wir England nicht besiegen könnten. Da zu den namentlich aufgeführten Männern auch ich gehöre, lege ich Wert darauf, zu konstatieren, daß meines Erachtens England heute schon besiegt ist, denn ein England, das in einem solchen Kriege seine Flotte versteckt und sich nicht mehr aufs Meer hinaus traut, hat aufgehört, das alte England zu sein. Es hat vor allen Dingen sich damit ein für allemal des Rechts begeben, mitzusprechen, wenn es sich um die Frage des europäischen Gleichgewichts handelt. Vallin. (Ballin ist bekanntlich der Direktor der Hamburg- Amerikalinie.)

Die englische Justiz.

London, 19. Nov. In Erimsby wurde gestern der deutsche Fischer Georg Bruhn zu 2 Monaten Zwangsarbeit verurteilt, weil er es Unterlasten hatte, sich in das Polizeiregister eintragen zu lasten. Wir werden uns diese Rechtsprechung merken müssen.

Englische Spionage.

Konstantinopel, 19. Nov. Nach der Meldung eines Abendblattes hat die Polizei in dem Hause des englischen Staatsangehörigen Alfred Henry in Pera, das auf den Bosporus geht und infolgedessen für Radiotelegraphte sehr günstig ist, Apparate für drahtlose Telegraphie beschlagnahmt. Henry und sein Sohn wurden verhaftet und vor ein Kriegs­gericht gestellt.

Der russische Raubzug.

Wien, 20. Nov. (Nicht amtlich.) Aus dem Kriegsprestequartier wird gemeldet: Zuverlässige Berichte aus dem von den Rüsten besetzten Teile Galiziens besagen, daß die Rüsten ganze Etsen- bahnziige voll Wertgegenstände nach Rußland ab- schteben.

Aus Stadt und Land.

Talw, den 21. November 1914. Verlustliste des Oberamtsbezirks Calw.

(Amtliche württem belgische Derlustliste Nr. 65.)

Brigade-Ersatz-Bataillon Nr. 61.

San.-Utffz. d. R. Johann Michael Rentschler, Teinach, leicht verwundet.

Achtung den Amerikanern.

DieNorddeutsche Allgemeine Zei­tung" schreibt: Für das Verhalten unserer Oef- fentlichkeit gegenüber englisch sprechenden Personen erscheint es angezeigt, nochmals darauf hinzuweisen, daß alle wehrfähigen englischen Staatsangehörigen innerhalb des deutschen Reichsgebiets festgesetzt wor­den sind. Die übrigen Engländer männlichen Ge­schlechts haben mit wenigen Ausnahmen von der ihnen jüngst gebotenen Gelegenheit. Deutschland zu verlassen, Gebrauch gemacht. Wo in der Oeffentlich- keit englische Laute an das Ohr klingen, wird fast immer anzunehmen sein, daß es sich um Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika handelt. Diesen amerikanischen Gästen dürfen wir das Gefühl nicht beeinträchtigen, daß sie im deutschen Volke unange­fochten leben können und uns Gegenstand besonderer Rücksicht sind, als Angehörige einer neutralen Macht, deren diplomatischen und konsularischen Beamten sich unserer in Feindesland befindlichen Landsleute annehmen.

Jür die Schriftleitung veranwortl.: Otto Seltmann. Calw Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei, Calw

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