Die Oesterreicher in Serbien.
(W.T.B.) Wien, 20. Nov. Vom südl. Kriegsschauplatz wird amtlich gemeldet: Partielle Kämpfe auf der ganzen Front. Angriff auf die befestigte Stellung von Lazarevac macht günstige Fortschritte. Gestern wurden 7 Offiziere und 660 Mann gefangen. Ungünstige Witterung, auf den Höhen 1 Meter Neuschnee. die Niederungen überschwemmt.
Sofia, 20. Nov. Der Sonderberichterstatter der „Reichspost" erfährt, wie die „Vossische Zeitung" weitergibt, von gut unterrichteter Seite, die serbische Regierung habe in Bordeaux die Erklärung abgegeben. daß Serbien infolge seines vollständigen wirtschaftlichen Zusammenbruches unmöglich weiterkämpfen könne. Die geschlagene serbische Armee werde versuchen, sich bei Kragujerratz noch einmal zu stellen. Die serbische Regierung hat auch in Athen noch einen Schritt zur Erlangung dringend nötiger Hilfe unternommen.
Mailand, 20. Nov. Der Mailänder „Lombar- dia" wird aus Sofia gemeldet: Uesküb wurde durch königlichen Erlag zur Residenzstadt erhoben. Das Finanzministerium und die serbischen Staatskassen find bereits von Nisch nach Uesküb llberaesiedelt. Die Verlegung der übrigen Ministerien und des Hofes soll diese Woche erfolgen.
Der letzte amtliche serbische Schlachtbericht von: 17. ds. Mts. lautet: „Unsere Offensive im Grenzgebiet ist vorübergehend zum Stillstand gekommen. Wir waren infolge der großen Uebermacht des Feindes gezwungen, zurückzugehen. Die verbündete Armee marschiert in Eilmärschen aus Berlin. Die Lage ist gut."
(Eine Fähigkeit besitzen unsere verbündeten Feinde alle in demselben hohen Grade: Sie verstehen
zu lügen.)
Zur Offensive der Oesterreicher in Serbien.
(W.T.B.) Berlin. 19. Nov. Die „Nordd. Allg. Zeitung" schreibt: Schlag auf Schlag haben die österreichisch-ungarischen Truppen gegen die feindliche Streitmacht im Süden geführt. Keine Schwierigkeiten des Geländes, die bei der Kriegführung in dem dortigen Gebiet wahrlich auch ins Gewicht fallen, haben das vordringende Heer Oesterreich-Ungarns wesentlich aufzuhalten vermocht. In dem siegreichen Fortschreiten wurde der Feind an der Drina geschlagen und der Sieg tief in das gegnerische Land getragen. Hier wie Überall haben die österreichischungarischen Truppen mit herrlichem Mut und nicht wankender Ausdauer heldenhaft gefochten und sich in der Hand einer tüchtigen Führung als vorzügliche Waffe bewährt. In Deutschland folgen weiteste Kreise mit freudiger Anteilnahme den Geschehnissen auch auf dem entfernten südlichen Kriegsschauplatz und beglückwünschen das in treuer Bundesgenossenschaft mit Deutschland Schulter an Schulter kämpfende Oesterreich-Ungarn zu den errungenen Erfolgen nicht minder wie zu dem Besitz einer Wehrmacht von so hohen und kriegerischen Eigenschaften.
Der Burenaufstand.
Rotterdam, 20. Nov. Nach Mitteilungen, die der „Deutschen Tageszeitung" zugingen, verlautet hier, daß die unter Dewet und Beyers bisher getrennt kämpfenden Burenabteilungen östlich von Bloemfontein ihre Vereinigung vollzogen haben. Die Angaben über die Stärke der Buren widersprechen einander; man schätzt sie aber auf 15000 Mann.
Die Lage in OstafriLa.
London, 20. Nov. Wie der „Deutschen Tageszeitung" von hier gemeldet wird, gab im Oberhause Lord Cleve zu, daß die englische Lage in Oitafrika bisher sehr ungünstig sei. Die dort eingetretenen englischen Verluste belaufen sich jetzt schon auf 900 Mann. Man hofft durch baldige Entsendung von Verstärkungen die Situation bessern zu können.
Deutschland und Irland.
(W.T.B.) Berlin, 20. Nov. (Nicht amtlich.) Die „Nordd. Allg. Zeitung" schreibt unter der Ueber- fchrift „Deutschland und Irland": Der bekannte irische Nationalist Sir Roger Casement wurde im Auswärtigen Amt empfangen. Wie er mitteilte, haben in Irland anscheinend von der britischen Regierung autorisierte Darlegungen, wonach ein deutscher Sieg dem irischen Volk großen Schaden zufügen werde, Befürchtungen für den Fall eines deutschen Sieges hervorgerufen. Der stellvertretende Staatssekretär des Auswärtigen Amts hat darauf im Auftrag des Reichskanzlers u. a. erklärt: Die kaiserliche Regierung weist die ihr untergeschobenen böswilligen Absichten auf das entschiedenste zurück und gibt die kategorische Versicherung ab, daß Deutschland nur Wünsche für die Wohlfahrt des irischen Volkes, seines Landes und seiner Einrichtungen hegt. Die kaiserliche
Regierung erklärt in aller Form, daß Deutschland niemals mit der Absicht einer Eroberung oder Vernichtung irgend welcher Einrichtungen in Irland einfallen würde. Sollte im Verlaufe dieses Krieges das Waffenglück jemals deutsche Truppen an die Küsten Irlands führen, so würden sie dort landen nicht als eine Armee von Eindringlingen, die kommen um zu rauben und zu zerstören, sondern als Streitkräfte einer Regierung, die von gutem Willen gegen ein Land und Volk beseelt ist, dem Deutschland nur möglichste Wohlfahrt und Freiheit wünscht.
Amerika und die Nordseesperre.
Köln, 19. Nov. Die „Köln. Ztg." meldet aus Kopenhagen: Laut Drahtbericht an die Pariser Ausgabe des „Newyorker Herald"habe die nordamerikanische Negierung ihren Botschafter in London beauftragt, genaue Aufklärung darüber zu beschaffen, welche kriegführende Macht durch die Auslegung von Minen die Sperrung der Nordsee verursacht habe. Eine ähnliche Weisung soll der amerikanische Botschafter in Berlin erhalten haben. Sowie die Untersuchungen beendet seien, werde die amerikanische Negierung verlangen, daß die Macht, welche die Verantwortung trifft, das Minenfeld derart einschränkc, daß der Handel zwischen Nordamerika, Holland und Skandinavien fortgesetzt werden könne.
Der amerikanisch-türkische Zwischenfall.
Köln, 20. Nov. Die „Kölner Ztg." meldet von der holländischen Grenze: Die Regierung der Vereinigten Staaten hat, wie Reuter meldet, ihren Botschafter in Konstantinopel beauftragt, Aufklärung über die Beschießung des Kriegsschiffes „Tenessee" durch die Forts von Smyrna zu verlangen.
Der Islam und der Krieg.
Der Aufstand in Marokko.
Kopenhagen. 20 Nov. „Politiken" meldet, wie dem „Berliner Lokalanzeiger" gedrahtet wird, aus Madrid, die Vorstädte von Tanger seien in den Händen der aufständischen Moslims. Von Marseille sind Truppen nach Marokko zurückbefördert worden.
aus Mailand beschloß der Zentralvorttand des starken, in ganz Italien verbreiteten Landarbeiterverbandes mit dem Sitz in Bologna, der Propaganda für Beteiligung am Kriege eine energische Aktion zu Gunsten der absoluten Neutralität Italiens entgegenzusetzen.
Englische Vorschläge für Italien.
Zürich, 20. Nov. Nach dem Mailänder „Popolo d'Ztalia" wird in politischen Kreisen Roms der Ankunft des italienischen Botschafters in London, Jm- periali, außerordentliche Bedeutung beigelegt. England stehe heute an der Spitze der diplomatischen Leitung der dreifachen Verständigung, und man will wissen, daß Jmperiali mit bestimmten Plänen und Vorschlägen Englands nach Nom komme.
Berlin, 20. Nov. Aus Kopenhagen meldet der „Lokalanz.": Pariser Meldungen aus Nom zufolge sind die Besprechungen zwischen dem neuen Außenminister Sonnino und den nach Rom berufenen Botschaftern und Gesandten beendet. Tittoni ist bereits nach Bordeaux zurückgereist.
In der bisherigen neutralen Haltung Italiens soll künftig keine Aenderung eintreten, was daraus geschlossen wird, daß die Reserven des Jahrgangs 1891 entlassen werden, und daß Sonnino einen Er- holungsurlcnib von einer Woche angetreten hat.
In Nom scheint von Seiten des Dreiverbandes wieder mit Hochdruck gearbeitet zu werden.
Italienische Kriegsschiffe für Aegypten?
Zürich, 20. Nov. Wie aus Mailand gemeldet wird, hat nach dem „Secolo" die Erklärung des Heiligen Krieges dank den energischen Maßnahmen der Engländer in Aegypten nicht den von den Türken gewünschten Widerhall gesunden. Man befürchtet jedoch den plötzlichen Ausbruch von Pöbelunruhen in Kairo und Alexandrien unter denen auch die zahlreichen Italiener daselbst zu leiden haben würden. Die italienische Regierung habe daher beschlossen, zum Schutze ihrer Untertanen im Einvernehmen mit der englischen Negierung italienische Kriegsschiffe nach Alexandrien zu senden.
Die Lage in Aegypten.
(W.T.B.) Konstantinopel, 19. Nov. (Nicht amtlich.) Aus zuverlässiger Quelle erfährt der Privatkorrespondent von Wolffs Telegr.-Bureau, daß infolge des Vordringens der Beduinen und Araber die Zivilbehörden von Suez und Port Said, sowie von Jsmailieh eiligst nach Zagazig verlegt worden sind. Die Verwaltung des Suezkanals hat das Militär übernommen. Die Schulen in Zagazig sind geschlossen, die Schüler entlassen und die Gebäude in Militärhospitäler umgewandelt worden. Ein englischer Versuch, eine Spaltung unter den ägyptischen Nota- beln und der Familie des Vizekönigs herbeizuführen, ist mißlungen. Huffein Kamel ist von dem Polizeikommandanten Mamura nach Eairo gebeten worden, wo ihm der Zivilgouverneur Cheetham den höchsten Posten anbot. Der Prinz lehnte indessen ab. Diese Ablehnung ruft in ganz Aegypten große Genugtuung hervor. Es bestätigt sich, daß die männlichen Mitglieder der deutschen und österreichischen Kolonie in der zweiten Novemberwoche rücksichtslos in die Eisenbahn gepfercht, nach Alexandrien geschafft und dann nach Malta verschifft worden sind.
Eine Stimme für den Dreibund.
Berlin, 20. Nov. Aus Nom wird der „B. Z." gemeldet: In einem Leitartikel des Blattes „Vit- toria" wird ausgeführt, daß Italiens Zukunft im Mittelmeer nur durch die jetzt schon drückende Machtstellung Frankreichs und Englands bedroht sei und im Falle eines Sieges des Dreiverbandes durch eine außerdem noch hinzutretende Stärkung Rußlands und Griechenlands völlig vernichtet werden würde. Das einzige Heil Italiens liege im Zusammengehen mit Deutschland, Oesterreich-Ungarn und der Türkei, von denen es im Mittelmeer niemals eine Gefahr, sondern nur Unterstützung zu erwarten habe.
Italien und Rumänien.
Köln, 19 Nov. Der „Köln. Ztg." wird aus Zürich gemeldet: Der rumänische Gesandte in Rom, Fürst Ghika ist, wie uns aus Rom berichtet wird, wieder in Rom eingetroffen. Man glaubt in italienischen politischen Kreisen, er habe den Auftrag, die guten Beziehungen zwischen Rom und Bukarest noch enger zu gestalten.
Kundgebungen in Jerusalem.
Die Haltung Bulgariens.
Jaffa. 20 Nov. Gestern fanden in Jerusalem große Kundgebungen für den Krieg mit Gebeten in der Omarmoschee und für den Sieg der Türkei, Oesterreich Ungarns und Deutschlands, sowie deren Herrscher statt. Der österreich-ungarische und der deutsche Konsul wohnten auf Einladung den weiteren Kundgebungen in der Kaserne bei, worauf die Konsuls in feierlichem Zug nach den Konsulatsgebäuden zurllckgeleitet wurden, vor denen sich die Sympathiekundgebungen erneuerten.
England und Aegypten.
Köln, 20. Nov. Die „Köln. Ztg." meldet aus Zürich: Ueber die Lage in Aegypten wird dem „Secolo" und der „Stampa" berichtet: Der ägyptische Ministerpräsident hat den Titel eines Regenten angenommen und die Machtbefugnisse des Khediven übernommen. Dadurch sei die Aufgabe der Engländer bedeutend erleichtert worden. Man behauptet, England beabsichtige, an Stelle der jetzigen Regierungsform ein Königreich Aegypten zu gründen, das unter Englands Protektorat gestellt würde. Sollte dieser Plan scheitern, so würde England Aegypten endgültig annektieren.
Italien und der Krieg.
(W.T.B) Zürich, 19. Nov. (Nicht amtlich.) Nach einer Meldung der Neuen Züricher Zeitung
Berlin. 20. Nov. Aus Sofia wird der „B. Z." gemeldet: In der Sobranje begann heute die Debatte über die Kronadreffe. Der Chef der Demokratenpartei, Malinow, behauptete, der Dreiverband habe Bulgarien neue Vorschläge bezüglich Mazedonien gemacht. Der Führer der Agrarier sprach sich für die Fortsetzung der Neutralitätspolitik aus. Exminister Theodorow erklärte sich offen und entschieden für ein Zusammengehen Bulgariens mit dem Dreiverband und verlangte die Bildung einer aus allen Parteien bestehenden Koalitionsregierung.
Köln. 20. Nov. Die „Köln. Ztg." meldet aus Sofia: Die österreichisch-ungarischen Erfolge in Serbien und die deutschen in Polen zeigen schon ihren Einfluß auf den Gang der Dinae. Gegenwärtig finden besonders dringende Versuche des Dreiverbands statt, Bulgarien auf seine Seite zu ziehen, sowohl durch die Bearbeitung der Parteiführer in der Sobranje, wie durch andere Mittel.
Ein Erfolg ist nicht wahrscheinlich, da die Ueber- zeugung eines großen Teils der einflußreichen Gebildeten und unabhängigen Männer in Bulgarien nicht erschüttert werden kann, daß Bulgariens Platz nicht an Serbiens Seite ist und alle Zukunftspläne des Bulgarentums dauernd mehr Förderung von Deutschland und Oesterreich-Ungarn erfahren werden, als von der Seite des Dreiverbandes, der nnt einem Eroß-Serbien rechnen soll.