Sven Hedin und der Kaiser.

Berlin. 9. Nov. (Nicht amtlich.) Sven Hedin erzählte einem Vertreter des Berliner Lokalan- zetgers seine im deutschen Hauptquartier gewonne­nen günstigen Eindrücke und sagte über Kaiser Wilhelm: Ich hatte das Glück, ihn in früheren Jahren kennen zu lernen. Er hat sich nicht ver­ändert, ich kann ihnen sagen, daß er nichts von seiner Frische und Beweglichkeit eingebützt hat. Dabei ist der Kaiser, sie können es fast wörtlich nehmen, jeden Tag fast 24 Stunden beschäftigt. Alles mutz ihm gesagt, alles ihm mitgeteilt werden und wird von ihm bearbeitet. Ich habe mich oft gefragt, wie der Kaiser das körperlich und geistig leisten kann. Die Antwort ist. wie ich gefunden habe, sein reines Gewissen, daß er vor Gott, vor der Mitwelt und der Nachwelt nicht nur schuldlos an diesem Weltbrande ist, sondern datz er das Aeutzerfte tat, um ihn zu verhüten. Die germanische Nation könnte sich keinen besseren Vollbringer wünschen, als ihn das Schicksal in der Person dieses Kaisers gewährt hat. Es ist, als sei er für diese Zeit geboren worden. Er hat für den Frieden sein Letztes eingesetzt, wie auch jetzt für das Ringen des Krieges, erfüllt, davon, datz er die Verant­wortung für die Gestaltung des deutschen Geschickes trägt und danach ist heute all >ein Empfinden, Denken und Handeln gerichtet.

Graf Häseler im Schützengraben.

Berlin, 8. Nov. Die Solinger Arbeiterstimme veröffentlicht den Feldpostbrief eines Purteigenossen, in dem dieser u. a. über den Besuch des allgemein bei den Soldaten beliebten und geachteten ergrauten Heerführers in der Kampffront des Argonnenwaldes berichtet: Gestern war Graf Haeseler bei uns im Schützengraben und hat uns eine Stunde unterhalten. Er erzählte, datz er 1870 auch hier gelegen habe. Auch 1870 sei hier gekämpft worden. Wir werden mit diesem Gefecht das Gefährlichste und Aufopferndste leisten, was die Kriegsgeschichte je gekannt hat.

Ein Erlaß über Kartoffelprodukte.

(W.T.B.) Berlin. 8. Nov. (Nicht amtlich.) Die vom Bundesrat angenommene und sofort in Kraft tretende Regelung des Absatzes von Erzeugnissen der Kartoffeltrocknevei bestimmt in § 1: Wer Erzeugnisse der landwirtschaftlichen oder gewerblichen Kartoffel­trocknerei herstellt, oder durch andere Herstellen läßt, (Trockner) darf die Erzeugnisse bis zum 30. Septem­ber 1915 nur durch die Trockenkartoffeloerwertungs- C. m. b. H. in Berlin absetzen.

Warnung vor Goldkäufern.

(W.T.B.) Berlin, 10. Nov. Das Oberkommando in den Marken teilt mit: In einer Zeit, in der es Pflicht eines jeden Deutschen ist, sein Gold zur Reichsbank zu tragen, haben sich hier Leute gefunden, die das Gold zu sammeln und aufzukaufen suchen, um es in das Ausland zu verbringen. Da ihre Be­mühungen bei den Banken und deren Angestellten keinen Erfolg hatten, wendeten sie sich an das Publi­kum, namentlich in Gastwirtschaften und den Post­ämtern, um gegen ein geringes Aufgeld Gold für an­dere Geldsorten einzutauschen. Derartige Machen­schaften, Gold anzusammeln und aufzukaufen zu dem Zweck, es in das Ausland zu verbringen, sind in ge­genwärtiger Zeit verwerflich. Von der Vaterlands­liebe der Bevölkerung muß erwartet werden, daß sie das ihrige dazu beitragen wird, solchen Elementen das Handwerk zu legen, indem sie diese Agenten des Auslandes auf der Stelle der Polizei übergibt.

Internierung deutscher Schiffe.

Washington. 9. Nov. Da das in Honolulu eingelaufene deutsche KanonenbootGeier" den Hafen nach der von der amerikanischen Behörde festgesetzten Zeit nicht verlies, wurde es interniert, ebenso der DampferLocksun", vom Norddeutschen Lloyd, der für ein Transportschiff gehalten wurde.

(Notiz: Es handelt sich um den 1000 Tonnen großen, alten, zu den Kanonenbooten übergeführten AuslandskreuzerGeier", der im Jahre 1894 vom Stapel gelaufen ist und zuletzt in der Südsee Ver­wendung fand.)

Jedenfalls ist die Internierung vorteilhafter für uns als die Wegnahme durch die Feinde.

Die englischeKriegsbegeisterung-.

(W.T.B.) London, 10. Nov. DieTimes" be­stätigt, datz von einem gehobenen Aufschwung in der Rekrutierung noch nichts zu merken sei. Die letzte Woche war in Bezug auf die Eintrittsmeldungen in die neue Armee die schlechteste seit Ausbruch des Krieges.

(W.T.B.) London, 10. Nov. Der Arbeitevabge- ordnete Barnes hielt eine Rede in Birmingham, in der er sagte: Es gehen viele bedenkliche Gerüchte über die allgemeine Wehrpflicht um. Wenn die Konskrip­

tion als praktische Frage in die Politik eintrete, werde die Nation sofort in zwei feindliche Lager ge­spalten sein. Viele junge Leute würden denken, daß dann Amerika ihre letzte Zuflucht der Freiheit sei. Viele würden dahin auswandern und man könne sie nicht einmal tadeln.

(W.T.B.) London. 10. Nov. Die Blätter mel­den, datz das Kriegsamt beschlossen habe, die Rekru­tierung dadurch zu fördern, daß es Militärmusik durch die Straßen marschieren läßt.

Die Angst vor der Wahrheit.

Haag. 10. Nov. (Amtlich) Das Ministerium des Aeutzern hat an die holländische Presse bekannt- geben lassen, daß zufolae besonderer von der eng­lischen Regierung erlassener Vorschriften Reisende bei der Ankunft in und bei der Abfahrt von Eng­land zur Erklärung über etwaige von ihnen mit­genommene Briefe oder andere Schriftstücke aufge­fordert werden. Die englischen Behörden können die bei den Reisenden Vorgefundenen Briefe und Schriftstücke der Zensur unterwerfen.

Auswechslung Zivilgefangener.

London, 9. Nov. Das Pressebüro meldet, datz zwischen der österreichisch-ungarischen und der eng­lischen Regierung ein Uebereinkommen zustande ge­kommen ist, bezüglich der Auswechselung von Frauen und Kindern, von jungen Leuten unter 18 Jahren und von Männern über 50 Jahren, sowie von Aerzten, Geistlichen und Invaliden.

Die Beschlagnahmen in Frankreich.

Zürich, 9. Nov. Nicht nur gegen die Lyoner Tochtergesellschaft der Konservenfabrik Lenzburg, welch letztere das ganze Aktienkapital von einer Mil­lion Francs der französischen Firma besitzt, sondern auch gegen die zur Gewinnung von Bauxit bestehende Hilfsgesellschaft Marseille der Aluminiumgesellschaft Neuhausen wird von den französischen Behörden die Zwangsverwaltung angestrebt, angeblich weil in bei­den Unternehmungen deutsche Äufsichtsräte sitzen. Die Herren Lenzburg leben schon über zwanzig Jahre in der Schweiz und haben Söhne als Offiziere in der schweizerischen Armee. Im Fall Neuhausen genügen offenbar die wenigen Namen der Vertreter der deut­schen Hochfinanz zur Rechtfertigung dieser unerhörten Maßnahmen. Das schweizerische politische Departe­ment hat bei der französischen Regierung energisch protestiert.

Genf, 9. Nov. Unter weiteren 82 beschlagnahm­ten deutschen Häusern befinden sich die Berndorfer Metallwarenfabrik, die Bleistiftfabrik A. W. Faber und das Warenkommissionshaus Leonhard Tietz.

(W.T.B.) Paris, 10. Nov. Dreißig weitere öster­reichische und deutsche Häuser sind mit Beschlag belegt worden, unter ihnen besonders das der Automobil­firma Mercedes (Daimler in Untertürkheim).

Französische Lügen.

(W.T.B.) Berlin. 9. Nov. (Nicht amtlich.) Die hiesige amerikanische Botschaft teilt derNordd. Allg. Zeitung" folgendes mit: Die Aufmerksamkeit des amerikanischen Botschafters ist auf einen Artikel des PariserHerald" vom 27. Okt. gelenkt worden, in dem behauptet wird, der Botschafter bemühe sich, gegen die Zusage eines gleichen Vorgehens von Sei­ten Englands vom deutschen Auswärtigen Amt für diejenigen britischen Staatsangehörigen, die das militärdienstpflichtige Alter überschritten haben, die Erlaubnis zur Abreise zu erwirken. Die Verhand­lungen seien indessen im Stocken, weil dem Botschaf­ter bekannt geworden sei, datz Tausende von Deut­schen im Alter zwischen 50 und 60 Jahren in den deut­schen Reihen kämpften. Der amerikanische Botschaf­ter wünscht festzustellen, daß die vorstehenden Be­hauptungen jeder Begründung entbehren, datz viel­mehr 1. Deutschland angeboten hat, allen britischen Staatsangehörigen über 45 Jahren die Abreise zu gestatten in Erwiderung eines gleichen Verfahrens auf Seiten Großbritanniens und daß Großbritannien dies abgelehnt hat, datz 2. dem amerikanischen Bot­schafter nicht bekannt ist, daß Tausende von Deutschen im Alter zwischen 50 und 60 Jahren in den deutschen Reihen kämpfen und datz er niemals eine solche Be­hauptung ausgestellt hat.

Italienische Freiwillige für Frankreich.

Rom, 9. Nov. Ein italienisches Freiwilligen- Regiment unter dem Elftel Garibaldis ging mit der Bestimmung Champ de Mailly an die Marnelinie ab.

Neue amerikanische Unterseeboote.

Newyork, 9. Nov. Wie die Newyork Times erfahren, hat das Marinedepartement die Vor­studien zu einem neuen Tauchboottyp beendet, der größer sein soll als alle bisherigen. Das Tauch­boot wird 300 Futz lang sein und einen Aktions­radius von 3500 Meilen, sowie eine Geschwindigkeit von 21 Knoten haben. Die Kosten werden mit 5 Millionen angegeben.

Amtlich« Vekonntmschnngen.

Die unter dem 8. bezw. 31. vor. Mts. fest­gesetzten

Höchstpreise fiir Boiler in» Kartoffel»

werden hiemit bis auf weiteres

aufgehoben.

Calw, den 11. Nov. 1914.

Regierungsrat Binder.

Aus Stadt und Land.

Calw, den 11. November 1914.

Das Eiserne Kreuz.

Das Eiserne Kreuz 2. Klasse erhielten: Georg Wagner, Seminarprofessor in Nagold, Offizier­stellvertreter im Res.-Jns.-Regt. Nr. 119. Feldw.- Leut. Karl Brumberger aus Lalw. Kanonier Max Zucker aus Weilderstadt.

Verlustliste des Oberamtsbezirks Calw.

(Aus der preußischen Verlustliste Nr. 72.)

Res.-Inf.-Regt. Nr. 40, Mannheim u. Karlsruhe.

Gefr. Christian Bauer, Neuweiler, veriv.

3nf.-Regt. Nr. 110, Karlsruhe.

Res. Friedrich Calmbach, Wildberg, leichiv.

In eigener Sache.

Die vielen Ereignisse auf dem Kriegsschauplatz lassen uns gegenwärtig keinen Raum übrig für den Abdruck von Feldpostbriefen. Die Veröffentlichung darf übrigens nicht ohne Erlaubnis des General- Kommandos Stuttgart geschehen und deren Ein­holung hat des Oefteren eine Verzögung im Gefolge, wodurch der Inhalt bereits überholt ist.

Eine Weihnachtsfreude für unsere Krieger.

Die Weihnacht 1914 werden die deutschen Trup­pen in Feindesland verbringen und wenn der heilige Abend sich auf die blutgetränkten Fluren, auf die Stellungen und Biwak, auf die Ortschaften und Städte niedersenkt, die unsere braven Landsleute zu Hunderttausenden besetzt halten, dann werden deren Gedanken mehr denn je in der Heimat bei den Airge­hörigen u. Freunden weilen, so wie diese ihren Lieben draußen im Felde in den Tagen des sonst so frohen Festes ein treues Erinnern weihen. Da wird jeder, der im weitreichenden Schutz des Heeres den Heimat­frieden genießen »kann,, unseren Soldaten die be­schränkte Freude am gewohnten Zauber der Weih­nacht nach besten Kräften erhöhen oder überhaupt er­möglichen wollen, und damit dies für die Söhne des Schwabenlandes umfassend durchgeführt werden kann, will das württ. Rote Kreuz eine einheitliche Gelegen­heit schaffen, die in ebenso sinniger wie praktischer Weise jedem im Felde stehenden Landsmann eine echte heimatliche Christfestfreude zukommen läßt. Die Liebesgabenabteilung hat zu diesem Zwecke einen Plan ausgearbeitet und gründlich vorbereitet. Dar­nach werden mindestens 125 VOO zusammenlegbare Pappschachteln hergestellt, die etwa zweieinhalb bis drei Pfund Gewicht enthalten und von jedermann in Stadt und Land bezogen und entsprechend gefüllt werden können. Aus welchen Sachen diese Füllung bestehen darf, wird aus einer beigelegten gedruckten Liste zu ersehen sein. Ferner liegen eine Karte zum Ausfüllen durch Absender mit Namen und Adresse und eine Feldpostkarte bei, auf der der Empfänger des Paketchens dessen Ankunft dem Absender bestä­tigen kann. Auf diese Weise erhält die Weihnachts­gabe, der auch noch ein Tannenreis, tunlichst mit einem oder zwei Lichtchen besteckt, beigefügt werden mutz, erst recht das sinnigste persönliche Gepräge und erhöhten Wert für beide Teile. Es wird nunmehr ohne Verzug noch ein besonderer Aufruf veröffent­licht werden, der alle Einzelheiten genau darlegen und die notwendige schnellste Durchführung des schö­nen Gedankens ermöglichen soll. Er wird zweifel­los überall in Württemberg frohen Wiederhall fin­den und diesem Liebeswerk zu dem erhofften einheit­lichen Erfolge verhelfen.

Generalversammlung des Spar- und Consumvereins.

Am letzten Sonntag von nachmittags 2 Uhr an fand im Dreitz'schen Saale die Generalversammlung des Spar- und Konsumvereins statt, die den Umstän­den entsprechend gut besucht war.

Nachdem der Vorsitzende die Versammlung be­grüßt und einen Rückblick über das abgelausene Ge­schäftsjahr gegeben hatte, wurde vom Vorstand der Geschäfts- und Rechenschaftsbericht erstattet. Die Mit­gliederzahl ist von 544 auf 601 gestiegen. Der Um­satz im eigenen Geschäft beträgt -1t 126 414. (im Vorjahr 113 331.), im Lieferantengeschäft --st 7500.. Nach Abzug aller Geschäftslasten beträgt der Reingewinn einschließlich des Rabatts an die Mitglieder -1t 13 670.28 (10 993.95), der durch Be-