Der Burenaufstand.

Rotterdam, 8. 9kov. W ie aus Pretoria gemeldet wird, greift der Burenaufstand immer weiter um sich. Eine Truppe Aufständischer marschierte von Norden nach Süden der Bahnstrecke entlang, wo er bei Bloem- horst von überlegenen britischen Streitkräften ange­griffen wurde. Es kam zu einem kurzen Gefecht, wor­auf sich die Buren unter Zurücklassung von 4 Gefan­genen vor der Uebermacht zurückzogen. Dieses Buren­kommando wartete dann den Einbruch der Dunkelheit ab, um über den Baal in den ehemaligen Oranje­freistaat einzubrechen. Laut Gerüchten soll sich bei diesem Komando General Beyers befinden.

Eine andere vollständig berittene Abteilung, die sehr gut ausgerüstet ist, mit dem Anführer Kämpf an der Spitze, marschiert gegen den großen Hartriver, und eine dritte, nicht minder gut ausgerüstete Truppe, unter Canrobert, hat die Brücke bei Virgi­nia über den Zandriver vernichtet, während de Wet an der Spitze einer großen Truppenmacht die Eisen­bahn bei Lindle zerstörte.

Nach allen Berichten steht der ganze ehemalige Oranjefreistaat bereits in Aufruhr und desgleichen der größte Teil des ehemaligen Transvaal. In Kap­stadt herrscht große Bestürzung. Die Zensur in Lon­don unterdrückt jetzt sämtliche Nachrichten aus Süd­afrika.

Rußland und Persien.

(W.T.B.) Wien, 7. Nov. (Nicht amtlich.) Die russische Regierung hat, wie die Korrespondenz Rund­schau meldet, beschlossen, die Forderungen Persiens i nallen Punkten abzulehnen und die russischen Trup­pen in Persien auf den Kriegsstand zu erhöhen. Die antirussische Bewegung in Persien ist kaum mehr einzudämmen. Der Schah von Persien hat sämtliche als russenfreundlich geltende Beamte entfernt. An der Spitze der Gährung, die er militärisch ausge­zeichnet organisiert, steht Salay ed Dauleh. Eine hervorragende Rolle spielt ferner der Kurdenhäupt­ling Dschaf. Die Geistlichkeit predigt in den Gottes­häusern den heiligen Krieg. Seite an Seite mit der Türkei gegen Rußland und England. Das Organ des Kriegsministeriums Tomädun verlangt die so­fortige Ausweisung aller Russen und Briten. Waren russischer und englischer Marke werden durchweg boy­kottiert.

Englands Druck auf Griechenland.

(W.T.B.) Wien, 9. Nov. (Nicht amtlich.) Die Südslaw. Korrespondenz" meldet aus Athen: Der Druck Frankreichs und Englands, um Griechenland zur Aufgabe der Neutralität zu veranlassen, ist seit der Eröffnung der Feindseligkeiten mit der Türkei stärker geworden und versetzt Griechenland unter allen Balkanstaaten in die unangenehmste Lage. Man be­fürchtet namentlich, daß England Griechenland zwin­gen wird, gegen die Türkei vorzugehen, noch bevor man sich über die Haltung Bulgariens klar geworden ist. Der Druck Englands, der sich auch in der Behin­derung der Ausfuhr der wichtigsten griechischen Pro­dukte äußert, ist umso fühlbarer, als sich die ganze griechische Flotte in den Händen von Engländern be­findet. Dem griechischen Admiral Kundurictis, des­sen zweimonatiger Urlaub jetzt abläuft, mußte auf Verlangen Englands eine Urlaubsverlängerung be­willigt werden, was zu vielen Kommentaren An­laß gibt.

Mailand. 9. Nov. Wenn eine Meldung desSe- colo" aus Saloniki" zutrifft, hat, wie derBerliner Lokalanz." bemerkt, England in Voraussicht einer Be­teiligung der Türkei am Kriege an Griechenland das Ersuchen gestellt, 50 800 Mann griechischer Hilss- truppen nach Aegypten zu schicken. Griechenland soll seine Zustimmung von Entschädigungen und außer­dem von einer Garantie dafür abhängig gemacht ha­ben, daß der Friede auf der Balkanhalbinsel nicht ge­stört werde. Im Zusammenhang damit stände die Be­setzung von Epirus durch Griechenland, da Griechen­land diese Besetzung ohne die englische Garantie auf eine spätere Zeit verschoben hätte.

Griechenland wird sich wohl darüber klar sein, daß in diesem Falle Bulgarien einschreiten dürfte, der Friede auf dem Balkan also gestört würde.

Der Verlauf der Seeschlacht bei Ehile.

(W.T.B.) Berlin, 9. Nov. (Nicht amtlich.) Ueber den Verlauf des Seegefechtes an der chileni­schen Küste kann auf Grund der jetzt vorliegenden Nachrichten folgende Darstellung, die dem tatsäch­lichen Hergang etwa entsprechen dürste, gegeben wer­den: Unsere Schiffe, die aus Ostasien nach der chile­nischen Küste zusammengezogen waren, trafen dort das englische Geschwader. Beide Geschwaderchefs hat­ten offenbar den Wunsch, es zu einer Schlacht kom­men zu lasten. Die englischen Schiffe fuhren in Kiel­linie hintereinander an der chilenischen Küste ent­

lang, während die deutschen Schiffe hintereinander ihre Fahrt weiter von der Küste ab auf das hohe Meer nahmen. Die Armierung des deutschen Ge­schwaders bestand aus 16 21-Centimeter-Geschützen Länge 40, 12 15-Lentimeter-Geschützen Länge 40, 62 10i/2-Centimeter-Geschützen, die des englischen aus zwei 23,4-Centimeter-Geschützen Länge 47, 30 15- Centimeter-Geschützen Länge 45. 3 15,2-Centimeter- Geschützen Länge 50, 15 10,2-Centimeter-Geschlltzen Länge 50. Die Breitseiten waren gedeckt, deutscher­seits mit 12 21-Centimeter-Geschützen, 6 15-Centi- meter-Geschtzen, 11 IOi/ 2 -Centimeter-Geschützen, englischerseits mit 2 23,4-Lentimeter-Geschützen, 19 15-Centimeter-Geschützen, 5 10-Centimeter-Geschützen. Beide Geschwader fuhren zunächst nebeneinander her, mit den Spitzen sich nähernd bis auf eine Entfernung von etwa 6000 Meter von einander. Das Wetter war sehr stürmisch. Die deutschen Schiffe hatten die Sonne auf der Rückseite. Nunmehr eröffnete das deutsche Geschwader das Feuer aus den schweren Ge­schützen, die auf die größere Entfernung wirksam waren, während die englischen Geschütze erst etwa bei einer Entfernung von 4500 Metern in Wirkung kom­men konnten. Die englischen Schiffe erlitten binnen kurzem so schwere Beschädigungen, daß Good Hope wahrscheinlich sofort sank. Auch Monmouth, der, wie es heißt, dem ersten Schiff zu Hilfe eilen wollte, wurde schwer beschädigt und sank ebenfalls vermut­lich sofort. Auch die Glasgow wurde ziemlich stark beschädigt und ist vermutlich ebenfalls gesunken, je­denfalls liegt noch keine beglaubigte Nachricht vor, daß eines der genannten drei Schiffe in einen Hafen gelaufen ist. Ueber den gleichfalls in den Depeschen genannten Otranto weiß man noch nichts, auch nichts über das Verbleiben des englischen Schiffes Canopus. Das deutsche Geschwader hatte sich zweifellos den Vor­teil der stärkeren Geschütze und der Wetterlage zunutze gemacht, den sich der englische Admiral hatte ent­gehen lasten. Auch die Wirkung der Geschütze auf deutscher Seite muß außerordentlich gut gewesen sein, während die Wirkung der englischen Kanonen ganz gering war. Auf deutscher Seite wurden nur höch­stens 6 Verwundete gezählt. Es heißt übrigens, daß der Kreuzer Nürnberg bei dem Gefecht nicht anwe­send war.

Der Druck der Neutralen.

(W.T.B.) London, 6. Nov.Daily Telegraph" meldet aus Washington: Das Staatsdepartement ist benachrichtigt worden, daß England die mit Kupfer beladenen italienischen DampferSan Giovanni" undRegina d'Jtalia", die in Gibraltar festgehaltcn wurden, freigegeben hat. Das Auswärtige Amt in London hat der amerikanischen Regierung auch be­treffs des DampfersKroonland" einen befriedigen­den Bericht gesandt.

Die mexikanischen Wirren.

(W.T.B.) Londno, 9. Nov. Das Reutersche Bu­reau meldet aus El Paso: Nach hier eingegangenen Berichten hat zwischen den Truppen Larranzas und Villas, 20 Meilen südlich von Aqua Lalientes, ein Kampf stattgefunden.

(W.T.B.) El Paso, 6. Nov. Villa hat zahlreiche Mitglieder des mexikanischen Konvents verhaftet, den Belagerungszustand erklärt und eine vorläufige Regierung in Äqua Ealientes eingesetzt. Villa mar­schiert auf Mexiko. Carranzas hat erklärt, daß er ihn aufs Aeußerste bekämpfen werde.

Das Verhalten Amerikas.

London, 6. Nov. (Nicht amtlich.)Morning- Post" meldet aus Wafington: Die amerikanische Regierung beabsichtigt gegenwärtig, keinen all­gemeinen Protest gegen die revidierte englische Konterbandeliste zu erheben, sondern jeden ein­zelnen Fall je nach den Umstanden zu behandeln. Sie wird protestieren, wenn Ladungen wegen Kon­terbande beschlagnahmt werden, die nach der Auf­fassung der Staatsdepartements rechtlich unbe­helligt bleiben mußten. Man erwartet zahlreiche Protege. Die amerikanischen Exporteure werden vom Staatsdepartement eine energische Politik ver­langen. Man wird sagen, daß der amerikanische Handel infolge unverantwortlicher Eingriffe leide. Die Regierung ist jedoch gutem Vernehmen nach geneigt, alles mögliche zu tun, um Reibungen zu vermeiden. In amtlichen Kreisen herrscht gewisser Aerger, daß England tatsächlich den Unterschied zwischen bedingter und unbedingter Kontrebande aufhob und jetzt praktisch alles als unbedingte Konterbande behandelt.

Roofeoett über Deutschland.

Berlin, 4. Nov. Dr. R. W. Drechsler, der Di­rektor des Amerika-Instituts, verbreitet folgendes:

Die ersten Aeußerungen des früheren Präsi­denten Theodor Roosevelt über den Weltkrieg waren

den deutschen Blättern in einer durch die Londoner Times stark entstellten Fassung zugegangen. In der englischen Durchgangsstelle war der jetzt auch hier be­kannt gewordene große Artikel Roosevelts in der Nerv-Yorker WochenschriftThe Outlook" so gekürzt und angeführt worden, daß unzusammenhä'ngende einzelne Stellen eine Deutschland feindliche Haltung auszudrücken schienen. Inzwischen sind aber auch von deutscher Seite Roosevelts Aeußerungen im ameri­kanischen Urtext genauer studiert worden und es hat sich ergeben, daß er keineswegs in den Chorus der von England beeinflußten deutschfeindlichen Presse Ame­rikas eingestimmt hat. Roosevelt, der unermüdliche Publizist, hat drei weitere längere Artikel in den Chicago Daily News erscheinen lasten, deren letztem vom 10. Oktober wir folgende bemerkenswerte Stellen entnehmen:

Es ist vollkommen absurd, ja schlimmer als ab­surd, den deutschen Kaiser als den blutdürstigen Ur­heber des Krieges abzumalen. Ich glaube, daß die Geschichte dereinst befinden wird, daß der Kaiser in vollständiger Einmütigkeit mit den Gefühlen des deutschen Volkes handelte. Er handelte in dem auf­richtigen Wunsch ustd Glauben, zu tun, was die In­teressen seines Volkes verlangten. Wie schon oft zu­vor in seinem persönlichen und seinem Familien­leben, hat er und seine Familie auch jetzt wieder be­wiesen, daß sie die repräsentativen Träger der großen Eigenschaften des deutschen Volkes sind. Jeder ein­zelne seiner Söhne ist in den Krieg gezogen, nicht nur dem Namen nach, sondern um wirklich alle Ge­fahren und Mühen des Krieges zu bestehen. Zwei seiner Söhne ließen sich nottrauen und fuhren unmit­telbar nach der Trauung zur Front ab. Diese Not­trauungen waren überhaupt eine höchst charakterist­ische Erscheinung beim Ausbruch des Krieges in Deutschland. In Zehntausenden von Fällen ließen sich Offiziere und Mannschaften vor ihrer Abreise in den Kampf trauen. Eine Nation, welche in Zeiten der nationalen Gefahr eine solche Begeisterung zeigt, ist sicher eine große Nation. Die Leistungsfähigkeit der deutschen Organisationen und die Ergebnisse der systematischen Vorbereitung zeigten sich in den gewal­tigen, vorwärtsschreitenden Erfolgen der ersten sechs Kriegswochen. Noch bewunderungswürdiger als die Leistungen ist vielleicht der Geist, aus dem sie stam­men. Von dem Höchsten bis zu dem Geringsten haben die deutschen Männer und Frauen eine herrliche Va­terlandsliebe und Selbstverleugnung bewiesen. Wir können dem ernsten Mut und der erhabenen Selbst­losigkeit, welche diese große Krisis in der Seele des deutschen Volkes offenbart hat, nur voll Ergriffen­heit und Bewunderung gegenüberstehen. Ich kann nur aufrichtig wünschen, daß wir Amerikaner, wenn die Reihe je an uns kommen sollte, uns ähnlich be­währen ...

Das deutsche Volk glaubt fest, daß es in erster Linie den Kampf der teutonischen gegen die slawische Rasse führt, den Kampf der Zivilisation gegen die gewaltige drohende Flut der Barbarei. Das deutsche Volk zieht in den Kampf, weil es überzeugt ist, daß der Krieg eine absolute Notwendigkeit war. Eine Notwendigkeit nicht nur für Deutschlands Wohlfahrt nein, für Deutschlands nationale Existenz. Die Deutschen sind überzeugt, daß die Nationen des west­lichen Europas Verräter an der Sache der abend­ländischen Kultur sind, und daß sie selbst Mann für Mann für den eigenen Herd, für Weib und Kind und vor allem für die Zukunft der kommenden Geschlechter kämpfen. Eine Vernichtung oder nur Verkrüppelung Deutschlands, die zu seiner politischen Ohnmacht füh­ren würde, wäre eine Katastrophe für die Menschheit. Die Deutschen sind nicht nur unsere Brüder: sie sind in hohem Maße wir selbst. Was wir Amerikaner dem deutschen Blut schulden, ist gewaltig; noch Grö­ßeres verdanken wir dem deutschen Gedanken und dem deutschen Vorbild, nicht nur auf dem Gebiet der Regierungs- und Verwaltungskunst, sondern auf allen Gebieten des praktischen Lebens. Jedes groß­mütige Herz und jeder weitsichtige Geist auf dem ganzen Erdenrund kann nicht anders, als seine Freude haben an der Existenz eines gesicherten, eini­gen und mächtigen Deutschlands, das zu stark ist, um Angriffe zu fürchten, und zu gerecht, um eine Quelle der Furcht für seine Nachbarn zu sein.

Vermischtes.

Ein Zwischenfall in Brüssel.

Brüssel, 8. Nov. Die Brüsseler Bevölkerung hat die bisherige zweimonatige deutsche Besetzung nnt außerordentlicher Korrektheit ertragen. Das deutsche Feldgericht hatte im Ganzen etwa ein Dutzend Falle von Widersetzlichkeit abzuurteilen. Größere Bedeu­tung darf der neueste Zwischenfall beanspruchen, der dem zwei Brüsseler Polizisten sich zu Tätlichkeiten gegen einen deutschen Soldaten Hinreißen ließen. ^ handelte sich um einen von der Verhaftung eines Zi­vilisten durch deutsche Geheimpolizisten ausgegan-