SchwüMälöev Tageszeitung
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Aus den Tannen
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Nr. 187
Alteusteig, Freitag de« t3. August
1926
Bor neuen Lohnkämpfen ^ !
Wenn auch die Zahl der Erwerbslosen in Deutschland ! -tzvas zurückgegangen ist und weiter die Juliberichte der Handelskammern von einer leichten Besserung der Wirtschaftslage reden, so bleibt die Tatsache doch bestehen, "-aß immer noch mehr als 2 Millionen arbeitsfähige Mens :n zum Feiern verurteilt sind. Ilm so eigentümlicher berührt es, daß trotzdem große gewerkschaftliche Organisationen entschlossen scheinen, neue Lohnkämpfe wenigstens vorzu- ! bereiten. Anders ist es nicht zu deuten, daß die Bergarbei- j terverbände im Ruhrgebiet den bis zum 31. August gültigen > Lchntarif gekündigt haben. Es ist ja eine alte Erfahrung, s daß die Lohnwelle, die vom Bergbau ausgeht, über die ^ ganze Wirtschaft hinwegflutet. Nun hat die außerordent-- ; lich schwere Krise im Kohlenbergbau durch den Streik in ! England eine nur bedingte Abschwächung erfahren. Im ! Ruhrgebiet haben sich beispielsweise die Haldenbestände « nur unwesentlich vermindert, während die Kohlenförderung ! «selbst nicht sehr erheblich zugenommen hat. Der Kohlen- ! absatz nach dem Auslande konnte etwas gehoben werden. ? Das ist auch für den oberschlefischen Kohlenbergbau der ! Fall, obwohl hier der Hauptanteil an der Besserung nicht ? auf das polnische Ostoberschlesien entfallen ist. Entschieden - ist aber auch, daß der englische Bergbau, sobald der Streik ^ beendet sein wird, mit äußerster Kraft versuchen wird, die z verlorenen Absatzmärkte zurückzugewinnen. Dabei kommt ! «ihm die vorzügliche Güte der englischen Kohle zustatten. An ? Uch hindert die Dauer des Streikes nicht, den Eesamtbetrieb » in den Gruben in vollem Umfange wieder aufzunehmen. ! Aie mächtigen Kohlenadern in den englischen Bergbau- S gebieten liegen fast offen zutage, firrd also viel leichter ab- r 'zubauen als die Kohlenflöze im Ruhrgebiet, wo in der ! Regel kostspielige maschinelle Einrichtungen notwendig sind. « Weiter kommt hinzu, daß der englische Bergbau die Kohlen von der Grube weg auf das Schiff verfrachten kann, also mit den weit höheren Eisenbahnkosten so gut wie garnicht zu rechnen hat. Das eine wie das andere sichert dem englischen Kohlenbergbau auf dem internationalen Kohlenmarkt eine preispolitische Ueberlegenheit, die auch durch den Streik keine Aenderung erfahren hat. Im Gegenteil, es ist sogar wahrscheinlich, daß die Engländer es sich zunächst etwas kosten lassen werden, um den Wettbewerb auf ihren ausländischen Märkten zu unterbieten.
Wenn tatsächlich im deutschen Kohlenbergbau eine Lohn- k Bewegung einsetzen sollte mit dem Ziel, höhere Löhne, als ! sie bisher gezahlt werden, herauszuschlagen, so muß das un- z vermeidlich zu einer Steigerung der Kohlenpreise führen, z Im Ausland wäre die deutsche Kohle dann überhaupt nicht i mehr wettbewerbsfähig. Wie sich die Dinge im Inland ge- ß Kalte« werden, läßt sich noch nicht übersehen. Die englische ? Kohle hat die deutsche Kohle in den deutschen Küstengebie- z iten deshalb unterbieten können, weil sie aus dem Wasser- - Wege wohlfeiler herangebracht werden konnte. Wird die Deutsche Kohle in Auswirkung einer Lohnerhöhung teurer,
wird sich das Absatzgebiet für die englische Kohle in Deutschland noch weiter ausdehnen. Eine andere Gefahr ist me, daß — wenn der Kohlenpreis sich nicht wieder hebt —
Kie deutschen Zechen gezwungen sein werden, Einsparungen M machen. Das ist möglich, sofern alle Zechen stillgelegt S v^rden, deren Abbau unter den veränderten Verhältnissen ' «icht mehr lohnt. Es ist aber auch möglich, daß die Zechen z »ie hohen Kosten für die sogenannte Rationalisierung nicht ? Mehr in dem heute üblichen Umfange tragen können. Die s Rationalisierung besteht darin, daß der gesamte Abbau- ? Mozeß mechanisiert worden ist. Während 1913 die Förde- H Wng in der Hauptsache durch Hand- und Schießarbeit ge- ! Mlh, werden heute mehr als 80 Prozent durch Maschinen z Mer Art gewonnen. Das erklärt auch die Steigerung des ! Mderanteils pro Mann und Schicht, die heute höher ist j Mo vor dem Kriege. Aber diese Entwicklung würde in ? Arage gestellt, wenn Lohnerhöhungen bei gleichbleibenden z Kohlenpreisen auf den Gesamtertrag ungünstig einwirken. § Die Rationalisierung im Bergbau ist eben sehr kostspielig, j »a sich big Maschinen unter Tag verhältnismäßig leicht ab- s nutzen. »» / -
A die VemdldkMH der VesWngs-- tr«Ml ?
.Berlin, 12. Asg. Nach einer Morgenblättermeldung aus - ^oris wird am Quai d'Orsay erklärt, die Verhandlungen ' ^Deutschland in der Räumungsfrage seien noch nicht ! Ln Ansücht nettonuuen !ei eine NeruuuLe-
Mng von 70 000 auf 50 000 bis 52 000 Mann. Jedoch werde die teilweise Räumung der zweiten und dritten Zone von verschiedenen Bedingungen abhängig gemacht werden, deren Erfüllimg von Deutschland zugesagt werden müsse. Nach sicheren Meldungen ist eine Verminderung der alliierten Truppen von etwa 10 000 Mann vorgesehen. Frankreich werde seine Vesatzungsarmee von 58 000 auf 50 000, die Engländer und Belgier ihre von 12 000 auf 10 000 Mann herabsetzen, sodaß von etwa Mitte September ab nur noch ca. 60 000 Mann alliierter Truppen im Rheinland stehe« Mürbe«.
Der amtliche englische Fmrkdienst bestätigt die Verminderung der Vesatzungstruppen
Londim, 12. August. Der amtliche englische Funkdienst bringt folgende bemerkenswerte Aeußerung zur Verminderung der Besatzungskräfte im Rheinland: „Eine Verminderung der Vesatzungstruppen im Rheinland wird im nächsten Monat durchgeführt werden, wobei mehrere tausend Mann französischer Truppen zurückgezogen werden." Und das wäre trotz Locarno und trotz Eintritt Deutschlands in den Völkerbund alles?.
Paris, 12. Aug. Nach einer Londoner Meldung der „Lhicago Tribüne" hat sich Lord d'Abernou mit dem Foreign Office in Verbindung gesetzt, um auch eine Herabsetzung der englischen Vesatzungstruppen im Rheinland zu erreichen. Die englische Regierung gebe offen zu, daß sie gerne sämtliche Truppe« zurückziehen würde, halte es aber solange Kr politisch unmöglich, als Frankreich die Besatzung des Rheinlandes aufrecht erhalte. England sei bereit, eine Verminderung seiner Besatzungstruppen vorzunehmen, sobald Frankreich eine ähnliche Herabsetzung an» ordne. (Es will also keiner dem andern den Platz räumen, und Deutschland hat den Schaden davon.)
London, 12. Aug. Der diplomatische Berichterstatter der „Morningpost" schreibt, daß der Beschluß, die Rheinlandbesatzung zu vermindern, große Bestürzung in französische« Militärkreisen im Rheinland Hervorrufe. Die französischen Truppen würden in Goldmark bezahlt, sodaß die Schwankungen der französischen Währung keinen Unterschied für sie ausmachen. Viele von ihnen sähen die Möglichkeit vor sich, in eine kleine Garnisonsstadt nach Frankreich zurückkehren und von Franken leben zu müssen. (Und dafür soll dann Deutschland geschädigt werden und büßen!)
„Daily News" zufolge würden die britischen Truppen durch den Beschluß einer Verminderung der Rheinlandbe- satzung nur wenig, wenn überhaupt, berührt werden. England habe augenblicklich dort nur etwa 8—9000 Mann stehen und man halte irgendwelche weiteren Verminderungen nicht für notwendig. Die Pläne zur Durchführung der Verminderung der Besatzung seien gut fortgeschritten, aber viele Einzelheiten müßten noch ausgearöeitet werden, bevor die tatsächliche Zurückziehung begonnen werden könne. Die ersten Truppen wurde» wahrscheinlich während der letzten Augustwoche abbefördert und die Herabsetzung würde im September beendet werden. Auf jeden Fall werde eine Verminderung vor der Völkerbundssitzung im September erfolgen, in der die Aufnahme Deutschlands der wichtigste Punkt sei.
Zm KircheOreit n> MM
London, 12. Aug. Aus der Stadt Mexiko wird vom Itz. August gemeldet, der Erzbischof Ruiz y Mm« teilte heute bei seiner Akunft aus dem Staate Michoaoan mit, daß zwei römisch-katholische Priester und über 30 Bürger am 1.
2. August hingerichtet worden seien uter der Beschuldigung, Rädelsführer einer gegen die Regierung gerichtete« Erhebung zu sein. Ein Zusammenstoß zwischen Soldaten und Bürgern habe in der Stadt Zahuayp stattgefunden, weil die Katholiken es ablehnten, die Kirchen dem städtischen Ausschuß zu übergeben. 50 Soldaten, die am 8. August in dieser Stadt angekommen seien, seien von Leuten, die auf Kirchtürmen und Hausdächern Stellung genommen hatten, beschossen worden. 50 Personen hätten dabei ihr Leben verloren. Erst die Ankunft von Truppenverstärknngen habe dem Feuerkampf ein Ende gemacht. In Acambaro seien zwei Regierungsingenreure, die versuchten, die örtlichen Beamten zu unterstützen, von der Menge getötet worden. In Tra- puato hätten die Truppen vier Führer des Pöbels hingerichtet, der verschiedene Wohnsitze von Protestanten eingeäschert und eine Frau getötet habe, die angeblich die Katholiken verhöhnt habe. (Die Meldungen werden «mü größter Vorsicht aufzunehmen sein. D. Red.)
> Toolidge gegen Interventionen im mexikanischen Kulturkampf
Reuyork, 12. A-ug. Wie in amtlichen Kreisen Washingtons verlautet, hat Präsident Coolrdge eine Deputation von fiH- ! renden amerikanischen Katholiken, die ihm eine Intervent ; tion in Mexiko zu Gunsten der katholischen Amerikaner in s Mexiko nahelegen wollte, nicht empfangen. Toolidge habe s erklären lassen, daß die mexikanische Kulturpolitik eine : innenpolitische Frage Mexikos sei, in die sich die Vereinigte« i Staaten nicht einmische« könnten.
Neues vom Tage
! Die Behebung der belgischen Finauzuot — Rückgabe ehemak» ^ deutscher (üebietc?
' Brüssel, 12. Aug. In aller Stille wird von den zustän» ! digen belgischen Amtsstellen die Möglichkeit erwogen, durch ? verschiedene Gebietsabtretungen die zur endgültigen Fi»
- nanzgesundung notwendigen Mittel flüssig zu machen. Die ? Gebiete Eupen, Malmedy, St. Mth und der Teil des ehe» s maligen Deutsch-Ostafrika, der gegenwärtig von der bel»
- gischen Kongoregierung verwaltet wird, sollen als Taufch- ! objekte dienen. Alle Widerrufe der belgischen Regierung, die L lediglich aus innerpolitischen Gründen erfolgen, ändern ^ nichts an dieser Tatsache. Eine ganze Reihe einflußreicher
- Zeitungen, wie die liberale „Gazette" in Brüssel und da» i katholische „Bien Public" in Gens ersuchen die Regierung^ i nicht mehr länger zu zaudern und zn versuchen, mit Berlin ? in Verhandlungen einzutreten.
> Das Kalisyndikat fordert Preiserhöhung
: Berlin, 12. Aug. In der Sitzung des Reichskalirates öe»
» gründete das Kalisyndikat den Antrag, eise Preiserhöhung j um durchschnittlich 18 Prozent (!) vom 16. August ab M s beschließen. Der Vertreter des Handels beantragte, zurzeit j die Erhöhung um 1L Prozent zu > beschließen, dagegen die weiteren 6 Prozent einer späteren Beschlußfassung des j Reichskalirates nach Ueberstcht über die Ernteergebnisse ? vorzubehalten. Der Reichskalirat beschloß mit 13 gegen 9 ! Stimmen bei 4 Stimmenthaltungen dem Anträge des Han- r dels gemäß die Erhöhung um 12 Prozent durchschnntlich.
> Der Bevollmächtigte des Herrn Reichswirtschaftsministers f beanstandete auf Grund des Paragraphen 91 der Durch- ! Whrungsvorschriften zum Kaliwirtschaftsgesetz den Beschluß, ! weil zurzeit der Nachweis eines Erfordernisses der Preis- i erhöhung nicht ausreichend geführt sei. Mit Rücksicht hierauf ' beschloß der Reichskalirat, die Preiserhöhung erst nach Ab« s laus der Einspruchsfrist am 1. September in Kraft treten zu i lassem
r Der preußische Richteroerein zur Magdeburger Angelegenheit
Berlin, 12. Aug. Der Vorstand des preußischen Richter» l Vereins teilt folgendes mit: In einer parlamentarisch«
- Anfrage und in einem Teil der Presse wird behauptet, datz- j der preußische Richterverein in die Magdeburger Angele- j genheit durch Unterstützung des Untersuchungsrichters ein- Z gegrifefn habe. Diese Behauptung trifft nicht zu. Die Lei- s tnng des preußischen Richtervereins hat sich einer öfsent«
?, kchen Stellungnahme zu der Angelegenheit enthalten, wi« t das ihrer ständigen Einstellung während schwebender go» s richtlicher Verfahren entspricht. Die Veröffentlichungen der ^ Presse über die Eingabe an den Reichstag »nd die Reichs« k regiernng hat der stellvertretende Vorsitzende des Magde«
H burger Bezirksverbandss unter ausdrücklicher Hervor» x Hebung dieser seiner Eigenschaft aus eigener Entschließung ' vorgenommen, in der Absicht, seitens des Bezirksverban»
! des für die unbehinderte Ausübung der örtlichen Rechts»
! pflege einzntreten. Eine vorherige Fühlungnahme mit der ; Leitung des preußische« Richterverem nicht erfolgt.
s Ein neuer Verkehrsflugzeug»^
/ Berlin, 12. August. Heute vormittag wurde auf dem s Flugplatz Staaken ein neuer Verkehrsslugzeugtyp von der ^ Deutschen Lufthansa für ihren Betrieb übernommen. Es ) handelt sich um eine Konstruktion der Bremer Focke-Wulf- l Werke, einen Hochdecker, der mit zwei Motoren zu je 70
- PS., Typ Junkers L 1a, ausgerüstet ist, 3 Passagiere und ' Gepäck befördert und so eingerichtet ist, daß bei Abstellen
des einen Motors der Apparat trotz des Drehmoments des anderen Motors mit Hilfe eines großen besonders ausgeglichenen Seitenruders geradeaus weiter fliegen kann, wodurch besondere Betriebssicherheit gewährleistet ist.