Kaiser und Reichstag.

Air der Nachricht im gestrigen Reichstagsbericht, daß der Präsident dem Hause mitgeteilt habe, er habe auf Kaisers Geburtstag die Glückwünsche des Reichs­tags übermittelt, fiel auf, daß der Präsident nichts vom Dank des Kaisers an den Reichstag verlauten lieh, wie das seither der Fall war. Das kommt daher, dah der Kaiser seinen Dank an den Reichstag gar nicht bestellt hatte. Er habe sich damit begnügt, die Ansprache des Reichstagspräsidenten mit einem kurzen, stummen Kopfnicken zu beantworten, indes er die unmittelbar dahinter folgenden Präsidenten vom Herren- u. Abgeordnetenhaus durchHändedrücken und freundliche Anreden auszeichnete. Damit tm Zusammenhang steht ohne Zweifel die Entschltehung des Reichstagspräsidiums in zwölfter Stunde, die Ein­ladung zur Ealaoper abzulehnen. Der letzte Grund für die kaiserliche Haltung dürfte der sein, dah der Kaiser mit der Behandlung des Falls Zabern durch den Reichstag nicht einverstanden gewesen ist. Der Lokal­anzeiger bemerkt dazu offiziös:Diesen Gerüchten lie­gen, wie wir nach zuverlässiger Erkundigung feststellen konnten, lediglich folgende Tatsachen zugrunde: Nicht Dr. Kämpf, sondern das gesamte Präsidium des Reichs­tags war mit den Präsidien der beiden Häuser des preußischen Landtages zur Elückwunschcour vor dem Kaiser erschienen. Der Monarch begrüßte den Präsi­denten Kämpf und die beiden Vizepräsidenten Paasche und Dove, jeden einzeln; besonders freundlich Dr. Kämpf. Dagegen schüttelte er allerdings dem Präsiden­ten des Herrenhauses v. Wedel und dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses Grafen v. Schwerin-Löwitz die Hand." Der Lokalanz. erklärt dies damit, dah der Kaiser mit den beiden Landtagspräsidenten seit langem bekannt sei, während er solche persönliche Beziehungen zu Dr. Kämpf nicht habe. Man dürfe der Sache kei­nerlei politische Bedeutung beimessen.

Krupp verhandelt mit russischen und englischen Wafsen- sabriken.

Die Nachrichten von Verhandlungen der Firma Krupp mit den Putilow-Werken in Petersburg zwecks Ankaufs dieser Werke hat namentlich in Paris große Aufregung hervorgerufen. Nicht nur weil man den Uebergang dieser Werke in die Hände Krupps als «inen schweren Schlag gegen die französische Waffenindustrie auffaht, die begreiflicherweise den Bundesgenossen als den ihr gehörenden Kunden betrachtet, sondern auch, weil man schon im Geiste mit diesem Ankauf auch alle Geheimnisse der französischen Waffenerzeugung, nament­lich der artilleristischen, an Krupp ausgeliefert sieht. Die nationalistischen Kreise sehen daher in der Sache nichts weniger als sogar einen schweren Schlag gegen das russische Bündnis selbst. Diese Besorgnis findet auch einen tatsächlichen Untergrund darin, daß die erste Nachricht statt der erhofften Berichtigung vielmehr Er­gänzungen bestätigender Art erfahren hat. Ebenso meldet eine Londoner Nachricht, daß in der Tat den Putilow-Werken durch ein von Krupp und Vickers ge­bildetes Konsortium feste Angebote auf Verschmelzung dieser russischen Werke mit den deutschen und englischen Werken, oder auch ihr Aufgehen darin gemacht worden seien. Diese Verhandlungen, besagt diese Nachricht wei­ter, gingen schon auf einige Monate zurück. Der Temps hat anderseits erfahren, daß essichnichtum einen eigentlichen Ankauf der Putilow-W erke durch Krupp handle, sondern um eine Erhöh­ung ihres Kapitals, die von Krupp und der Deutschen Bank übernommen werden soll. Der Temps widmete der Sache schon einen Leitartikel, indem er ausführt, daß, ob Ankauf oder Kapitalerhöhung durch Krupp und die Deutsche Bank, das Ergebnis in beiden Fällen praktisch dasselbe wäre, nämlich, daß auch in

letzterm Falle die deutsche Gruppe die Kontrolle über die russischen Werke und ihre Erzeugnisse in die Hand bekäme.

Die neueste Meldung bezgl. dieser Gerüchte besagt:

Angesichts der von der französischen Presse lebhaft besprochenen Gerüchte aus Paris, daß die Putilowwerke angeblich von dem Hause Krupp mit Unterstützung der Deutschen Bank angekauft worden seien, ist diePetersb. Tel.-Ag." ermächtigt, diesen Gerüchten ein kategorisches Dementi entgegenzusetzen. Selbst falls die Absicht auf­tauchen sollte, das Kapital der Putilowwerke zu er­höhen, so könne sicherlich niemals weder direkt noch in­direkt von einer Beteiligung des genannten Hauses die Rede sein, das niemals zu einer Beteiligung zugelassen werden würde.

Die Ebernburg.

Nach einer Meldung des Lok.Anz. ist durch eine evangelische Gesellschaft die Stammburg Franz von Sickingens, die berühmte Burg der Gerechtigkeit bei Kreuznach für den Preis von 400 000 -4t angekauft worden. Die Gesellschaft hat 150 000 -tt angezahlt. Die Mittel sind durch öffentliche Sammlungen aufge­bracht worden. Bekanntlich beabsichtigte ein katholi­scher Orden, die Burg anzukaufen.

Eine Million für wissenschaftliche Forschung.

Halle (Saale), 29. Jan. Wissenschaftliche Kreise in Berlin, die der Kaiser-Wilhelm-Eesellschaft nahe ste­hen, haben dem Physiologen Prof. Abderhalden in Halle eine Million für die Errichtung eines Physiologischen Instituts in Berlin zur Fortführung seiner Eiweitz- forschungen zur Verfügung gestellt.

Deutsche Schiffe in Deutsch-Südwestafrika.

Liideritzbucht, 29. Jan. Die deutsche Flottendivision hat auf ihrer atlantischen Reise die südlichsten Statio­nen ihrer westafrikanischen Küstenfahrt erreicht Die Linienschiffe Kaiser und König Albert liegen vor- deritzbucht, der Kreuzer Straßburg vor Kapstadt. Die Fahrt nach diesen Häfen war zunächst vom Wetter be­günstigt, so daß mannigfache militärische Hebungen und Erprobungen erledigt werden konnten. In Swakop- mund, wo die Linienschiffe vorübergehend ankerten, wurde freilich heftiger Wind von Stärke 9 mit ent­sprechender See angetroffen. Die starke Brandung er­schwerte den Verkehr mit der Küste. Die begeisterte Aufnahme an Land fand ihren Höhepunkt am Geburts­tage des Kaisers.

Chinesische Räuber.

Shanghai, 29. Jan. Die China-Jnland-Mission hat Telegramme aus Liuanchow in Anhui erhalten, wonach auf 2000 Mann geschätzte Räuber fast die ganze Stadt geplündert und verbrannt haben. Der britische Missionar sei mit Frau und Kindern nach Lüchow ge­flüchtet. Die römisch-katholischen Missionare sollen noch in Liuanchow weilen und unversehrt sein. Augenschein­lich gehören diese Räuber zu der Bande des Weißen Wolfs, die kürzlich in Ost-Honan geplündert hatten.

Esseg, 29. Jan. Die vierköpfige Familie des pen­sionierten Hilfsamtsdirektors Koß wurde tot aufgefun- den. Durch Bersten eines Gasrohres auf der Straße war Leuchtgas ausgeströmt und in die Wohnung ein­gedrungen.

Paris, 29. Jan. Den Blättern zufolge sind unter der Garnison von Versailles und des Lagers von Sa- tory in der letzten Zeit eine ungewöhnlich große An­zahl von Todesfällen infolge von Lungenentzündung vorgekommen.

V-rnftfchtss.

Aus dem Elsaß.

Ein Freund unseres Blattes stellt uns nachstehende Ein­sendung zur Verfügung. Sie bedeutet eine (allerdings nicht klassisch witzige) Berulkung der Zaberner Vorfälle durch die

Elsäßer selbst u«d mag, unmittelbar vor der Fastnachtsgeit auch bei uns verwertet werden. -

Ein in den letzten Tagen hier durchpasfiert sein sollender Wanderer (fahrender Sänger?) führte einen Zettel mit sich, den er in der Herberge in Colmar erhalten habe, folgenden Inhalts:

Herrlich ist's auf dieser Welt,

Blechen muß man bares Geld,

Wetterle, der Herr Averner,

Diesen hat man täglich gerner,

Wer im Elsaß jugendfrisch,

Schlägt mit Fäusten auf den Tisch.

Selten werden Leute g'scheidter;

Wer zu Pferd sitzt, scheint ein Reiter.

Doch der Oberst der von Reuter Strapaziert die Rät' und Schreiber,

Ja sogar den Bürgermeister,

Knöpfler merket es so heißt er;

Stammt von der Garonne Strand,

Wie am Namen wird erkannt.

Liegt ins Bett, wenn Pöbel tobet,

Wird deshalb gar sehr gelobet;

Doch dann wieder ziemlich mutig,

Kämpft im Landtag wild und blutig.

Bringt die frechen Deutschen um,

Und entsetzt das Publikum.

Schmücket seinen Hut mit Rosen,

Trägt mit Stolz die roten Hosen.

Wibbeke der edle Sachs,

Dient ihm als getreuer Dachs;

Ist gebürtig aus Paris

O, ihr Leute, glaubet dies.

Mit Napoleon verwandt

Drückt er Knöpflern froh die Hand.

Ja, ganz Elsaß ist Paris

Jedermann erkennet dies.

Wie aus diesenVersen" hervorgeht, ist noch nicht das ganze Elsaß von Schmerz, Zorn und Wut erfüllt.

Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei.

Lanäwiktschaltl. öerirksverein

Lalw.

Nächsten Montag» 2. Februar (Lichtmeßfeiertag)» nachmittags 2'/, Uhr» findet im Gasthaus zurKrone" iu Zavelstein eine

(lerlammlung

statt, in der Herr Landwirtschastslehrer Walker von Leonberg einen

(1 olttag

über Düngung unter bejonäerer öerückfichtigung äer künstlichen Düngemittel

halten wird.

Jedermann ist dazu sreundlichst etngeladen.

Calw, den 26. Januar 1914.

Dereinsvorstaud: Regierungsrat Binder.

Gottesdienste.

4. Sonntag nach dem Erscheinungsfest, 1. Februar. Vom Turm: 2S3.Predigtlied:376, Wie schön leuchtet re. 9'/-Uhr: Vorm. Predigt, Stadtpfarrer Schmid. 1 Uhr: Christenlehre mit den Töchtern. 8 Uhr: Lichtbildervorführung für den Jungfrauen- und Marthaverein in der Kirche. Die Gemeinde ist freundlich eingeladen. Das Opfer ist für Bestreitung der Unkosten bestimmt. Kinder unter 13 Jahren haben keinen Zutritt.

Donnerstag, 6. Februar. 8 Uhr abends: Gedächtnisfeier zur Erinnerung an Dr. H. Gundert; Dekan Roos.

rr-noni-t-tt.

Eine reizende Neuheit, welche die Kinder spielend Ge­schicklichkeit erlangen läßt, und gleichzeitig Anregung verschafft» erhält aus Wunsch jeder Leser dieser Zeilen kostenfrei von Nestle's Kindermehl Gesellschaft, Berlin >V. 57. Es ist dies eine Ausschneidepuppe mit drei verschiedenen, allerliebsten Gewändern, womit die Kinder sehr gern und lange spielen. Auf Wunsch wird auch eine Probedose des berühmten Kinder- mehles umsonst beigesügt.

Amtliche und Privatanzeigen.

Sommenhardt.

Fichlenstangenverkauf.

Am MoMli de» 2. Sebr. M4

von vormittags 8 7- Uhr an

kommen aus verschiedenen Abteilungen hies. Gemeindewalds Stellesbera, Lanoen- morgen und Tannenhau zum Verkauf:

Baustangen 68 St. I. a 70 St. I. b .. 14 St. ll.

.. 6 St. III.

Hagstangen 87 St. I.

.. 141 St. ».

Hopfenstangen 637 St. 1.

111 St. H.

63 St. IV.

Abfuhr günstig. Zusammenkunft bei Restauration Mörsch, Station Teiuach.

Gemeinderat:

Vorstand: Luz.

I

Calw, den 29. Januar 1914.

Danksagung.

Für die vielen Beweise herzlicher Teilnahme bei dem Hinscheiden unseres lieben unvergeßlichen Gatten, Paters, Großvaters, Bruders, Schwagers und Onkels

Wilhelm Brüderle,

BahngSrtner,

für die ehrenvolle Begleitung seiner Herren Vor­gesetzten, Beamten und Unterbeamten, den Herren Ehrenträgem, dem Herrn Geistlichen für seine trostreichen Worte, sowie allen denen, welche ihm den letzten Liebesdienst erwiesen, sagen wir auf diesem Wege herzlichen Dank.

Die trauernden Hinterbliebenen.

Ev. KrbeitLi'-vrrcin Lalw.

Umständehalber muß der aus 1. Februar 1914 ausgeschriebene

Korlrag ans 8. Februar verschoben

werden. Der Ausschuß.

Nächsten Sonntag von nachm. 4 Ahr an findet

Rekruten-

Bersammlung

statt bei

L. Hiller, z. Schiff.

I. IGMlkb

Calw.

Samstag abend

Mmtrversiimlmg

im Lokal. Vollzähliges Erscheinen erwünscht

der Ausschuh.

Aspiranten.

Bereite auch dieses Fahr wieder 14jährige Schüler vor. 6. Kurs. Eintritt 1. Mat.

Hauptlehrer Häuhler, Deckenpfronn.