seit Jahrzehnten eingenistet hatten und jetzt im Be­griff standen, dieses bisher offiziell unter türkischer Herrschaft stehende fruchtbare Land zu annektieren. Wenn die Türken die Gelegenheit, ihre Herrschaft in Aegypten wieder zu befestigen, jetzt Vorbeigehen lie­ßen, so wäre die Oberherrschaft des Sultans über Aegypten wohl für immer verloren.

Aegypten der Türkei!

Konstantinopel, 31. Okt. Der Sultan hat, laut Bericht an dieDeutsche Tageszeitung" an sämtliche Großmächte eine Note gerichtet, worin er dagegen protestiert, daß ihn die englische Okkupation an der Ausübung seiner Souveränetät über Aegypten hin deve. Auf Grund dieses Proresies wird de: Khedive England auffordern, die englische Regierungstätig­keit in Aegypten einznstellen.

Die Pforte teilt mit, daß sämtliche asiatischen Küsten ihres Reiches durch Minen gesperrt seien.

Die vereitelten Absichten.

(W.T.B.) Konstantinopel, 31. Okt. Das amtliche Communiquo besagt: Aus Aussagen von gefangenen russischen Matrosen und aus der Anwesenheit eines Minenlegers bei der russischen Flotte geht hervor, da sie die Absicht hatte, den Eingang zum Bos­porus durch Minen zu sperren, um die türkische Flotte, die durch diese Minensperre in zwei Teile getrennt worden wäre, vollständig zu vernichten. In der An­nahme, daß sie hiedurch der Gefahr eines Ueberfalls ausgesetzt sein würde und in der Voraussetzung, daß die Russen die Feindseligkeiten ohne vovangegangene Kriegserklärung eröffnet hätten, machte sich die tür­kische Flotte an die Verfolgung der russischen und zer­sprengte sie. Sie bombardierte Sewastopol, zerstörte im Hafen von Noworössjek 50 Petroleumdepots, 14 Militärtransportschiffe, sowie mehrere Getreide­magazine und die Station für drahtlose Telegraphie. Ein Kreuzer wurde in den Grund gebohrt, ein an­derer russischer Kreuzer schwer beschädigt, der gleich­falls gesunken sein dürfte. Auch ein Schiff der russi­schen Freiwilligenflotte ist gesunken. In Odessa und Sewastopol sind 5 Petroleumbehälter durch unser Feuer vernichtet worden.

Die Russen in der Defensive.

(W.T.B.) London, 1. Nov. (Nicht amtlich.) In russischen militärischen Kreisen sieht man. wie die Evening News" aus Petersburg melden, die Türkei keineswegs als einen zu verachtenden Gegner an. Obwohl die türkische Heeresorganisation Mängel habe, könne sie doch eine halbe Million Soldaten ins Feld führen und außerdem eine Reserve von 300 000 Mann. Die Russen seien vollständig auf die Vertei­digung der kaukasischen Gebiete vorbereitet.

(W.T.B.) Kopenhagen, 1. Nov.National Ti- dende" bringt ein Telegramm aus Athen, daß in Damaskus antibritische Kundgebungen stattgefunden haben. Die allgemeine Stimmung sei dort dem Kriege günstig. Die Absendung syrischer Truppen nach der ägyptischen Grenze habe aufgehört, aber große Scharen von Beduinen wurden zusammen­gezogen.

Der russisch-türkische Krieg und das Balkanproblem.

Rom, 1. Nov. Der Korrespondent derVossischen Zeitung" will von gut unterrichteter Seite erfahren haben, daß zwischen Rumänien und Bulgarien Ver­handlungen gepflogen werden, die eine etwaige ge­meinsame Aktion zum Gegenstände haben. Diese Ak­tion werde sich nicht gegen Oesterreich richten.

Wien, 1. Nov. Der KonstantinopelerOsma- nische Lloyd" meldet, wie dieVoss. Zeitung" weiter­gibt, daß größere Truppenansammlungen der Grie­chen an der bulgarischen Grenze erfolgen, und daß Zusammenstöße bei Eoleschowo stattgefunden hätten, bis wohin die griechischen Schützengräben reichen.

Bulgariens Haltung.

(W.T.B.) Wien, 1. Nov. DieReichspost" mel­det aus Sofia: Die Eröffnung des Krieges durch die Türkei hat in Bulgarien allgemein ein Gefühl der Erleichterung und Zufriedenheit darüber ausgelöst, daß nunmehr die endgültige Lösung der mazedoni­schen Frage näher gerückt ist. Ueber die weitere Ent­wickelung macht man sich hier noch keine bestimmten Vorstellungen. Bulgariens Rolle hängt nach der An­sicht der meisten Politiker von der Entschließung Ru­mäniens ab.

Spannung zwischen Bulgarien und Serbien.

(W.T.B.) Wien. 31. Okt. (Nicht amtlich.) Die SLdslavische Korrespondenz" meldet aus Sofia: Die Spannung zwischen Bulgarien und Serbien scheint sich in der allerletzten Zeit verschärft zu haben. Die Sprache der offiziellen Blätter gegen Serbien ist überaus heftig. Man verlangt an diesen Stellen im­mer dringender ein aktives Vorgehen gegen Serbien, um den Leiden der Bulgaren in Mazedonien ein

Ende zu bereiten. Es ist bemerkenswert, daß hierbei immer darauf hingewiesen wird, daß auch die mu- hammedanische Bevölkerung in gleicher Weise wie die bulgarische von dem serbischen Terror betroffen wird, und daß auch die Türkei gezwungen sein würde, ge­gen die serbische Willkürherrschaft aufzutreten. Die Stimmung der bulgarischen Öffentlichkeit gleicht der vor Beginn des zweiten Balkankrieges.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

(W.T.B.) Großes Hauptquartier, 31. Okt., vor­mittags. (Amtlich.) Mitteilung der obersten Heeres­leitung. Unsere Armee in Belgien nahm gestern Namchapelle und Lixschote. Der Angriff auf Ppres schreitet gleichfalls fort. Sandvorde-Hollebeke-Warn- beke wurden gestürmt. Auch weiter südlich gewannen wir Boden. Oestlich Soifsons wurde der Gegner gleichfalls angegriffen und im Laufe des Tages aus mehreren stark verschanzten Stellungen nördl. Vailly vertrieben. Am Nachmittag wurde Vailly gestürmt und der Feind unter schweren Verlusten über die Aisne zurückgeworfen. Wir machten 100V Gefangene und erbeuteten 2 Maschinengewehre.

Im Argonnenwald westlich von Verdun und nördlich von Toul brachen wiederholte feindliche An­griffe unter schweren Verlusten für die Franzosen zu­sammen.

Der Kampf auf dem nordöstlichen Kriegsschau­platz hat noch nicht zu einer Entscheidung geführt. Westlich von Warschau folgen die Russen langsam unfern sich neu gruppierenden Kräften.

(W.T.B.) Grobes Hauptquartier, 1. Nov., vor­mittags. (Amtlich.) In Belgien werden unsere Ope­rationen durch Ueberfchwemmungen erschwert, die am Pser-Ppres-Kanal die Zerstörung der Schleusen bei Nieuport herbeigeführt haben. Bei Apern drangen unsere Truppen weiter vor. Mindestens 600 Gefangene wurden gemacht und einige englische Geschütze erbeutet. Auch unsere westlich Lille käm­pfenden Truppen kamen vorwärts. Dis Zahl der bei Vailly gemachten Gefangenen erhöhte sich auf etwa 1500. In der Gegend von Verdun-Tonl fanden nur kleinere Kämpfe statt.

Im Nordosten standen unsere Truppen auch ge­stern noch in unentschiedenem Kampf mit den Russen.

Die Erfolge der Deutsche« am Kanal.

(W.T.B.) Amsterdam, 31. Okt. (Nicht amtlich.) DerTelegraaf" meldet aus Sluis von gestern: Ge­genüber den Gerüchten über ein Zurückweichen der Deutschen in Ostflandern La-nn ich versichern, daß heute früh die Kampflinie ungefähr dieselbe war, wie gestern. Kovtryk, Pseghem, Russelaer und Tourhout sind in deutschem Besitz und Ppern in den Händen der Verbündeten. Besonders heftig war der Kampf um Ppern bei Passchendlas, West Großebeke und Bece- laers. Die Deutschen haben die Küste von Ostende bis Knocke vollständig besetzt. In Heyst ist ein An­schlag in drei Sprachen erschienen, wonach die Woh­nungen am Soedamm und in den dahin führenden Straßen geräumt werden müssen.

Die englische Herrschaft zur See.

Wieder ein englischer Kreuzer vernichtet.

(W.T.B.) Berlin, 1. Nov. C.-K. nicht amtlich. Aus London wird amtlich unter dem 31 Okt. gemel­det: Ein deutsches Unterseeboot brachte heute im Kanal den alten KreuzerHermes", der von Dün­kirchen zuriickkam, durch Torpedoschuß zum Sinken. Beinahe alle Offiziere und Mannschaften wurden ge­rettet.

Wie dem W.T.B. von amtlicher Seite mitgeteilt wird, liegt eine Bestätigung der Nachricht deutscher­seits noch nicht vor.Hermes" stammt aus dem Jahr 1898, hat 5700 Tonnen, 400 Mann Besatzung und macht 20 Seemeilen.

Wenn die englische Admiralität auch betont, daß es ein altes Schiff war, das dem deutschen Untersee­boot zum Opfer gefallen ist, so muß man sich über die Aktivität unserer Flotte freuen, die den Engländern jeden Tag größere Herzbeklemmungen bereitet.

England erwartet einen deutschen Seeangrisf.

(W.T.B.) London, 31. Okt. (Nicht amtlich.) Der Mitarbeiter derDimes" erörtert das neue Minen­feld an der Nordwostküste Irlands und die Schwierig­keiten, die sich infolge der Privilegien der neutralen Schiffahrt für das Patroullieren in der Nordsee er­geben. Diese Privilegien beständen hauptsächlich dank der Rücksichtnahme, mit der die Neutralen zu be­handeln immer noch zweckmäßig erscheine. Nun müsse aber die Zeit kommen, wo es notwendig erscheine, zu erwägen, ob es nicht doch besser wäre, dem neutralen

Handel in jener Gegend drastischere Beschränkungen au fzu er legen. Es besteht kein Zweifel, daß diese Pest­maschinen von den Deutschen gelegt würden, um die Bewegungsfreiheit der englischen Flotte lahmzulegen. Damit werde eine doppelte Absicht verfolgt, die Ent­fernungen, die die englischen Schiffe zur Erreichung gewisser Punkte zurücklogen müssen, zu verdoppeln und die Routen gefährlich zu machen. Wenn daher nicht Gegenmaßrogoln ergriffen würden, werde Eng­land sich in einer unbequemen Lage befinden, wenn die Zeit komme, einem deutschen Sturmangriff zu be­gegnen. Einstweilen erleide der britische wie der neu­trale Handel durch die Seeminen fortdauernde Ver­luste.

Die deutschen Minen werden den.Engländern immer unbequemer. Um sich selbst über das Unange­nehme der Situation zu täuschen, stellt man es so dar als ob bisher die Rücksicht auf die neutrale Seeschiff­fahrt England von einer intensiveren Beschützung sei­ner Küste abgehalten hätte.

Wie es im übrigen mit der Ueberlegenheit der doppelt so großen englischen Flotte gegenüber der deutschen steht, das hat der Marinemitarbeiter der Times", vielleicht ohne es zu wollen, uns auch ver­raten: England erwartet einen deutschen Seeangriff. Wie hatte doch der erste Lord der Admiralität vor einigen Jahren anläßlich der Vertretung seines Bud­gets gesagt:Im Falle eines Krieges mit Deutsch­land mutz die deutsche Flotte vernichtet sein, ehe die Deutschen die Kriegserklärung in den Zeitungen lesen." England, du bist ein Greis geworden und des­halb ein ^»wätzer!

Die Bereinigten Staaten wehren sich.

(W.T.B.) Washington. 1. Nov. Die Regierung hat beschlossen, in London gegen die Festhaltung des DampfersKroonland" in Gibraltar Einspruch zu erheben und zu fragen, ob der Grund dafür sei. daß der Dampfer Kupfer geladen hatte. Amtliche Kreise vertreten die Auffassung, daß das Schiff entweder freigelassen oder alsbald vor ein Prisengericht ge­bracht werden müsse.

(W.T.B.) London, 30. Okt. (Nicht amtlich.) Mornmg Post" meldet aus Washington: Die Poli­tik Englands und Amerikas stehen im Gegensatz zu einander. England wünscht natürlich zu verhindern, daß Güter nach Deutschland gehen, die ihm entweder als Kriegsmaterial von Nutzen wären oder ihm hel­fen würden, gewisse Industriezweige zu erhalten. Die amerikanische Regierung würdigt die Lage Englands, fühlt sich aber nicht veranlaßt, England auf Kosten des amerikanischen Handels zu unterstützen. Es fühlt sich vielmehr verpflichtet, alles zu tun, was in seiner Macht steht, um die Auslandsmärkte für amerika­nische Erzeugnisse zu sichern. Es wird sehr bald deut­lich werden, daß die Verhältnisse -auf einen Zusam­menstoß Hintreiben, der nur durch Takt und Rücksicht­nahme, sowie durch gegenseitige Zugeständnisse und eine großzügige, vornehme Diplomatie auf beiden Seiten vermieden werden kann.

Der englische erste Seelord geht.

PrinzLouisvonVattenberg, derder englischen Flotte seit Jahren große Dienste geleistet hat, ist nun auch der Deutschenhetze zum Opfer ge­fallen.

Der Prinz schreibt in dem Briefe an den Ma­rineminister Churchill, in dem er das Amt als Erster Seelord niederlegt, daß er in letzter Zeit zu dem schmerzlichen Schlüsse gelangt sei, daß unter den herr­schenden Umständen seine Geburt und Herkunft die Wirkung hätten, in gewisser Hinsicht seine Nützlich­keit in der Admiralität zu beeinträchtigen.Ti­mes" führt aus, der Rücktritt des Prinzen Batten­berg sei fraglos das Ergebnis einer Campagne ge­wesen, in der der Prinz einerseits der Schwäche gegen­über Churchill beschuldigt, anderersetis wogen seiner deutschen Herkunft angegriffen worden ist. Das Blatt fährt fort: Die Ernennung Lord Fishers versetzt in die wichtige Stellung des Ersten Seelords einen Mann, der mehr als jeder andere Schöpfer der bri­tischen Schlachtflotte ist, der zu der Flotte in einem ähnlichen Verhältnis steht, wie Kitchener zur Armee.

Daily Lhronicle" gegen seine Landsleute.

(W.T.B.) London. 31. Okt. (Nicht amtlich.) Daily Lhronicle" schreibt: Die Pressekampagne ge­gen die Deutschen und Oesterreicher in England Hai einen sehr ungünstigen Eindruck in den neutralen Ländern gemacht, wo man daraus den Schluß zieht, daß in England die öffentliche Meinung so übermäßig erregt sei, daß sogar die traditionellen Instinkte des britischen Fair-Play vergessen seien. Glaubt denn ein vernünftiger Mensch, daß unsere nationale Ehre und unsere nationalen Interessen gefördert werden durch die unterschiodslose Entlassung der Hotelleiter, Barbiere und Kellner, weil sie in diplomatischem Sinn Feinde sind? Nicht alle werden nach ihrer Ent­lassung interniert, weil die Räumlichkeiten dafür feh-