5. Dünger und Zauche von Klauenvieh, ferner Ge­rätschaften und Gegenstände aller Art, die mit solchem Vieh in Berührung gekommen sind, dürfen aus dem Sperrbezirke nur mit polizeilicher Erlaubnis ausge­führt weiden.

6. Die Einfuhr von Klauenvieh in den Sperrbezirk, sowie das Durchtreiben von solchem Vieh und das Durch­fahren mit Wiederkäuergespannen durch den Bezirk ist verboten. Ausnahmen für die Einfuhr kann das Ober­amt zulassen.

II. Besondere Maßregeln für das Beobachtungsgebiet

soweit es in den Oberamtsbezirk fällt.

1. Klauenvieh darf aus dem Beobachtungsgebiet nicht entfernt werden. Das Oberamt kann die Ausfuhr in der Regel nur zu sofortiger Schlachtung zulassen.

2. Das Duvchtreiben von Klauenvieh und das Durchfahren mit Wiederkäuergespannen ist verboten.

III. Gemeinsame Maßregeln für Sperrbezirke, Beobachtungsgediet und 15 Km.-Umkreis,

soweit sie nicht in den Oberamtsbezirk fallen.

Verboten sind:

l. Die Abhaltung von Märkten und marktähnlichen Veranstaltungen mit Klauenoieh. sowie der Auftrieb von Klauenvieh auf Jahr- und Wochenmärkte.

2. Der Handel mit Klauenoieh, der ohne vorgäng­ige Bestellung entweder außerhalb des Eemeindebezirks der gewerblichen Niederlassung des Händlers oder ohne Begründung einer solchen stattfindet. Als Handel gilt auch das Aufsuchen von Bestellungen durch Händler ohne

Mitführen von Tieren und das Aufkäufen von Tieren durch Händler.

3. Die Veranstaltung von Versteigerungen von Klauenvieh.

4. Die Abhaltung von öffentlichen Tierschauen mit Klauenvieh.

5. Das Weggeben von nicht ausreichend erhitzter Milch aus Sammelmolkereien an landwirtschaftliche Be­triebe, in denen Klauenvieh gehalten wird, sowie die Ver­wertung solcher Milch in den eigenen Viehbeständen der Molkerei, soweit dies nicht schon ohnehin verboten ist, ferner die Entfernung der zur Anlieferung der Milch und zur Ablieferung der Milchrückstände benutzten Ge­fäße aus der Molkerei, bevor sie desinfiziert sind.

Als ausreichende Erhitzung der Milch ist anzusehen

a) Erhitzung über offenem Feuer bis zum wieder­holten Aufkochen'

b) Erhitzung durch unmittelbar oder miteibar ein­wirkenden strömenden Wasserdampf auf 85'ff

c) Erhitzung im Wasserbad, und zwar

entweder auf 85° für die Dauer einer Minute oder, unter der Voraussetzung, daß durch geeig­nete Vorrichtungen eine gleichmäßige Erwär­mung der gesamten Milchmenge oder Milchrück­stände gewährleistet ist, auf 70» für die Dauer einer halben Stunde.

Die Desinfektion der Milchgesäße kann mit strömen­dem Wasserdampf oder durch Auskochen in Wasser oder Zprozentiger Soda- oder Seifenlösung oder auf eine der folgenden Arten geschehen:

durch Einlegen der Gefäße in kochend heißes Wasser oder kochend heiße Sodalösung oder dünne Kalkmilch für die Dauer von mindestens 2 Minuten derart, daß alle Teile der Gefäße von der Flüssigkeit bedeckt sind;

oder durch gründliches Abbürsten der Außen- und Innenfläche der Gefäße nebst Griffen, Deckeln und an­deren Verschlußvorrichtungen mit kochend heißem Wasser oder kochend heißer Sodalösung oder dünner Kalkmilch.

Zeder weitere Ausbruch oder Verdacht der Seuche ist der Ortspolizeibehörde sofort nach dem Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen anzuzeigen. Verletzungen der Anzeigepflicht oder der vorstehend angeordneten Schutzmaßregeln unterliegen den Strafbestimmungen des 8 328 StGB, und der 88 7477 des Viehseuchen­gesetzes und ziehen den Verlust des Entschädigungs­anspruchs für Rindvieh nach sich.

Calw, den 30. Okt. 1914.

K. Oberamt.

Amtmann Rippmann.

Die Ortspolizeibehörden.

werden ersucht, die für ihre Eemeindebezirke zutreffenden Maßregeln in ortsüblicher Weise bekannt machen und die Einhaltung streng überwachen zu lassen. An den Haupteingängen des Sperrbezirks und des Beobach­tungsgebiets sind Tafeln mit der durch 8 185 Abs. 2 bezw. 8 189 Abs. 2 vorgeschriebenen Aufschrift leicht sicht­bar anzubringen.

Calw, den 30. Okt. 1914.

K. Oberamt.

Amtmann Ri pp mann.

Eine neve Heldentat derEmden".Türkische Kriegsschiffe an der rvssischev We.

Ansstaad der Vnren. Eia Zeppelin Wer Paris.

Die Türken

beschießen einen russischen Hafen.

(W.T.B.) Petersburg. 3V. Okt., vormittags 3 Uhr. Die Petersburger Telegraphenagentur meldet: Zwischen 9^ und IOV 2 Uhr vormittags beschoß ein türkischer Kreuzer mit 3 Schornsteinen in Feodosia den Bahnhof und die Stadt, beschädigte die Kathe­drale, die griechische Kirche, die Speicher im Hafen und Mole. Ein Soldat wurde verwundet. Die Filiale der russischen Bank für auswärtigen Handel geriet in Brand. Um IÜV 2 Uhr dampfte der Kreuzer gegen Siidwesten ab. Zn Noworossijek kam der türkische KreuzerHamidie" an, forderte die Stadt zur Ueber- gabe und Auslieferung des Staatseigentums auf, mit der Drohung, im Falle der Ablehnung die Stadt zu bombardieren. Der türkische Konsul und seine Be­amten wurden verhaftet. Der Kreuzer fuhr wie­der ab.

Feodosia liegt auf der Krim, Novorossijek im Kaukasus, beide Städte gegenüber der kleinasiati­schen Küste des schwarzen Meeres.

Wenn die Nachricht richtig ist, so bedeutet das die Kriegserklärung der Türkei an Rußland, denn man wird wohl kaum annehmen können, daß die Kommandanten der Kriegsschiffe ohne Jnstruierung seitens ihrer Regierung so vorgegangen wären. Nach dem geltenden Völkerrecht ist eine formelle Kriegs­erklärung ja auch nicht notwendig. Der Krieg zwi­schen zwei Staaten ist erklärt, wenn der eine gegen den andern die Feindseligkeiten eröffnet.

Daß die Türkei im Sinn hatte, in den europä­ischen Krieg einzugreifen, erfuhr man bald nach Ausbruch des Krieges. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Der durch Rußland und Frankreich insze­nierte Balkankrieg hatte der Türkei die Augen ge­öffnet, und sie wußte wohl, wessen sie sich zu versehen hatte, falls der Dreiverband in dem jetzigen Kriege siegen sollte. Außerdem scheint es, daß England, ent­gegen seiner bisherigen Politik, die Türkei gegen Rußland in Schutz zu nehmen, den Russen in den letz­ten Jahren bezüglich des schwarze» Meeres Zuge­ständnisse gemacht hatte, nur des Bündnisses gegen Deutschland zuliebe. Welche Gefahren den Englän­dern damit in Indien von seiten der Russen drohen, das haben sie in ihrem blinden Haß gegen den deut­schen Konkurrenten nicht bedacht. Vor zwei Jahren mußte man dem Bündnis zuliebe ja auch schon Kon­zessionen bezüglich Persien und Afghanistan machen. Aber die Engländer haben in ihrer Politik immer dos Prinzip verfolgt, den schärfsten Gegner zunächst zu vernichten, und so hat man scheinbar die wichtig­sten Interessen geopfert, um dieses Ziel zu erreichen. Die Engländer kalkulieren aber: Heute Deutschland, morgen'Rußland. Ob sie sich diesmal nicht verrechnet haben? Die Türkei hat anscheinend keine Lust, sich den Interessen ihrer bisherigenFreunde" zu opfern. Und von Persien und Afghanistan weiß man auch, daß sie sich nicht so ohne weiteres verschachern lassen wollen, besonders im jetzigen Zeitpunkt, der ihnen die Gelegenheit gibt, sich vom russischen und englischen Joch zu befreien.

Wie sich die Sache auf dem Balkan gestalten würde, im Falle eines russisch-türkischen Krieges, ist

Tagesbericht.

(W.T.B.) Großes Hauptquartier, 29. Okt., vor­mittags. (Amtlich.) Mitteilung der obersten Heeres­leitung. Unser Angriff südlich Nieuport gewinnt langsam Boden. Bei Ppres ist der Kampf unver­ändert. Westlich Lille machten unsere Truppen gute Fortschritte. Mehrere befestigte Stellungen des Fein­des wurden genommen. 16 englische Offiziere und über 300 Mann wurden zu Gefangenen gemacht und 4 Geschütze erbeutet. Englische und französische Ge­genstöße wurden überall abgewiesen.

Eine vor der Kathedrale von Reims aufgefah­rene französische Batterie mit Artilleriebeobachtung auf dem Turm der Kathedrale mußte unter Feuer genommen werden. Im Argonnenwald wurde der Feind aus mehreren Schützengräben geworfen und einige Maschinengewehre erbeutet. Südlich Verdun wurde ein heftiger französischer Angriff zurückgefchla- gen. Im Gegenangriff stießen unsere Truppen bis in die feindliche Hauptstellung durch, die sie in Besitz nahmen. Die Franzosen erlitten starke Verluste. Auch östlich der Mosel wurden alle Unternehmungen des Feindes, die an sich ziemlich bedeutungslos waren, zurllckgewiesen.

Auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatz befinden sich unsere Truppen in fortschreitendem Angriff. Während der letzten 3 Wochen wurden hier 13 500 Russen zu Gefangenen gemacht. 30 Geschütze und 39 Maschinengewehre erbeutet. Auf dem südöstlichen Kriegsschauplatz haben sich die Ereignisse nicht ver­ändert.

noch nicht ubzusehen. Das aber kann wohl voraus­gesagt werden, der Krieg würde das ganze Balkan­problem wieder akut machen. 0. 8.

Der Aufstand in Englifch-Südafrika.

(W.T.B.) Berlin, 29. Okt. DasBerliner Tageblatt meldet aus Christiania:Aftenposten" läßt sich aus London telegraphieren: Der Aufstand in Südafrika nimmt immer größeren Umfang an. General Dewet hat die Fahne der Empörung im Oranjestaat erhoben. General Beyers hat sich an die Spitze der Aufruhrbewegung in Westtransvaal gestellt. Die Aufständischen haben die Stadt Heil­bronn besetzt. Bei Reitz wurde ein Eisenbahnzug angehalten.

(W.T.B.) Amsterdam, 29. Okt. Der Telegraf meldet aus London: Die letzten Berichte aus Süd­westafrika lauten sehr ungünstig. Es scheint, daß General Dewet gegen Botha Partei genommen hat, während man in London sich über die Haltung vieler anderer einflußreicher Mitglieder der Partei des Generals Hertzog viel Sorge macht. Gerüchten zufolge sollen verschiedene hohe englische Beamte durch die aufständischen Buren gefangen genommen worden sein.

Rotterdam, 29. Okt. Wie aus London ge­meldet wird, befaßte sich gestern ein Ministerrat in Downing-Street mit der Lage in Südafrika. Handelshäuser in Rotterdam und Antwerpen haben nach einer Meldung derDeutschen Tageszeitung" vertrauliche Mitteilungen erhalten, daß die Zahl

der aufständischen Buren bereits gegen zehn­tausend betrage. Sie seien sämtlich gut bewaffnet und haben auch Schnellfeuergeschütze, sowie Ma,chi- nengewehre.

London, 29. Okt. Aus Kapstadt wird gemeldet: Oberst Maritz hat folgenden am 16. September in Windhuk erlassenen Aufruf des kaiserl. Gouverneurs von Deutsch-Südwestafrtka Dr. Seitz uuter den hol­ländischen Südafrikanern verbreiten lasten: Nach­dem englische Truppen Romansdrift eingenommen, damit die deutsche Grenze verletzt und so den Krieg von Europa nach Afrika hinüber getragen haben, erkläre ich nachdrücklich, daß die Deutschen keinen Krieg gegen die holländischen Südafrikaner führen. Dagegen werden wir alle Maßnahmen ergreifen, um die Angriffe der Engländer abzuschlagen. Wir werden den Krieg ausschließlich und bis zum I Aeußersten gegen England und die Engländer führen.

Die heldenmütigeEmden".

(W.T.B.) Leipzig. (Nicht amtlich.) Die Leip­ziger Neuest. Nachr. verbreiten folgendes Extrablatt: Kopenhagen, den 30. Okt. Nach einer amtlichen Pe­tersburger Meldung aus Tokio wurde der russische KreuzerSzhemtzhug" und ein französischer Tor­pedojäger auf der Reede von Pulo-Pinang durch Torpedoschüsse des deutschen KreuzersEmden" zum Sinken gebracht. Der Kreuzer hatte sich durch An­bringen eines falschen vierten Schornsteins unkennt­lich gemacht und konnte sich auf diese Weise den ver­nichteten Schiffen unerkannt nähern.

Ein Zeppelin über Paris!

Berlin, 29. Okt. Die Franks. Ztg." verbreitet ein Extrablatt mit folgender Meldung:

Göteborg. DasAftenbladet" meldet aus Paris: Am Mittwoch erschien über Paris ein Zeppelin. Es wurden 6 Bomben herausgeworfen, von denen 3 größeren Schaden anrichteten. 8 Personen wurden gelötet, eine beträchtliche Anzahl wurde verletzt. Französische Flieger versuchten das Luftschiff anzn- greifen, es entkam jedoch in den Wollen.

Die Verluste der Franzosen bei ToulVerdun.

Berlin» 27. Okt. Ueber die französischen Ver­luste berichtet derLokal-Anzeiger" auf Grund schweizerischer Meldungen, daß seit der Eroberung des Forts St. Mihisl die Franzosen in der Schlacht­linie Toul-Verdun über 40000 Mann Ver­luste hatten, ohne daß ein befriedigendes Resultat erzielt worden sei. Beunruhigend ist der Verlust an moderner Artillerie, die gerade in den heißum­strittenen Höhenzügen des Zentrums entscheidenden Wert besitzt. Generalissimus Joffre ließ die Lücken der Kampffront durch gute Truppen ausfüllen. Heute ist das nicht mehr möglich. Die Qualität des Nach­schubes ist so mjinderwertig, daß die Klagen der Komandanten bei der Heeresleitung kein Ende neh­men. Man zeigt sich in der Bevölkerung gegen den Generalissimus sehr aufgebracht, weil er die schlech­ten Resultate im Woevregebiet durch belanglose Mel­dungen verschleiert.