England in Erwartung der Deutschen.
Berlin, 29. Okt. Der Amsterdamer Courant meldet aus London: Außer London wurden sämtliche 23 englische Häfen an der Nordsee für befestigte Plätze erklärt und in Verteidigungszustand gesetzt.
Man fragt sich nur, wofür eigentlich England seine Riesenflotte zu verwenden beabsichtigt.
Deutsche Minen.
(W.T.V.) London, 29. Okt. Das Reuter'sche Bureau meldet: Der Dampfer .Manchester" mit 5375 Tonnen Gehalt ist in der Nähe der Nordküste von Irland auf eine Mine gestoßen und gesunken. Der Kapitän und 13 Mann sind ertrunken. 30 Mann wurden durch einen Schlepper gerettet. — Die Seemännische Behörde von Liverpool erläßt eine Warnung für die Nordirland passierenden Schiffe, daß deutsche Minen in diesen Gewässern gelegt seien. Die Schiffe sollten sich daher der Toryinsel nicht auf 60 Meilen nähern. — Und die englische Flotte? ?
Englands Versicherungen gegen die Zeppelingefahr.
Der „Vossischen Zeitung" wird gemeldet: Die Angst der Engländer vor dem Besuch eines Zeppelinlustschiffes kommt am stärksten durch die Versicherungen zum Ausdruck, die bei Lloyds gegen den Schaden von Zeppelinbomben abgeschlossen worden sind. Für Wohnhäuser in London und Süd-England muß bei einer Versicherungssumme von 1000 Mark eine Prämie von 26 Mk. gezahlt werden, wobei die Versicherung auf 12 Monate läuft. Für einzelne Stadtteile Londons und die reicheren Viertel von Westend beläuft sich die Prämie auf 5 Prozent der Versicherungssumme und in der City, vor allem in der Nähe der Post, der Börse, der Bank von England und des Rathauses, müssen die Hausbesitzer und Geschäftsinhaber eine Prämie von 10 Prozent bezahlen. In der Oxfordstraße hat ein Warenhaus seine Bestände allein mit drei Millionen Mark gegen Angriffe von Zeppelinluftschiffen versichert.
Entschädigungsansprüche an England.
Berlin, 28. Okt. Das Achtuhrblatt meldet aus Antwerpeu, daß etwa 50 große Antwerpener Handelshäuser wegen der Vernichtung ihrer Warenlager durch die Engländer beim amerikanischen Gesandten im Haag protestiert und Schadenersatzansprüche in Höhe von 230 Millionen Franken angemeldet haben, da die Vernichtung der Waren nicht während der Verteidigung der Stadt, sondern erst durch die Engländer bei ihrem Rückzüge erfolgt sei.
Der Protest gibt ein Bild von der Rücksichtslosigkeit, ja Gemeinheit des englischen Volksinstinktes, der angesichts einer Niederlage nicht einmal das Gut seiner Freunde schonend behandelt.
Engländer gegen ihre Landsleute.
(W.T.V.) Frankfurt a. M., 29. Okt. Die hiesige englische Kolonie hat an Lord Roberts und das Home Office in London folgendes Telegramm gerichtet: Im Namen der zahlreichen in Frankfurt und Umgebung sich aufhaltenden britischen Untertanen, die sich ungehindert bewegen dürfen, erheben wir Einspruch gegen jede harte und unberechtigte Behandlung der Deutschen in England, die gegen alles Herkommen in unserem Lande verstoßen würde. Sir William H. Lindley, Johns M. Mackenzie, Ernste C. Cole .
Reuter meldet aus London: Am 27. Okt. ließ der Polizeirichter von Deptford unter der Bedingung künftigen Wohlverhallens einen Soldaten frei, der in Uniform an den gegen die Deutschen gerichteten Ausschreitungen teilgenommen hatte und von der Polizei im Schlafzimmer eines geplünderten Hauses im Besitze eines gestohlenen Ringes und einer gestohlenen Uhr verhaftet worden war. Daily Lhro- mcle kritisiert das Urteil scharf und schreibt, es sei fast eins direkte Ermutigung zum Verbrechen. Die Militärbehörden könnten weitere Schritte tun und hätten hoffentlich eine bessere Vorstellung von der Ehre der Armee, als der Polizeirichter von der Ehre der Nation.
Die Engländer in Aegypten.
(W.T.V.) Konstantinopel, 28. Okt. Das ägyptische Blatt „El Harman" meldet, daß die Engländer einen Studenten der großen muselmanischen Universität Azhar verhaftet hätten. Die hieran angeschloffene Untersuchung habe ergeben, daß Professoren der Universität und Scheiks der gleichnamigen Moschee einen Aufstand in Aegypten verbreiteten. Die Engländer hätten die entsprechenden Maßnahmen getroffen Ein anderes ägyptisches Blatt meldet, daß die Regierung des Sultan gegen den Bakim von Darfour, der sich verdächtige Umtriebe gegen die Engländer habe zu Schulden kommen lassen, ein Heer entsandt habe.
Die Verluste der Rüsten. >
Wien, 29. Okt. Die Verluste der Russen in ^ den bisherigen Kämpfen mit Oesterreich-Ungarn ^ werden auf 420 000 Mann berechnet. Die gegen! Deutschland erlittenen auf 340000 Mann, einschließlich der Gefangenen, zusammen also 760000 Mann, Mit Einrechnung der Kranken dürften sonach die Abgänge bei der russischen Armee bisher 1150000 Mann betragen.
Die Stimmung in Rußland.'
In den letzten Tagen trafen in Sofia Nachrichten aus Rußland ein, die entnehmen lassen, daß sich in der Stimmung des Volkes eine Wandlung vollzieht. Das Volk steht sich von der Regierung getäuscht. Die Regierung hat erklärt, daß Rußland von Deutschland verräterisch überfallen worden sei. Aber jetzt dringt immer mehr die Wahrheit in die Volksmaffen. Jede größere Stadt ist mit Verwundeten überfüllt, die von russischen Verlusten erzählen und von Siegen nichts wissen, die die Regierung mitunter fast täglich meldet. Nicht nur in Odessa, sondern in ganz Süd-Rußland gährt es unter den Fabrikarbeitern und dem einfachen Volke. Die von den Behörden wieder begonnene Judenverfolgung droht der Regierung verhängnisvoll zu werden. Es wird erklärt, die russische Armee habe Niederlagen erlitten, weil wichtige strategische Stellungen durch Juden dem Feinde verraten worden seien. Man glaubt diesen Erklärungen nicht und sieht darin nur das Bemühen, Sündenböcke für die Kriegskatastrophe zu suchen. Die Liberalen und Sozialisten nehmen die Juden in Schutz. Sollten die Verfolgungen nicht aushören, so sei mit dem Ausbruch eines Polksauf- standes zu rechnen, der übrigens im Falle weiterer Niederlagen der russischen Truppen kaum ausbleiben kann. Nach den neuesten Meldungen ist der militärische Sicherungsdienst in Moskau verdreifacht worden.
Die russische Staatsbank verläßt Warschau.
Berlin. 28. Okt Aus Krakau wird der „Nationalzeitung" gemeldet: Die russische Staatsbank habe ihre Räume in Warschau geschloffen und ist nach Petersburg übergesiedelr. Die Banque d'Escompte hat ihre Tätigkeit von Warschau nach Vrest-Litowsk verlegt.
Die Barbestände der russischen Staatsbank werden seit 3 Tagen in Panzerzügen nach Petersburg geschafft.
Man rechnet also wohl damit, daß der Termin, bis zu welchem die Russen „Warschau" aufs äußerste verteidigen wollen, nicht allzu fern ist.
Revolutionäre Haltung der russischen Studenten.
Berlin, 28. Okt. Aus Kopenhagen wird der „Voss. Zig." gemeldet: In Petersburg und Moskau sind große Studentenkundgebungen im Gange. Gegen einen Erlaß, der den Kri-egsmimster ermächtigt, Studenten zum Waffendienste hevanzuziehen. Dieser Erlaß versetzte die Studenten, die von jeher gegen jedwede Einmischung des Kriegsministers und des Ministers des Innern in die akademischen Angelegenheiten waren, in höchste Erregung. In Moskau fanden studentische Straßenumzüge statt. In Petersburg nahmen die Studenten gleichfalls eine revolutionäre Haltung ein. Der Unterrichtsminister lehnte ein Gesuch des Rektors der Petersburger Universität ab, 25 jüdische Abiturienten, sowie 18 jüdische Studenten, die bisher im Ausland studiert hatten, über die für die Juden festgesetzte Prozentnorm zum Studium an der Universität zuzulassen.
Die russischen Studenten sind von jeher die Träger revolutionärer Ideen gewesen. Wenn der russische Soldat gefragt wird, wer zu den politischen Verbrechern gehört, so hat er zu antworten: die Polen, die Juden und — die Studenten. (D. Schriftl.)
Italien und Griechenland.
Frankfurt, 28. Okt. Aus Rom wird der „Frankfurter Zeitung" gemeldet: Die Regierung wird heute eine Note veröffentlichen, wonach die Anwesenheit griechischer Truppen und Behörden nur geduldet wird, soweit sie einen provisorischen Charakter trägt.
(Es war vorauszusehen, daß Italien die Besetzung eines Teils von Epirus durch griechische Truppen nicht ohne Vorbehalt zulaffen werde. Die griechische Regierung wird sich nun zu überlegen haben, ob sie die „notwendige" Besetzung wirklich nur vorübergehend vornehmen will, oder ob sie, vertrauend auf die Hilfe des Dreiverbandes, einen eventuellen Waffengang mit Italien riskieren kann. Letzteres erscheint angesichts der militärischen Lage auf dem europäischen Kriegsschauplatz nicht sehr wahrscheinlich, doch ist der seit den Erfolgen des Balkankriegs in Erscheinung getretene griechische
Größenwahn unberechenbar. Zum mindesten wird man, um in der diplomatischen Sprache zu reden, die Sache dilatorisch, d. h. abwartend behandeln. Die Schriftl.)
Eine beruhigende Erklärung Griechenlands.
(W.T.B.) Wien, 29. Okt. Wie der Neuen Freien Presse aus Rom gemeldet wird, hat Italien von der griechischen Regierung die Erklärung verlangt und erhalten, daß die Besetzung von Argyro- castro und Premeti einen provisorischen Charakter habe und eine Annexion dieser Gebiete nicht stattfinden werde. Die griechische Regierung wiederholte bezüglich Valona die Italien abgegebene Versicherung, daß sie Valona als außerhalb ihrer Etnflußphäre betrachte.
Mobilisation der portugisischen Flotte.
(W T.B.) London, 28. Okt. (Nicht amtlich.) Die „Times" melden aus Lissabon vom 26. ds. Mts. : Gestern wurden durch Dekret alle Klaffen der Flottenreserve aufgerufen. Eine Seebrigade von 600 Mann wird Anfang November nach Angola geschickt werden, um das dortige Expeditionskorps zu verstärken.
Portugal will also anscheinend doch in sein Verderben rennen.
Was geht in China vor?
Amsterdamer Blätter melden aus London, daß die Chinesen England zu verlassen beginnen. Ein amerikanischer Dampfer, der in der vorigen Woche von Liverpol abging, hatte als Paffagiere 2Ä1 wehrpflichtige Chinesen an Bord, die in die Heimat befördert worden sollten.
Der japanische Zensor.
Die in Schanghai erscheinende China Preß meldet nach der B. Z.: Die für China bestimmte amerikanische Post, die jetzt über Jokohama geleitet werden muß, wird von den japanischen Behörden ständig geöffnet. Die Briefe tragen den Vermerk „Openeck tbe Onsor"; doch hat sich die Regierung in Tokio bisher zu keinerlei Erklärung über ihre völkerrechtswidrige Handlungsweise gegen eine nichtkriegführende „befreundete" Macht Herbeigelaffen.
(Was sagen Amerika und China dazu?)
Die Japaner und der Weltkrieg.
(W.T.B.) Berlin. 29. Okt. Dem „Berliner Lokalanzeiger" hat Botschaftsrat Dr. Rhomberg von der deutschen Botschaft in Tokio u. a. folgendes mitgeteilt: Die Japaner lieben keinen weißen Mann. Sie glauben, von diesem nicht als gleichberechtigte Raffe angesehen und in ihrem Streben nach der Vormachtsstellung in Asten durch ihn behindert zu werden. Da sie aber Wert darauf legen, ihr Vorgehen als berechtigt erscheinen zu lassen, war ihnen das englische Bündnis und Englands Aufforderung, am Kriege teilzunehmen, höchst willkommen. Von den einflußreichen Staatsmännern sind unsere Freunde Graf Aoki und Fürst Katsura kürzlich gestorben. Also hat die Regierung freie Hand. Besonders die militärischen Kreise Japans sehen Rußland als unvermeidliche» Gegner an, aber ein Vorgehen in dieser Richtung hätte jetzt eine Absage an England bedeutet. Der Angriff auf Tsingtau ist der erste Schritt zur Erweiterung des japanischen Machtbereichs in China. Wohin der Krieg der Japaner selbst noch führt, ist unberechenbar. Sie werden jedenfalls keinerlei Rücksicht auf Wünsche und Interessen ihrer Verbündeten nehmen.
Ein Lob der deutschen Presse.
(W.T.V.) Chemnitz, 28. Okt. (Nicht amtl.) Aus Anlaß ihres heutigen 25 jährigen Verlagsjubiläums hatten sich die Cbemnitzer Neuesten Nachrichten an den Generaloberst v. Heeringen, den Heerführer unserer 7. Armee, gewandt und diesen um sein Urteil über die Bedeutung und Haltung der deutschen Presse in gegenwärtiger Kriegszeit gebeten. Exzellenz v. Heeringen sandte der Zeitung einen Brief, in dem es unter anderem heißt: In der ernsten Zeit, in der ganz Deutschland ohne Ansehen der Person und Partei für Kaiser und Reich zusammensteht, hat sich auch die deutsche Presse vortrefflich bewährt. Diskret, wie das im Interesse unserer Operationen erforderlich ist, patriotisch in bestem Sinn des Wortes, ist der deutsche Zeitungswald ein treues Spiegelbild der ernsten, opferwilligen und siegesbewußten Stimmung unseres Volkes. Für uns im fernen Frankreich ist die Presse ein hochgehaltenes Band mit der geliebten Heimat, das dem Soldaten im vordersten Schützengraben, wie dem oberen Führer stets neue Kräfte zum Siege zuführt.