nige, wenn es auch ungeschickte Worte sind! Kommen sie aus wahrhaftiger Ueberzeugung heraus, so wirken sie doch und sind mehr wert als klingende, tönende Worte, die nur taube Früchte bringen.
Religiöse Erziehung wird schließlich am besten geübt durch das Beispiel, durch Tat-Christentum. Ein schönes Wort einer Landfrau ist mir im Gedächtnis geblieben: „Keinen Pfennig verschwenden, aber immer einen Taler in der Hand haben, wenn ein Bedürftiger ihn braucht."
Biel Schnee und Kälte.
Der heurige Winter mit seinen hohen Kältegraden und Schneemassen gibt Veranlassung, einen Rückblick auf die Winter in früheren Jahrhunderten zu werfen. Der Chronist meldet: Anno 1441 sind vor und nach Weihnachten 37 Schnee auf einander gefallen, ehe ein^r abging; die lagen 14 Wochen, bis sie wieder zerschmolzen. Diese Schnee waren so tief auch so kalt dabei, daß man von einem Ort zum andern nicht hat kommen können und weil auch in dieser Kälte die Mühlen eingefroren, war wegen des Mahlens ein so großer Mangel an Brot. 1443 ist abermal ein solcher kalter Winter worden und ist ein sehr tiefer Schnee gefallen, weswegen wieder alle Wasser also gefroren, daß man mit Weinwägen darüber fahren können; und weil die Kälte und der Schnee bis zu Ende des Aprilen währte, war es ein elender Jammer mit dem Mahlen, bis es aufging. Anno 1553 war ein grausam kalter Winter, daß, was nicht bezogen, ja auch viel fruchtbare Bäume erfroren. 1572 war ein so kalter Winter, daß das Wasser in den Bronnen gefroren. Zu Eßlingen, als man den 24. Februar das H. Abendmahl gehalten, gefror der Wein in dem Kelch. Anno 1612 war es in dem Winter so kalt, daß die Weinberge an dem H. Christtag erfroren; es gab vor Fastnacht zween Eisgüß und legte auch Matthäi einen tiefen Schnee. An den Pfingstfeier- tägen von 1502 war an etlichen Orten eine so große Kälte, daß die Vögel tot von der Luft auf die Erde fielen. Im Jahre 1719 fiel in dem Monat März auf dem Schwarzwald und an andern Orten ein großer Schnee, der an etlichen Orten pickentief gewesen und vielen Schaden gethan, da die Samenfelder hin und her Not gelitten und die Straßen fast ohnbrauchbar gemacht worden. Anno 1606 in dem Anfang dieses Jahrs fielen gar viele Schnee auf einander und er war io tief, daß man von einem Ort zum andern schäuflen und Bahn machen mußte, da viele Menschen auch viele fruchtbare Bäume erfroren. 1491 fielen in dem Winter 31 Schnee auf einander und war sehr kalt, dahero die Wasser überfroren, daß man darüber fahren können, welches 10 Wochen lang währte. Vom Jahre 1719 wird noch berichtet, daß den 22. Februar an dem Himmel eine ungemein große Helle wahrgenommen wurde und zwar aller Orten in Europa, in Italien, Engelland, Teutschland. In dem Frühling fiel darauf eine große Kälte ein, welche viel Krankheiten, insonderheit ber Kindern nach sich gezogen, so daß sehr viele dem Tode zu Theil worden.
Württemberg.
Württembergischer Landtag.
Stuttgart. 29. Jan.
Die Erste Kammer nahm bei der fortgesetzten Beratung des Gebäudeversicherungsgesetzes u. a. die Ausschußanträge zu Art. 7, die an dem Entwurf wichtige Aenderungen vornehmen, an. wonach die Versicherung den ganzen Bestand des Gebäudes einschließlich des ihm
Der Wildfang.
lg) Novelle von Adolf Schmitthenner.
Mancher Seufzer quoll mir in der Brust, aber er kam nicht ans Licht. Auch wollte es mir nicht gelingen, recht von Herzen traurig zu sein. Margarete an meiner Seite war ein gar zu sanfter Trost.
Wir gingen unter den grünen Bäumen die Schlucht hinauf. Die Vögel sangen nicht, aber sie flatterten im Gebüsch umher, und auf den Blumen und reifen Gräsem wiegten sich bunte Falter. So kamen wir an den Riesenstein. Hier war es schattig und still, wie in der Kirche.
Noch heute stehn auf dem einsamen Platz die zwei Bänke, auf die wir uns paarweise setzten. Von der einen Bank kann man nicht zur andern sehen, denn dazwischen liegen die großen Steine, die vor alters von den Riesen auf dem Michelsberg herübergeworfen worden sind. Von den beiden da drüben hinter den Felsen hörte man keinen Laut, und auch wir zwei waren an dem stillen Ort und auf dem trauten Sitz wie von selber ins Flüstern gekommen. Ich hatte meinen Arm um Margarete gelegt, und sie erzählte mir von ihrer seligen Mutter.
Eine gute Weile mochten wir so gesessen sein. Da hörte ich von oben her aus dem Wald, der unsichtbar über uns den Berg Hinanstieg, einen hetsern Schrei, wie von einem Raubvogel. Er wiederholte sich zwei und drei mal. Das zweite mal schien er mir von einem Menschen zu sein, und das dritte mal erkannte ich Gerwigs Stimme. Ich stand auf, eilte hinter den Steinen vorbei und einen steilen Pfad hinauf, und bald rauschte es mir entgegen. Eine Weile war es still, aber bann rauschte es wieder und viel näher, und ich hörte die Schritte von einem, der den Berg heruntersprang. Valentin!
dauernd verbundenen Zubehörs, soweit es dem Eigentümer gehört, umfaßt.
Die Zweite Kammer setzte heute vormittag die Beratung von
E i se n bah n pe titi o nen fort und befaßte sich zunächst mit den Eingaben, die eine Verbesserung des Bahnverkehrs in dem industrie- reichen Baargau anstreben. Die Kommission beantragte, die Eingabe um Erbauung einer normalspurigen Nebenbahn von Schwenningen nach Tuttlingen der Regierung zur Berücksichtigung, die Bitte um Ueber- nahme der elektrischen Eemeindebahn Trossingen Bahnhof nach der Stadt Trossingen durch den Staat zur Erwägung und die Petition um Erbauung einer normalspurigen Nebenbahn von Trosstngen nach Durchhausen der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen, wozu dann noch ein Antrag Mattutat (Soz.) kam, der für die llebernahme der Trossinger Gemeindebahn durch den Staat ebenfalls Berücksichtigung verlangte.
In der Debatte, in der die erst seit kurzem dem Landtag angehörenden Abg. Stengelin (V.) und Müller (N.) den dankbarsten Anlaß für ihre Jungfernreden fanden, traten die Bezirksabgeordneten mit warmen Worten für die Eingaben ein und bezeichnten die Projekte als die bauwürdigsten, während Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker in seiner Eigenschaft als Verkehrsminister mächtig bremste, in der Frage der Bauwürdigkeit vor allem die Rente ins Auge faßte, die trotz der Opferwilligkeit der Gemeinden bei dem Projekt Schwenningen—Tuttlingen, nur 0,04 betrage und sich, wie die Minderheit in der Kommission, für die Erwägung aussprach. Haußmann (V.) meinte, man dürfe die blühende Industrie nicht preisgeben und Herr von Weizsäcker sollte hier nicht nur Verkehrsminister, sondern auch Ministerpräsident sein. Trossingen sei einer der kinderreichsten Orte, ein Grund mehr für die Bahn, den das Haus mit Heiterkeit aufnahm, der aber den Minister nicht umstimmte. Dagegen betonte Herr von Weizsäcker auf Ausführungen des Abg. Graf (Z.), daß, wenn die Bahn Schwenningen—Tuttlingen gebaut werde, die Interessen Trossingens durchaus berücksichtigt werden müßten. An der Debatte beteiligten sich noch die Abg. Betzler (Z.), Seifried (B.K.), Dr. v. Kiene (Z.) und Wolf (B.K.), worauf sämtliche Anträge auf Berücksichtigung angenommen wurden.
Man geht sodann über zur Beratung der Eingabe um Erstellung einer Bahn Renningen — Weil- derstadt nach Mühlacker, wobei der Ausschußantrag Erwägung vorsieht. Die Eingabe des Gemeinderats Oeschelbronn (Amt Pforzheim) betreffend die projektierte Verbindung Renningen—Weilderstadt—Mühlacker und die Bitte des Eisenbahnkomitees für eine Würmtalbahn um Erbauung einer normalspurigen Nebenbahn Herrenberg—Weilderstadt—Pforzheim mit Anschluß in Ehningen bei Böblingen sollen nach dem Ausschußantrag der Regierung zur Kenntnisnahme übergeben werden. Berichterstatter ist Schmid-Neres- heim (Z.). Roth: (B.K.): Als Abgeordneter von Leonberg möchte ich sagen: „Ach, zwei Bahnen wohnen in meiner Brust!" Ich verkenne nicht die Schwierigkeiten der Bahn Weilderstadt nach Pforzheim. Die Grunderwerbungskosten sind außerordentlich groß; die kleinere Strecke (6Kilometer) ist württembergisch die größere (23 Kilometer) dagegen ist badisch, wobei Pforzheim von Erunderwerbungskosten nichts tragen will Die Erbauung der Bahn ist aber ein Lebensbedürfnis für das Hintere Amt Leonberg. Nach Lage der
rief es ganz nah mit heiserer Stimme, und jetzt prallten wir aufeinander.
Was für ein Unglück ist geschehn? rief ich. Es war ein Anblick zum Erschrecken. Auf Gerwigs Augen schaute die Angst, sein Gesicht glühte, von seiner Stirn troff der Schweiß. Er winkte mir ab mit dem Hut, den er in der Hand zerdrückte. Valentin! keuchte er und sprang an mir vorüber noch zwanzig, dreißig Schritte, bis an einen Vorsprung, der dem Gipfel des Riesensteines gegenüberhing. Hier blieb er plötzlich stehn, wie wenn er vor einem Abgrund zurückschrecke. Er griff mit beiden Händen nach den Seiten, hielt sich fest am Gezweig und beugte sich zurück. Dann duckte er sich zusammen, wie einer, der mordlustig im Hinterhalte liegt. Ich hatte ihn rasch eingeholt und schaute hinab.
Was ich da unten sah, erklärte mir Gerwigs fürchterliche Erregung nur allzuwohl. Voller Angst und Sorgte legte ich meinen Arm um seinen Nacken. Armer Gerwig! sagte ich und schaute ihm ins Gesicht. Das wilde Zucken seines Mundes und der Ausdruck seiner Augen entsetzten mich.
Er ist dein Herzbruder! Vergiß es nicht! raunte ich ihm zu. Dann rief ich, um ein Ende zu machen: Valentin! Valentin!
Da tat er die Arme von ihr und schaute her. Als er uns erblickte, richtete er sich langsam auf. Kunigunde aber hielt seinen Nacken umschlungen und blieb auf seinem Schoße sitzen.
Valentin strich sich die Haare aus dem erhitzten Gesicht und schaute aus den Augen, als ob er im Traume wäre. Kunigunde wandte langsam den Kopf und schaute uns mit funkelnden Augen an, und dann maß sie die arme Margarete, die ahnungslos herbeigekommen war, mit einem hochmütigen und herausfordernden Blick, wie wenn sie sagen wollte: Was
Sache werde ich den Ausschußanttägen zustimmen. Ich hoffe nur, daß die Regierung aus den „Erwägungen" einmal herauskommt. Sperka (Soz.): Dem Bezirk Maulbronn, der in der Frage der Verkehrsmittel bis jetzt ganz stiefmütterlich behandelt wurde, ist mit der zuwartenden Haltung und den Trostreden der Regierung nicht gedient. Man darf nicht immer die Rentabilität-, sondern muß auch die volkswirtschaftlichen Fragen in Betracht ziehen. Bei der großen Bevölkerungszahl, besonders bei der großen Zahl der Arbeiter, ist eine Bahn dringend nötig. Wieland (Natl.): Die Strecke Renningen—Weilderstadt—Pforzheim verdient entschieden den Vorzug. Wir können dann der Stadt Mühlacker viel Jndustriematerial zuführen. Der Ministerpräsident erklärte sich mit den Ausschußanträgen einverstanden und sie wurden widerspruchslos angenommen, ebenso der Antrag, die Bitte des Eisenbahnkomitees Mergentheim Assamstadt um Erbauung einer normalspurigen Nebenbahn von Merchingen über Erlen- bach—Ballenberg—Oberndorf—Neunstetten—Assamstadt —Rengershausen—Wachbach—Neunkirchen nach Mergentheim der Regierung zur Kenntnisnahme zu übergeben. Schluß nach 1 Uhr. Morgen Fortsetzung der heutigen Beratung.
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In der heutigen Bormittagssitzung der Zweiten Kammer ist ein Antrag der Bolkspartei, des Zentrums und der Deutschen Partei unterzeichnet worden, worin die Regierung ersucht wird, im Bundesrat dahin zu wirken, daß einheitliche und zweifelsfreie Vorschriften über das A u f g e b o t der bewaffneten Macht bei inneren Unruhen mit bindender Kraft für das gesamte Reichsgebiet dahin erlassen werden, daß ein solches Aufgebot eine Aufforderung durch die zuständige Zivilbehörde voraussetzt.
Vom König.
Nach den aus Cap Martin eingelaufenen Nachrichten erfreut sich der König des besten Wohlseins. Die Witterung, die anfangs zu wünschen übrig ließ, hat sich in der zweiten Hälfte des Monats sehr zum Guten verändert und ein strahlender Sonnenschein macht während des größeren Teils des Tages den Aufenthalt im Freien möglich. Bald nach der Ankunft wechselte der König Besuche mit dem gleichfalls im Hotel Cap Martin anwesenden Herzog von Meiningen. Am Eeburts- fest des Kaisers besuchte der König mit Gefolge den Gottesdienst in der deutschen Kirche zu Menton.
Schramberg, 29. Jan. Die nahezu ein Jahrhundert bestehende, weit bekannte Strohhutfabrik I. P. Haas und Co. wird aufgelöst und die dazu gehörenden Grundstücke als Baugelände verkauft werden. Etwa 8V Arbeiter und Angestellte werden brotlos.
M«» rv«>t ««H Aoit.
Der Rücktritt der reichsländische« Regierung.
Die „Nordd. Allg. Ztg." meldet: Der Statthalter von Elsaß-Lothringen, Graf Wedel, hat sein schon im Dezember angebotenes Abschiedsgesuch erneuert. Wie wir weiter erfahren, haben auch der Staatssekretär Frh. Zorn von Bulach und die Unterstaatssekretäre Dr. Petri, Mandel und Köhler erneut um ihre Entlassung gebeten. Die kaiserliche Entscheidung wird voraussichtlich in den nächsten Tagen erfolgen.
geht das dich an? Mach es auch so wie ich, wenn du das Herz hast!
Der Groll stieg in mir auf; aber Kunigunde war noch nie so schön gewesen als jetzt in ihrer hochfahrenden Glut.
Valentin! rief ich. Es ist Ernst! Komm herauf! Gerwig hat dir etwas zu sagen.
Valentin stand nun langsam auf. Kunigunde richtete sich mit ihm in die Höhe, dann glitt sie auf die Bank nieder, aber sie faßte jetzt seine Hand und hielt sie fest und Valentin riß sich nicht los.
Er stand da und schaute uns an mit verständnislosen Augen, die wie im Rausch blickten. Es ist ja noch Zeit, sagte er.
Wir wollen hinunter, flüsterte ich Gerwig zu, und wir stiegen den Abhang hinab. Als wir nebeneinander hinter dem Steine gingen, fühlte ich, wie Gerwig meine herabhängende Hand drückte. Ich schaute ihn an. Er war blaß geworden, und der Schweiß perlte auf seiner Stim. Das unheimliche Feuer in seinen Augen war erloschen.
Als wir hinter den Steinen vortraten, sahen wir die beiden wieder auf ihrem Bänkchen sitzen, Hand in Hand, wie ertrunken im Verlangen.
Wir blieben stehn, und ich sagte: Valentin, komm aus einen Augenblick daher! Gerwig will dir den Tag sagen.
Ach, es ist ja noch Zeit genug! sagte Valentin dumpf and stand auf. Kunigunde haschte nach seiner Hand, die glitt durch die ihre, aber die kleinen Finger hielten sich und hingen an einander, wie wenn sie zusammengeschmiedet wären. Valentin kam auf uns zu. Die beiden Arme streckten sich, aber sie kamen nicht voneinander los.
Was geht dich der Tag an, den dir Gerwig sagen will? raunte sie halblaut; für uns beide gibt es ja doch nur einen einzigen Tag. (Fortsetzung folgte