nach Bordeaux vordränge, die Waffen nicht nieder­legen dürfe, bis England genug Soldaten habe und den Seekrieg beginne. Ebenso habe Rußland keine Eile, den Franzosen zu helfen. Es habe sich nach Ost­galizien geworfen, das es als Beute ausersah, und jetzt spreche man davon, daß es den Krieg nach dem Muster von 1812 führen wolle. Frankreich dürfe jetzt schon ahnen, welche Rolle es mit seiner Gefühlspoli­tik neben England, Rußland und Japan spiele.

Aus Belgien.

(S.C.B.)' Berlin, 24. Okt. DerBerliner Lokalanzeiger" meldet aus Brüssel: Die Unter­suchung über Löwen ist abgeschlossen. Sie hat er­geben, daß die Bevölkerung mit den Truppen aus Antwerpen durch Raketensignale in Verbindung stand und daß Zivilisten auf durchziehende Truppen geschossen haben.

(S.C.B.) Berlin, 24. Okt. DasBerliner Tage­blatt" meldet: Die belgische Staatsregierung hat sämtliche Zahlungen und namentlich die Zahlungen für die Coupons der Staatsschuld eingestellt Die deutsche Regierung zieht vom 1. Oktober ab die belgischen Steuern für eigene Rechnung ein.

Antwerpen.

(W.T.B.) Mannheim, 24. Okt. Die Rhenania- Speditionsgesellschaft in Mannheim teilt der Ba­dischen Landeszeitung mit, daß nach einem ihr zuge­gangenen Bericht die Getreidemagazine in Antwer­pen vollkommen unversehrt! seien. Die Schiffahrt, sei zwar durch versenkte Schiffe gehindert, doch würde dieses Hindernis schon in der nächsten Zeit behoben sein, so daß in etwa 10 Tagen die Schiffahrt in Ant­werpen wieder frei sein würde.

Briand und Sarraut in der Schlachtlinie.

(W.T.B.) Paris. 22. Okt. (Nicht amtlich.) Die Minister Briand und Sarraut, die von der Regie­rung mit besonderem Aufträge nach den Oisedepar­tements entsandt wurden, besuchten gestern das Große Hauptquartier. Sie trafen gestern Vormittag in Verdun sin und begannen darauf die Besichtigung der während der letzten Kämpfe im dortigen Gebiet von den Deutschen zerstörten Ortschaften.

Aus England.

Stimmung in London.

(W.T.B.) London, 23. Okt. Der militärische Mitarbeiter derMorning-Post" schreibt: Während die Stimmung in Paris optimistisch bleibt, heißt es, die Stimmung in London sei niedergedrückt. Die deutschen Kriegsnachrichten behaupten dies und einige Londoner Blätter scheinen zuzustimmen. Die Leute scheinen zu glauben, daß wir sicher genug seien, weil den Deutschen nichts Entscheidendes gelungen ist. Das ist eine gefährliche Auffassung. Den Verbün­deten ist ebensowenig Entscheidendes gelungen und die Deutschen bleiben im Besitz fast ganz Belgiens und eines großen Teils von Frankreich. Die Lage ist nicht angetan, um zu jubeln. Es ist unangebracht, über den Feind zu witzeln und seine militärische Kraft und seinen Mut zu unterschätzen. Der Verfasser des Artikels polemisiert, ohne einen Namen zu nennen, gegen den militärischen Mitarbeiter derTimes", der gesagt hatte, daß Zweidrittel der jetzt im Feld stehenden deutschen Truppen zweiten und dritten Ranges seien, die mehr oder weniger uusgebildet und bis 45 Jahre alt seien. Der Mitarbeiter der Morning-Post sagt: Tatsächlich wurden alle diese Truppen der zweiten und dritten Linie früher unter den Fahnen ausgebildet. Ueber die Hälfte ist wahr­scheinlich 32 Jahre alt und jünger. Man sagt uns, wir sollten diese Truppen nicht überschätzen. Die Ju­gend der Territorialsoldaten unserer neuen Armee würde die Mängel der Ausbildung ersetzen. Wir soll­ten also unsere Truppen ins Feld schicken, bevor sie völlig ausgebildet wären, gegen deutsche Truppen, deren Wert nicht genau bekannt wäre. Der Ausgang werde zeigen, wer am besten abschneiden würde. Die Morning-Post sagt: Das wäre ein Sport. Das Ri­siko für ein solches Kriegsspiel ist zu groß. Der Ver­fasser des Artikels erörtert zum Schluß die Fragen der Ausbildung und sagt, die hauptsächlichste Ver­zögerung würde wahrscheinlich aus der Schwierigkeit entstehen, Schießübungen für die Infanterie und Artillerie einzurichten.

(S.C.B.) Berlin. LautTägl. Rundschau" wird diewirtschaftlicheKriseinLondonsehr fühlbar. In wenigen Tagen sind 5 größere Ge­sellschaften in Konkurs geraten.

Nach bewährten Mustern.

(S.C.B.) London, 23. Okt. Unter den verschärf­ten Maßnahmen gegen die Deutschen haben auch viele wohlbekannte und geachtete Persönlichkeiten zu leiden, die in Zellen der Polizeigefängnisse unterge­bracht sind.

Tagesbericht.

(W.T.B.) Großes Hauptquartier, 24. Okt., vor­mittags. (Amtlich.) Die Kämpfe am Pser-Jpres- Kanalabschnitt sind außerordentlich hartnäckig. Im Norden gelang es uns, mit erheblichen Kräften den Kanal zu überschreiten. Oestlich Jpres und südwest­lich Lille dringen unsere Truppen in heftigen Käm­pfen langsam weiter vor.

Ostende wurde gestern in völlig zweckloser Weise von englischen Schiffen beschossen.

Im Argonnenwald kamen unsere Truppen eben­falls vorwärts. Es wurden mehrere Maschinenge­wehre erbeutet und eine Anzahl Gefangener gemacht.

Zwei französische Flugzeuge wurden hier her­untergeschossen

Nördlich Toul-Fleury lehnten die Franzosen eine ihnen von uns zur Bestattung ihrer in großer Zahl vor der Front liegenden Toten und zur Bergung ihrer Verwundeten angebotene Waffenruhe ab.

Westlich Augustow erneuerten die Russen ihre Angriffe, die sämtliche abgeschlagen wurden.

(W.T.B.) Berlin, 24. Okt. (Amtlich.) Die be­reits früher nichtamtlich gemeldete, am 13. Oktober mittags erfolgte Vernichtung des englischen Kreu­zersHawke" durch ein deutsches Unterseeboot wird hiedurch amtlich bestätigt. Das Unterseeboot ist wohl­behalten zuriickgekehrt. Am 20. Oktober ist der eng­lische DampferGlitra" an der norwegischen Küste durch Oeffnen der Ventile von einem deutschen Unter­seeboot versenkt worden, nachdem die Besatzung auf Aufforderung das Schiff in den Schiffbooten ver­lassen hatte.

Sellvertr. Chef des Admiralstabs: Vehnke.

(W.T.B.) Großes Hauptquartier, 25. Okt., vor­mittags. (Amtlich.) Miteilung oberster Heereslei­tung: Der Pser-Ppern-Kanal ist zwischen Nieuwport und Dixmuiden nach heftigen Kämpfen von uns mit weiteren starken Kräften überschritten worden. Oest­lich und nordöstlich Ppern verstärkte sich der Feind. Trotzdem gelang es unsern Truppen, an mehreren Stellen vorzudringen. Etwa 500 Engländer, da­runter 1 Oberst, 28 Ofiziere, wurden gefangen.

In der Gegend von Jwangorod kämpfen unsere Truppen Schulter an Schulter mit austro-ungarischen Truppen, machten 1800 Gefangene.

(W.T.B.) Berlin, 25. Okt. Aus dem Großen Hauptquartier wird mitgeteilt: General v. Moltke ist an Leber- und Gallenbeschwerden erkrankt. Die Krankheit gibt keinen Anlaß zu Besorgnissen. Der General befindet sich in guter ärztlicher Pflege im Großen Hauptquartier. In seinem Zustand ist bereits wesentliche Besserung eingetreten. Seine Geschäfte sind dem Kriegsminister Falkenhayn übertragen.

Ein Londoner Polizeirichter sagte bei der Vorführung von Personen, die wegen deutsch-feind­licher Ausschreitungen verhaftet worden waren, er wolle das Vorgefallene übersehen, da die Art der deutschen Kriegführung die Menschheit reize und er­rege. Er fügte hinzu: Wir dürfen aber nicht den j Kopf verlieren und müssen uns stets als Engländer betragen.

Es wäre ja fast ein Wunder zu nennen, wenn derwürdige" Verbündete nicht auch eine Entschul­digung für die Ausschreitungen gegenüber unschul­diger Deutschen hätte. Rußland und Frankreich ent­schuldigen sich mit dem WortePatriotismus", Eng­land mit denGrausamkeiten der deutschen Krieg­führung."

Die Besorgnisse der Engländer.

(W.T.B.) London» 23. Okt. (Nicht amtlich.) DieMorning-Post" schreibt: Die Tatsache, daß die Regierung Deutschland erlaubt hat, seine Armee durch Reservisten aus Amerika zu verstärken, hat das Erstaunen und die Empörung des britischen Volkes hervorgerufen, die Armee entmutigt und bedauer­lichste Besorgnis bei den Verbündeten verursacht. Das Blatt warnt die Regierung vor dem großen Um­schlag der Stimmung in England, der erfolgen werde, wenn sie diese Politik fortsetze.

(W.T.B.) London, 23. Okt. (Nicht amtlich.) Westminster Gazette" vertritt die Ansicht, die Ordre an die Flotte, die auf neutralen Schiffen nach neu­tralen Häfen fahrenden deutschen und österreichischen Reservisten nicht zu verhaften, sei gegeben worden, um nicht mächtige neutrale Nationen zu verletzen. (Nanu! D. R.)

(W.T.B.) London, 24. Okt. Archibald Hurd schreibt imDaily Telegraph": Wir besitzen nicht die Seegewalt in dem Sinne, daß wir die zweitgrößte Seemacht der Welt besiegt hätten. Wir handelten jedoch, als ob wir die Seegewalt be­säßen und unternahmen Truppentransporte nach dem Kontinent. Die Flotte kann nicht zugleich zwei­erlei verschiedene Aufgaben lösen, nämlich Truppen­transporte sichern und Handelsschiffe beschützen, zu­

mal wenn die Kauffahrer die Warnung der Admi­ralität ignorieren. Hurd behauptet, der Kapitän derEmden" hisse die englische Flagge (!), um sich einem Handelsschiff zu nähern, bis er in bequeme Schußweite komme.

Angriffe auf Churchill.

(W.T.B.) London, 24. Okt. (Nicht amtl.) Die Morning Post" setzt ihre Angriffe auf Winston Churchill fort. Sie schreibt: Es ist bemerkenswert, daß, während die Nation gegenwärtig Vertrauen zum Kriegsamt hat, überall schwere Zweifel über die Zu­sammensetzung des Admiralitätskollegiums geäußert werden. Weder der Erste Lord, noch der Erste See­lord, noch die Verbindung beider überzeugt die Nation davon, daß die allerbesten Talente die Flotte leiten. Die Regierung scheint entschlossen zu sein, sich der Ge­fahr auszusetzen, einen Zivilisten, der sich in Ange­legenheiten mischt, für die er unzuständig ist, als Chef des Ressorts beizubehalten. Die Regierung setzt sich dabei einer sehr großen Gefahr aus, da die deut­sche Marine von Admiralen geführt wird, die ihr ganzes Leben dem Studium des Weltkrieges gewid­met haben und die besten Kräfte sind, die Deutschland auf diesem Gebiete aufweist. Wenn ein nichtfachmän­nischer Politiker an der Spitze der Admiralität bleibt, so sollten die besten, nicht in aktivem Kommando be­findlichen Männer zu Seelords gemacht werden, und aus diesem Kollegium sollten sie Amtspflichten ohne die Einmischung des Ersten Lords ausüben können. Wenn Churchill in der Admiralität bleibt, dann kann er so endgiltig auf seine Pflichten beschränkt werden. Seine Macht, über den Kopf des Kollegiums hinweg Entscheidungen zu treffen, würde aufhören. Es würde ihm unmöglich fein, ohne die Genehmigung des Kollegiums Marineiruppen in militärische Ope­rationen zu stürzen. Ein solcher Skandal, wie die Benutzung einer Brigade Rekruten, die noch nie ein Gewehr abgefeuert hatten, ohne Artillerieunter­stützung gegen den stärksten Velagerungspark Euro­pas würde dann unmöglich. Das öffentliche Ver­trauen würde dann völlig wieder hergestellt werden.

Die Monitors der Engländer.

(W.T.B.) London, 23. Okt. (Nicht amtlich) Archibald Hurt schreibt imDaily Telegraph": Die an dem Seegefecht an der Küste teilnehmenden drei Monitors Mesly, Humber und Severn waren für Brasilien gebaut und wurden von der Admiralität bei Ausbruch des Krieges gekauft. Es sind gepan­zerte Schiffe von 1250 Tonnen Wasserverdrängung mit einem 2(^zölligen Panzer und dem geringen Tiefgang von 4(4 und bei voller Ladung von 8(4 Fuß. Die Geschwindigkeit ist 11(4 Knoten. Sie füh­ren zwei sechszöllige Geschütze mit hundertpfündigen Geschossen bei einer Anfangsgeschwindigkeit von 3000 Fuß in der Sekunde. Das Geschütz kann neunmal in der Minute feuern; ferner zwei 4,7zölligen Hau­bitzen mit 35pfündigen Geschossen bei einer Anfangs­geschwindigkeit von 1150 Fuß in der Sekunde, vier Dreipfündern und sechs Kanonen mit Eewehr- kalibern.

Blockade der Nordsee!

Budapest, 24. Okt. (Nicht amtlich.) Der Ber­liner Korrespondent des Pester Lloyd bespricht den englischen Plan der Absperrung der Nordsee und einer Blockade von Calais bis Bergen. Die Eng­länder seien aber bisher nicht im Stande gewesen, eine wirkliche Blockade der deutschen Küste vorzu­nehmen. Deshalb sei die neutrale Schiffahrt nach der deutschen Küste nicht eingeschränkt. Freilich scheuten sich die Neutralen wegen der seeräuberischen Praxis Englands, ihre Schiffe durch die Nordsee fahren zu lassen. Der deutsche Kreuzer Emden be­folge seit Wochen im Indischen Ozean die englische Praxis und der englische Handel müsse die Folgen der englischen Praxis tragen.

England und Aegypten.

(W.T.B.) Konstantinopel, 24. Okt. Nach authen­tischen Nachrichten aus Jnformationskreisen Stam- buls ließen die Engländer in den letzten Tagen zahlreiche englische und kanadische Truppen nach Aegypten kommen. An beiden Ufern des Suez­kanals sind allein 14000 Mann zusammengezogen. Von den indischen Truppen, die unlängst nach Aegypten befördert wurden, wurde der größere Teil als wenig zuverlässig wieder zurückgeschickt. Nur ungefähr 1000 Mann blieben zurück. Die Zu- sammenziehung englischer Truppen in Aegypten wird als Verletzung der Neutralität angesehen und hier lebhaft besprochen. Man verweist darauf, daß die Zustimmung der Pforte, die für den Abschluß jeder Anleihe etnzuholen ist, bezüglich der Anleihe von 5 Millionen Pfund für landwirtschaftliche Zwecke in Aegypten nicht eingeholt wurde. Diese Unterlassung wird gleichfalls als Verletzung des ! ägyptischen Statuts kritisiert.