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Schwarzwälder Tages-ZeitungAus de« Tauueu«

Nr. 303

Paris, 27. Dez. Der Korrespondent derChicago-Tri- - bune" in Angora meldet, daß die türkische Regieruug eud- ! gültig beschlossen habe, wegen der Mossulangelegenheit nicht Feindseligkeiten zu eröffnen. Das türkische Kabinett und der türkische Eeneralstab hätten in Anwesenheit Mu- stapha Kemal Paschas Beratungen abgehalten. Hierbei hätten die Minister gemeinsam ihren Standpunkt gegen die Ansicht der anwesenden Militärs, von kriegerischen Maßnahmen abzusehe«, durchgesetzt.

Augora, 27. Dez. Die Große Nationalversammlung nahm ein Gesetz an, das die Anführung des Gregorianischen Ka­lenders und des 24stündigen Tages vorsteht.

Neuer vom Tage

Polnische Deutschenverfolgung Berlin, 24. Dez. Vor den polnischen Gerichten wird im­mer wieder wegen öffentlicher Bekundung deutscher Gesin­nung verhandelt. So waren kürzlich vor dem Kriegsgericht jn Kattowitz 67 polnische Gestellungspflichtige aus Ostober­schlesien angeklagt, während der Musterung das Deutsch­land-Lied gesungen zu haben. Die Angeklagten verweiger­ten die Aussage; da der einzige Zeuge, ein Polizeibeamter, nicht mit Bestimmtheit angeben konnte, ob gerade die 87 Angeklagten Rekruten das Deutschland-Lied gesungen hat­ten, mußten sie freigesprochen werden.

Das Urteil im Dolchstoßprozetz rechtskräftig München, 24. Dez. Durch die Zurücknahme der Berufung des Angeklagten Eruber und die darauf folgende Zurück­nahme der Berufung des Klägers Professor Coßmann ist das Urteil im Dolchstoßprozeß rechtskräftig geworden. Der Beklagte, Redakteur Eruber, verantwortlicher Redakteur derMünchener Post", war bekanntlich wegen fortgesetzten Vergehens, teils der Beleidigung .teils der üblen Nachrede M 3000 Geldstrafe verurteilt worden.

Italien für die Zuteilung von Kolonien an Deutschland Rom, 24. Dez. ImPopolo d'Jtalia" wird angeführt daß man in Frankreich und England geneigt sei, Deutsch­land Kolonien zu geben. Dadurch, daß man Deutschland Kolonien für seinen Bsvölkerungsüberschuß gewähren wolle, werde der Friede besser gewahrt werden, als durch die Locarnoabmachungen. Italien werde demgegenüber keinen Widerstand erheben. Es würde nur darauf hinwir­ken, daß Italien bei dieser Kolonienverteilung nicht über­gangen werde.

Zentrum uaö politische Lage

Berlin» 27. Dez. Die Reichsparteileitung der Zentrums­partei berief den Reichsparteivorstand, die Fraktionsvor- ftände des Reichstages und des preußische- Landtags auf Sonntag, den 10. Januar zu einer Besprechung der poli­tischen Lage nach Berlin ein.

Neues von der Erwerbsloseufürsorge

Berlin, 27. Dez. Entsprechend einer Erklärung, die der Reichsarbeitsminister im Haushaltsausschuß des Reichs­tages bei der Beratung der zur Erwerbslosenfürsorge ge­stellten Anträge abgegeben hat und dem in der Vollver­sammlung des Reichstages einstimmig gefaßten Beschlüsse des Reichstages ist im Reichsarbeitsministerium ein Gesetz­entwurf ausgearbeitet worden, der die Einbeziehung der höher bezahlten Angestellten in die Erwerbslosenfürsorge bezweckt. Das Reichskabinett hat in seiner letzten Sitzung der Neuregelung zugestimmt. Nach einem ebenfalls dem Reichsrat bereits unterbreiteten Verordnungsentwurf sol­len die Beiträge zur Erwerbslosenfürsorge grundsätzlich einheitlich für das Reichsgebiet bemessen werden und zum Teil in eine neu zu errichtende Reichsausgleichskasse flie­ßen. Damit wird der in Kriegszeiten besonders nötige

Ausgleich zwischen den unter- und überlasteten Gebieten des Reiches herbeigeführt und das Veitragsaufkommen si» vollständig wie möglich zur Deckung des Fürsorgeaufwan­des herangezogen.

Deckeueinsturz auf dem Darmstädter Hauptbahnhof

Darmftadt» 26. Dez. Auf dem hiesigen Hauptbahnhof stürzte Donnerstag nachmittag gegen vier Uhr rus bis» ! her Zärter Ursache ein Teil der Halleill>ecke herab,

! wolle. §eyn Personen unter dem Schutt begraben wurden, j Rach weite. Feststellungen erhöht sich die Zahl der bek i dem Deckeneinsturz auf dem Hauptbahnhof Verletzten auf

> «ehr als 20 Personen. Von diesen konnten sich etwa 17 § selbst ins Krankenhaus begeben; sie wurden nach Anle« : gung von Verbänden usw. wieder entlassen. Sechs Personen ! sind schwer verletzt und im Krankenhaus verblieben. Die j Decke löste sich zunächst nur an einer Ecke, ein großer Teil s der sich in der Bahnhofshalle aufhaltenden Personen halt« f dies noch rechtzeitig genug bemerkt, um sich in Sicherheit

bringen zu können. Diesem Umstande ist es zu verdanken, daß von den hundert Personen, die sich zur Zeit des Ein» sturzes in der Bahnhofshalle befanden, nur verhältnis­mäßig wenige verletzt wurden. Die Ursache des Einsturzes ist noch nicht festgestellt. __

Abrücken französischer Truppe«

Pos», 26. Dez. Das französische Fußartillerieregimeni 123 mit Tankgeschwader hat am hl. Abend Bonn verlassen «nd kehrt «ach Frankreich zurück. Weitere Truppenteil« werden mit Lastautos in Richtung Euskirchen abtrans­portiert.

Köln, 27. Dez. Das zweite Bataillon der Eameron High- lands in Stärke von 6700 Mann ist aus Köln-Müllheim nach Wiesbaden abgerückt. Am 28. Dezember gehen zwei Kompagnien der Royal-Ulster-Schützen nach Königstein während mehrere Jnfanterieabteilungen nach Langen- Schwalbach übsrfiedeln.

Hochwasserkatastrophe in Siebenbürgen Berlin, 27. Dez. DerLokalanzeiger" erhält aus Sie­benbürgen eine Meldung über eine große Hochwasserkata­strophe. Jn der Gegend des Arad-Eroßwardein und Klau­senburg soll das Hochwasser an verschiedenen Stellen die Eisenbahndämme überschwemmen. Die Umgebung von Klausenburg steht vollständig unter Wasser. Mehr als 80 Personen sollen dem Hochwasser zum Opfer gefallen sein.

Die Finanzgesetze Doumers vor dem Miuisterrat Paris, 26. Dez. Jn dem am 1. Weihnachtsfeiertage ab­gehaltenen Ministerrat wurden die von Finanzminister Doumer ausgearbeiteten Finanzgesetze, die den Ausgleich des Budgets für 1926 ficherstelleu und die finanzielle Sa­nierung einleiten sollen, geprüft. Eine Einigung ist noch nicht erzielt worden. Die Beratungen werden in einem

> für Dienstag anberaumten Ministerrat fortgesetzt.

Weihuachtsbotschaften deutscher Staatsmänner an das amerikanische Volk

Reuyork, 26. Dez. Vermittels in Deutschland hergestell­ter besonderer Schallplatte« verbreitete die Westinghouse- Eesellschaft durch ihre Rundfunksender Pittsburg. Chicago, Neuyork, Springfield (Massachusetts), Hastings (Nebraska) deutsche Weihnachtsbotschaften des Außenministers Dr. Stresemann, des früheren Staatssekretärs Dr. Bredow, des Reichstagspräsidenten Loebe und Dr. Eckeners an das ! amerikanische Volk. Die Botschaften wurden englisch wie- j derholt. Dr. Stresemann erklärte in seiner Botschaft, die i starke, gesunde amerikanische Nation sei wie kaum eine an- ! dere berufen, ein festes Fundament für die künftige welt- i politische Entwicklung zu schaffen. Die amerikanischen Vür-

Die Brandstifterin" A

Lioman von Erich Ebenstein > 41 ) ^(Nachdruck verboten.)

^ »Hab ich schon getan, Bäuerin. Zehn Stück hat sie mir gegeben und ein Trumm Weißbrot dazu!"

Nachher zum Mittag könntest die gelbe Henne abstechen. Legt nimmer gut, und Hühnersuppe tät dem Vüberl gm. Hat auch die Hanni immer gern gegessen. Und wenn sie Won wieder einmal heimkommt, soll sie auch eine Freud haben!" -

Ist recht, Bäuerin. Der Jäckel kann die Henne heut noch abftechen, damit sie sich besser durchliegt." ; '

Krapfen backen kannst auch. Die mag die Hanni gern. Nachher zur Henne machst Nocken war allweil ihr liebstes Essen: eingemachte Henne mit Nocken! Und auf die Letzt einen gute Kaffee den darfst ja nit vergessen! Aber dem Büberl mußt viel Milch hineintun, daß er chm nit schadt." Werd schon alles machen."

Aber auf dich denk auch, Jula! Wenn die Hanni und das Büberl da sind, brauch ich dich nit daheim und kannst -Nachmittag einmal ausgehen. Wirst dich ja auch freuen, l«oenn du wieder einmal deine Bekannten in Feistring kannst (heimsuchen gchen.^ Das Vieh am Abend versorgt schon di« i Hanni, du brauchst dir keine Sorgen zu machen deswegen."

,Werd es mir -schon überlegen," antwortet Jula zerstreut. Draußen beim Nachtessen kochen denkt Le traurig: Mein« (Bekannten heimsuchen? Ja. Hab ich denn noch welche? (Wollen ja alle nichts mehr wissen von der Brandstifterin! And ich nichts von ihnen!" fetzt sie trotzig in Gedanken hinzu. . ,,

-.Aber als sie dann nach dem Abendessen die Bäuerin zu Mett gebracht hat und sich noch ein wenig auf die Hausbank itzen setzt, weil der Mond gar so schön licht herfcheint, in« Sterne so glanzig vom Himmel herunterfunkeln, kt sie doch wieder an den Vorschlag der Bäuerin. ' .Schön war ss doch, einmal ein paar Stunden ganz frei

SU jein,unhWieder etwas anderes zu sehen als die Wälder.M^.So kannst ins.,Wirtshaus gehen!"

die wie ein dunkler Ring um die Traisen liegen-

Seit sie hier dient, ist sie noch keinen Schritt vom Haus ge­kommen und keine Stunde von der Arbeit weg. And das wär morgen gerade eine gute Gelegenheit, wo es sein könnte.

Aber wohin? Die Lois ist am Sonntag ja nie daheim, und zur Seferl auf den Bergbauernhof mag sie nicht gehen wogen dem Josl-"

Na, was tust denn da grübeln, Jula, daß du ganz taub und blind bist?" frägt eine Männerstimme aus nächster Nähe. Zweimal Hab ich dir schon guten Abend geboten und nie hast Antwort geben!?"

Der Goldner-Toni ist es, des Fuchsbichlers Großknecht. Be­haglich, die Pfeife im Mund, lehnt er mit beiden Armen auf den Gartonzaun gestützt da und blickt lachend zu Jula hinüber.

Es ist eine gute warme Freundschaft zwischen den beiden emporgewachsen, seit sie aus gelegentlich hingeworfenen Be­merkungen erkannt haben, daß sie beide in die Einsamkeit geflüchtet sind, um nichts mehr sehen und Höven zu müssen von der Welt draußen und weil ihnen das Leben das Beste schuldig geblieben ist: Glück!

Darum lächelt auch Jula dem jungen Knecht freundlich zur

Mußt halt nit bös sein, Toni, daß ich dich nit gewahr worden bin. Bin wirklich ein bisst! ins Sinnieren kommen und weißt über was?"

Na?« ---

Was ich morgen mit dem Sonntag anfangen sollt Die Bachbäuerin hat mir frei gegeben, weil ihre Tochter kommt, aber so ist der Mensch: Wenn er ja einmal die Freiheit hat, nachher weiß er erst recht nichts anzufangen damit! Daheim bleiben mag ich nit und unter die Leut gehen, erst recht nit!"

Nachher geht es dir ja akkurat so wie mir," lacht der Toni.

Was denn du? Du bist jung und wirst dir schon eine wissen, zu der du gehen magst! Aber ich-

Nein, ich weiß mir keine das hättest wohl schon mer­ken können, Jula, daß es für mich keine Dirn gibt auf der Welt!"

ger möchten es als ihre Ausgabe ansehen, starke und weise Förderer humanitärer Ideale zu bleiben. Staatssekretär Dr. Bredow betonte, daß die größte Bedeutung des Funk­wesens in der Möglichkeit liege, die Nationen der Welt einander näher zu bringen. Die Rundfunksender verbrei­teten auch musikalische Darbietungen von Mitgliedern der Berliner Staatsoper sowie anderer Künstler. Es war das erste Mal, daß eine derartige Wiedergabe von Reden usw. in Amerika erfolgte. Es wurde versucht, das Programm nach Deutschland zurückzusenden. Alle Neuyorker Blätter haben die Weihnachtsbotschaften abgedruckt. Die Schall- platten sind im Radiolaboratorium der Vox-Gesellschaft i» Berlin hergestellt worden.

Zur Lage in Syrien

Paris, 27. Dez. Wie aus Beyruth gemeldet wird, sftü> dort weitere französische Truppen gelandet worden. Sultan Atrasch soll sich mit dem größte« Teil der Friedensbediu- gungen einverstanden erklärt haben. Er lehne es jedoch ab, der Forderung nachzukommen, Syrien zu verlassen.

Aus Stadt und Land.

Altensteig, den 28. Dezember 1928.

* Das diesjährige Weihnachtsfest wurde am Heiligen Abend in der üblichen Weise durch das Fackeln auf dem Häl- lesberg eingeleitet, wo die Flammen mächtiger Feuer auf­loderten und die Stadtkapelle durch Darbietung verschie­dener Weihnachtslieder die Einwohner erfreute. Manche kleine und große Freude ist an den zuückliegenden Feier­tagen geboten und mancher Wunsch erfüllt worden. Eine Enttäuschung bereitete der Witterungsumschlag. Während das Christfest ein prächtiges Winterwetter zeigte, setzte schon abends Regenwetter ein, unter dem das prachtvolle Natur­bild der winterlichen Landschaft bald in ein Nichts zerfloß. Leider hielt das Regenwetter am Stephanusfeiertag und am gestrigen Sonntag an. So kam es, daß sich das Interesse mehr auf die verschiedenen festlichen Veranstaltungen kon­zentrierte, die in reicher Fülle geboten waren.

Der Hauptgottesdienst am Christfest war sehr gut be­sucht und wurde durch Darbietung eines achtstimmigen Ge­sangs des Musikvereins verschönt. Abends, bei einem Ee- sangsgottesdienst, wirkte der Mädchenchor durch schön zum Vortrag gebrachte Lieder mit.

Von den sonstigen Veranstaltungen erfreute sich das alt­deutsche Krippenfpiel eines sehr guten Besuchs, das gestern von der 7. Klasse des Herrn Hauptlehrers Lenze im Saal des Gemeindehauses aufgeführt wurde. Die Weihnachts­feiern des hiesigen Turnvereins und des Kriegervereins am Stephanstag und gestern übten ihre alte Anziehungskraft aus. So weit man hört, waren auch die verschiedenen Ver­einsfestlichkeiten in der Umgebung gut besucht. So dürfte das diesjährige Weihnachtsfest für Alt und Jung an Ge­selligkeit und Unterhaltung mehr geboten haben und mehr geschätzt worden sein, als an manchen anderen Weihnachten, weil sich für wintersportliche Unternehmungen ja keinerlei Gelegenheit bot.

Hochwasser. Die beiden letzten Regentage haben bei uns mit dem Schnee tapfer aufgeräumt. Die Straßen, die vor­gestern und zum Teil auch gestern noch eine Eis- und Schnee­kruste hatten, sind innerhalb der Stadt heute so ziemlich frei davon. Die Nagold führt Hochwasser und ist ufervoll. Teil­weise ist sie auch schon über die Ufer getreten und hat den Saumarktplatz bereits überschwemmt, natürlich auch da und dort die Keller gefüllt.

Das mag ich nit. War nie mein Geschmack das Saufen, Raufen oder Kegelschieben. Aber weißt was wir könnte« ja den Sonntag miteinander totschlagen, Jula! Komm mit mir morgen, ich führ dich auf die Almen, da ist es schön auf der freien Höhe oben, wo die Luft so klar und still ist und man so weit ausjchauen kann über Berg und Täler!«

»Za, freilich, das wär schon schön! Aber wirst dich halt langweilen mit mir, so ein junger Bub, wie du bist, und ich alte Waben!"

Geh, geh, red nit so dumm daher! Wenn eine so jung und sauber ausschaut wie du, ist sie noch lang kein« alte Wa» ben! Aber um das ist es mir auch gar nit. Könntest vo» mir aus hundert Jahr alt sein und ich tät doch gern mit dir gehen. Es kommt nit auf das Jahr oder das Gesicht a» bei den Menschen, sondern, daß einer den andern versteht. Und ich mein, du verstehst ein andern gut, Jula, weil du halt schon selber etwas mitgemacht hast im Leben!"

Das wohl" murmeli Jula.Hartes genug Hab ich mitmachen müssen!"

Siehst, und deswegen tun wir uns so gut verstehen mit­einander. Alsdann magst morgen mit mir gehen?«

Gern auch noch, wenn du mich mitnimmst!" :

Gilt! Wann soll ich dich abholen?"

So gegen zwei, mein ich, werd ich wohl fertig sein «it dem Eeschirrwaschen."

Um zwei alsdann, dann führ ich dich zuerst auf die Bau- meralin, die meinem Bruder gehört,und über die drei Brun­nen auf die Mitteralm. Da kannst Edelweiß pflücken, wen»' du magst. Ueber die Waldkogelalm steigen wir nachher wie­der herunter in die Traisen. Ist dir es recht so?"

Freilist wohl. Und weißt, auf der Windkogelalm können wir gleich zur Kathl, dem Großreicher seiner Mmerin, hin­überschauen. Ist ein« gute Bekannte von mir von früher, her und soll jetzt allweil krank sein, hat mir die Fuchsbich-' lerin neulich erzählt. Und ein paarmal hat sie mir scho« ! Grüße heruntergeschickt durch Almgeher. Das ist grad ÄAU

! <s ihr geht."