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Schwarzwälder Tageszeitung »»Aus den Tannen"

Nr. 233

Aufdeckung eines Fememordes ^Berlin, 3. Okt. Der Berliner politischen Polizei ist es gelungen, einen sogenannten Fememord, der bereits zwei Jahre zurückliegt, aufzuklären. In der Mitte des Jahres 1923 wurde auf dem Truppenübungsplatz Töberitz der einer schwarzen Formation angehörende Schütze Pannier auf Befehl der Formationsführer erschlagen und zunächst in einem Birkenwäldchen in geringer Tiefe verscharrt. Da dieser Ort nicht sicher genug schien, wurde später die Leich« in eine tiefe Grube ziemlich weit vom Tatort entfernt ge­bracht. Als die Kriminalpolizei die Leiche entdeckte, wm sie schon stark in Verwesung übergegangen. Doch ließen sich noch erhebliche Schädelverletzungen Nachweisen. Di« Täter, Anstifter und Begünstiger, die in ganz Norddeutsch land zerstreut waren, wurden ausnahmslos verhaftet unk sind zum großen Teil geständig.

Eine politische Rede Painleves

Rimes» 3. Okt. Bei den Feierlichkeiten zur Enthüllung eines Denkmales für Professor Denis, der in,Frankreich als Begründer der französisch-tschechischen Freundschaft gefeiert wird, hielt Ministerpräsident Painleve eine Rede, in der er betonte, die seit mehr als einem Jahrhundert befolgte aus­wärtige Politik des republikanischen Frankreich bestehe in cher Befreiung und der Versöhnung. (!)

Schwere Ausschreitungen in Damaskus.

WTV. Berlin, 5. Okt. Nach einem Funkspruch des Berliner Lokalanzeigers aus Kairo, kam es in Damaskus Lei einer Feier des Geburtstages des Propheten Mohamed zu sehr ernsten Ausschreitungen gegen französische Offiziere und Soldaten, die von der Menge überfallen wurden. Die französische Flagge wurde von der erregten Menge zer­rissen und in den Straßenschmutz gezerrt. Auf beiden Sei­ten gab es zahlreiche Verletzte. Gegen 5000 Menschen zogen mit Schwertern und Gewehren bewaffnet, singend und schreiend durch die Stadt, umstellten die Gendarmerie und beschuldigten die eingeborenen Polizeibeamten des Verrats an dem Propheten. Erst gegen Mitternacht verlief sich die Menschenmenge.

Abd el Krim geflüchtet.

WTV. Paris, 4. Okt. Aus Fez wird gemeldet: Abd el Krim flüchtete nach dem Djebel Hamun zu dem Stamm der Bene Uriaghel, wo er Verteidigungsstellungen bauen läßt.

Altensteig, 5. Oktober 1925

Amtliches. Erledigt sind die Forstwartstellen:

I. Calmbach, Forstbezirk Calmbach; 2. Einkorn, Forstbe- ^ zirk Comburg; 3. Keuerstadt, Forstbezirk Dankoltsweiler;

4. Waldenbuch, Forstamt Waldenbuch. Bewerbungen sind bis spätestens 16. Oktober 1925 auf dem Dienstwege bei der Forstdirektion einzureichen.

Der gestrige Sonntag trug hier ganz das Bild, das die Turnerjugend ihm gab. Anläßlich des Schauturnens war zunächst auf dem unteren Marktplatz ein Konzert der Stadtkapelle und Stafettenlauf vom Bahnhof zur Turn­halle. Dann ging es in stattlichem Zug zum Festplatz unter den Eichen, wo den ganzen Mittag reges turneri­sches Leben herrschte. Das Wetter war überaus günstig. (Näherer Bericht hierüber folgt.) Es war gestern ein lau­warmer Herbstsonntag, wie ihn Fiedr. Hebbel in seinem Herbstbild" schildert

Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!

Die Luft ist still, als atmete man kaum.

And dennoch fallen raschelnd fern und nah,

Die schönsten Früchte ab von jedem Baum O stört sie nicht, die Feier der Natur!

Dies ist die Lese, die sie selber hält.

Denn heute löst sich von den Zweigen nur,

Was vor dem milden Strahl der Sonne fällt.

Falsche Reichsbanknoten über 18 Mark. Von den sei! November vorigen Jahres zur Verausgabung gelangter Reichsbanknoten über 10 Reichsmark mit dem Datum der

II. Oktober 1924, die ihren Schutz in einem natürlichen über die ganze Notenfläche reichenden Wasserzeichen (stili­sierter Reichsadler mit darüber befindlichem WorteReichs- vank ) und in dem im Papierstoffs eingebetteten, purpur- roten Pflanzenfasern sowie in der die ganze Fläche des Echaurandes bedeckenden gemusterten Vlindprägung tra- 6«n, ist eine mangelhaft ausgefllhrte Fälschung festgestellt worden, die hauptsächlich auf der Rückseite durch auffällige Abweichungen in der Zeichnung zu erkennen ist. Für di« Aufdeckung von Falschmünzerwerkstätten zahlt die Reichs, bank Belohnungen.

Wildbad, 3. Okt. (Einsprache des Wildbader Ge­meinderats gegen das Stuttgarter Wasserprojekt.) Fol­gende Einsprache an das Oberamt Neuenbürg hat der Ee- meinderat Wildbad gegen das Schwarzwaldwasferversor- gungsprojekt der Stadt Stuttgart gerichtet:

Gegen das Projekt der Stadt Stuttgart, zur Deckung ihres Trinkwasserbedarfs Quell- und Stauwasser aus dem Eyach- und Enzgebiet nach Stuttgart abzuleiten und zu diesem Zweck Tal­sperren und Staumauern zunächst im Eyachtal und später auch im Enztal zu errichten, erhebt die Stadtgemeinde hiemit Ein­sprache. Durch die Herstellung von Talsperren und Staumauern und durch Eingriffe in die Wasserläufe der Enz und ihrer Ne­benflüsse in der Nähe des Bades Wildbad können nach vorlie­genden Gutachten von Sachverständigen die Thermalquellen Wildbads vernichtet werden. Das Ausbleiben der Thermal­quellen oder ihre Abkühlung oder Verschlechterung würde aber den wirtschaftlichen Ruin der Stadtgemeinde Wildbad und ihrer Einwohnerschaft bedeuten und einen Schaden von mehreren 100 Millionen Mark verursachen, abgesehen von dem unberechen­

baren und unersetzlichen Verlust, der durch Zerstörung der Heil- , quellen der Volksgesundheit zugefügt würde. Außerdem würde > durch die geplanten Wasserbauten der Stadt Stuttgart, nament- i lich durch die Trockenlegung der Flußbeete der Enz, Eyach und i Kleinenz auf weite Strecken und durch die Wegleitung ihrer i Quellwasser, das Landschaftsbild in der Umgebung Wildbads : in einem Maße beeinträchtigt, daß der Besuch Wildbads notlei- ^ den würde und damit die Stadt Wildbad und ihre Geschäftswelt ; schwer geschädigt würden.

! Die Stadtgemeinde Wildbad und ihre Einwohnerschaft kön- - nen deshalb die Inangriffnahme der von Stuttgart geplanten Bauten im Eyach- und Enztal nicht dulden, solange nicht Stutt­gart ihnen volle Sicherheit in obiger Höhe geleistet hat, was nötigenfalls Gegenstand einer Klage im Zivilrechtsweg wäre. Im Kampf um ihre Existenz kündigt die Stadt Wildbad der Stadt Stuttgart jetzt schon diesen Rechtsstreit an für den Fall, daß sich die Regierung in unbegreiflicher Weise über die Be­denken wegen Gefährdung der Thermalquellen hinwegsctzen und die Erlaubnis zur Ausführung der Stuttgarter Wasserversor­gung erteilen würde.

Eine nähere Begründung ihrer Einsprache behält sich die Stadtgemeinde Wildbad noch vor, außerdem den durch Sach­verständigengutachten belegten Nachweis, daß das Schwarz- waldwasserversorgungsprojekt der Stadt Stuttgart letzten Endes als ein verfehltes bezeichnet werden mutz und daß sich der Stadt Stuttgart verschiedene Möglichkeiten bieten, sich weit billiger und weit reichlicher mit Trinkwasser zu versorgen, als dies aus dem Enz- und Eyachgebiet möglich ist. Damit wird der Nachweis erbracht werden, daß eine Zwangslage für Stutt­gart nicht besteht, an dem Schwarzwaldprojekt festzuhalten und den unersetzlichen Naturschatz, den das Land an den Heilquellen Wildbads hat, zu gefährden."

Stuttgart, 3. Okt. (Verbandsversammlung des Verban­des deutscher Gewerbe- und Kaufmannsgerichte.) Die auf 2. und 3. Oktober 1925 vom Verbände deutscher Eewerbe- und Kaufmannsgerichte hier einberufene außerordentliche eVrbandsversammlung hatte zum Versammlungsgegenstand den Entwurf eines Arbeitsgerichtsgesetzes. Dieser Entwurf, der von der Reichsregierung in den letzten Moaten dem Reichswirtschaftsrat und Reichsrat vorgelegt wurde, steht die Errichtung von Arbeitsgerichten aus staatlicher Grund­lage vor. Unter zahlreicher Beteiligung aus ganz Deutsch­land wurde die Tagung im Saale des Bürgermuseums er­öffnet. Neben Vorsitzenden und Beisitzern der Eewerbe- und Kaufmannsgerichte hatten sich auch zahlreiche Vertre­ter der Arbeitgebe''- und Arbeitnehmerorganisationen sowie der interessierten Reichs-, Landes- und Kommunalbehörden eingefunden. Nach verschiedenen Begrüßungsansprachen er­stattete das einleitende Referat der Geschäftsführer des Verbandes deutscher Gewerbe- und Kaufmannsgerichte, Rechtsanwalt und Dozent Dr. Baum-Berlin. Er gab einen kurzen Ueberblick über die Gliederung des Entwurfes. Als Mitberichterstatter über dasselbe Thema sprach Professor Dr. Erdel-Mannheim. Am Samstag wurden die Verhand­lungen über Einzelfragcn des Gesetzentwurfes fortgesetzt.

Handelsvertragsverhandl ungen. Von zu­ständiger Stelle wird mitgeteilt: An den am 6. Okt. begin­nenden deutsch-schweizerischen Handelsvertragsverhandlun­gen in Bern nimmt als württembergisches Mitglied der deutschen Delegation Ministerialrat Kälin vom württ. Ar-> bsitsministerium teil.

Forderungen des Württ. Beamtenbun­des. Vom Württ. Beamtenbund wird mitgeteilt: Die am 26. und 27. September stattgefundene Vertreterver­sammlung hat auf den Gebieten der Organisation, der Wirtschaftspolitik, des Beamtenrechts und der Besoldung eine Reihe von Beschlüssen gefaßt. Die wichtigsten dieser Beschlüsse besagen: 1. Beamtenrecht:Die Vertreterver­sammlung des Württ. Beamtenbundes fordert die Einlö­sung des in der Verfassung gegebenen Versprechens auf Schaffung eines einheitlichen, modernen deutschen Beamten­rechts und wendet sich gegen die Absicht der Reichsregierung, ein Dienststrafrecht einzuführen." 2. Besoldung:Die Ver­treterversammlung fordert grundsätzlich den sozialen Aus­bau des Besoldungsgesetzes. Sie erwartet, daß der deutsche Beamtenbund sich für Ermäßigung des bisherigen Span­nungsverhältnisses und Beseitigung der Gräben zwischen 6 und'7, 9 und 10, 12 und 13 energisch einsetzt. Im übri­gen ist die Vertreterversammlung mit der grundsätzlichen Stellungnahme des Deutschen Veamtenbundes einverstan­den. Die augenblickliche Notlage der Beamtenschaft macht eine sofortige Abhilfe notwendig."

Milchzentrale. Die Milchproduzentenvereinigung nahm zwei Entschließungen einstimmig an, die den Beschluß des Ausschusses über die Beteiligung der Landwirtschaft rm Aufsichtsrat für gut heißen und eine finanzielle Beteili­gung der Milchlieferanten an der Milchversorgung zur Er­wägung stellten und befürworteten. Im Verlaufe der Ver­sammlung wurde erneut auf die Notwendigkeit eines ge­meinsamen Vorgehens der Milcherzeuger und -Lieferanten in allen Fragen der Milchlieferung und -Versorgung hin­gewiesen, daß im Lauf der nächsten Monate ein organisato­rischer Zusammenschluß aller Milcherzeuger vorgenommen und durchgeführt werden soll.

Großbottwar, 3. Okt. (Ungeschickter Schütze.) Von den hiesigen Weinbergschützen verunglückte der 17 Jahre alte Seiffer dadurch, daß ihm ein Schutz seiner Pistole vorzeitig losging und ihm den Zeigefinger der linken Hand vollstän­dig wegriß.

Kirchheim u. T.» 3. Okt. (Ertrunken.) Gestern wurde der 71 Jahre alte Wilhelm Löffler von Jvsingen tot in der Lindach am Steinriegel aufgefunden. Er hatte sich am Montag von zu Hause entfernt und dürfte an der dort ab­schüssigen Stelle beim Heimweg in die Lindach geraten sein.

Gingen a. Br., 3. Okt. (In den Ruhestand.) Der älteste aktive Geistliche Württembergs, Stadtpsarrer Hartlieb hierj ist in den Ruhestand versetzt worden. Er beging in letzter Zeit noch das 50jährige Jubiläum im Dienst der evang. Landeskirche.

Crailsheim, 3. Okt. (Vorsicht beim Viehhüten.) Ein noch nicht schulpflichtiges Kind des Taglöhners Jakob Ebert wurde während der Arbeit der Mutter auf dem Felde M

einem unbewachten Augenblick von einer Kuh mit dem Horn in den Hals gestoßen und schwer verletzt.

Hall, 3. Ott. (Fleischvergiftungen.) Im Stadtteil Wei­ler ist eine Anzahl Personen, man spricht von zehn an Fleischvergiftung ziemlich heftig erkrankt. Das genos­sene Fleisch, das offenbar nicht einwandfrei war, stammt aus der Gegend von Sulzdors. Untersuchung in der Sache ist eingeleitet.

Hall, 3. Okt. (Vom Waldbesitzerverband.) Der Wald­besitzerverband für Württemberg und Hohenzollern veran­staltete in den letzten Tagen des September seinen zweiten gemeinsamen Waldausflug, verbunden mit Bezirksver­sammlung in Hall. Die Tagung war aus allen Landestei­len, insbesondere dem Unterlande, stark beschickt.

Moosbeuren OA. Ehingen, 3. Okt. (Das Feuerte machen./ Das Oekonomieanwesen von Paul Ege brannte total nie­der Während das Vieh gerettet wurde wurde die gesamte Fahrnis und Ernte ein Raub der Flammen. Das Feuer wurde durch zündelnde Kinder, die ein Feuerte machten, verursacht.

Oberstadion OA. Ehingen, 3. Ott. (Brandstifter am Werk.) Im Doppelwohnhaus der Frau Eisele beimGrü­nen Baum" brach ein Brand aus, der das ganze Anwesen in Asche legte. Brandstiftung wird mit Sicherheit ange­nommen.

Ravensburg, 3. Ott. (Sträflicher Leichsinn.) Im Ar­beiterzug Friedrichshafen-Ravensburg warf ein Mitfah- render eine brennende Zigarre zwischen die Hohlwand beim Fenster. Dadurch geriet der Eisenbahnwagen in Brand, der aber aus der Station Oberzell von den Bahnbe- diensteten noch rechtzeitig gelöscht werden konnte.

Ravensburg, 3. Okt. (Staatspräsident Bazille und die Landwirtschaft.) Anläßlich des Landwirtschaftlichen Be- zirksfestes hat Staatspräsident Bazille folgendes Geleit, wort gesandt: Eine Politik gegen die Landwirtschaft ist auch eine Politik gegen die Industrie, eine Regierung gegen die Bauern auch eine Regierung gegen die Arbeiter. Die Folgen falscher Lebensführung öffentlicher Körperschaften treten, wie bei den natürlichen Körpern, allerdings oft erst lange nach den schädigenden Ursachen ein und nur der er­fahrene Arzt erkennt die Zusammenhänge. Deshalb ist es häufig so schwierig, ein ganzes Volk davon zu überzeugen, daß die Vernachlässigung der Landwirtschaft eine Mißhand­lung des ganzen Volkes ist.

Dürmentingen OA. Riedlingen, 3. Ort. (Ein Sägwerk niedergebrannt.) Das jenseits der Bahnlinie gelegene Sägewerk der Firma Julius Schlegel, Möbelfabrik A. E., brannte gestern früh vollständig nieder. Große Holzvor­räte fielen dem Feuer zum Opfer. Der Schaden ist sehr er­heblich, die Entstehungsursache noch unbekannt; doch wird Brandstiftung vermutet.

Vom württembergischen Waldbesitzerverband.

Der Waldbesitzerverband für Württemberg und Hohen­zollern veranstaltete in den letzten Tagen des September seinen zweiten gemeinsamen Waldausflug, verbun­den mit Vezirksversammlung in Hall. Die Tagung war aus allen Ländesteilen, insbesondere aus dem Unterland stark beschickt. Der erste Tag war dem Begang des Hospi­talwaldesSchenkensee" gewidmet, wo Forstmeister Pfi­ster sehr lehrreiche Waldbilder vorweisen konnte: Tannen-, Fichten- und Buchen-Naturverjüngungen, die aus den ver­schiedenen Verjüngungsmethoden abgeleitet oder noch im Gange sind. Der zweite Tag vereinigte die Teilnehmer in den Räumen des Solbades, wo unter Leitung des 1. Ver­bandsvorsitzenden, Grafen von Rechberg, Aussprache über die wirtschaftspolitischen Tagesfragen stattfand: Steuer­fragen, insbesondere Waldvermögensbewertung, über die anzustrebende selbständige gesetzliche Vertretung der Forst­wirtschaft in Land und Reich, über Holzmarktlage, Holz­sortierung und Verkaufsbedingungen. Den Schluß bildete ein gemeinsamer Besuch der Komburg.

Gerichtssaal

! Stuttgart, 3. Okt. (Schlimme Folge übermäßigen Alkoholge- msses.) Der 22jährige Hilfsarbeiter Wilhelm Mann von Ru- iesheim OA. Leonüerg feierte im Mai ds. Js. mit seinen Kam^ raden imRöble" in Zuffenhausen ein Richtfest. Dabei sprach «r dem Alkohol fleißig zu. Gegen Mitternacht wurde er vom Wirt wegen seines Benehmens aus dem Lokal verwiesen. Dar­auf ging er insLamm". Dort hielt sich auch der 24jährige Vahnbeamte Ernst Scharr von Degerloch auf. Als dieser die Wirtschaft verließ, folgte Mann und ohne jeden Grund stieb er ihm sein Taschenmesser mit einer solchen Gewalt in den Kopf, daß die Klinge bis ans Heft in die Stirnhöhle eindrang. Nur durch Zufall führte der Messerstich nicht zum Tode. Jetzt stand Mann wegen versuchten Totschlags vor dem Schwurgericht. Nach ärztlichem Gutachten ist es nicht unwahrscheinlich, daß sich Mann bei Begehung der Tat in einem Geisteszustand befand, der die freie Willensbestimmung ausgeschlossen hat, jo daß er nicht zur Strafe gezogen werden kann. Das Gericht sprach daraufhin den Angeklagten frei (!!). Der Staatsanwalt hatte 10 Monate Gefängnis beantragt.

Stuttgart, 3. Okt. (Wieder ein Freispruch.) Unter der An­klage des versuchten Totschlags, der Amtsanmaßung und des un­erlaubten Waffenbesitzes hatte sich der 29 Jahre alte Kaufmann Gustav Brand aus Stuttgart vor dem Schwurgericht LU verant­worten. Er hatte in der Nacht auf 6. Mai ds. Js., nachdem er schon ziemlich Alkohol zu sich genommen hatte, zuerst in einem Privathaus Streitigkeiten bekommen, um dann auf dem Heim­weg in der Babnhofstraßc, sich als Kriminalpolizist ausgebend, einen Passanten mit dem Revolver zu Boden zu schießen. Die­ser wurde an den Hüften erheblich verletzt. Der Angeklagte wollte von der ganzen Tat nichts mehr wissen und bezeichnet sich als sinnlos betrunken. Auf Grund des Sachverständigen­gutachtens, das immerhin die Möglichkeit, daß er nicht zurech­nungsfähig war, offenlies, wurde er von der Anklage freigespro- chen (!) und nur wegen unerlaubten Waffenbesitzes mit 100 ^ Geldstrafe belegt.