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Amtsblatt für den Bezirk Nagold und für Altensteig-Stadt. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, Lalw und Freudenstadt.
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Altrulleig» Donnerstag den 23. Juni.
j Jahrgang 1923
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— für den Monat Juli —
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Sturmzeichen in Asien
Von A. Smedley
So sicher wie die Zeit selbst Schritt für Schritt vorwärts geht, so sicher führen England und Amerika die Welt Schritt für Schritt einem neuen Weltkrieg entgegen. Vorzeichen sind deutlich und unheilkündend, von den Drohungen in der amerikanischen Presse angefangen bis zum Vau des gigantischen britischen Flotten- und Luftschiffstützpunktes in Sin- gapore.
England und Amerika sind entschlossen, nicht nur die Protestruse ganz Asiens, wie sie sich in den nationalen Bewegungen äußern, zum Schweigen zu bringen, sondern auch Japan als politischen kommerziellen Rivalen in Asien zu vernichten.
... Der vornehmliche Protest ganz Asiens gegen europäische Angriffe hat sich im vorigen Jahre in alarmierender Weise geoffenbart. Er gipfelte in dem russisch-japanischen Vertrag, und es ist zu erwarten, vielleicht schon eine vollendete Tatsache, daß China sich mit anderen Mächten verbündet. Das Bündnis de! Türkei mit Rußland verbindet die Türkei automatisch mit dieser Gruppe asiatischer Mächte (denn Rußland ist ja zum Teil asiatisch), deren Ziele der russische Außenminister Tschitscherin auf dem Kongreß der Ostvölker vorigen Monat in Baku klar zusammenfaßte in die Worte: „Rußlands Ziel ist es, jede Spur des britischen Imperialismus in Asten auszutilgen." Der neue russisch- japanische Vertrag überläßt Japan bedeutend« Oelquellen und 500 Millionen Tonnen Hartkohle auf d«r Insel Sachalin und macht es dadurch vollständig unabhängig von Amerika. Und im vergangenen Monat wurde berichtet, daß in Japan große Eisenerzlager entdeckt worden sind, die es Japan ermöglichen, allen Angriffen von außerhalb zu widerstehen.
England und Amerika machen fieberhafte Anstrengungen, um die Lage zu meistern. Es soll eine neue Abrüstungskonferenz nach Washington einberufen werden, deren wirk- llcher Zweck derselbe ist, wie der der ersten Abrüstungskonferenz von 1921, d. h. der Versuch Englands und Amerikas, Japan zu schwächen und seine militärische Macht zu brechen. Das Verfahren ist genau dasselbe, das England drei Jahr« vor dem Weltkrieg einschlug, als Haldane seine Vorschläge zur Einschränkung des deutscheen Flottenbaues machte. Die Methoden, die England damals anwendete sind dieselben, die es heute gegen Japan anwendet.
Amerika veranstaltet ferner von diesem Monat ab im Stillen Ozean die größten Flottenmanöver, di« jemals ab- Aalten worden sind — eine direkte Herausforderung zum h"eg. Mehr als 200 amerikanische Journalisten begleiten Flotte, um Propaganda zu machen — denn moderne Kriege werden nicht nur mit Kriegswerkzeugen, sondern auch mit der Presse ausgesuchten. Japan hat sich ohne weitere Erklärung geweigert, die amerikanische Flotte aufzu- nchmen und es hat Gegenmanöver veranstaltet mit dem a«le, das Jnselreich vor jeder Landung zu schützen.
Inzwischen bemühen sich Amerika und England zugleich, dre Souveränität über China zu gewinnen, und, wie der Aobe englische Philosoph und Mathematiker Bertrand s^Plel sagt, „wahrscheinlich werden in naher Zukunft Eng- PPber und Amerikaner gemeinsam darauf hinarbeiten, in «mna ein« „gute Regierung" einzusetzen, um dann das »auszubeuten". Andere englische Schriftsteller, wie z. V- ^ohn Brailsford, der aus Tokio berichtet, betonen, -aß ^ weg en dieser Gewaltpolitik gegen China zu einem Kriege kann. So brat- z. B. im August in Kanton, das unter der Regierung De. Smrjatsene stand, ei« Aufstand aus.
Der Führ« war d« höchste Beamte der „Hongkong- und Shanghai-Bank", des größt«« und mächtigste« englischen ts in diesem Weltteil. Als Dr. Sunjatsen di«
^«ten zur Unterwerfung auffordert«, erhielt er vom bri» ein Ultimatum: wen« er auf die Aufstau- M^^fewere, würden die britischen Kriegsschiffe in den Ge« vM Hanta« ihre Kanone« auf Kanton richten.
Gtzgen diesen flagranten Mt des britische Imperialismus erließ Dr. Sunjatsen sein berühmtes Manifest an das chinesische Volk, in dem er es mit diesem neuen Akt imperialistischer Gewaltpolitik bekannt macht und aus dessen weit- raichewd« Bedeutung für die Kennzeichen der wirklich»« MM Chinas Hinweis!. (Bergt, die neuesten JuninachAch- DWlraus China. Die Schriftl.)
WWm Hinblick auf diese und ähnliche Vorgänge hat Japan. WLne Politik gegenüber China einer Revision unterzogen,^ .nachdem sie 30 Jahre durch eine Arroganz und Fsin^elig-I kstt charakterisiert war, die nur derjenigen von sur-opäi-I sch«« Mächten vergleichbar war.
I« seiner internen indischen Politik macht England alle Anstrengungen, um die Hindus und Mohammedaner zu ! entzweien und dadurch Indien von diesem astatische» Bunde! abzuziehen. Im n'hen Osten versucht es z. B., sine« sogenannten „unabhängigen" arabischen Bund zustande z« bringen, den die heilige« Stätten des Islam schützen soll, und ferner eine Puppe von Englands Gnaden zum Kalifen eiu- zusetzen und auf diese Weise die indischen Mohammedaner M« Gehorsam ihrem religiösen Oberhaupt gegenüber zu bringen. Und wie England im Krimkriege das Kalifat dazu benutzte, an die indischen Mohammedaner sin ,Setwa" M «lassen mit der Aufforderung, sich der britischen Regierung gegenüber loyal zu verhalten, so werden wir vielleicht den Erlaß eines ähnlichen „Fetwa" in dem kommenden Kriege gegen Asien erleben. Dies« arabische Bund ist aber unmöglich ohne Damaskus, die. Hauptstadt Syriens, und Syrien steht unter französischer Kontrolle. Diese Tatsache vertieft im Verein mit den englisch-französischen Konflikten wegen wirtschaftlichen und kommerzieller Privilegien im nahen Osten den Gegensatz zwischen England und Frankreich. Vermutlich wird trotzdem dieser Bund zustande kommen, und er wird ein englisches Bo erk gegen die Türkei bilden, die in Verbindung mit R land den deutlichsten und bewußtesten antienglischen Einfluß im nahen und mittleren Osten ausübt.
Sie Belämvsung einer BoMeuche
Dr. Theodor Stähle, Tuberkulosearzt in Stuttgart
Einer der schlimmsten Feinde d« Menschheit ist der Erreger der Tuberkulose, der Tuberkelbazillus. Er ist so klein, daß man ihn in dem Mikroskop «st nach tau sc dfacher Vergrößerung sehen kann als ein kleines dünnes Stäbchen, das trotz d« starken Vergrößerung kaum länger als 3 Millimeter erscheint. Dies« kleine Bazillus hat eine so riesig große Verbreitung, daß es im Alt« von 20 Jahren eigentlich kaum mehr Menschen gibt, die ihn nicht schon i« sich ausgenommen haben. In einer Temperatur, die uns«« Körperwärme entsprich:, kann sich dieses kleine Lebewesen, das wir, wie die anderen Bakterien und Bazillen, zu den niedersten Gattungen der Pflanzenwelt, zu den Pilzen zählen, unglaublich rasch vermehren. Die Fortpflanzung erfolgt in sehr einfacher Weise. Der Bazillus, der aus einer Zelle besticht, teilt sich durch Abschnürung in der Mitte in zwei neue Tochterzellen, von denen sich jede alsbald wieder in derselben Weise teilen kann. Der Tuberkelbazillus hat nun «och eine Besonderheit gegenüb« anderen Bazillen: er besitzt einen Wachsmantel um sich herum, d« vhn gegen äußere Schädigungen sehr widerstandfähig macht, daß « z. B. Kälte ganz gut vertragen kan«, oder im Staub ohne aus- zutrocknsn oft jahrelang sein« alte, krankheitswirkende Kraft bewähren kann. Einen Feind besitzt der kleine Bösewicht aber, nämlich das Sonnenlicht, das ihn schon in einer Stunde tötet. Im Hellen Tageslicht stirbt « auch, ab« viel langsam«, «st nach etwa sieben Tagen. Sein« Lieblingsplätze find dunkle Winkel, düstere Stuben, Höfe und Gassen, in die kaum jemals etwas Sonnenschein gelangt. Dach« ist es auch nicht weit« verwunderlich, daß wir feine Opfer hauptsächlich unter der Eroßstadtb«Akerung suchen »nüssen, di« schon früh« aus enges Beieinanderwolnen angewiesen war, nun ab« «st recht zusammengepfercht ist, Zeit wir eine so große Wohnungsnot haben. Daher Sonne und Licht an die Front zum Kampf gegen den TuberkÄ- bazillu,. Schaffet euch gesunde Wohnungen, dann seid ihr am besten gegen ihn gerüstet.
Das rasche Vorwärtsschreiten der ErgenheinEewegung, wie sie in Württemberg in der Selbsthilfe-Organisation der Gemeinschaft der Freunde, Luftkurort Wüstenrot bei Hetl- beonn entstanden ist, gibt uw° die Hoffnung, daß recht weite« Kreisen unseres Volkes diese wirksam« Waffe gegen die Lubsrj-utose, «ü»e gesund» sonnige Wohnung zuteil wird.
Aus LWMem der SlMMegÄ
' Berlft», 24. Juni. Die „B. Z. am Mittag" gibt aus de« Lagebuchnotizen der Teilnehmer am Nordpolflug Roaü» Amundsens längere Abschnitte wieder. In de« Aufzeichnungen des Pilote« Dietrichson, der das Flugzeug R 24 steuerte, das dam» im Nordpoleis zurückgelassen werden mußte, heißt es n. a.: Rach der ersten Landung des N 24, als Elsworth und Dietrichson sich auf die Suche nach dem anderen Flugzeug R 26 begeben wollten, ergab sich, daß fis die Hoffnungslosigkeit des Versuches einsehen mußten und die größten Schwierigkeiten hatten, in dem kolossalen Packeis, das m Wirklichkett viel schlimmer und ausgedehnter war, als es von oben aussah, zurückzukehren. Die Reparatur des beschädigten Motors des N. 24 war ebenfalls mit den allergrößten Schwierigkeiten verknüpft. Trotz angestrengten Pumpens leckte d« Motor immer noch in bedenklich« Weise. Dazu wurde das Wett« immer undurchsichtig« bei heftigem Schneien. Am folgenden Tage wurde N 25 in ungefähr 2 Meilen Entfernung gesichtet. Am Abend konnte sich N 24 mit N 25 durch Flaggensignale in Verbindung setzen. Die Mannschaft des N 25 war 20 Meter von der Cisstraße entfernt eingefroren. Es wurde nun versucht, N 24 aus das Eisfeld zu heben, um das ermüdende Pumpen zu vermeiden. Das Leck wurde jedoch größer und das Eis krachte fortwährend. Endlich gelang es, das Flugzeug zu heben. Ellsworth und Dietrichson versuchten dann, N. 25 zu Fuß zu erreichen, «utzte« aber nach 7stundigem Marsche (um 3 Kilometer zu überwinden!) «schöpft wieder umkehren. Erst am 26. Mai gelang es, die N. 26 zu «reichen. Während des Marsches wurden Omdall und Dietrichson vom Tode des Ertrinkens nur durch die schnelle Hilfe Ellsworths gerettet. Das Dornier-Flugzeug N. 25, das aus dem Polareis zurückgeholt worden ist, weist deutliche Zeichen starker Ileber- anstrengung auf, eignet sich ad« trotzdem noch für künftige Müge.
Neues vom Tage.
Entsetzung des Ruhrgebiets a« 17. August
Paris, 24. Juni. „Ouvre" schreibt zu dem gestrigen Beschluß des Ministeriums, die militärische Räumung des «uhrg-dieis, die am 17. August zu erfolgen hat, bereits «orzuberotte«, folgendes: Di« Operationen werden unmittelbar beginnen. Sie werden vollkommen vor dem 17. August zu Ende geführt sein. An diesem Tage wird auch Per letzte Man« unserer Soldaten, deren Zahl vom Stade Herabgesetzt ist, das rheinisch-westfälische Becken »«lassen habe«. Es werden auch die als Sanktionsgebiete zu befrachtenden Städte Düsseldorf und Duisburg-Ruhrort gesäumt «»erde», obschon für sie hätte ein anderes Regime i» Anspruch genommen werden können und obschon man sie «tt der Besetzungszone von Köln hätte »«binden können, anstatt mit dem Bezirk von Essen.
Deutsch-französisches Eisenindustrie-Abkommen Paris, 24. Juni. Wie „Avenir" zu wissen glaubh ist xwchhe« der dentschev u«d der französischen Schwerindustrie ft» de« letzten Tage« i« Luxemburg ei« Abkomme« geschlossen worden, auf Grund dessen Frankreich in Zukunft nach Deutschland jährlich einführen könne: 800 000 Tonne« Eisenerz, da» Saargebiet 600000 Tonnen und Las Groß- Herzogtum Luxemburg 300 000 Tonnen.
Regierungserklärung des belgische« Kabinetts Brüssel, 23. Juni. Premierminister Poullet verlas vo« der belgische« Kammer die Regierungserklärung. Bezüglich der Außenpolitik sprach das Kabinett den Beschluß aus, den alliierten inH assoziierten Regierungen treu zu bleibe« «nd die Richtlinien seiner Vorgänger zu befolgen, die sich auf die Formel bringen lassen: Schiedsgerichte, Sicherhett und Abrüstung. Was die Schulden an die Vereinigten Staaten anbelangt, so ist die Regierung bereit, sofort eine offizielle Kommisfio« «ach Washington zu entsenden, die in dies« Frage unterhandeln soll. Sie drückt die Hoffnung aus, daß bei diese« Verhandlungen der wirtschaftlichen und finanziellen Lage Belgiens Rechnung getragen wird.
Entschließung de, englische« Arbeiterpartei London, 24. Juni. Di« Parlamentsfraktion d« Arbeiter» Partei nahm ein« Entschließung an, die besagt, der vorge- x schlagen« Sicherheitspakt sei im Hinblick auf seinen beschränkten Bereich, seine ernsten militärischen Verpflichtungen und seine unsicheren Verantwortlichkeiten, sowie im