stähle vor. Verschiedentlich stieß der Marktbummler am Abend auf die ausreisenden, traditionellen Wagen mit überspanntem grauem Tuch, die der Volksmund „fahrbare Heimat" getauft hat. — Der Regen hinderte nicht, daß sich auch große und kleine „Niklasen" auf der Straße blicken ließen.
Nachahmenswert für die Damen.
Der Bund für Vogelschutz hat sich seit Jahren Verdienste erworben durch sein Eintreten für die Erhaltung der Vogelwelt. In neuerer Zeit kämpft er in besonderem Maße gegen die Mode, Reiher-, Marabu-, Paradiesvogelfedern u. Kolibris als Schmuck der Damenhüte zu verwenden, weil dadurch diese wundervollen Vogelarten dem Untergang geweiht werden. Bei einem letzter Tage in Stuttgart gehaltenen Vortrag der ersten Vorsitzenden des Bundes, Frau Kommerzienrat Hähnle, mit dem die Vorführung lebender und farbiger Vogelbilde? verbunden war, hat eine große Zahl der anwesenden Damen durch Verzichterklärung auf ferneres Tragen der vom Bund beanstandeten Federn ihrem Einverständnis mit dem Vorgehen des Bundes Ausdruck gegeben. _
Zollverkehr in Calw, lieber den Geschäftsverkehr beim hiesigen Zollamt vom 1. April 1912 bis 31. März 1913 ist der früher als sonst erschienenen Verkehrs- und Geschäftsstatistik der württ. Zollstellen zu entnehmen, daß hier 15 198 (9977) Doppelzentner zoll- und zollkontrollpflichtige Güter eingingen und zwar 14 958 Dz. mit Begleitschein, 33 Dz. mit der Post und 207 Dz. mit Tabakbegleitschein; hievon wurden 4014 Dz. in den freien Verkehr, 891 Dz. mit Vegleitscheinpapieren und 10 293 Dz. aus Niederlagen weiter abgefertigt. Außerdem gingen zur Abfertigung in den freien Verkehr ein: 91 Hüte.
Von der Post. Aus dem Post-, Telegraphen- und Fernsprechbetrieb wurden im Oktober vereinnahmt 3117 866.46 »tt gegen 3 002 343.15 im Vorjahr. Vom 1. April dieses Jahres bis 31. Oktober fielen 17 159015.82 an, was einem Mehr von 865 766.33 Mark gegen den gleichen Zeitraum des Vorjahres entspricht.
Wunschzettel. In den Häusern, wo Kinder sind, spielt in der Zeit vor Weihnachten der Wunschzettel vielfach eine große Rolle. Die Erlaubnis der Eltern, nunmehr all die Wünsche, die der kleinen Welt anläßlich des bevorstehenden Weihnachtsfestes am Herzen liegen, zu Papier bringen zu dürfen, lassen sich die von der Vorfreude ergriffenen Kleinen nicht zweimal sagen. Wer nur irgendwie imstande ist, die Feder zu regieren, sitzt jetzt mit hochrotem Kopfe eifrig schreibend über einen mächtigen weißen Vogen gebeugt, und nur zu oft wird hier das Unzulängliche des Raumes Ereignis; denn all die zahllosen Dinge, von deren Besitz das Kinderherz sehnend träumt, müssen hier aufgeführt werden, und dazu langt bei den riesigen Buchstaben, welche die kleinen Hände malen, der geringe Flächeninhalt des Bogens oft nicht aus, sodaß Nachträge gemacht werden müssen, die dann der Papa mit äußerlichem Staunen und innerlichem Schmunzeln in Empfang nimmt. Für die kleineren Geschwister müssen die größeren zumeist die Aufstellung des Wunschzettels übernehmen, was auch gern geschieht, fühlen sich doch die damit Beauftragten im Bewußtsein ihres Könnens hierdurch außerordentlich geschmeichelt. Das Studium der Wunschzettel gewährt den Eltern stets ein großes Vergnügen; denn das kindliche Denken und Fühlen kommt in diesen häufig recht unorthographischen Schriftstücken deutlich zum Ausdruck. Puppenstuben und Kaufmannsläden, Badepüppchen und Bleisoldaten, Schaukelpferde und Eisenbahnen, Autos und Luftschiffe und tausend andere Dinge werden da heiß ersehnt und durch dickes Unterstreichen als besonders begehrt hervorgehoben. Freilich kann das Christkindchen nicht immer alle Wünsche erfüllen; denn die teuren Zeiten nötigen so manches Ehepaar zu erheblichen Streichungen in der Liste. Dieser oder jener Lieblingswunsch der Kleinen läßt sich aber in den meisten Fällen verwirklichen, und groß ist dann ihr Jubel, wenn am heiligen Abend eine oder die andere der erträumten Herrlichkeiten unter dem kerzenschimmernden Christbaum von liebender Hand aufgebaut wurde. Glücklich die Eltern, die imstande sind, bescheidene kindliche Wünsche zu erfüllen! Das Leben versagt dem Menschen ohnehin in späterer Zeit so vieles.
^ Neuhengstett, 11. Dez. Bei der gestern stattgefundenen Gemeinderatswahl wurden mit großer Stimmenmehrheit die seitherigen Gemeinderäte Christ. Soulier mit 63 und Ludwig Ayasse gleichfalls mit 63 Stimmen wieder gewählt. Abgestimmt haben 74 Wahlberechti gte.
Neuenbürg, 10. Dez. Die Staatseisenbahnver- waltung wurde lt. „Staatsanz." ermächtigt, für die Erweiterung des württembergischen Teils des Bahnhofs Pforzheim die auf der Markung Birkenfeld erforderlichen Grundstücke und Rechte an Grundstücken im Wege der Zwangsenteignung zu erwerben. Nach
dem Bauplan erstrecken sich die bei den Erweiterungsbauten, insbesondere bei dem Bau des Verschiebebahnhofs Brötzingen, auf der Markung Birkenfeld herzustellenden Anlagen von der Landesgrenze gegen Baden bis zum Anfang des Bahnhofs Birkenfeld. Neben die Hauptgleise der zweigleisig auszuhauenden Enzbahn sollen ein Ausziehgleis und einige weitere 'Nebengleise gelegt werden. Die Möglichkeit späterer Erweiterung ist vorzusehen. Der schienengleiche Wegübergang an der Landesgrenze wird durch eine Wegunterführung ersetzt. Für Beamte und Unterbeamte der Bahnstation Birkenfeld sollen westlich von der Staatsstraße Pforzheim-Wildbad in der Nähe der Landesgrenze Wohnhäuser erbaut werden.
Wildbad, 10. Dez. Am Samstag fand hier die Einweihung des neuen Schulhauses statt, das den Namen König Wilhelm II-Schule erhielt. Nachdem die Real- und die Volksschule von ihren alten Schulgebäuden Abschied genommen hatten, fand in der Vorhalle des festlich geschmückten Neubaus die Schlüsselübergabe durch Reg.Baum. Stahl- Stuttgart an Stadtschultheiß Bätzner statt, der die zahlreich erschienenen Gäste herzlich willkommen hieß und einen Ueberblick über die Geschichte des Baues gab. Die eigentliche Weihe erfolgte mit einem Weihegebet durch Stadtpfarrer Rösler. Reg.Dir. Dr. v. Hieber überbrachte die Grüße und Glückwünsche des Kultministers sowie des Oberschulrats. Bezirksschulinspektor B a u m a n n - Neuenbürg dankte den bürgerlichen Kollegien für ihre große Opferwilligkeit, dem Stadtvorstand für seine unermüdliche Tätigkeit und den Lehrern für ihre bisherige Arbeit. Nach einem gut vorgetragenen Schülerchor begaben sich die einzelnen Klassen in die Turnhalle, wo sie mit Kaffee und Brezeln bewirtet wurden. Beim Festessen im Hotel Maisch wurden weitere Ansprachen gehalten von Reg.Dir. Dr. v. Hieber, Stadtschultheiß Bätzner, Oberamtmann Ziegele, Bezirksschulinspektor Baumann, Reg.Baum. Stahl und Stadtbaumeister Munk. Ein an den König abgesandtes Huldigungstelegramm wurde alsbald beantwortet. Den Abschluß der Feierlichkeiten bildete abends ein Festbankett mit Bürgerball, bei dem Stadtschultheiß Bätzner eine weitere Ansprache hielt und Oberreallehrer Steurer den Dank der Lehrer an die bürgerlichen Kollegien zum Ausdruck brachte. — Der Neubau ist von der Architektenfirma Stahl und Bossert- Stuttgart hergestellt. Das Gebäude enthält neben Lehrsälen, Lehrzimmern usw. auch eine Lehrküche für hauswirtschaftlichen Unterricht, sowie ein Schülerbad. Außer der Volksschule sind vorerst auch die Realschule und die Gewerbeschule darin untergebracht. Ein früherer Wildbader Schüler, Fabrikdirektor Röck-Wiesbaden, stiftete aus Anlaß der Einweihung die Mittel zu einer umfangreichen Schülerbibliothek. Der Voranschlag des (Äbäudes beträgt rund 300000 .ll.
Württemberg.
Der Finanzausschuß der Zweiten Kammer nahm am Mittwoch in der Frage der Besteuerung der Konsumvereine einen Antrag Hiller mit 8 gegen 6 Stimmen und 1 Stimmenthaltung an, in dem die Regierung ersucht wird, eine gesetzliche Regelung einzuleiten in der Art, daß die Konsumvereine wie Handel- und Gewerbetreibende auf dem Gebiet der Besteuerung gleich behandelt werden, daß insbesondere die festgesetzten Rabatte ebenso wie die Dividenden als zu besteuernde Geschästsgewinne betrachtet werden.
Defizit.
Tübingen, 9. Dez. Heute fand die Schlußsitzung und Endabrechnung des 30. Allgem. Schwäbischen Sängerfestes statt. Trotz der schlechten Witterung am ersten Tag hat sich nur der nicht sehr bedeutende Fehlbetrag von 2522 -N bei 87 114 -N Ausgaben und 84 592 -N Einnahmen ergeben. Die finanzielle Bürgschaft für das Fest hatte sr. Zt. die Stadtgemeinde übernommen.
Oeffentliche Rechtfertigung.
Schorndorf, 10. Dez. Das hiesige Stadtschult- heißenamt gibt folgendes bekannt: Durch Beschluß der Strafkammer des Kgl. Landgerichts Ellwangen vom 4. ds. ist Stadtpfleger Wöhrle unter Uebernah- me der Kosten des Berfahrens auf die Staatskasse außer Verfolgung gesetzt worden. Der Herr Stadtpfleger, der aus den Rat des Stadtvorstands freiwillig im Einverständnis mit dem Eemeinderat sofort nach Bekanntwerden der strafrechtlichen Verfolgung die Kassenschlüssel an den Stadtvorstand übergeben hatte und seinem Amte ferngeblieben war, hat seinen Dienst wieder angetreten. Ueber den näheren Sachverhalt wird Stadtschultheiß Raible nach Prüfung des Aktenmaterials eingehende öffentliche Aufklärung geben. Wie erinnerlich, ist das Verfahren gegen Stadtpfleger Wöhrle auf Grund einer Denunziation eingeleitet worden, die sich jetzt als völlig gegenstandslos erwiesen hat.
Freudenstadt, 10. Dez Bei der gestrigen Gemeinderatswahl, bei der von 1393 Wahlberechtigten 1066 (76,5 /L) abgestimmt haben, wurden gewählt: Schittenhelm, Fr., Gemeinderat, mit 929 Stimmen, Lieb, Lhr., Eemeinderat, mit 658 St., Franz, Karl, Eemeinderat, mit 623 St., Schwenk, Sigmund, mit 490 St., Schneider, Karl, Metzgermeister, mit 488 St. — Von den Gewählten gehörten die ersten drei schon bisher dem Gemeinderat an, Schwenk und Schneider waren Bürgerausschußmitglieder, der letztere war Obmann.
Stuttgart, 10. Dez. Geh. Kommerzienrat Karl Eisenlohr, Direktor der Württ. Bankanstalt, dem am letzten Freitag durch die Straßenbahn ein Unfall zugestoßen ist, ist heute nachmittag infolge der erlittenen Verletzungen gestorben.
Crailsheim. 10. Dez. Der 54 Jahre alte Friedrich Wolf von Steinbach am Walde wurde beim Fällen einer Tanne im Stimpfelbacher Wald von einem in verkehrter Richtung fallenden Stamm zu Boden geschlagen und so schwer verletzt, daß er auf dem Heimtransport starb. Er hinterläßt eine Frau mit 6 Kindern.
A»» Watt r»n- Seit.
Für die Arbeitslosenversicherung.
München, 10. Dez. Die Regierung hat heute im Landtag eine Vorlage eingebracht, die 75 000 Mark für Zuschüsse an diejenigen Gemeinden fordert, die die Arbeitslosenversicherung einfllhren.
Gegen die modernen Tänze.
Verukastel, 10. Dez. Ein Gesellschaftskreis hatte einen Tanzkursus zur Erlernung der neuzeitlichen Tänze eingerichtet. Vorgestern sollte die erste Tanzstunde stattfinden. Die katholische Geistlichkeit von Äernkastel nahm an dem Feiertag Veranlassung, in der Festpredigt den Eltern, besonders den katholischen Müttern, ans Herz zu legen, ihre Söhne und Töchter von der Beteiligung an den modernen Tänzen abzuhalten. Besonderes Mißfallen habe es erregt, daß gerade am Feste der unbefleckten Empfängnis die erste Tanzstunde stattfinden solle. Nachmittags fand auch eine von der Geistlichkeit einberufene Konstantinfeier statt. Der Festredner, Professor Dr. Bares vom Trierer Priesterseminar, nahm ebenfalls die Gelegenheit wahr, den katholischen Müttern nochmals eindringlich die Bitte auszusprechen, ihre erwachsenen Kinder von diesen modernen Tänzen fernzuhalten.
Der Reichskriegshafen auf Helgoland geht seiner Vollendung entgegen. Die westliche Mole mit einer Länge von 600 Meter wird noch in diesem Jahr vollkommen fertiggestellt, ebenso wie die 400 Meter lange östliche Mole. Das in den letzten vier Jahren angelegte Neuland hat sich als äußerst haltbar bewiesen. Es wurden zum Teil Zementierungen des neugewonnenen Landes vorgenommen, um die Festigkeit des Bodens zu erhöhen. Der Umfang der Anlandungsarbeiten ist recht beträchtlich, denn das Neuland hat ungefähr die Größe -es Helgoländer Unterlandes. Außer dem Torpedohafen, der seiner Vollendung entgegengeht, wurde auf dem Neuland eine bedeutende Anzahl von Gebäuden errichtet, die der Schiffahrt und dem Hafenbau dienen. Die Sandmassen zur Herstellung der Anlandungsarbeiten wurden hauptsächlich von den Loreley-Sandbänken herangeschafft, die im Laufe von 10 Monaten gegen 100 000 Kubikmeter Vaggersand lieferten. Vorher hatte man die Sandmassen aus der Elbmündung vom „großen Vogelsand" beschafft und durch große Schleppdampfer nach der südwestlichen Ecke der Insel gebracht . Dem Reichskriegshafen auf Helgoland fehlen zu seiner endgültigen Gestalt nur noch die Quermolen und die Einfahrt, die den Hafen nach Süden gegen das Meer abschließen sollen, und es ist mit Sicherheit zu erwarten, daß die ganze großzügige Hasenanlage im Jahre 1914 zur Vollendung gelangen wird. Die Gesamtkosten Haben dann 30 Millionen Mark erreicht.
Ueber den Truppenübungsplatz Oberhofen, wohin das 2. Oberrheinische Infanterie-Regiment Nr. 99 verlegt worden ist, wird der Vossischen Zeitg. von einem Kenner des Ortes geschrieben: Etwa 20 Minuten von Station Oberhofen entfernt heben sich auf dem Hintergründe eines Kiefernwäldchens die zinngrauen Wellblechbaracken und die roten Ziegelsteinhäuschen des Lagers ab. Schon das Amtsgebäude der Station erweckt ohne weiteres ein Gefühl der Weltentlegenheit, die in dem ganzen Charakter dieser Gegend des sonst an Naturschönheiten so reichen Elsaß liegt. Eine weite ebene Fläche schließt sich rings um das Lager, und nur hier und da bringen einige mit hohen Pappeln bepflanzte Straßen oder einige Hopfenanlagen Abwechslung in das Einerlei. In dem Lager selbst genießt man diese Oede konzentriert. Zwei im Winkel aufeinanderstoßende Häuschenreihen bilden den Eingang zu den militärischen Behausungen. Diese bestehen zum größten Teil aus Wellblechbaracken, dazwischen gibt es jedoch auch mehrere aus leichtem Fachwerk hergestellte Gebäude. Während man als Bewohner der Wellblechbaracken