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Amtsblatt für den Bezirk Nagold und für AÜsnsteig-StadL. Allgemeiner Anzeiger für die B< zi eke Nagold, Lalw und jreudenstadt.

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Ur. 34.

Atterrsteig, Dienstag Le» 1v. Februar.

Das Verlustjahr 1924

^ Viele Deutsche find der festen Ueberzeugung, daß^ Unsere Finanzen und für unsere Wirtschaft die größtes Schwierigkeiten überstanden find. Zu dieser Beurteilung der Dinge haben die endgültige Festigung der deutsches Währung und die Wiederherstellung des Gleichgewichts tnk Reichshaushalt beigetragen. Der Entschluß des Kabinetts Luther, innerhalb kürzestter Zeit eine endgültige Lösung des Aufwertung-Problems herbeizuführen, scheint den all­gemein günstigen Stand von Finanzen und Wirtschaft zv bestätigen. Bei näherem Zusehen stellt sich jedoch heraus; daß die Reichseinkünfte im bisherigen Umfang nicht be­stehen bleiben können, da bei den Einkommensteuer-Voraus­zahlungen in einer großen Zahl von Fällen Steuern gar- nicht von Gewinnen, sondern von Verlusten gezahlt worden find. Selbst wenn keine Rückzahlungen vorausgezahlter Be­träge erfolgen, werden die Einkünfte des Reilos aus der Einkommensteuer während der letzten drei Monate des lau­fenden Finanzjahres (Januar bis März 1925) zurückgehen. Noch viel beweiskräftiger dafür, daß aus der Stabilisierung -von Währung und Reichshaushalt keine optimistischen Schlüsse gezogen werden dürfen, sind die vor wenigen Tagen veröffentlichten endgültigen Ziffern über den deutschen -Außenhandel im Jahre 1924.

. Das abgelaufene Jahr ist für die deutsche Volkswirtschaft «in Verlustjahr ersten Ranges gewesen. Der durch die -amtliche Statistik ausgewiesene lleberschuß der Einfuhr über di« Ausfuhr beträgt ziemlich genau 2^L Milliarden Gold» mark, das ist erheblich mehr, als selbst bei großem Pessi­mismus noch vor einigen Monaten vorausgssehen werden -konnte. Nun steht zwar fest, daß die Zahlen über den deut­schen Außenhandel nicht ganz richtig sind. Das berühmte Loch im Westen hat aber wohl reichlich ebenso viel auslän­dischen Waren Einlaß nach Deutschland verschafft wie um­gekehrt deutschen Waren Abfluß nach dem Auslande. Der erschreckend hohePassivsaldo unserer Handelsbilanz" be­deutet nichts anderes, als daß wir im Laufe eines einzigen Jahres um 2x Milliarden Eoldmark gegenüber dem Aus­lände neu verschuldet sind. Nur der geringste Teil dieser Summe kommt in formell gewährten Krediten und Dar­lehen zum Ausdruck. Ein großer Teil der Summe ist vom Auslande zum Aufkauf deutscher Werte benutzt worden, lieber die Höhe und die Art dieses Besitzüberganges fehlt es an jeglichen statistischen Ziffern, lieber die Tatsache -selbst kann ein Zweifel nicht bestehen; als Symptom dafür -ist zum Beispiel anzusehen, daß ganze Pakete von Aktien deutscher Jndustrieunternehmungen und Banken in aus­ländischen Besitz übergegangen sind. Solange diese Betei­ligung des Auslandes noch nicht die Majorität und noch nicht einmal eine sogenanntequalifizierte Minorität" dar- pellt, ist praktisch davon wenig zu spüren. Tritt aber erst einmal eine Beteiligung des Auslandes in solchem Um­fange ein, dann wird von heute auf morgen das Finanz- -und Wirtschaftsinteresse des Auslandes in den betreffenden deutschen Unternehmungen ausschlaggebend. Sobald un­sere Wirtschaft wieder Erträge abwirft, werden wir einen Teil an die ausländischen Inhaber deutscher Wertpapiere abliefern und dementsprechend unser Nationaleinkommen zugunsten Fremder kürzen müssen. Das Verlustjahr 1924 hat also an unserem Wirtschaftsvermögen gezehrt und dem ohnehin in jeder Beziehung übermächtigen Auslande einen Einspruch auf Teile des deutschen Nationaleinkommens ver­schafft. Diese Verluste müssen im Laufe weniger Jahre ganz abgebaut werden, wenn wir nicht immer tiefer in die bchuldknechtschaft hineingeraten wollen. Dr. Croll.

Die Wahlen im südslawischen Staate

Am 8. Februar fanden in Südslawien die Wahlen statt. Noch weiß man nicht, wie viele Abgeordnete ungefähr auf oie halbe Million Deutsche entfallen. Das letztem«!, am 18. März 192Z, waren es acht. Nach der Volkszahl der Deut­zen im Königreiche sollten es wenigstens dreizehn sein, donn auf 40000 Köpfe entfällt ein Abgeordneter. Wenns, aber nach dem Willen der herrschenden Parteigeht, so dürste kom einziger Deutscher in die Skupschtina in Belgrad ein- Dehen. Es wird zwar auch nach dem Kriege viel von Selbst­estimmung und Gleichberechtigung der Staatsbürger ge- evet und geschrieben. Wer sich aber die Mühe genommen A^-^uige Wochen hindurch vor den Wahlen das in Neusatz ^-AulondeDeutsche Volksblatt" zu lesen, muß zu seinem ^Necken zur Erkenntnis gekommen fein, daß mit den <o-

- gedachten zwei Schlagworten im Jahre 1925 noch mehr Schindluder getrieben wurde als in den wildesten Krieges­tagen, da die Völker noch in aller Heftigkeit aufeinander losschlugen.

' Die Regierung stellte einfach den Glaubenssatz auf von her allein seligmachenden Partei Paschitsch-Pribitschewitsch . und scheute vor keinem Mittel zurück, den biederen Schwa-

- ben dieses Landes die Wahrheit dieser Heilslehre einzu-" ' bläuen. Und dieses Wort ganz wortwörtlich genommen!! . Daß man Wählerversammlungen verbot und verhindertes

- daß man selbst die Listenführer nicht in Verkehr mit ihren j Wählern oder deren Vertrauensmännern treten ließ, sind

zwar alles Gesetzwidrigkeiten. Aber mein Gott, über solche

- ^Kleinigkeiten regt sich ein richtiger Untertan weiter nicht ' Mehr auf, weil man sich ja auch an Gesetzwidrigkeiten ge- ; wähnt, wenn sie von der hohen Regierung gewohnheits-

aemäß geübt werden. Aber die Prügelstrafe ist doch nun- ; mehr in den meisten Gegenden Europas abgeschafst, selbst ? Tür Verbrecher. Hierzulande aber besteht sie, blüht und

- wächst, aber beileibe nicht für Verbrecher, sondern für wider­spenstige Staatsbürger, die nicht einsehen wollen, daß es »ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit ist, für die Regie­rungspartei zu stimmen.

Auch das wäre noch zu begreifen, wenn die Deutschen des Landes oder ihre bisherigen Abgeordneten im Parlament in offener Gegnerschaft zum Staat oder zur Regierung stün-, den! Doch davon kann keine Rede sein! Volle vier einhalb Jahre seit der Gründung des Südslawenstaates waren die Deutschen des Landes, die zwar brav Steuer zahlen und! Soldaten stellen durften, von dem grundlegenden Recht jedes Staatsbürgers, dem Wahlrecht, vollständig ausge­schlossen, ein staatsrechtliches Unikum in unserer immerhin an allerlei gewohnten Nachkriegszeit! Als ihnen am 18. März 1923 gestattet wurde, auch zur Skupschtina zu wählen, entsandten die Deutschen acht Abgeordnete dorthin. Die weisen Regierungsbehörden hatten aber dafür gesorgt, daß nicht allzuviele deutsche berechtigte Wähler in die amtlichen Wahllisten ausgenommen wurden. So blieb die Zahl der ^deutschen Abgeordneten weit unter der Durchschnittszahl; denn acht Abgeordnete entfallen auf 320 000 Staatsbewoh­ner, während der deutsche Bevölkerungsteil sicherlich mehr als das Doppelte beträgt.

Und diese acht deutschen Abgeordneten ginge» nun um der Regierung durch dick und dünn, obwohl es diese rechj fast daran fehlen ließ, ihre Versprechungen gegenüber d«> -Deutschen in Schul- und Wirtschastsfragen einzulöseu. Sr« ^mutzten es sich aber versagen, der Paschitsch-PribitschewNsch» Martei in die Opposition zu folgen, als sie von den gegne- iMchen Parteien in die Mehrheit gedrängt wurde. Di« ^Deutschen leisteten vielmehr auch der sogenannten Block- ; «gierung, geleitet von dem serbischen Demokraten Dawi- -dowitsch, wohlwollende Unterstützung, um so mehr, weil chkefe Regierung so viel Rechtsgefühl bekundete, den durch che« Unterrichts-Minister Pribitschewitsch aufgelösten Dsut- ifihen Kulturbund wieder herzustellen. Da nun seit No- ivember 1924 die serbische radikale Partei mit dem Flügel Pribitschewitsch der Demokraten wieder ans Ruder gekom- i men ist, ließ sie vor den Wahlen die Deutschen ihren Groll > fühlen darob, daß sie es gewagt haben, voriges Frühjahr i ihr Schicksal von dem Patschitschs zu trennen. Als ob die paar Deutschen im Staate die Aufgabe hätten, sich als Prell­bock zwischen die streitenden slawischen Parteien zu werfen? Aber Strafe muß sein! Und so drangsalierte man dis armen Schwaben nach Möglichkeit mit der Zumutung, am 8. Febr. für ihre Peiniger zu stimmen. Der Wahltag muß zeigen, ob die Drachenfaat der Radikalen auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Es ist kein leichtes Schicksal, das der Deutschen im Königreich der Serben. Kroaten und Slo­wenen!

Belgrad, 9. Febr. Folgende Wahlergebnisse find bekannt! geworden: Die Radikale Partei hat 141, die Rechtsdemo- kratische (Pribitschewirtschaftspartei) 21 Sitze gewonnen Die Regierungskoalition hat demnach mit 102 Sitzen dch i Mehrheit erhalten, da die Gesamtzahl der Sitze in der Skups f tina 315 beträgt. Der Oppositionsblock verfügt bisher über ? ungefähr 140 Stimmen. In der Neu-Vojvodina sind ge- z wühlt 16 Radikale, 2 Sozialdemokraten, 4 Demokraten, i 5 Deutsche und 1 Rumäne. Im Wahlkreis Nersatz-Stadt haben die Radikalen -2 500 Stimmen erhalten. Die dcut- sche Liste hat 3500 Stimmen erhalten. Im oberen ^anat ! sind 4 Radikale wiedergewählt worden, darunter Dr. Rinr- ; schitsch. Weiter sind gewählt worden 1 Deutscher, 1 Demo- ' krat und 1 Agrarier, ^m untere» ^ haben die Radi­kalen n 8 tu,.. 5 erhalten

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Jahrgang s923

Die Sicherheitsfrage

London, 9. Febr. DerObserver" meldet aus Paris, es> werde allmählich erkannt, daß die Sicherheitsfrage zuml großen Teil von der Wiederaufnahme der Beziehungen mit einem Deutschland abhänge, das nicht länger als ein ge«, schlagener Feind, sondern als eine Macht, die tun könne, was ihr beliebt, angesehen werde. Man sei der Anstchtz daß die augenblickliche Haltung Englands in der Sicher«? heitsfrage der Gedanke an eine Art gegenseitiger Garantie; -der Naitonen Westeuropas sei, in einer Form, die nicht so weit gehe wie das Genfer Protokoll und bei der die Grenze Osteuropas und daher Polens unberücksichtigt gelassen werde. Man glaube, daß das Motiv Englands bei seinem Anerbieten einer solchen Garantie der Wunsch sei, Frank­reich den Vorwand zu einer dauernden Festsetzung am Rhein zu nehmen und außerdem ein französisch-deutsches Sondrr- abkommen zu verhindern. Frankreich werde jedoch hart um die effektive Kontrolle des linken Rheinufers kämpfen, selbst wenn die Einrichtung einer derartigen Kontrolle nominell 'dem Völkerbund anvertraut und auf eine Entmilitarisie­rung beschränkt werde. Dieses Ziel werde von militärische« Seite zäh festgehalten. Es werde von derselben Seite auch versuchst werden, Polen in die Garantie mit hineinzuziehen, obgleich in politischen, insbesondere radikalen Kreisen be­reits zugegeben werde, daß der Danziger Korridor eine unhaltbare Anomalie sei. Wenn Deutschland irgend etwas zugestanden werden solle, so sei es die Rückerstattung seiner Kolonien oder eines Teiles davon durch England und es werde erklärt, daß der Frieden Europas gefördert würde, wenn der zunehmenden deutschen Bevölkeruna ein solches Sicherheitsventil gebotem würde.

Neues vom Tage

Wünsche zur Finanzreform

Berlin, 9. Febr. Die Leipziger Handelskammer wendet sich in einer Erklärung gegen die Entschließung der Landes­finanzminister zum Finanzausgleich, die eine Uebertragung der Einkommen aus der Körperschaftssteuer auf die Länder gefordert hatten. Die Reichsfinanzhoheit und die Reichs- steuerhoheit müßten unter allen Umständen aufrecht erhal­ten werden. Dsie Spitzenverbände der Industrie, des Han­dels und des Bankwesens nehmen Stellung gegen die vom Reichsfinanzminister und den Finanzministern der Länoer geplante Neuregelung der Finanzwirtschaft. Hierbei wird erneut betont, daß eine über die 3. Steuernotverordnung hinausgehende Aufwertung privater Schuldverbindlichkei- te«, das gesamte Steuersystem in Verwirrung bringen und die Steuerfähigkeit der Wirtschaft in unabsehbarer Weise beeinträchtigen würde.

Um die Ruhrkredite

Berlin, 9. Febr. Ein Berliner Blatt bringt in seiner Abendausgabe eine Darstellung überEoldmilliarden der Ruhrhilfskasse", in der von einem Geschenk des Reichs noch vor den Millionenentschädigungen gesprochen wird. Hierzu kann folgendes festgestellt werden: Die Hilfskasse für ge­werbliche Unternehmungen besteht seit 1919. Die ihr be­willigten Mittel find jeweils im Etat des Reichswirtschafrs- Ministeriums ausgewiesen worden. Der ursprüngliche Zweck der Hilfskasse für gewerbliche Unternehmungen war der. den Werken Mittel zur Verfügung zu stellen, um eine rasche Demobilisierung zu gewährleisten. In der Zeit des Ruhr­kampfes erstreckte sich ihre Tätigkeit auf eine Unterstützung von Industrien, die, infolge Absatzstockung, zeitweise :« Schwierigkeiten zu geraten drohten. Die Kredite wurden nicht von dem Reichswirtschastsministerium, sondern von einem Ausschuss« bewilligt, dem Vertreter des Reichsfinanz­ministeriums, des Reichsarbeitsministeriums und des Reichs- iwirtschaftsministeriums angehörten. Von diesem Spruch- ausfchuß wurden zur Unterstützung der Ruhrndustrie Kre­dite von im ganzen nur 10 Millionen Eoldmark gewährt. Die Kredite wurden zur Bestreitung der Lohn- und Be- striebsmaterialkosten gemährt, da sonst die Betriebe zum Stillstand gekommen wären. An Papierkrediten wurden 'lediglich im Anfänge Kredite in Höhe von 300 000 Eold­mark gewährt. Der Rest ist zunächst teilweise in Pap:er- mark, teilweise auf Sach- be-w, Eoldwertgrundlage gege­ben worden. Ein cher -eu on' ist bereits zu­rückgezahlt. Am Samstag hat das ubineU über 'ie

Denkschrift >r Ruhrentschädigung berat. .. Dl -- oen nächsten Tagen veröffentlicht werden.