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Gegen die Steuersabotenre und ^ieferstreikhetzer.
Berlin, 17. Sept. Durch Verordnung des Reichspräsidenten zur Wiederherste"nng der öffentlichen Sicheret und Ordnung wird für aas Reichsgebiet folgendes bestimmt:
' Z 1. Wer öffentlich oder in einer Versammlung oder Mrch Verbreitung von Schriften oder anderen Darstellungen dazu auffordert und anreizt, der Steuerpflicht »der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zur Leistung 90 n Geld oder Geldeswert an das Reich, die Länder oder Gemeinden (Gemeindeverbände) nicht zu genüge» oder die Durchführung der Vorschriften über' die Steuerpslicht auf andere Weise zu hindern, wird, soforn nicht eine schwerere Strafe verwirkt ist, mit Gefängnis nicht unter einem Monat und einer Geldstrafe bestraft. Das Höchstmaß der Geldstrafe ist unbeschränkt.
§ 2. Wer öffentlich oder in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften oder in anderer Dar- . stellung zur Zurückhaltung von Lebens- oder Erntemit- j teln, die zur Lebenshaltung oder Weiterverarbeitung be- ! stimmt find, auffordert oder anreizt, wird, sofern nicht eine schwerere Strafe verwirkt ist, mit Gefängnis nicht unter einem Monat und einer Geldstrafe bestraft. Das Höchstmaß der Geldstrafe ist unbeschränkt.
Als Lebensmittel und Futtermittel gelten auch Erzeugnisse, aus denen Lebens- oder Futtermittel hergestellt werden.
Z 3. In Fällen der U 1 und 2 kann neben der Strafe auch auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Ferner ist anzuordnen, daß die Verurteilung auf Kosten der Schuldigen öffentlich bekannt zu machen ist. Die Bekanntmachung kann auch durch öffentliche» Anschlag erfolgen.
Die Vorschriften des Z 26, Absatz 3 und 4 der Preistreibereiverordnung vom 13. Juli (RGBl. Teil 1 und 2, Seite 700) gelten entsprechend als Z 4.
Diese Verordnung tritt mit ihrer Verkündung in Kraft.
Berlin, den 15. September 1923.
Der Reichspräsident (gez.): Ebert.
Der Reichskanzler (gez.): Tr. Stresemann.
Der Reichsminister des Innern (ge;,): SalOaann.
Die Reichsregierung ist sichtlich entschlossen, das Wort Dr. Strefcmanns in seiner Stuttgarter Rede, daß er nicht gesonnen fei, mit der Staatsautorität Schindluder treiben zu lassen, in die Wirklichkeit umzusetzen. In der ' letzten Zeit haben sich bekanntlich die Fälle gehäuft, in denen Leute mit Namen und von Gewicht in aller Oef- ^ fentlichkeit erklärten, man solle dem gegenwärtigen Staat'
> die Steuern nicht bezahlen. Auf der gleichen Stufe stehen ^ die Tendenzen, die Landwirte von den Lieferungen und
> dem Verkauf von Lebenmitteln abzuhalten. Wenn jetzt die Reichsregieurng in einer Verordnung, die Gesetzeskraft hat, solche dreisten Verstöße gegen die Staatsautorität energisch unter Strafen stellt, so wird man das raus ersehen, doß die Regierung entschlossen ist, ihre« Gesetzen Nachdruck z» oerleihe«.
Sozialpolitisches.
Im Vordergrund der Sozialpolitik steht nach wie vor angesichts der immer schärferen Auswirkungen des Mhrungszerfalles die Lohnfrage. Es ist selbstverständlich. daß ein fast stündliches Steigen des Teuerungsinder am besten die Unmöglichkeit beweist, durch In- berechne irgendwelcher Art wertbeständigen Lohn schaffen M können. Gerade diese Verhältnisse zeigen am deutlichsten, daß völlig andere Wege eingeschlagen werden müssen.
In vielen Kreisen glaubte man, daß die neue Währung, von der heute so viel geschrieben und gesprochen wird, auch die Lohnfrage regeln. würde. Das ist nicht der Fall, da der Reichskanzler Dr. Stresemann in seiner letzten Rede klar ausgesprochen hat, daß die Mark, also die Papiermark nach wie vor Zahlungsmittel bleiben müsse. Deshalb wird eine glückliche Regelung der Lohnsrage nur über die Errichtung wertbeständiger Werksparkassen möglich sein, indem daß die an die Arbeitnehmerschaft auszuzahlenden Beträge über die wertbeständigen Konten der Werksparkasse laufen, also vor Entwertung geschützt sind.
An wzmlpmrnscyen rseieHesmaMraymen, cue nn verflossenen Berichtsmonat in Kraft getreten sind, muß vor allem hervorgehoben werden, daß der Versuch gemacht wurde, das verloren gegangene Moment der Wer'tbestän- ! digkeit in die Sozialfürsv rge wieder hineinzutra- - gen. Man hat zunächst die Leistungen der Wochenhilfe an den Reichstcuerungsnidex gebunden, dann die der Invalidenrenten usw. Leider muß gesagt werden, daß hierdurch den Sozialrentnern keineswegs ein wertbeständiges Einkommen verschafft werden kann, da das oben unter der Lohnfrage Ausgeführte selbstverständlich auch sogar noch in erhöhtem Maße für den Sozialrentner gilt, der keine Möglichkeit hat, für die Entwertung des Geldes Nachzahlungen zu bekommen, wie das z. B. bei den Beamten der Fall ist.
Von besonderer Bedeutung ist es, daß die Vorarbeiten zu dem kommenden Arbeitsgesetzbuch, die bereits im Mai l 9 ie> ta- Nilduna eines Ausschusses für einheitliches Arbeitsrecht beim ReichsarbeitsmnÄ- sterium ausgenommen wurden, zu den ersten abschließenden Ergebnissen gelangt sind. Bis jetzt sind an Vorarbeiten zum Arbeitsgesetzbuch erschienen einmal die Vorarbeiten zu den Arbeitszeitgesetzen für Arbeiter und Angestellte, dann der Entwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes und endlich der Regierungsentwurf eines Ar- beitsgerichtsgesctzes.
Hiermit ist der erste Schritt getan, das einheitliche Arbeitsrecht, das die neue Reichsverfassung in ihrem Artikel 157 verheißt, Wirklichkeit werden zu lassen. Es ist von großer Bedeutung, daß die Beratung und Verabschiedung der ^einzelnen Teile des Arbeitsgesetzbuches, die das einheitliche Arbeitsrecht schaffen sollen, nunmehr unverzüglich erfolgen. Denn, die heutige Vielgestaltigkeit der arbeilsrechtlichen Gesetzgebung hat Verschiedenheiten in der arbeitsrechtlichcn Gesetzgebung zur Folge, die nachgerade nicht mehr tragbar sind. Man denke nur an die unterschiedlichen Urteile bei der Frage einer eventuelle» Haftbarkeit von Streikleitungen für Schäden usw.
Aber noch darüber hinaus kommt dem Arbeitsgesetzbuch Bedeutung zu. Nichts geringeres muß nämlich von ihm erwartet werden, als daß das Faustrecht auf dem Arbeitsmarkt mit dem Arbeitsgesetzbuch seine Grundlage entzogen erhält, indem alle Bedingungen des Arbeitsmarktes ebenfalls auf einen Rechtsboden gestellt werden. Leider muh allerdings gesagt werden, daß die genannten Vorarbeiten zum Arbeitsgesetzbuch, über die noch eingehend zu sprechen sein wird, in dieser Hinsicht stark enttäuschen.
Naher« und der Rsichrsedanke.
Tuntenhausen, 17. Sept.
In Tuntenhausen traten am Sonntag der bayerische politische Bauernverein zu seiner 56. Tagung zusammen, die insofern von besonderer Bedeutung war, als der bayerische Ministerpräsident Dr. v. Knilling das Hauptreserat erstattete.
Ministerpräsident Tr. v. Knilling führte aus, daß er mit besonderer Freude der Aufforderung gerecht werde, hier in Tuntenhausen zu sprechen, wo er einmal die gegenwärtige Lage beurteilen könne und dann die Pflichten umschreiben könne, die aus dieser Lage für die bayerische Regierung und das bayerische Voll erwachsen Ten ersten Teil der Rede bildete eine eingehende Mitteilung über die Aussprache, die der bayerische Ministerpräsident vor drei Wochen in Mittenwald mit dem yeuen Reichskanzler Stresemann gehabt hatte. Ter Ministerpräsident führte nach dieser Richtung hin aus, daß Bayern und die bayerische Regierung dem Kabinett Cuno ehrliches Vertrauen entgegengebracht hätten, weil dieses Kabinett stets das Bestreben gehabt habe, die bayerischen Verhältnisse genügend in Betracht zu ziehen. Für dieses Bestreben sprach Tr. Knilling dem letzten Reichskanzler und seinem Kabinett uneingeschränkten Tank aus und fuhr fort: Cuno ging, Stresemann kam. Ter neue Reichskanzler hatte die Absicht kundgegeben, sich mit Bayern auszusprechen. Ach habe mit Freimut gesagt, daß das neue Kabinett nicht erwarten könne, daß ihm im gleichen Matze das Vertrauen entgegengebracht werde, wie dies beim Kabinett Cuno der Fall war und ließ keinen Zweifel darüber, daß durch die Besetzung des neuen Kabinetts Bayern jeden Tag vor neue Konflikte gestellt werden könne. Ich machte ferner keinen Hehl daraus, daß Bayern entschlossen ist, ungerechten Eingriffen gegenüber mit aller Entschiedenheit aufzutreten, da es Dinge gibt, bei denen wir im Süden nicht mitmachen wollen. (Stürmischer Beifall und Händeklatschen.)
lieber das Verhältnis Bayerns zu der Po!itn>wn Lage sagte der Ministerpräsident: Zurzeit steht in: allgemeinen Interesse die Fühlungnahme des » cn Reichskanzlers mit Frankreich zum Zwecke der Lösung des Reparationslonfliktes. Der Kanzler hat wiederhol betont, daß an der deutschen Souveränität des Ruhrgebiets festgehalten werde und daß das Ziel nur die Wiedergewinnung der Freiheit des Ruhrgebiets sein könne und dürfe. Aber es wird sich zeigen, ob dann die Ansichten, die für einen solchen Verständigungsversuch bestehen, vielleicht allzu günstig von verschiedenen Seiten eingestellt worden sind, zu günstig wenigstens, solange ein Poincare an der Spitze der französischen Politik steht. Tr. Stresemann will durch seine Politik die Bahn frei machen für die Lösung von Ausgaben innenpolitischer und innenwirtschaftlicher Natur. Aber es besteht doch auch die Gefahr, daß bei dem großen Einfluß und dem Truck von Links die Neichs- regierung immer weiter abgedrängt wird und schließlich weiter abgedrängt wird, als sie es selbst anfänglich wollte. Tiefe Bedenken haben wir in Berlin mit Nachdruck zum Ausdruck gebracht und ersucht, bei weiteren Schritten unseren Bedenken Rechnung zu tragen. (Stürmischer Beifall und Händeklatschen.) Tie Grenze ist für Deutschland Frankreich gegenüber gezogen durch nationale Ehre und Würde und durch die Notwendigkeit der deutschen Wirtschaft.
Was aber — so fuhr der Ministerpräsident fort —, wenn die Lösung des Ruhrkonsliktes nicht gelingt oder wenn eine Lösung erfolgen sollte, die wir in Bayern als unannehmbar bezeichnen müssen? Es liegt in der Tat eine förmliche Krisen- und Panil immung in der Luft. Politische Gerüchte tauchen auf, dazu kommen ^..sensationelle Meldungen über Diktatur bald von rechts, bald von links in Umlauf. In so schwerer Zeit ist nichts mehr von Uebel als reizbare Nervosität, nichts notwendiger als kaltes Blut! Es heißt, die Augen offen halten, sich auf alle Möglichkeiten vorbereiten, ohne den Boden von Ruhe und Ordnung und Gesetzmäßigkeit zu verlassen. Jede Trennung vom Reich weisen wir in Bayern weit von uns zurück. Wir halten uns für Deutsche und für bessere Deutsche als jene, die das Deutschtum für sich allein gepachtet zu haben behaupten, in Wirklichkeit aber undeutsch sind, weil sie die Internationale über das Deutschtum stellen.
Ter Ministerpräsident kam dann aus die vaterländischen Verbände zu sprechen und führte nach dieser Richtung aus, daß nicht bestritten werden könne, daß einzelne vaterländische Verbände sich von Auswüchsen nicht immer freigehalten hätten, aber wenn nicht deutsche Volksgenossen das eigene deutsche Haus im an das bayerische und wohl auch an das deutsche Volk: gefährlichen Augenblick angezündet hätten, würden die vaterländischen Verbände überhaupt nicht bestehen. Sie seien entstanden gegen marxistische Gefahren und gegen kommunistische Umsturzpläne. Ter Ministerpräsident richtete Wohl weit über ^ahern hinaus folgende Einigkeit macht stark und diese Einigkeit wünsche ich den vaterländischen Verbänden. Es können schon in Bälde Ereignisse eintreten, die das Zusammenfassen vaterländischen Kräfte gebieterisch erheischen. Dazu ist ein vertrauensvolles Zusammenwirken mit einer national eingestellten Regierung nicht zu entbehren. Darum müssen wir alle für diese Geschlossenheit arbeiten.
Es gibt viele, die es als wahrscheinlich bezeichnen, daß die jetzige Reichsregierung durch eine radikale Linksdiktatur in Berlin oder durch eine Nätcdiktatur abgelöst werden soll. Wenn die Entwicklung diesen Gang nehmen sollte, dann würde nicht nur Bayern, sondern viele andere Staaten die unabweisbare Pslrcht haben, den Reichsgedanken hochzuhalten, dann würde nicht Bayern sich vom Reiche trennen, sondern müßte mit den anderen dafür eintreten, daß der deutsche Boden nicht zum Tummelplatz des Marxistentums und des Bolschewismus werde.
In Bayern dürften sich die Kommunisten schwerlich anschicken, ihr Haupt zu erheben, dagegen bestehen in Sachsen, Mitteldeutschland und anderwärts bedenkliche kommunistische Gefahrenherde, die in den letzten Tagen sogar an Gefährlichkeit gewonnen haben. Tie Bekämpfung und Unterdrückung der kommunistischen Gefahr muß für jede Reichsregierung Gegenstand ernster Sorge sein. Wir in Bayern sind nicht gewillt, nochmals de« kommunistischen Sumpf mitzumachen. Es ist zu befürchten, daß die nächste Zukunft uns vielleicht noch vor viel schwerere Prüfungen stellt, als wir sie bisher schon durchmachen mußten. Als staatserhaltende Kraft muß Bayern sich um die Reichsregierung scharen zum Schutze der Ordnung. Als treue Söhne Bayerns, als echte Deutsche sollen uns kommende Ereignisse wach und aus dem Posten finden.
Tie Versammlung dankte dem Ministerpräsidenten in minutenlangem Beifall.