in Tun hin und fügte hinzu: Der deutle Adler ist wieder fortgeflogen mit biutigen Schwingen und zertrümmerten Klauen. Wir werden ihn wieder sehen. Bleiben wir aber auf der Hut vor den Ideen, die er noch in seinem gefiederten Kopfe trägt. Als der Friede unterzeichnet war, versprachen die Verbündeten sich gegenseitig und das besiegte Deutschland selber beschwor es, daß die Kriegsverbrecher: u' ungestraft bleiben sollten. Für einige Personen indessen sind diese Vorschriften heute bereits tote Buchstaben. Weil die Deutschen ihre Verpflichtungen von sich gewiesen haben ben und weil wir es für gut hielten,, sie daran zu erinnern, überschütten uns gewisse Leute mrt Krrtlken
und Vorwürfen. W,.. eine Lösung ablehnen, dre
die Deutschen davon befreien würde, ihre Schulden zu bezahlen, sieht man uns als Störenfriede an. Man tadelt unsere Ansprüche, man wirft uns unsere Unnachgiebigkeit vor. Alles, was Deutschland getan hat, uw Frankreich zu ruinieren, vergißt man. Es gebe keine Sicherheit mehr in den Beziehungen der Volker untereinander, wenn die geschlossenen Verträge verleugnet werden könnten. Weder neutralen Ausschüssen, noch internationalen Fachleuten, noch einer internationalen Treühandkommission und auch nicht einmal dem Völkerbund, dessen Wirkung bekanntlich groß rst, aber nicht berührt wird, hat der Versailler Vertrag die Aufgabe übertragen, die Schuld Deutschlands zu bemessen und die Bedingungen festzusetzen, unter denen diese Schuld bezahlt werden soll. Das ist vielmehr dre Aufgabe einer besonderen Kommission, die Rcparations- kommissron heißt und deren Vollmachten Deutschland ausdrücklich anerkannt hat. Wenn man daran denkt, diese'Kommission ihrer Macht zu entkleiden, so geschieht es zweifellos deshalb, weil man sie neuen Zugeständnissen nicht für sehr geneigt hält. Aber diese neuen Zugeständnisse würden den uns gegenüber ern- gegangenen "Verpflichtungen widersprechen und das genügt schon, daß wir von ihnen nichts wissen wollen. Wir halten Pfänder in unseren Händen und wir werden sie bis uns Gcnnatrn'ng gewor
den ist.
Neues vom Tage.
Die neue Währung und das Projekt Helfferichs.
Berlin, 17. Sept. Wie das „Berliner Tageblatt" erfährt, wird die neue Tauerwährung die Goldnote auf Grund der zu schaffenden Goldnotenbank sein. Damit ist aber das Helfferich'sche Projekt nicht erledigt, vielmehr hat das Reichskabinett den Gedanken einer Zwr- schenlösung ins Auge gefaßt. Voraussichtlich wird dechalb für die Zeit bis zum Schluß des Erntejahrs eine Ausgabe von Roggenscheinen erfolgen mit der Maßgabe, daß am Ende des Erntejahres diese Roggenscheine durch Geldnoten abgelöst werden, so daß dann nur noch eine doppelte Währung (Goldnote und Papiermark) vorhanden sein werde.
Die deutsch-französischen Vorverhandlungen unterbrochen?
Paris, 17. Sept. Das „Petit Journal" veröffentlicht eine offenbar beeinflußte Nachricht, worin es heißt, die französische Regierung kenne die Absichten der deutschen Regierung nur aus der letzten Reichs- kanzlerrede. Die Unterhaltungen zwischen dem französischen Botschafter und dem deutschen Reich skanzler bedeuten sicher eine Entspannung, aber sie hätten noch zu keinem Ergebnis geführt. Das Blatt glaubt sogar zu wissen, daß diese Unterhaltungen seit einiger Zeit unterbrochen sind oder sich auf dre Behandlung laufender Geschäfte beschränken. Tie Anwesenheit des Vertreters des Garantiekomitees, Haguenin, in Paris habe keinen anderen Zweck gehabt, als dieses Komitee über die allgemeine Lage Deutschlands zu unterrichten. Der Vertreter des Garantiekomitees sei niemals mit einer Sonderausgabe betraut gewesen. „Für den Augenblick", so fährt das Blatt kort. ..scheint es. als ob die deutsche
? Regierung den endgültigen Verzicht aus den sperrigen . Widerstand nur unter der Bedingung ins Auge fassen ? kann oder will, daß sie vorher die Versicherung erhält, daß das Ruhrgebiet mehr oder weniger rasch ; vollkommen geräumt wird. Es versteht sich von selbst,
; Laß eine derartige Auffassung in Paris für völlig un- , zulänglich gestalten wird."
TenerungSMschMgc für die Bcamtengchiilter.
' Berk». 17. Sept. Ter Haushaltsausschuß des Rerchs- . tags stimmte dem Regierungsvorschlag zu, der erne z Erhöhung der Teuerungszu-chlcwe für Beamte für das ' dritte Monatsviertel auf 199 960 Prozent festgesetzt.
Erklärung des Allgemeine» Geiverkschaftsbnudes.
Berlin, Sept. „Vorwärts" veröffentlicht
t an der Spitze des Blattes eine längere Erklärung des Bundesvorstandes des Allgemeinen Gewerkschaftsbun- s' des. die sich gegen die Behauptung Tr. Stresemanns richtet, daß die Löhne „vielfach über den Frredens- : löhnen" liegen. Der A.D.G.B. legt gegen drese Be- j hauptung Verwahrung ein, die nur den Unternehmern , Anlaß geben kann, unter Berufung aus die Aeutze- ^ tung des Reichskanzlers die Löhne zu drücken.
«GA Unruhe« in Lörrach, r Lörrach, 17. Sept. In Lörrach und Umgebung ist ? bie Stimmung unter der Arbeiterschaft, hervorgerufen j gurch die Teuerung und Verhetzung von kommunistischer! ! Seite, sehr erregt. Da der Arbeitgeberverband sich wei- ! gert, die unter dem Druck der Erpressung chm am z Freitag abgeztmmgenen Zusicherungen zu erfüllen und j durch die Verhetzungen weitere Unruhen zu befürchten wa- ° reu, ist heute früh Schutzpolizei einmarschiert ? und hat die öffentlichen Gebäude besetzt. Die Arbeiter- S schast ,die durch aufrührerische Elemente ständig aus allen i Orten der Umgebung Zuwachs erhält, die mit rotenFahnen ! geschmückt und mit Holzknüppeln bewaffnet er- I scheinen, nimmt eine immer drohendere Haltung j gegen die Polizei an. Schreckschüsse mutzten bereits j in den Vormittagsstunden abgegeben werden und gegen Mittag kam es bei einer versuchten Erstür mung der öffentlichen Gebäude zu einem blutigen Zusammenstotz, bei dem es mehrere Tote gegeben haben soll. Wie fanatisch ein Teil der Arbeiterschaft ist, geht daraus hervor, daß dieser droht, die Franzosen aus dem Elsaß holen zu wollen, wenn die Schutzpolizei nicht abzieht. Die Polizei und Gendarmerie ist ruhig und korrekt und glaubt, Herr^ der Lage bleiben zu können.
Kor Unruhen in Mannheim»
Mannheim, 1. Sept.' Wie die „Arbeiterzeitung" mitteilt, soll bei der Firma Benz (Neues Werk) iu Manu- eiue Betriebsräteversarmnlung einstimmig beschlossen haben, sofort proletarische AW^rtschrsten zu bilden. Nach einer Mitteilung des Arbeiterrates sei von der Betriebsversammlung der Arbeiterrat mit der Organisation der proletarischen Hundertschaften beauftragt und die Belegschaft durch Handzettel über den Ausbau informiert worden. '
Blutige Unruhe» in Sorau.
Soran, 17. Sept. Am Samstag traf ein Koumümöb Schupo aus Kottbns ein, die nach einer Versammlung der Gewerkschaften sehr hart bedräng wurde. Sw mußte von der Schußwaffe Gebrauch Machen, wobei es 12 Tote und 15 Verwundete gab.
Esse«. 17 . Sept. General Degontte hat jetzt me, deutsche Goldanleihe für das Ruhrgebiet und! den Brückenkopf DWekdor, verboten. Der Betrau i der Zeichnung und Einzahlung wird ohne EntschtüE j gung beschkMrahmt.
Esse«, 17 . Sept. Die Franzosen nahmen i« i Lätttiküen BüroücrWS in der LaLnüoffttuLe Li n e LLI--
j kion Neichsgeld Weg, vre vem Deutschen Be- ^ satzungsamt für Entschädigungszwscke zur Verfügung ; standen. ^
; Dortmund, 17. Sept. Mehrere taufend Arbeiter ver- i' suchten in das Verwaltungsgebäude der Tortrnunder ' Union einzudringen, um Geld und Auszahlungen zu
- erzwingen. Es kam zu einem Zusammenstoß mit
- r Polizei, wobei 2 Personen getötet und mehrere ver- i letzt wurden.
i Wiesbaden, 17. Sept. Geradezu grotesk wirkt die Jagd ' der Franzosen nach deutschem Geld. Franzü- j fische Spitzel umlauern das Nerchsbankgebäude; jeder : der mit Paket oder gerundeter Aktenmappe die Bank verläßt, wird zur Besatzungspolizei geschleppt und kö- : raubt. Andere Franzosen sausen in Galoppsprüngen ! einem Auto nach, um es einzuholen und nach Geld zu, j Kochen. .. '
Aus Htadl und Land.
Wtenrtelg, 18 September 1 »»»
* Sofort »»zahlen! Die Frankfurter Zeitung richtet folgende Mahnung, die auch wir unseren L,fern zur Beherzig, »vg empfehlen möchten, an die Geschästrw»lt, an die Privatpersonen und vor «Lern such an die Bchöidr» r
Di« katastrophale Geldentwertung zwingt heute den Kaufmann und Gewerbetreibenden, bei jedem Geschäftsabschluß nvd Auftrag soso tige Bezahlung z« verlangen. Da» ist eine Selbstverständlichkeit oder bester: sollte er sein. Daß e» leider «och nicht so ist, beweisen in beinahe jedem größer« Betriebe die Mahn-Abteiluvgev, die immer mehr Kräfte beanspruchen und dauernd mit übertariflich bezahlten Ueber- stunden arbeite«. Während die wirklich produktiv arbeiten« den Abteilungen, wie Herstellung, Expedition usw. immer weniger z» tu« haben oder gar stillirgm, find die Buchhaltungen mit Mahvarbeite» überlastet. Jeder, der heute etwa! kaust oder in Auftrag gibt, sollte daran denken, diesen Miß- staud nicht zu vermehre«. In erster Linie sollte man erwarten könne», daß die Behörden und ganz besonder» auch di« Reichkstellen die eingehenden Rechnungen umgehend regulierten. Aber trotz dreimaliger und noch öfterer Mahnung gehen Zahlungen von Rttchsstelle« häufig erst nach mehrere» Monaten ei«. Den Gläubigern entstehen dadurch Verluste, die sie heute nicht mehr auf sich »ehme» können. Die Reich»« stellen sollte« mit gutem Beispiel vorangrhen, um so mehr, al» auch sie, soweit sie als Gläubige« in Frage komme«, z. B. der Reichrfitka», auf sofortige Bezahlung ihrer Forderungen Anspruch erhebe«. Mit der veralteten E michlnug, doß Rechnungen erst soundsoviel Instanzen durchlaufen, eh« fi» zur Bezahlung endlich an die Kaste g, langen, müßte, de« ! Gebot de« Zeit gehorchend, endlich aufgeräumt werde».
! — Landabgabe, Der Umrechnungssatz für die Ab-
i gäbe der landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen und ! gärtnerischen Betriebe (Landabgabe) beträgt für die Zeit vbm 19. bis 21. September 1923 einschließlich ! 21 800 000 Mk. für je eine Goldmark.
; — Der Winterfah Der Winterfahrplan tritt
in diesem Jahr bereits am 1. Oktober in Kraft. AlS besondere Neuerung wird das Reichskursbuch für den ! Winterdienst die Fahrpläne der russischen Eisenbahn I in ihren Hauptreiseweaen von Petersburg nach MoS« z kau, im Osten bis Wladiwostok, im Süden bis Kiew und Odessa.
- — Erhöhung der Personengelder -ei den Pferde»
i Posten. Wegen der w.Tieren bedeutenden Steigerung r der Betriebskosten wird das Personengeld bei Personen« r Posten mit Pserdebetrieb und Karriolposten vom 18. j September ab von 45 000 auf 150 000 Mk. für da« s Kilometer erhöht. Ter Mindeftfahrpreis für eine Per- i son beträgt 300 000 Mk.
Da» Herze fröhlich, den Mut recht ehrlich, Die Rrde züchtig, die Laten richtig.
Auf Sott oertraue» und auf ihn bauen Da» find Waffe«, di« Frieden schaffe».
Heimgefunden.
NavÄle von Maria Harking.
Ost) (Nachdruck verboten.)
Im traulichen Wohnzimmer des Schulhauses sitzen Frau Gehring und Elfriede allein zusammen. Die Fenster sind weit geöffnet, trauliches Halbdunkel herrscht im Zimmer, man hat sich noch nicht entschließen können, Licht anzuzünden. Effriede sitzt am geöffneten Klavier, doch ihre Hände ruhen müßig auf den Tasten. Sie hat das feine, blasse Antlitz der Mutter zugekehrt, die am Fenster sitzt, nach der Straßenseite zu, das andere mündet auf den Ärrten.
Das heitere Scherzen und Lachen der jungen Mädchen und Burschen, die wie allabendlich unter der Dorflinde ßufarnmensitzen, dringt bis in das stille Gemach.
Zwitschernd fliegen ein paar verspätete Schwalben deyr Neste zu. Betäubender Mederduft strömt aus dem Garten herein und mischt sich mit dem süßen Dust der LinÄe.
Vom Fenster her ertönt ein tiefer Seufzer.
„Wenn ich nur wüßte, wo Heinz ist, Elfi, die Sehnsucht nach ihm tut mir fast körperlich weh."
„Ach Mutti, gib Dich doch zufrieden. Du sollst sehen, ich werde ihn finden, ich habe die feste Hoffnung."
„Wenn Deine Hoffnung Dich nur nicht trügt. Die Welt ist groß, wie willst Du es denn machen, ihn auszufinden?"
„Wie ich es machen will, weiß ich noch nicht, Mut--
tichen, es gibt ja auch« noch gescheitere Leute aus der Welt, als Du und ich. Bin ich erst bei Geheimrats, werde ich schon Menschen kennen lernen, die mir helfen können."
„Ach, Kind, die Jugend ist so optimistisch, im Alter wird man verzagter. Gott bewahre Dir Deine unverzagte Hoffnung, Deine Liebe zu Hei^, wird Dir ja auch helfen."
„Still, Mutti, nicht daran rühren! Ich erhoffe nichts für mich. Nicht im selbstsüchtigen Interesse will ich Heinz suchen, ich weiß ja, daß er Liesel liebt, daß er an dieser Liebe zu Grunde gegangen, wie kann ich da erwarten, daß sein Herz noch Raum für eine andere Liebe hat."
„Ja, Kind!" klagt Frau Gehring bitter, „dem glänzenden Schmetterling sind alle nachgejagt und an meiner reinen, stolzen Lilie gehen die Männer achtlos vorüber."
„Nicht bitter werden, Muttichen, ich bin ja so frohz daß ich so lange bei Dir bleiben konnte. Ich bin den Menschen zu still und ernst, die meisten wollen heiteren, lebensfrohen Sinn, und sie haben ja auch recht. Vielleicht ^ wenn alles anders gekommen, wäre auch ich eine Andere, aber wir wollen nicht grübeln, Mutti, es ist gut so wie es >; ist. Komm, ich singe Dir ein Lied, das bringt Dich auf > andere Gedanken. Laß mich Dir Heinz Lreblingslred -<' singen, Liesel hats ihm ja früher oft gesungen; weißt Du, s
damals war ich manchmal eifersüchtig, wenn er Liesels ^
Stimme und ihr Spiel lobte, obschon es gar nicht so be- '
deutend war. Für mich hatte er dann kein Wort, und doch hatte ich mir soviel Mühe gegeben, auch einmal ein Lob von ihm zu erlangen. Jetzt wollte ich gerne zu- ^ frieden sein und auf alles Lob verzichten, wenn ich Heinz nur wiederfände."
Dop dem Fenster cm der Gartenseite ertönt ein leiser. d^hEenber Seufzer. Ein Mann steht dort über die Niedere Brüstung gebeugt, sein starres, glanzloses Auge sucht das fahle Dämmerlicht zu durchdringen. Bei den letzten Worten Elfriedens ist er seufzend in die Knie qe- ' funken, schwer schlug sein Kopf auf die Fensterbrüstung
Die Frauen haben den Seufzer nicht vernommen, denn eben schlug Elfriede die ersten Akkorde des Liedes an, nur Frau Gehring glaubt ein Geräusch gehört zu Haben, unruhig blickt sie zum Fenster hin, doch bei der schon herrschenden Dunkelheit vermag sie den tiefgesenkte» Kopf des Mannes nicht zu sehen.
Glockenrein kommen' die ersten Töne des Liedes übe, Elfriedens Lippen, andächtig lauscht die Mutter, selbst dre ausgelassene Jugend unterm Lindenbaum stellt ihr Scherzen und Lachen ein, alle lauschen der wunderlieblichen Stimme. Nur ein Volkslied ist es, aber in seiner schlichten Innigkeit wird es von Elfriedens tiefem Gemüt erfaßt und mit der ganzen Wärme ihres so überaus fernen Empfindens zum Ausdruck gebracht.
Der Mann am Fenster weint still vor sich hin. Ach wre ihn diese Worte an vergangene Zeiten gemcchnen!
Aus der Jugendzeit, aus der Jugendzeit Klingt ein Lied mir immerdar.
Ach wie liegt so weit Was mein einst war.
Was die Schwalbe singt -
Die den Herbst und Frühling bringt, ch
Ob das Dorf hinauf, '
Das jetzt noch klingt?
Als ich Abschied nahm War die Welt mir voll so sehr.
Als ich wiederkam, ^
War alles leer. !
Wohl die Schwalbe kehrt '
Und der leere Kasten schwoll, !
Ist das Herz geleert z
Wird's nie mehr voll.
Keine Schwalbe bringt , i
Dir zurück wonach tm weinst, '
Doch die Schwalbe singt
Im Dorf wie einst. . - '
(LMfttznna f-lgtch