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Die Fiume-Frage
Fiume, der Hafenplatz au der Adria, gehört zu den Städten, die im Londoner Vertrage vom 26. April 1915, durch den sich Italien zum Eintritt in den Krieg verpflichtete, von der Entente als Zuwachs für den noch zu gründenden südslawischen Staat vorgesehen waren. Allem als die Mittelmächte zusammenbrachen, erklärte sich Fiume für den Anschluß an Italien. Die Entente lehnte diese Lösung ab, was natürlich in Italien sehr verstimmte. Es gelang schließlich der italienischen Politik, durchzusetzen, daß Fiume nicht an Jugoslawien fiel, sondern in einen sogenannten „Freistaat" — etwa nach dem Muster Danzigs — verwandelt wurde. Im September 1919 überfiel dann plötzlich d'Annuncio die Stadt, um sie für Italien zu annektieren. Nach langem Hin und Her überwies schließlich die Entente die „endgültige" Regelung der Zukunft Fiumes den beiden rivalisierenden Mächten, die M endlich im November 1920 dahin einigten, Fiume als unabhängigen Staat anzuerkennen. Ende Dezember 1920 zog d'Annuncio endlich ab. Allein auch dieser zu Rapallo abgeschlossene Vertrag schuf nichts Endgültiges. Die Partei der Autonomisten wurde, obwohl in der Mehrheit, von der rührigen aktivistischen Partei hart bedrängt, und ihr Führer Zanella, der zum Präsidenten des Freistaats gewählt war, mußte vor den Aktivisten weichen und Fiume verlassen. Die ewigen Streitigkeiten waren für das Wirtschaftsleben der geplagten Stadt deshalb so verhängnisvoll, weil Jugoslawien die Eisenbahnverbindung Fiumes mit dem Hinterlande dauernd gesperrt hielt, wodurch der nunmehr völlig, in der Luft hängende Handel des kleinen Stadtstaates schwer geschädigt wurde. Man sah sich schließlich zu einem Zusatzabkommen zum Rapallovertrag genötigt, das einer gemischten Kommission die Aufgabe zuwies, die Grenzen endgültig sestzusetzen und vor allem den Verkehr Fiumes mit dem serbischen Hinterland zu regeln. Dieses Abkommen von Santa Margherita, das im Oktober 1922 abgeschlossen und im folgenden Februar von Italien ratifiziert wurde, hat bisher nichts an den verworrenen Zuständen Fiumes geändert. Die Kvmmissionsarbeiten sind bisher ergebnislos verlaufen. In Italien beschloß man, energisch vorzugehen. Mussolini verlangte Anfang August 1923, daß bis Ende August die Arbeit der Kommission abgeschlossen sein sollte, und zwar auf Grund vor. italienischen Vorschlägen, die man in Belgrad als die nur schlecht verhüllte Vorbereitung zur Annexion Fiumes auffaßte. Belgrad machte Gegenvorschläge, die aber Mussolini am 1. September mit dem Abbruch der Kommissionsarbeiten und der Absendung eines Ultimatums beantwortete, das auf dm 15. September befristet ist. Zwar sieht der Rapallovertrag ausdrücklich vor, daß bei Ergebnislosigkeit der Verhandlungen beider Staaten der BÜndespräsident der Schweiz den Streit durch Schiedsspruch zu fällen habe. Allein Mussolini hatte bereits bei Stellung seines Ultimatums erklärt, er behalte sich nach! dem 15. September „volle Handlungsfreiheit" vor. Zugleich wurde dem schweizerischen Bundesvräsidenten von Rom mitgeteilt, er komme als Schiedsrichter nicht in Betracht, da Italien zu großen Wert aus gute Beziehungen zur Schweiz, die durch einen Schiedsspruch des schweizerischen Präsidenten vielleicht gefährdet werden könnten, lege.
So stehen zurzeit die Dinge. Man wird dieses entschlossene Drauflosgehen Italiens in der Fiume-Frage wie in Korfu als ein Zeichen des „neuen Italien" zu betrachten haben, dessen nationales Selbstgefühl durch den Krieg gehoben ist, das die alte verhaßte Großmacht Oesterreich-Ungarn nicht mehr zu fürchten hat und sich in seiner Balkan- und Orient-Politik wie auch sonst erheblich freier fühlt. Weltpolitisch befindet sich Italien ohne Zweifel in bedeutendem Aufschwung. Die Erwerbung von Tripolis und der Cyrenaika vor Ausbruch des Weltkrieges bedeutete für Italien eine Epoche. In Versailles stand es neben Frankreich, England und Amerika als vierte gleichberechtigte Großmacht bei der Verteilung und Neuordnung der Welt. Im Innern hat es durch den Sieg des Faszismus die nationalistischen Elemente in den Besitz, der Staatsmäschine gebracht. Mit einer gewissen Eifersucht drängt es dazu, die neugefestigte Stellung als Großmacht allenthalben respektiert zu sehen, selbst auf die Gefahr hin, wertvolles Porzellanzu beschädigen und die Friedensfreunde in der ganzen Welt ernstest zu beunruhigen. Durch die Besetzung Korfus — vb ste nun bald beendet wird oder nicht — und durch die Händel um Fiume zeigt Italien, daß eS seine Mittet- weerstxllung energisch ausbauen wip
Alterrftelg, Dienstag de« 18 September.
Die GeneraLsrevolte in Spanien.
Nun ist auch Spanien von dem Fieber der Zeiten ergriffen worden. Die Ursache war zunächst die Marokko- Krise; Spanien ist des Besitzes Nord-Marokkos, den es seit der Konferenz von Algeciras innehatte, bis jetzt nicht froh geworden. Unablässige Kämpfe, wobei die Aufständischen (Rifkabylen) durch Frankreich ermutigt worden waren, führten mehrmals zu empfindlichen Niederlagen der spanischen Truppen, 1921 und in diesem Jahre wieder. Diese Mißerfolge waren ein schwerer Schlag für das spanische Nationalbewußtsein, und man konnte nun erst recht die unproduktive Kolonie nicht preisgeben, da man sie doch gewissermaßen als Ersatz für die schweren kolonialen Verluste (Westindische Inseln, Philippinen, Karolinen usw.) betrachten mußte, die man im Gefolge des unglücklichen Seefeldzugs gegen Amerika 1898 erlitten hatte.
Heute ist Spanien, während man Portugal geradezu als englische Kolonie bezeichnen kann, aus freiem Willen ans Englands Seite; der Gegensatz zu Frankreich in der Marokkofrage erklärt dieses Verhalten, und die Ehe deS Königs Alfons XIII. mit einer englischen Prinzessin befestigte die Freundschaft, aus der Spanien in den letzten beiden Jahrzehnten den Nutzen relativer Ruhe und eines gewissen Aufschwungs ziehen konnte. England wieder braucht Spanien als' Gegengewicht gegen die französischen Ansprüche auf Tanger, deren Verwirklichung die englische Stellung in Gibraltar entwerten müßte.
Es ist auch für uns lehrreich, die spanische Geschichte zu verfolgen; sie beweist, wie schwer ein Reich, das aus einstmals historisch getrennten. Ländern zusammengewachsen ist, wieder zur Einheit zurückfindet. Heute noch steht der Nordosten Spaniens, also ungefähr das Ebrogebiet, das alte Katalonien und Arragonien, in einem scharfen Gegensatz zu dem Kernland Kastilien. Das ist sowohl Stammesgeschichtlich wie wirtschaftlich begründet. Denn an der katalanischen Küste wohnt ein romanischer Stamm, dessen Dialekt dem Provenaclischen (Südfranzösischen, Langue d'oc) mindestens ebenso verwandt ist wie dem Hochspanischen, und gerade dieser nordöstliche Landesteil ist wirtschaftlich so gut entwickelt und dem durch Jahrhunderte lange Stillstände und nationalökonomische Fehler geschwächten übrigen Land so überlegen, daß er jederzeit Sonderwünsche mit Macht vertreten konnte.
Es ist daher kein Zufall, daß die Militärrevolte gerade in Barcelona, der Hauptastdt Kataloniens und der bedeutendsten spanischen Hafenstadt, ihren Ausgang nahm. 'Wer oberste General in Katalonien, Graf d'Estella, ist der Führer und Urheber der Bewegung, der sich bezeichnenderweise gerade die Provinzen Katalonien und Arragonien sofort angeschlossen haben.
Die Bedeutung des Parlaments ist in Spanien nicht schr groß; die Gleichgültigkeit der Bevölkerung bei den Wahlen kam erst Ende April dieses Jahres wieder zum Ausdruck, als Neuwahlen stattfanden. Das spanische Wahlgesetz bestimmt, daß in Bezirken, wo nur ein Kandidat ausgestellt wird, dieser Kandidat ohne Wahl ernannt werden kann; die politische Interesselosigkeit der spanischen Bevölkerung führte bei den letzten Wahlen dazu, daß in nicht weniger als 146 Wahlbezirken eine solche Ernennung stattfinden konnte. Eine Art Faszistenstaats- streich, nicht im Wesen, aber der Form nach, ist übrigens schon im April vor den Wahlen vorausgesagt worden, und damals hieß es allerdings, daß! Mussolini diesen Bestrebungen wohlwollend gegenüberstünde und die Errichtung einer Diktatur in Spanien propagandistisch unter- . stützen wolle. Die Zersplitterung der Parteien ist groß; dabei handelt es sich in erster Linie um persönliche Gegensätze. Daß auch alte dynastische Streitigkeiten wieder auf- wachen, zeigt sich schon in dem Wiederauftauchen des Kar- listen Don Jaime von Bourbon. D'Estella hat allerdings Wert auf die Feststellung gelegt, daß er nichts gegen den König beabsichtige. Dieser ist denn nach dem Vorbild des italienischen Königs sofort zu den Aufrührern über- getreten.
Ter spanische Diktator.
Barcelona, 17. Sept. Der Generalhauptmann Primo de Ribera hat an sämtliche Platzkommandanten und Gouverneure Spaniens folgendes Telegramm gesandt: Seine Majestät hat mich beauftragt, eine neue Regierung zu bilden. Ich beabsichtige daher, so bald als möglich, das in meinem Aufruf vom 20. September dargestellte Programm zu verwirklichen. Ter Kriegszustand ist verhängt und muß unverzüglich in ganz Spanien anaewandt werden. LL bin mir bewuSt. daü
Jahrgang ivtt
ich das arbeitsame und ehrliche Spanien, wie amy! die Armee hinter mir habe, um ihr Vertreter zu sein: Es lebe Spanien! Es lebe der König!
Paris. 17. Sept. Nach einer Havasmeldung aus ! Madrid ist durch eine Verordnung der General Primo de Rivera zum Präsidenten des MilitärdirektortumS! ernannt worden. Ter Unterstaatssekretär im Kriegsministerium wird beibehalten. Tie lausenden Angelegenheiten werden von Beamten geleitet, während die wichtigeren Geschäfte dem Präsidenten des Direktorium- Vorbehalten werden. Sie bedürfen auch der Zustimmung des Königs. General Primo de Rivera erklärte dem i Korrespondenten des „Matin", er werde den früheren z Außenminister Alba verhaften lassen. Fall»! dieser die Grenze überschreite, werde er ihn fassen. Sein Prozeß habe begonnen: er werde der Strafe nicht entgehen.
Poineare gibt nicht nach.
Paris, 17. Sept.
Poincarc hat in Brieulles das Sichernngsproblem besprochen. Er erklärte u. a.: Es liegt auf der Hand, daß nichts die Deutschen in ihrem Eroberungs- und Angriffsgeist mehr ermutigt als die Gewißheit, für die angerichteten Schäden nicht aufkommen zu brauchen, wenn die Zerstörungen, die sie anrichteten, oder die die Verbündeten Armeen anrichten mußten, als sie den Angreifer aus Frankreich zurückdrängten, sie nichts oder fast nichts kosten. Wenn es dem Reiche! gestattet würde, seine Rüstungen wieder herzustellen und seine militärischen Streitkräfte zu reorganisieren,! so würde es nicht verfehlen, eines Tages das Jnstru- ment, das es sich geschmiedet hoben wird, zu benützen. Wir müssen daher den Berrag unserer Wieder- ! gutmachung fordern und auch auf die Aufrechterhab- ! tung unserer Sicherung achthaben. Ter Vertrag von - Versailles hat, indem er den Völkerbund schuf, als! Prinzip aufgestellt, daß alle Nationen, die dem Bund! beitreten, sich gegenseitig zur Respektierung ihrer Ge-! biete verpflichten. Nachdem Deutschland endlich seine , eingegangenen Berpf-ii/tnngeu gezahlt habe« wird, stellt es ihm der Vertrag frei, um seine Aufnahme in den Völkerbund nachzukommen und, sobald es Mitglied sein wird, verbürgen Deutschland und Frankreich sich infolgedessen gegenseitig gegen einen Angriff. Ein besonderes Abkommen bezüglich der Rheingrenze würde nichts zu dem Vertrag hinznfiigen. Es würde sogar den schweren Nachteil haben, den allgemeinen Pakt abzuschwächen, da es, indem es weder auf die Grenzen ; der Tschechoslowakei noch auf diejenige Polens Anwen- ' düng findet, Deutschland im Osten oder im Süden! mehr Freiheit als im Westen zu lassen scheint. Et» , Garantiepla«, wer ihm auch beitreten mag, kan» für! k nen vraktischen Wert besitzen (11. wenn er unS nicht
Falle eines Angriffs eine rasche und wirksame militärische Hilfe in Aussicht stellt, wenn man uns heute als Unterpfand nur Verträge anbietet. Ein sol- ! cher wesenloser Pakt kann nichts besagen. Dieses An- ! gebot macht man uns übrigens nur in allgemeiner ! Weise. Poineare fügt wörtlich hinzu: „Und wenn Sie j von efnem Bündel von Unterschriften beschützt werden, würden Sie dann nicht wagen, in die Räumung ^ des linken Rheinusers vor Ablauf der von dem Vertrag festgesetzten Frist einzuwilligen?" Man will un» also durch die Vorspiegelung einer trügerischen Garantie (!> um die positiven Garantien bringen ('». Man weiß, daß alle Regierungen, die in Frankreich seit 1919 einander gefolgt sind, weil Deutschland kein« Klausel des Vertrags aussührte, erklärt haben, daß die Fristen für die Räumung des Unken Rhein uferS noch nicht zu laufen begonnen haben (!!). Trotzdem versucht man, sie abzukürzen. Wenn man damit einen Erfolg hätte, würden wir gezwungen sein, vor dem vertraglich festgesetzten Zeitpunkt unsere Soldaten aus der Brustwehr zurückzuziehen, wo sie zur Verteidigung des Friedens der Welt auf Wache stehen (!). Ter deutsche Militarismus könnte dann bequem neue Eroberungszüge vorbereiten. Zu diesem Ziele werden wir uns nicht hergeben. Wir bewahren die Sicherungen, die uns der Vertrag gegeben hat. Ta sie nicht von ewiger Tauer sind und außerdem diejenigen, die man uns 1919 versprach, nicht gegeben wurden, werden wir ohne Zweifel mit unseren Verbündeten zu günstiger Zeit für die Zukunft andere ermitteln. Doch begnügen wir uns weder in dieser Frage, noch in derjenigen der Reparationen mit leeren Vortäuschungen.
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Poincares zweite Sonntagsrede.
Paris, 17. Sept.
Poineare hielt bei der Enthüllung eines Denkmals in Tun (Lothringens eine Ansprache. Er wies auf die anaeblichsn Zerstörnnasatte der deutschen Mcmee
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