Einrichtung, um die wir von größeren Gemeinden mit Recht, beneidet werden, z. B. den Diakonissen-Verein und das Ge-! meindeblatt. Mit dem Ergebnis der in früheren Jahren öfters, veranstalteten Gemeindeabenden war er in der Lage, bedürf­tigen Armen helfend beizusteuern. Um die Wiederbelebung des hiesigen Kirchen- (gemischten) Chors, der auch gestern den Ab­schiedsgottesdienst verschönte, hat er sich mit Erfolg bemüht. Für die Filialgemeinde Ottenbronn regte er einen Fonds an zur Erbauung eine Betsaals, der immerhin schon eine beach­tenswerte Höhe erreicht hat. Für Hirsaus große Vergangen­heit u. dessen landschaftliche Reize hat Pfarrer Weiß stets ein offenes Auge gehabt und öfters Veranlassung genommen, in Wort und Schrift für Erhaltung und Schonung der vorhan­denen hiesigen Bau- und Naturdenkmale einzutreten. Von blei­bendem Wert ist auch die von ihm mit großer Liebe und Hin­gabe bearbeitete Beschreibung der hiesigen Pfarrstelle von der Reformation ab bis auf die jüngste Zeit. Man kann es des­halb verstehen und wir freuen uns aufrichtig darüber, daß der Scheidende seinen Ruhestand in der ihm lieb gewordenen Ge­meinde verbringen wird. Wir wünschen ihm von ganzem Her­zen, daß er sich dessen noch recht lange im Kreise seiner Familie erfreuen möge.

Bad Liebenzell, 26. Okt. Ter Bezirksobstbauverein hielt heute unter dem Vorsitz von Präzepter Bäuchle in Calw eine Versammlung in der Sonne ab, wobei der staatliche Sach­verständige für den Obstbau, Inspektor Winkelmann in Ulm, einen Vortrag über das Pflanzen der Obstbäume hielt u. in einer praktischen Demonstration das Setzen einer Pyramide vorführte. In durchaus klarer und interessanter Weise besprach der Redner die Vorbereitungen zum Pflanzen eines Obst­baumes bezüglich des Baumloches, der Zubereitung der Erde mit Torfmull, Kalk, Kainit und Thomasmehl und erläuterte sodann den Schnitt der Wurzel und der Zweige und die Ge­winnung der Etagenbildung. Hinsichtlich des sehr wichtigen ersten Schnittes der neu gepflanzten Obstbäume trat der Sach­verständige für den sofortigen Schnitt bei der Pflanzung ein und hob die Vorteile dieser Methode mit einleuchtenden Bei­spielen trefflich hervor. Nach der Pflanzung eines Baumes im Postgarten wurde noch ein angrenzendes Baumgut began­gen und hiebei auf manche Mängel hingewiesen. Bei der an die praktische Demonstration sich anschließenden Debatte wurden verschiedene wichtige Fragen des Obstbaus besprochen und Er­fahrungen über Sorten und Schnitt der Bäume ausgetauscht. Die Versammlung, die ungemein anregend wirkte, war von hier selbst leider nur schwach besucht.

Württemberg.

Stuttgart-Amt.

Die letzte der noch ausstehenden Landtagsersatzwahlen ist am Samstag in Stuttgart-Amt vorgenommen worden. Sie er­gab den Sieg des sozialdemokratischen Kandidaten Redakteur Pflüger in Stuttgart. Von den 12458 Wahlberechtigten haben 9844, also 79 Proz. gegen 75,2 Proz. im Jahre 1912 und 74,5 Proz. im Jahre 1906 abgestimmt. Redakteur Pflü­ger erhielt 5646, sein nationalliberaler Gegenkandidat, Stadt­pfarrer Lamparter, 4162 Stimmen. Ungiltig waren 24, zer­splittert 12 Stimmen. Gegenüber den früheren Wahlen ergibt sich, zum Teil dank der stärkeren Wahlbeteiligung, eine starke Zunahme der Stimmen des bürgerlichen Kandidaten (1702) der die Unterstützung der Volkspartei und der Konservativen, sowie des Bundes der Landwirte gefunden hatte. Die sozialdemokratischen Stimmen haben gegenüber der letzten Wahl um 1068 abgenommen. Damals hatte der frühere Ab­geordnete Hildenbrand 6715, der Kandidat der Nationallibe­ralen 2460, die Kons. Partei 169 Stimmen erhalten. Im Jahre 1906 betrugen die Ziffern: Soz. 5212, Nat. 2196, Volkspartei 736 und Kons. 121. Diie Stärke der Fraktionen

in der Zweiten Kammer ist nunmehr endgiltig folgende: Zen­trum 25, Bund und Konservative 20, somit die Rechte zusam­men 45, Volkspartei 19, Soz. 17, Nationalliberale 11, dem­nach die Linke zusammen 47.

Württb. Städtetag.

Am Freitag fand auf dem Rathaus in Gmünd ein württ. Städtctag statt, bei welchem, von zwei Entschuldigungen ^ Heilbronn und Tübingen) abgesehen, sämtliche Städte ver­treten waren. Ein breiter Gegenstand der Verhandlungen war die Frage der weiteren Erhebung der Wertzuwachs- st c u e r. O. B. M. I ä ck l e - Heidenheim hielt einen Vor­trag über die Frage. Im Anschluß daran wurde die ganze Frage eingehend erörtert und schließlich der Beschluß gefaßt: Der Siüdtetag spricht sich für die Beibehaltung der Wert­zuwachssteuer ans. In Anlehnung an das Gemeindesteuer­gesetz soll die Norm über die Erhöhung und Höhe der Wert­zuwachssteuer gesetzlich festgelegt werden. In dem Beschluß wird noch weiter betont, daß das Erträgnis dieser Steuer grundsätzlich den Gemeinden zufallen soll. Für das Er- hebungZverfahren könne sich der Staat einen mäßigen An­teil au der Steuer sichern. Zur Besprechung gelangte sodann noch die Frage einer Satzung für den Städtetag, eine Frage, die diesen Städtetag schon wiederholt beschäftigt hat. Verschie­dene der Beratungsgegenstände mußten für eine spätere Sitzung zurückgestellt werden. Den Verhandlungen schloß sich ein gemeinsames Mittagessen im Hotel Rad und eine Besich­tigung des Gcwerbemuseums und der Altertumssammlung un­ter Führung von Gewerbelehrer Stadelmaier an.

Tie Trauerfeier.

Friedrichshofen, 25. Okt. Der Luftschiffbau Zeppelin be­ging heute vormittag in der katholischen Pfarrkirche die Traucrfeier für die bei der Katastrophe des Marineluftschiffes L 2" ums Leben Gekommenen. In der Versammlung be­fanden sich die Beamten und Arbeiter des Luftschiffbaus Zep­pelin und des Motorenbaus, die Offiziere und Mannschaften der hiesigen Luftschiffer-Kompagnie und die bürgerlichen Kol­legien. Kurz vor Beginn der Trauerfeier betrat der König die Kirche und stellte sich an die Seite des Grafen Zeppelin. Die Kapelle des Infanterie-Regiments in Weingarten leitete die Trauerfeier mit einem Chor ein. Dann hielt Stadtpfarrer Butscher die Trauerrede. Später fand ein ähnlicher Trauerakt in der evangelischen Schloßkirche vor derselben Versammlung statt. Stadtpfarrer Schmidt hielt die Trauerrede. Nach Schluß der Feier richtete Graf Zeppelin an seine Beamten und Ar­beiter eine kurze Ansprache, in der er in rühmenden Worten der Toten gedachte, die ihr Leben ließen bei der Erfüllung ihrer Berufspflicht.

Horb, 25. Okt. In Obertalheim ist ein Kind in einen Kübel heißen Wassers gefallen. Es wurde so schwer ver­brüht, daß es unter gräßlichen Schmerzen verstarb.

Oberndorf, 25. Oktober. Die hiesige Stadtschultheißen­stelle wird in den nächsten Tagen zur Bewerbung ausgeschrie­ben. Als Gehalt wurde heute von den bürg. Kollegien der Betrag von 4600 Mark steigend in zweijährigen Abständen um je 200 Mark bis zu 5600 Mark bestimmt. Sämtliche Gebüh­ren fallen in die Stadtkaffe. Die Stadt stellt außerdem dem neuen Stadtschultheißen einen Gehilfen, für den 1200 Mark ausgeworfen worden sind.

Tübingen, 26. Okt. Heute vormittag um 10^ Uhr lan­dete hier der Pilot Ingenieur Wolf in Begleitung eines Flugschülers mit dem DoppeldeckerPfalz I" der Otto-Werke in München. Der Flieger war gegen 9 Uhr in München auf­gestiegen, hatte also die etwa 190 Kilometer betragende Luft­strecke in ca. 1 ^ Stunden bewältigt. Sein Ziel war Speyer a. Rh. Er kam über Augsburg und Ulm und hatte die Alb überflogen. Tann aber war er infolge dichten Nebels und

eines Kompaßschadens vom Wege abgekommen, sodaß er eine Notlandung vornehmen mußte. Um 3 Uhr verließ der Flie­ger in Gegenwart von etwa 4000 Menschen wieder die Neckar­stadt, nachdem er das Interesse der Bevölkerung durch einen prachtvollen Rundflug um die Stadtgrenze belohnt hatte.

Stuttgart, 25. Oft. Professor Carlos Grethe von der Stuttgarter Kunstakademie ist in dem belgischen Badeort Nieu- port an einer Blinddarmentzündung im Alter von 49 Jahren rasch gestorben. Er stammt aus Montevideo und hatte seine Jugend in Hamburg zugebracht. Seit 1899 wirkte er als Leh­rer der Malkunst in Stuttgart.

Untertürkheim, 25. Okt. Mit eingedrücktem Brustkorb ist auf dem hiesigen Güterbahnhof der 30 Jahre alte Ankuppler Christian Junginger von Wangen tot neben dem Gleis auf­gefunden worden. Er ist beim Ankuppeln zwischen die Puffer geraten. Junginger hinterläßt eine Witwe und ein Kind.

Westerstetten O. A. Ulm, 25. Okt. Bei Raufhändeln zwi­schen Italienern biß einer der heißblütigen Söhne des Sü­dens dem anderen die Nasenspitze radikal weg. Der Gebissene rächte sich durch einen Biß in den Arm des Gegners.

A«r rv-lt und Zeit.

Kaiser Wilhelm in Wien.

Wien, 26. Okt. Kaiser Wilhelm ist heute vormittag 11 Uhr auf dem Bahnhof Penzing eingetroffen und von Kaiser ^ranz Josef empfangen und herzlich begrüßt worden. Trotz des schlechten Wetters hatten sich viele Tausende eingefunden. Ter Kaiser war trotz des nebligen und sehr feuchten Wetters persönlich erschienen, um seinen Freund am Bahnhof zu be­grüßen. Im offenen Wagen fuhren die Majestäten unter dem stürmischen Jubel der Bevölkerung nach Schönbrunn, wo Kai­ser Wilhelm von den Erzherzoginnen begrüßt wurde. Sodann geleitete Kaiser Franz Josef seinen Gast in die für ihn be­stimmten Gemächer.

Der preußische Antrag beim Bundesrat betreffend die braunschweigische Frage fordert keine Aufhebung der Bundesratsbeschlüffe von 1885 und 1907, sondern spricht nur aus, daß die Tatsache, die damals der Thronbesteigung entgegenstand, jetzt nicht mehr vorliege, und verlangt darüber eine entsprechende Beschlußfassung des Bundesrats. Als wich­tigste Tatsache wird verzeichnet, daß die vom Herzog von Cumberland im Jahre 1907 beabsichtigte Gründung einer neuen Linie, auf die er seinen Anspruch auf Hannover über­tragen wollte, unterblieben ist. Durch den Tod des ältesten Sohnes sei dann diese Absicht ganz vereitelt worden. Im Bundesrat meint man, daß Fürst Bismarck, um den Streit zu beendigen, denselben Weg gegangen sein würde, den jetzt mit der preußischen Regierung der Bundesrat zu gehen ent­schlossen ist.

Fliegerkunstftücke.

Johannistal, 26. Oft. Der französische Flieger Pegoud wiederholte heute vor einem nach Tausenden zählenden Publi­kum seine Flüge. Während seines ersten Fluges überschlug er sich 8 Mal in der Luft und vollführte, wie gestern, seine wag­halsigen Kurvenflüge. Bei dem zweiten Aufstieg machte er dieselben Flüge und überschlug sich 10 Mal nach hinten. Das Publikum jubelte dem kühnen Flieger fortwährend zu und spendete ihm am Schluffe seiner Vorführungen lauten Beifall. Das Wetter war hetue nicht besonders günstig. Es herrschte etwas Wind und während des zweiten Fluges setzte auch et­was Regen ein.

Hotelbrände.

Innsbruck, 26. Oft. In der vorvergangenen Nacht ist das Grand Hotel Scholastika am Achensee, Besitzer Thomas Kreyer, vollständig niedergebrannt. Das Hotel war bereits ge­schlossen, nur der Bmder des Besitzers und einige Dienstboten waren noch im Hotel anwesend. Das Feuer entstand auf dem

Das Zlngtückshaus.

24.) Roman von Georg Türk.

Wie aber-wenn Elisabeth doch warten

würde auf ihn . . .

Ich kann es nicht mehr ertragen!" murmelte er.Ich mutz ein Ende machen!"

Er sprang aus dem Bett und kleidete sich not­dürftig an.

Mit Hast suchte er Briefpapier hervor. Dabei stietz er unabsichtlich an Elisabeths Bild.

Es fiel um. Er lietz es liegen.

Die Feder eilte über den Bogen.

Er schrieb beim flackernden Schein der Kerze einen Absagebrief an Elisabeth; sie sollte sich trösten sie sollte nicht mehr auf ihn warten.

Er faltete den Brief mit zitternder Hand, steckte ihn ins Kouvert und adressierte ihn.

Es ist getan!" murmelte er und legte sich wie­der zur Ruhe.

Nach einer Weile fiel er in einen bleiernen Schlaf.

Anna war, ein Licht in der Hand, die Treppe hinangestiegen und hatte ihre Stube betreten. Sie fand Maria knieend vor dem Bett, den Kopf in die Kissen gedrückt.

Maria!" rief sie erschrocken.

Maria fuhr empor und starrte die Schwester an.

Was hast du?" fragte Anna ängstlich,du bist so blatz!"

O Anna!" schluchzte Maria auf, lehnte sich an die Schwester und weinte.

Dann aber hob sie mit einer entschiedenen Be­wegung den Kopf und fuhr sich über die Augen.

Du darfst mich jetzt nicht fragen, Anna! Ich weitz, datz ich dir alles sagen kann. Aber jetzt frage mich nicht . . . Erzähle mir von deinem Ausflug."

Von meinem Ausflug werd' ich dir jetzt nichts erzählen. Komm, wir gehen ins Bett. Ich werde dich nicht fragen, warum du geweint hast. Ich werde warten, bis du mir es selber sagst!"

Während sie so redete, knöpfte sie sorgsam der Schwester die Bluse auf und half ihr beim Aus­kleiden.

Als sie fertig war, trat Maria ans Fenster und sah hinaus. Das war so ihre Gewohnheit.

Anna schalt:Es ist kühl heute! Du wirst dich noch erkälten! Geh ins Bett!"

Maria gehorchte, legte sich nieder und es dauerte nicht lange, so merkte sie an den langen, regelmäßi­gen Atemzügen, datz ihre Schwester eingeschlafen war. Sie aber lag still, mit offenen, brennenden Augen. Zum ersten Mal im Leben war sie gekützt worden!

Und als sie daran dachte, lief es ihr wie ein wonniger Schauer durch die Glieder.

Wer zu gleicher Zeit fühlte sie einen heftigen Schmerz. Was hatte sie getan!

Sie hatte den Kutz erwidert!

Auf einmal waren ihre Gedanken wieder ganz klar und nüchtern.

Sie dachte daran, wie sie ihm das Bild vor die Augen gehalten hatte, wie er zusammengezuckt war. Da hatte sie es gemerkt: die hat er lieb! Die ist vielleicht-seine Braut.

Ein bitteres Gefühl gegen Hans Ringer stieg in ihr aus.

Wenn er die andere lieb hat, wie konnte er sie dann küssen? Wie konnte sie ihn nur wieder küssen?

Wer es war plötzlich ein heitzes Verlangen in ihr aufgestiegen! . . . Doch das war jetzt vor­über . . . ganz und gar vorüber! Sie fühlte, wie das brennende Rot der Scham über ihr Gesicht flog.

Nein, nein, ich könnte ihn nicht lieb haben? Er ist zu wild... er würde ganz und gar nicht zu mir passen! Sein Freund, der Pfarrer Mein­hart, der mutz doch ganz anders sein! Wenn ich in der Kirche bin und ihm zuhöre, ist mir immer, als wenn ein tiefer Friede über mich käme. Warum er wohl nie in unser Haus kommt, seinen Freund zu besuchen? Hat er Angst vor demUnglückshaus"? Mit Hans Ringer mutz ich reden, gleich morgen. Was geschehen ist, darf nicht wieder geschehen! Ganz offen will ich mit ihm reden."

Ihre Augen und ihre Stirne brannten.

Sie lauschte auf die gleichmäßigen Atemzüge vom anderen Bett her.

Sie schläft und wird mich nicht schelten!" sagte Maria leise für sich, schlüpfte aus dem Bett und huschte mit nackten Füßen zum Fenster.

Die kühle Wendluft umschmeichelte ihr Kopf und Brust und Arme.

Das hat wohlgetan!" flüsterte sie und kroch wieder in die Kiffen. . .

Und mit gefalteten Händen schlief sie ein . . .