YG'

(SLDLÜNÜLl: 1677

Uus den Tannen

DlMWu»

NMtLhlaLL für ösm Bszirk NagslS und für Altenstsig-StadL. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Ragsld, Calw und Freudenstadl.

I« Monet Auzuß 50000 Rk, Racherhebliag Vorbehalten. Ltn einzelnes «xvnplar 4000 ZEk. Mi Richterschrtnen der Aeitmr« iofol«« höherer »e»M »oer «etrtebSftöruag besticht kein Nnsprach auf Li-ieruug.

R»»risr»»reir, Di« einspaltige Zeile oder deren Stau« 10000 Mk-, die Xeklamezetle 35090 Mk. Mkrdcstbetra eine» Auftrag« 40 000 Mk. Bei Wiederholung Rabatt. Bei Zahlungsverzug ist der Rabatt hinfällig

Rr. 187 .

WWU««»»U»»>»UI

Zum Rücktritt des Kabinetts Cuno.

Ter im Jahre 1875 geborene frühere Generaldirek­tor der Hamburg-Amerika-Linie Wilhelm Cuno ist ein typisches Beispiel für die Möglichkeiten der nach- novemberlichen Zeitperiode. Wäre vordem ein höherer Reichs- oder Staatsbeamter zur Privatwirtschaft über­getreten. dann hätte er sich eine Rückkehr in den Be­reich der Bürokratie selbst verbaut. Unter dem republi­kanischen Regime aber konnte es geschehen, daß Tr. Cuno, nachdem er im Jahre 1917 aus seiner Tätigkeit im Reichsschatzamt als Hauptreferent für kriegs­wirtschaftliche Fragen durch Generaldirektor BalUn für eine Wirksamkeit bei der großen Hamburger See­rhederei gewonnen worden war, im März 1920 der Posten des Reichssinanzministers an Erzbergers Stelle angeboten wurde. Ter Widerstand der Sozialdemo­kratie brachte die Verhandlungen damals zum Schei­tern, obwohl Tr. Cuno, der zu dieser Zeit der Orts­gruppe Hamburg der Deutschen Volkspartei angehörte, aus dieser ausgeschieden war, zum Zeichen seiner Miß­billigung des damals erfolgten Kapp-Putsches. Nach nicht langer Zeit erinnerte man sich aber wieder der Persönlichkeit Cunos, im November 1922, als Tr. Wirth nach einem Ersuchen um Gewährung eines Mo­ratoriums für die Reparationslieferungen das Kanzler­amt niederlegte. Tr. Cuno nahm den an ihn ergehen­den Ruf des Reichspräsidenten zur Nachfolge Wirths an. In schwerer Zeit, denn bald sollte sich Heraus­stellen, daß ein letzter Versuch, französische Drang­salierungen abznwenden und gleichzeitig durch einen gesetzlich verbürgten Verzicht auf Anwendung kriegeri- sther Mittel für ein Menschenalter den Franzosen ihre Heidenangst vor deutschen Revancheangriffen zu be­nehmen, daß auch dieser Versuch mit schneidendem Hohn abgewiesen wurde. Frankreich brach in den er­sten Januartagen von 1923 die Konferenz von Paris schroff ab, stieß dadurch bedenkenlos England vor den Kopf und am 11. Januar ließ Poincare seine Sol­daten ins Ruhrgebiet einmarschieren. In würdiger Form erhob Reichskanzler Cuno Einspruch gegen die­sen Gewaltstreich, indem er zugleich seststellte, daß nunmehr Deutschlands an sich unveränderte Verhand­lungsbereitschaft erst wieder praktisch werden könne, nachdem der letzte französische Soldat aus dem Ruhr­gebiet verschwunden sei. Den von den Franzosen so lästig empfundenenpassiven Widerstand" der Beam­ten und Arbeiterschaft dieses Gebietes hat Tr. Cuno nicht in vollem Umfang angeordnet, er ist aus jenen gequälten Bevölkerungskreisen selbst herausgewachsen. Ihn zu dämpfen oder gar abzublasen, hatte die Re­gierung natürlich nicht die geringste Veranlassung. Am 2. Mai 1923 unterbreitete Reichskanzler Cuno auf kaum verschleierte Anregung des englischen Außen­ministers Lord Curzon hin ein neues Angebot, das durch einMemorandum" vom 7. Juni ergänzt wurde und jedenfalls in England beifällige Aufnahme fand. Tr. Cuno ließ es im übrigen an nichts fehlen, sein Teil zur Stählung der zähen Abwehr gegen brutalste Gewalt beizutragen. In zahlreichen Reden, einmal sogar unter Gefahr, im besetzten Gebiet festgenommen zu werden, hat er den Willen des Volkes zum Turch- halten in dem so völlig ungleichen Kampfe befeuert. Ter Reichstag in seiner weit überwiegenden Mehrheil Leiste sich obne Zaudern an dieses Kanzlers Seite

Reichskanzler Dr. Stresemann.

Erklärungen Stresemanns.

Berlin, 13. Aug. Ter neue Reichskanzler Dr. Strese- lnann hat sich zu einem Vertreter derBerliner Mon- tagspost" über die gestrigen Beratungen geäußert. Er W dabei die Hoffnung ausgesprochen, daß es mög- N sein werde, daß das neue Kabinett sich schon am ^owag abend dem Reichstag vorstellt.In diesem «all würde die Abgabe der Regierungserklärung ver­bunden werden mit der ohnehin auf der Tagesordnung Wenden Erörterung der Goldanleihe, damit keine seit verloren wird. Vielleicht wird das neue Ka- mnett bei der Vorstellung noch einige Lücken auf- -?^en, aber es wird handlungsfähig sein. Tie ge- W.rmte Lage erfordert vor allem eine rasche Kabinetts- -/ Oung. Ich nenne die Lage gespannt, ohne daß ich "E sagen will, ungünstig. Außenpolitisch erfordert

allein der letzte englische Schritt in Paris be- i ndere Aufmerksamkeit. Jnnerpolitisch erfordern die ommumstischen Bemühungen, in Mitteldeutschland den ^^/streik durchzusetzen, Gegenmaßnahmen."

- ^mann erklärte weiter, daß der Reichspräsi- Laufe des Nachmittags die Führer der Sozial- der Demokraten, des Zentrums und der n Volkspartei empfangen habe, die, wie ihm .dnrd, übereinstimmend Tr. Stresemann zum «zier vorschlugen, lieber die Zusammensetzung d--s

Altenjlterg, Dienstag den 14 . Angnß.

Jahrgang 1 SL 8

neuen Kavrnerrs liegen zurzeit nur Vermutungen vor. Feststehen sollen nur zwei Namen, nämlich Strese­mann, der den Kanzlerposten und auf seinen Wunsch auch das Außenministerium übernehmen wird, und Tr. Hilferding, der Finanzminister werden soll. Die Sozialdemokraten haben für den Posten des Justiz­ministers wieder Tr. Radbruch vorgeschlagen, der be­reits unter Wirth Justizminister gewesen war. Ferner schlägt die Partei Stollmann oder Tr. Jäkel als Arbeitsminister vor, da Brauns wegen seines Gesund­heitszustandes nicht bleiben will. Für diesen Posten käme aber auch unter Umständen Robert Schmidt in Frage. Von dem bisherigen Kabinett wird vor­aussichtlich der Reichswehrminister Tr. Geßler(Tem ) bleiben, vielleicht auch der Eisenbahnminister Grüner, während der Reichspostminister wahrscheinlich durch eine andere Persönlichkeit ersetzt werden soll.

Tr. Stresemann hat in der erwähnten Unterredung auch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Bildung des Kabinetts nach der Verfassung Sache des Reichs­präsidenten ist und daß die Parteien die Minister nicht zu stellen, sondern allenfalls in Vorschlag zu bringen habe».

Streseman«, B«,rSß«»g in Pari,.

Pari,, 13. August. Zur Demission de« Reich,k»»»lerS Cuno schreibt der »Mali«': »Nie ist ein Minister«

Präsident jämmerlicher gewesen und nie hat ein Deut­scher sein Land in einem traurigeren Zustand zurück- gelassen, als Cuno. Ihm folgt Stresemann, der von den Sozialdemokraten unterstützt zu sein scheint. Wir wissen nichts über Stresemann, außer daß er über­zeugt ist, daß Deutschland von England nichts zu erwarten habe und daß er sein Heil eher auf seiten Frankreichs finden werde. Wenn dies wahr ist, so beweist das, daß Stresemann wenigstens gesunden Men­schenverstand besitzt. Wenn er dazu noch über Loyali­tät verfügt, wird es ihm vielleicht gelingen, Deutsch­land an dem Rande des Abgrundes aufzuhalten."

Ter Berliner Berichterstatter desEcho de Paris" erklärt, in der Lage zu sein, mitzuteilen, daß die erste Geste Stresemanns wahrscheinlich die Entsen­dung neuer Botschafter nach Paris und Brüssel sein werde. Als Kandidat für den Pariser Posten käme der frühere Reichskanzler Wirth oder der frühere Minister v. Raumer in Frage.

Das ne«» Xeichikablnett.

WTB. «er«», 13. August. (Amtlich.) Der Reich,- Präsident Hst deu Reich,tag,abgrordueten Dr. Ttresemau» ,»« Reichskanzler eruuuut uud auf seineu Vorschlag die Reich,Ministerien wie s,l,t besetzt:

Relchkmiuister für Wiederaufbau und Stellvertreter des

Reichskanzler» r Reichsminister a.D. Robert Schmidt;

RetchSarbeit,minister: Reich,minister Dr. Braun»;

Reich,minister de, Jauern: Re chttagSabz. Sollmaun;

Reich,ver!ehr,minister: Reichsminister Oese«;

Reichtfiaanzminister: Dr. Hilferding;

Reich,wehrminister: Reichrminißer Dr. Geßle« ;

Reichtjustizminisier: Reich,minister a. D. Radbruch;

RelchSeruShrnngSministerr Reichsminister Dr. Luth,,.

DaS ne» z« schaffende Amt eines ReichsmiaisterS füe die besetztes Gebiete wird dem Oberprästdentea Auch, übertragen.

Mit der Wahrnehmung der Geschäfte d»S Reich,« minister» de» Auswärtigen ist bi, anf weitere, der Reichs kanzle« biauftragt.

Für dar ReichSwirtschaftSmiuisterinm ist der Reichs- Minister a. D. v. Raumer in AnSstcht genommen.

Da» Reich,postministerium ist noch unbesetzt.

Da, neue Reich,labiuett, dem vier Sozialdemokraten, drei Mitglieder de» Deutschen Bolltpartek, drei Angehörige de, Zentrum, und zwei Demokraten augehören, wird, den Blättern zufolge, heute Vormittag um 10 Uh« zu seine» ersten Sitzung zusammeutreten, in welcher die Regierung,« «rklärung festgelegt werde« soll.

Dem »Vorwärts' zufolge besteht der Plan, den prerß Ministerpräsidenten Braun (Soz) zum RetchSminißer oh»e Portefenille z» ernennen.

Bo« R»ich,ta».

WTB. Berit», 14. August. Die morgige Reichstag,, fitzuug ist anf 1 Uhr mittags einberufe» worden.

Sozialpolitische Monatsschau.

Die katastrophale Entwertung der Mark> die hier­durch heraufbeschworenen Wahnsinnssprüche der inlän­dischen Teuerung sind naturgemäß auch für die Sozial­politik nicht ohne starke Rückwirkung geblieben. Wurde schon vordem allenthalben die Frage deswert­beständigen Lohnes" erörtert, so brachte die Ver­schärfung der wirtschaftlichen Lage in diese Diskussion über die einzuschlagende Lohnpolitik eine gewisse Er­regtheit hinein, die sich in zahlreichen Einzelstreiks aus­drückte.

Im Reichsfinanzministerium stellte man sich auf den Standpunkt, den Wünschen der Gewerkschaften in Bezug auf die Lohn- und Gehaltspolitik für die Staatsbedien- steteu' Nachkommen zu können. Es wurden z. B. für die Staatsarbeiter Vereinbarungen getroffen, daß auf Grund des unter Mitwirkung der Gewerkschaften all­wöchentlich errechnten Reichsteuerungsindex jede Woche der Zuschlag für die Staatsarbeiterlöhne festgelegt wer­den soll. Gemäß diesen Vereinbarungen sollen auch die Gehälter für die Staatsbeamten und Staatsangestellten ihre Regelung erfahren, nur daß hier an Stelle der wöchentlichen die vierzehntägige Neufestsetzung des Teu­rungszuschlages getreten ist.

Aehnlich diesem Vorgehen des Reichsfinanzministe­riums hat der Reichsarbeitsminister Dr. Brauns in seinen Richtlinien der Privatindustrie die Regelung der Lohnfrage empfohlen. Jedoch erkennt der Reichsarbeits­minister in seinen Richtlinien an, daß durch eine solche Lohn- und Gehaltspolitik die inländische Teuerungskurve die Preiskurve des Weltmarktes zu überschreiten ge­neigt ist. Für diesen Fall empfiehlt der Reichsarbeits- minister neue Lohnverhandlungen, das heißt in lesbares Deutsch übersetzt: Lohnherabsetzung!

Es bedarf wohl keiner langen Argumentationen, daß es nicht gebilligt werden kann, wenn eine Lohn- und Gehaltspolitik eingeschlagen wird, an deren Ende selbst nach dem Eingeständnis der Befürworter einer solchen Politik entweder gigantische Arbeitslosigkeit oder Lohn­herabsetzung stehen. Wir müssen auf die Einrichtung wert­beständiger Werksparkassen Hinweisen, ein Vorschlag, der bereits z. B. im Kreise Mettmann Verwirklichung ge­funden hat und mit dessen allgemeiner Durchführung eine Umstellung unserer heutigen Lohnpolitik auf den Grund­satz des Leistungslohnes Hand in Hand gehen muß. Nur so gelangen wir durch eine Steigerung der wirtschaft­lichen Produktivität zu wertbeständigen, ja zu steigenden Löhnen!

Im verflossenen Berichtsmonat hat dieVereini­gung der deutschen Arbeitgeberverbände" ihren Geschäftsbericht für das Jahr 1922 der Oeffentlich- keit übergeben. Bei der Unmöglichkeit, den Geschäfts­bericht hier einer eingehenden Besprechung zu unterziehen, sei nur hervorgehoben, daß sich nach ihm in Arbeitgeber­kreisen die Ansicht mehrt, unserer Sozialpolitik ein großes Ziel geben und sie von der augenblicklichen auf die Mentalität des Klassenkampfgedankens eingestelltenGe- legenheitsgesetzesmacherei" befreien zu müssen.

Von den gesetzgeberischen sozialpolitischen Maßnahmen sei hervorgchoben, daß der Reichsfinanzminister durch einen Erlaß den erwerbstätigen Kriegsbeschädigten eine Erhöhung des gesetzlichen Werbungskostensatzes in der Prozenthöhe der Erwerbsbeschränktheit zugebilligt hat.

*

Der Steuerausschuß des Reichstags hat das von der Regierung eingebrachte Steuerzinsgesetz unverändert an­genommen; die Vorauszahlungen für die nicht dem Steu­erabzug unterliegenden Einkommensteuerbeträge wurden dann auf das Vierhundertfache, für die Körperschasts- steuer auf das Sechshundertfache erhöht, während der Reichsrat bedeutend niedrigere Sätze beantragt hatte. Ueber die Abgabe zur Ruhrbesetzung wurde beschlossen, von fest verzinslichen Papiereinkommen und Arbeits­einkommen freier Berufe, sobald das steuerbare Einkom­men im Kalenderjahr 1922 eine Million überstiegen hat, am 25. Äug. 1923 das Hundertfache der Vorauszahlun­gen auf die Einkommensteuer für das dritte Kalender­vierteljahr 1923 zu erheben, am 5. Oktober und am 5. Januar das Zweihundertfache. Ueber die Abgabe der Arbeitgeber in Industrie, Handel, Gewerbe und Land­wirtschaft ist die Beschlußfassung noch ausgesetzt worden, wobei auch die geplante landwirtschaftliche Flächensteuer

L>-