ersten 2. Preis abschloß und vor dem, sowie vor dem Kacls- vorstadt-Heslacher Liederkranz, der einen dritten 1. Preis da­vontrug, den hiesigen Liederkränzlern vor und nach dem Preissingen ordentlich gruselig gemacht wurde. Seiner Ein­schätzung zu einem 1. Preis, urteilt das Preisgericht, seien mehrere Schönheitsfehler im Wege gestanden. Zum Schluß die Kritik über den Liederkranz Herrenberg, der imEinfachen Volksgesang" aufgetreten war und keinen Preis heimbringen konnte:Der Verein wußte aus dem rei­zenden Lied mit seiner sonnigen Frühlingsstimmung zu wenig zu machen. Es gebrach ihm an Gewandtheit und Beweglichkeit

im Vortrag, Tonbildung und harmonischer Reinheit."

Wir sehen aus den angeführten Proben, wie ernst und scharf in Tübingen gewertet wurde; wir sehen auch, wie schön die Leistung des Liederkranzes Calw wohl gewesen sein muß, um vor dieser strengen Kritik als der Beste unter seinen Konkurrenten chestehen zu können.

Zum Scheiden des Herrn Medizinalrats vr. Müller aus seinem Amte als Oberamtsarzt wird uns geschrie­ben: Mit dem 1. Oktober d. I. scheidet aus dem Amte, das er mehrere Jahrzehnte mit treuer Hingebung be­kleidet hat, unser bei Groß und Klein, bei Hoch und Nieder als Arzt, Patriot und Menschenfreund bekann­ter und beliebter Mitbürger, Herr Medizinalrat vr. Eberhard Müller. Ich will ihm keine Abschieds­rede halten, wie sie so viele, die aus dem Amte scheiden, über sich ergehen lassen müssen, als ob sie nun für die Mitwelt tot wären und nichts mehr mitzuraten und mitzutaten hätten, denn er ist, obwohl ein hoher Sech­ziger, noch rüstig und gesund und wird noch manchem Kranken mit seiner ärztlichen Kunst Hilfe und Linde­rung seiner Leiden bringen, noch bei manchem patrioti­schen Feste die Teilnehmer durch seine zündende, von Witz und Begeisterung sprühende Rede Hinreitzen, aber er wird nun nicht mehr jeden Morgen mit vernehm­barem Schritte dem Krankenhaus zueilen, nicht mehr seine Amtsreisen im Bezirke ausführen, wo er so gern nach vollbachter Arbeit mit den Männern aus dem Volk über die zum Wohl des Eesamtvolks zu befolgende Politik sich unterredete, er wird die Bürde des Amtes als Oberamtsarzt niederlegen, aber als Arzt in ge­wohnter Hilfsbereitschaft weiter wirken. Stets abhold aller überflüssigen Schreiberei sieht er durch die neue Oberamtsärzteordnung Amtsreisen und Schreiberei ver­mehrt, statt vermindert und die Aktenstöße ins Un­gemessene wachsen: mögen also, denkt er, jüngere Schul­tern diese Last auf sich nehmen, die sie noch leichter zu tragen vermögen als ich mit meinen 69 Jahren. Was dem Rücktritt des verehrten Herrn Oberamtsarzts von diesem Amte eine besondere Note verleiht, ist das, datz damit eine Reihenfolge von seltener Art ihren Ab­schluß findet: durch drei Generationen hindurch, nahe an hundert Jahre, haben drei Glieder des Geschlechts Mül­ler mit wenigen kurzen Unterbrechungen die Calwer Oberamtsarztstelle bekleidet, zuerst der Großvater, als Stadt- und Amtsphysikus", dem auch die Aufsicht über das K. Bad Wildbad übertragen war, dann der Vater, dessen noch viele ältere Einwohner sich wohl erinnern werden, und endlich der Sohn, mit dem nun dieser Stamm und damit auch die Reihe der Müller als Ober­amtsärzte erlischt. Mag ihn dieser letztere Gedanke vielleicht mit Wehmut erfüllen, so kann er doch mit ge­rechtem Stolz auf die Reihe seiner Vorfahren, die zu­gleich seine Vorgänger waren, und deren würdiger Nach­folger er gewesen ist, zurückblicken. Wir aber, die wir ihn als Freund, als eifrigen Förderer aller dem Ge­meinwohl, der Ehre und Größe des Vaterlandes dienen­den Bestrebungen, als feurigen Patrioten ehren und lieben, können nur wünschen, daß es ihm noch viele Jahre vergönnt sein möge, in körperlicher und geistiger Frische den edlen Bestrebungen zu leben, denen er alle­

Das Anglückshaus.

g.) Roman Georg Türk.

Zweites Kapitel.

Die Lokomotive trieb dem Assessor den Rauch ins Gesicht, Wind und Regen machten ihm zu schaffen. Fast wäre sein Hut davongeflogen.

Da schallte lautes Lachen an sein Ohr.

Der Sturmwind heult zu deinem Empfang. Gib mir deinen Koffer. Den stellen wir auf den Boden. Ich sehe, er ist wasserdicht. So. Und deinen Ka­sten . . . Gib ihn nur her! Den stelle ich nicht auf den Boden. Und nun deine Hand! Willkommen in Erlenstadt!"

Der so redete, war der Pfarrer Friedrich Mein­hart. Er war um eines Hauptes länger denn alles Volk. Gutmütige Augen blickten hinter den großen Brillengläsern hervor. Sein hellblonder Vollbart flat­terte im Winde. Der Hut saß tief in die Stirne ge­drückt. Einen Schirm hatte er nicht. Seinen letzten hatte er als Student irgendwo stehen gelassen.

Hans Ringer gab ihm die Hand.

Fast hätte ich dich nicht mehr erkannt!" antwortete er.Du hast dir ja einen herrlichen Bart wachsen lasten. Ich meinte immer, du müßtest ein glattrasier­tes Pastorengesicht haben und die Augendeckel fromm auf- und Niederschlagen, und Worte wie Oel müßten von

zeit seine besten Kräfte gewidmet hat und weiterhin widmen will!

Bom Schwab. Albverein. In Verbindung mit sei­nem 25. Jubelfeste, das am Sonntag mit der Ein­weihung des Roßbergturmes bei Eönningen unter un­geheurer Teilnahme gefeiert wurde, ist dem Vorsitzen­den des Vereins, Rechtsanwalt Camerer-Eßlingen, die goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft am Bande des Friedrichsordens, dem Schriftleiter, Professor- gele-Tübingen, das Ritterkreuz erster Klasse des Fried­richsordens und dem Rchner und Schriftführer des Ver­eins, Kanzleirat Ströhmfeld-Suttgart das Ritterkreuz zweiter Klasse desselben Ordens verliehen worden. Der Verein zählt in unsrem Bezirk 37 Mitglieder, 31 in Calw und 6 in Hirsau.

scd. Mutmaßliches Wetter. Für Mittwoch und Donnerstag ist trockenes, mehrfach heiteres Wetter zu erwarten.

G Simmozheim, 29. Eept. Die Ernte ist glücklich unter Dach und Fach gebracht, gleich ausgezeichnet nach Güte und Menge, die Dreschmaschinen tun ihre Arbeit von früh bis spät. Nun geht es an die Kartoffeln, über deren Güte man allerdings vielfach klagen hört. Hof­fentlich hält das prachtvolle Herbstwetter noch einige Zeit an! Heute früh verunglückte ein junger Mann an der Dreschmaschine, der Arm wurde ihm aufgerissen, doch scheint die Cache noch gnädig abgelaufen zu sein. Der Arzt war alsbald zur Stelle.

Wildberg, 30. Sept. Im Schwarzbachtäle bei Noth­felden wurde die seit 1K> Monaten aus dem Haus der Barmherzigkeit abgängige Witwe Brenner als Leiche aufgefunden.

Württemberg.

Die Fortschrittliche Bolkspartei wählt v. Schuster nicht.

Stuttgart, 29. Sept. Eine in Möhringen am Sams­tag abend tagende Vertreterversammlung der Volks­partei des Bezirksvereins beschloß, den von der Natio­nalliberalen Partei aufgestellten Kandidaten, Major a. D. Schuster-Degerloch, nicht zu unterstützen. Die Nationalliberale Partei wurde vielmehr ersucht, einen geeigneten Mann vorzuschlagen, durch den der Bezirk der Sozialdemokratie sicher entrissen werden könne. Weitere Verhandlungen sind zwischen den beiden Par­teien im Gange.

Freudenstadt, 29. Sept. In diesen Tagen wurde im Börgerwald am Schölkopf ein 13jähriges Mädchen, welches Holz sammelte, von einem Handwerksburschen überfallen und vergewaltigt. Als das Kind anfing zu schreien, steckte der Unhold es mit dem Kopf in einen Ameisenhaufen. Glücklicherweise waren Leute durch das Schreien aufmerksam geworden und eilten herbei, so daß der Verbrecher flüchtete. Man konnte seiner noch nicht habhaft werden. Das Kind wies Vlutspuren am Halse auf, auch waren ihm die Ohrringe heraus­gerissen worden.

Schwenningen, 30. Eept. Seit einiger Zeit wurden im badischen Villingen und in der Umgebung zahlreiche Einbrüche ausgeführt. Es ist nunmehr gelungen, sieben Einbrecher, die sämtliche von Schwenningen sind, zu verhaften und an das Amtsgericht einzuliefern.

Stuttgart, 30. Sept. Wie wir hören, hat der König verfügt, daß die Große Kunstausstellung Stuttgart 1913 am Sonntag, 19. Oktober d. I. abends 6 Uhr geschlossen werden soll.

Stuttgart, 30. Sept. Unser Landsmann Hellmuth Hirth nimmt an dem vom 5.8. Oktober zum Austrag kommenden Italienischen Wasserflug mit einem 100 ?8-Mercedes-Motor ausgerüsteten Albatros-Eindecker teil, mit derselben Maschine, mit welcher er den großen Preis beim Bodensee-Wasserflug 1913 gewann. Der

deinen Lippen tropfen; denn du bist ja doch ein Eot- tesmann!"

Ich merke, du bist noch immer der Alte an Aus­sehen und Gebaren! Hast dich wenig verändert! Auch dein Spott ist der gleiche wie früher! Aber komm, wir wollen hier nicht stehen bleiben! Dieser Junge deinen Koffer und deinen Kasten in die Stadt fahren."

Den Kasten trage ich, den Koffer mag er fahren."

Auch gut! So. Und nun vorwärts!"

Zu dem Knaben sagte er:Den Koffer fährst du ins Pfarrhaus!"

Dann schritten sie der Stadt zu und schwiegen eine Weile.

Ob wir zwei uns auch vertragen werden?" be­gann Hans Ringer und sah seinen Begleiter von der Seite an.

Wieso?"

Damals, als wir im Gymnasium nebeneinander auf der Schulbank saßen, kamen wir recht gut mitein­ander aus. Inzwischen aber sind fast zehn Jahre ver­gangen und manches hat sich ereignet."

Ich weiß es aus deinen Briefen. Sie kamen frei­lich immer seltener und wurden immer kürzer."

Das hat seine guten Gründe. Unsere Anschauun­gen werden nicht viel Gemeinsames haben. Du bist Pfarrer"

Und du bist kein Freund der Pfarrer. Das weiß ich. Du hast mich schon damals genug verspottet, als

italienische Wettbewerb, der an den italienischen Seen stattfindet, ist mit Preisen von 50 000 Lire versehen.

Tübingen, 29. Sept. Die Abrechnung über das Schwä­bische Liederfest ergab einen Abmangel von 2600 Ein Paar Hundert Mark gehen jedoch davon ab, da man sie aus dem noch verwendbaren Dekocationsmaterial zu lösen hofft. In den Ausgaben sind auch die Kosten für Herstellung einer bleibenden Wasserleitung eingestellt, so daß das Defizit auf eine kleine Summe zusammenschrumpft.

Bückingen, 29. Sept. Bei der Ziehung der Lotterie zugunsten des Körnerhauses fiel der erste Gewinn von 20 000 -R auf 20 Arbeiter.

Ulm, 29. Sept. Ein Sergeant der 2. Batterie des Feldart. - Reg. 49 hat sich wegen unglücklicher Liebe in der Wohnung seiner Geliebten einen Schuß beigebracht, der am andern Tag seinen Tod herbeisührte. Nach einer anderen Darstellung hat der Sergeant Wutschte seiner Braut den Ge­brauch des Dienstrevolvers erklärt, wobei sich die Waffe ent­lud und die Kugel dem Sergeanten in die rechte Schulter drang. Im Lazarett starb der Verletzte am Samstag abend.

Aulendorf, 30. Sept. Auf dem Friedhof wurde die Leiche des Schmiedmeisters Maier wieder ausgegraben und nochmals untersucht. Maier kam bekanntlich durch einen Autounfall bei Enzisreute ums Leben. Der Ver­teidiger des Chauffeurs hatte geltend gemacht, daß Maier ebenso durch einen Herzschlag ums Leben gekom­men sein könne. Die gerichtliche Untersuchung förderte jedoch keine sicheren Ergebnisse zu Tage.

A»» Wett Zeit.

Vom Bayrischen Landtag. ^

München, 29. Sept. Die Kammer der Abgeord­neten trat heute nachmittag 4 Uhr zu ihrer ersten Sit­zung in der zweiten Session 1913 zusammen. Erschie­nen waren sämtliche Minister. Vizepäsident v. Fuchs, der anstelle des durch den Tod seiner Gemahlin am Er­scheinen verhinderten Präsidenten v. Orterer den Vor­sitz führte, gedachte in einem längeren warmen Nachruf, den das Haus stehend anhörte, des Hinscheidens des Prinzregenten Luitpold, wobei er hervorhob, wie sehr der verstorbene Regent den Reichsgedanken gefördert habe. Weiter gab der Vizepräsident das Gelöbnis der Treue gegenüber dem Prinzregenten Ludwig ab. In dem Budget für 1914 und 1915, das der Finanzminister der Kammer vorlegte, balanzieren die Einnahmen und Ausgaben für beide Jahre im ordentlichen Budget mit 745 333 899, im außerordentlichen mit 39 734 861, zu­sammen 785 068 760 °1l.

23. Bundestag der Bodenreformer.

Straßburg, 27. Sept. In Anwesenheit der Unter­staatssekretäre Mandel und Köhler, die zur Seite A. Damaschkes am Vorstandstisch Platz genommen hatten, wurden heute vormittag 10 Uhr im ziemlich gut be­setzen Aubette-Saal die Verhandlungen des 23. Bundes­tages der deutschen Bodenresormer ausgenommen. Nach begrüßenden Worten A. Damaschkes hieß Unterstaats­sekretär Mandel im Namen und im besonderen Auf­trag des kaiserl. Statthalters die Bodenreformer im schönen Elsaß herzlich willkommen. Der Unterstaats­sekretär wies auf die Bedeutung der jungen wirtschaft­lichen Bewegung hin, und auf die Vorteile, die dar­aus für die Kreise der kleinen Grundbesitzer zu erhoffen seien und betonte besonders, daß der Boden nicht zum Gegenstand der Spekulation gemacht werden dürfe, son­dern daß er für die Allgemeinheit da sei. Bürgermeister Dr. Schwander, der die Versammlung im Namen der Stadt Straßburg willkommen hieß, sprach von den bodenreformerischen Maßnahmen der Stadt Straßburg, die beizeiten einen namhaften Teil hochwertigen Bo­dens erworben habe. In weiteren Begrüßungsworten

ich mir diesen Beruf erwählte. Du hast schon damals gerne die Kirche geschwänzt."

Tue ich auch heute noch! Ich wüßte nicht, was mir so ein Pastor bieten sollte!"

Der Pastor zog die Stirne hoch.

Wir wollen über diese Dinge ein andermal reden! Sieh dir lieber die Stadt an! Sie ist auch im Regen schön. Ich bin zwar selber erst ein paar Wochen hier, aber das habe ich schon in den ersten Tagen heraus­gefunden, daß hier gut Hausen sei. Schau, wie sie da­liegt hinter der alten Mauer. Diese Türme und Tore, diese hohen Giebelhäuser! Und dieses gewaltige Kir­chendach!"

Die Stadt ist schön!" sagte Hans Ringer und blieb eine Weile stehen.

Der Pfarrer fuhr fort:Zum Archivar der Stadt bin ich bereits erwählt. Da liegen mächtige Folianten, Chroniken und dergleichen aus Erlenstadts vergangenen Tagen. Da will ich gründlich drin herumwühlen!"

Natürlich!" In meiner Vaterstadt, da war ein Pfarrer, der zog Kakteen. Einen anderen weiß ich, der hatte eine Pfeifensammlung, ein dritter trieb Ara­bisch! Und du du bist auf alte Chroniken versessen! Den Pfarrer möcht ich finden, der kein Steckenpferd hat!"

Und du bist Bezirksamtsastestor und spielst da­neben die Geige!" gab Friedrich Meinhart trocken zur Antwort.

(Fortsetzung folgt.)