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MjteuA»i-. Diesstag tzs« 3?. Januar

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Tagung der deutschen Land­wirtschaft.

Dresden, 3V. Jam.

Die vom Reichsausschuß der Deutschen Landwirtschaft für Freitag nach Dresden einberufene Tagung der Deut­schen Landwirtschaft gestaltete sich zu einer außerordentlich ^eindrucksvollen und würdigen Kundgebung aller schassen­den Stände in unserem Vaterland für das große Hilfs­werk der deutschen Landwirtschaft. Den Riesenbau des Zirkus Sarrasani füllten über 6000 Teilnehmer, an die der Präsident des Reichsausschusses und des Sächsischen Landeskulturrates Dr. Mehnert herzliche Worte der Begrüßung richtete. Er stellte zunächst fest, daß dem Keichsausschuß 18 die größten landwirtschaftlichen Orga­nisationen mit Millionen von Mitgliedern angehören, und daß deshalb die heutige Tagung mit vollem Recht dieTagung der deutschen Landwirtschaft" genannt wer­den könne. Er begrüßte im besonderen die Vertretungen des Deutschen Städtetags, des Reichsbunds der Dyitschen Industrie, des Reichsbunds des Deutschen Handwerks, des Deutschen Industrie- und Handelstags, des Deutschen Gewerkschastsbunds, der christlichen Gewerkschaften, der Landmaschinenindustrie, des Deutschen Mittelstandsbunds, des Zentralverbands der Landarbeiter, die Vertreter der Handels- und Gewerbekammern, des sächsischen Hand­werks, des Sächsischen Jndustrieverbands und des Ver­bands Sächsischer Industrieller.

Oberbürgermeister Blüher (Dresden) entbot der Ver­sammlung den Gruß der Stadt Dresden und des Deut- Achen Städtetugs. Auch die deutschen Städte würden Lereit sein, die Hand zur Mitarbeit an dem Hilfswerk Ger Landwirtschaft zu bieten. Durch ernste gemeinsame sachliche Arbeit solle gegenseitiges Verstehen herbeigeführt werden. Für den Reichsbund der deutschen Industrie sprach Reichstagsabg. Dr. Sorge. Die Industrie werde Dich für das Hilfswerk auch ihrerseits mit allen Kräften »insetzen. Geschäftsführer Dr. Brand sprach für den .Deutschen Industrie- und Handelstag, in dessen Namen <er für die Absicht einer starken inneren Bedarfsdeckung durch die deutsche Landwirtschaft die besten Wünsche zu Überbringer! habe.

Ministerpräsident a. D. Stegerwald, der als Ver­treter des Deutschen Gcwerkschaftsbunds erschienen war, erklärte, daß die zur Beratung stehende Angelegenheit »ine Lebensfrage für das deutsche Volk sei. Wenn das deutsche Volk jemals wieder eine Rolle in der Welt spielen wolle, dann müßten wir uns abkehren von den früheren Zuständen gegenseitiger Gehässigkeit. Zusammenarbeit zu einer einzigen großen Tat für unser deutsches Vater­land müßte die Hauptaufgabe sein, der sich auch die An­gehörigen des deutschen Gewerkschaftsbunds anschließen werden.

'Namens des Reichsbunds des deutschen Handwerks er­klärte dann noch Obermeister Witzschel, daß auch das Handwerk freudig bereit sei, mit der Landwirtschaft zu­sammen ganze Arbeit zu leisten.

Hierauf sprach der Präsident des Reichswirtschaftsrats Edler von Braun über das Hilfswerk der deutschen Landwirtschaft. Der Redner betonte, daß unser Volk jetzt nicht genügend arbeite, sei der tiefste Grund unserer wirtschaftlichen Nöte. Das landwirtschaftliche Hilfswerk solle das deutsche Volk wenigstens unabhängig machen in seiner Ernährung. Die einheitliche Front müsse sich aber wicht nur auf die Landwirtschaft, sondern darüber hinaus aus alle Berufsstände erstrecken. Wenn uns das große ELerk gelänge, dann würden jährlich 2H» Goldmilliarden für Lebensmitteleinfuhr gespart und damit unsere Han­delsbilanz ins Gleichgewicht gebracht. Das landwirtschaft­liche Hilfswerk will die Errungenschaft der Wissenschaft, Technik und Praxis ausdehnen bis auf den kleinsten Bauernhof, durch Unterstützung und Belehrung, durch Beispielversuche, erhöhte Ausnutzung des Bodens durch Maschinen und Düngemittel. Zur Durchführung des ganzen Plans bedarf es der ungeheuren Mittel von mehr als 20 Milliarden Papiermark. Die Landwirtschaftskammern und sonstigen landwirtschaftlichen Organisationen müßten durch Gesetz das Recht bekommen, die Säumigen zu, zwingen, mitzugehen. Durch das Hilfs­werk solle das ». deutsche Volk vor Zuständen bewahrt werden, wie wir sie in Rußland und Deutschösterreich sehen. Der Redner sprach die Hoffnung aus. daß im nächsten Monat bereits die Gesetzgebungsarbeiten begon-« neu werden, die auch! die Säumigen heranziehe« soll.

Wb mW soll der Äreditverband in Angriff genommen werden. Zur Unterstützung sei aber dringend nötig die vielfach verstärkte Erzeugung von künstllchem Dünger, weiter ein geordneter Eftenbahnverk.hr. Auf das nach­drücklichste müsse aber Protest dagegen eingelegt werden, daß das deutsche Wirtschaftsleben durch wilde Streiks derartig gestört wird, wie das jetzt in Sachsen geschehen ist. Weitere Voraussetzung sei, daß Industrie und Hand­werk die Landwirtschaft versorgen durch Vermehrung der maschinellen und technischen Hrftsmittel, die bei dem im­mer größer werdenden Arbeirerrnangel in der Landwirt­schaft doppelt nötig sind.

Der Präsident des deutschen Landwirtschaftsrats Frei­herr von Schorlemer forderte als Vorbedingung ftedes Wiederaufbaues: sparen und arbeiten.

Mit großem Beifall empfangen betrat dann der baye­rische Banernführer Gehcimrat Dr. Heim den Redner­pult. Wir müßten, so führte der Redner aus, es vor allem »u Wege bringen, daß das deutsche Volk nur deutsches Brot ißt. Das gestellte Ziel sei bei gutem Willen unbe­dingt zu erreichen. Die Landwirtschaft hat nicht gestreikt, nicht demonstriert, sie habe die Scholle immer bearbeitet, während des Kriegs, während der Revolution bis zur Stunde. Wehe dem deutschen Volk, wenn es ein­mal anders käme. Zum Schluß ermahnte er d un zum Zusammenhalt.

D. r Vorsitzende der Vereinigung der Deutschen Bauern­vereine, Freiherr von Kerkerink, und der Direktor der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaft, Landes­ökonomierat Hohenegg-München, sagten ebenfalls alle nur denkbare Unterstützung des geplanten Hilfswerks zu. Dann sprach der Vorsitzende des Reichsgrundbesitzer­verbandes Fürst zu Jlsenburg-Bir stein, der be­tonte, daß die von ihm vertretene, jüngste landwirtschaft­liche Organisation der Großgrundbesitzer sich dem Hilfs- Werk freudig anschließe.

Stürmisch begrüßt betrat dann Freiherr von Wäu­ge nhe im, der Vorsitzende des Reichslandbunds, das Rednerpult, der diese Stunde als Deutschlands Schick- salsstunde bezeichnet, von der es abhängt, ob das deutsche Volk noch einmal zum Leben komme.

Hierauf empfahl Dr. Mehnert die Annahme folgen­der Entschließung, die einstimmig erfolgte:

Die vom Reichsausschuß der deutschen Landwirt­schaft nach Dresden einberufene Tagung der deutschen Landwirte bekennt sich einmütig zu dem am 15. Dezem­ber vom Reichsausschuß beschlossenen Hilfswerk der deutschen Landwirtschaft. Die deutsche Landwirtschaft ist geeinigt in dem festen Willen, das Hilfswerk aus eige­ner Kraft und unter Aufbringung der dazu erforder­lichen Opfer in vollem Umfang zur Tat werden zu lassen. Durchdrungen von der Erkenntnis, daß die in dem Ultimatum übernommenen Verpflichtungen ein unüberwindliches Hindernis für die Aufrech Erhaltung und Vermehrung der landwirtschaftlichen Erzeugung und für die Durchführung des großen Hilsswerkes bil­den, fordert die Landwirtschaft den zielbewußten Abbau der Entschädigungsleistungen und- deren planmäßige Anpassung an die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft."

Schmarotzer.

Die ZeitschriftDer Junggeselle" enthält nebenpi­kanten" Bildern und Anekdoten merkwürdigerweise auch einen wirtschaftlichen Teil. Er läuft unter der Rubrik Was sich die Börse erzählt" und wird von einem Herrn mit dem bescheidenen NamenArgus" versaßt. Man höre, was sich die Junggesellen-Börse am 8. Januar 1922 erzählt:

Also wenn das Jahr 1922 nicht schlechter ausfallen wird als der Jahrgang 1921, so können wir alle noch reichlich zufrieden sein. Der böse Dezember hätte nicht kommen dürfen, er verlief eigentlich ganz unprogramm­mäßig, und wenn er nicht gewesen wäre, so wäre das verflossene Jahr einfach beispiellos gut gewesen. Wahr­haftig. Aber auch so muß man zufrieden sein, und nach soviel Monaten der schönsten Hausse kann auch einmal eine Zeit kommen', in der man nichts verdient. Das ist nicht allzu tragisch und vor allem bleibt uns ja die angenehme Hoffnung, daß auch das neue Jahr nicht schlecht sein möge. Geld zu verdienen ist an der Börse immer, einmal mehr, einmal weniger, aber letzten Endes gibt es kaum ein Jahr, in dem nicht während einiger Monate wenigstens ein schöner Gewinn mitzunehmen ge­

wesen wäre. Also Höften wir auch diesmal^däs Beste. Auch an der Wiege des Jahrs 1921 hat niemand ge­sungen, daß es das größte für die Börse werden würde, das man jemals erlebt hat. Im übrigen können wir seit 1915 bereits eigentlich nicht klagen. Jedesmal gab es einige Wochen, in denen es böse, manchmal sehr böse sogar aussah, und jedesmal endete die Sache noch recht befriedigend. Also brauchen wir auch dem Jahr 1922 nicht allzu ängstlich entgegenzugehen, und wenn auch niemand wissen kann, ob es uns eine andauernde Hausse bringen wird, so werden ein paar gute Monate gewiß nicht fehlen, und wenn man sie ausreichend wahrnimmt, so genügt es ja. Man braucht nicht allzu unbescheiden zu sein." ?

DieSüdd. Sonntagsztg." bemerkt dazu:

Harmlosen Lesern muß man einen Kommentar geben: Der Dezember war deshalbunprogrammäßig" und böse", weil die Mark wieder gestiegen warnachdem sie im November beinahe bis aus den Wert eines Gold- Pfennigs gefallen war. Nach dem Programm hätte der Sturz weitergehen, der Dollar auf 400, 500 und so weiter steigen müssen. Zwar wären dann in Deutschland ein paar sausend Menschen mehr verhungert, aber nur solche, die nicht wissen und verstehen, was sich die Börso erzählt. Nun, auch so konnten die Junggesellen, die mit der Börsearbeiten", reichlich zufrieden sein. Sie hof­fen, daß auch das neue Jahr nicht schlecht sein, d.h. daß es Deutschland auch im neuen Jahr nicht besser gehen möge: am liebsten wäre ihnen natürlichan­dauernde Hausse", d.h. andauernde Mark-Baisse, voll­ständiger Ruin unserer Währung nach österreichischem Vorbild. Tann könnte man hinter Spiegelscheiben mit parfümierten Huren auf dem Schloß erst recht die Pfrop­fen knallen lassen. Das Pöbelvolk würde allerdings mas­senhaft verrecken, weck cs kein Brot mehr kaufen könnte.

Neues vom Tage.

Eisenbahnerstreik-

Berlin, 30. Jan. Die Rerchsgewerkschäft der Eisens bahner hat auf den 1. Februar den erweiterten Vorstand nach Berlin berufen, um über den etwaigen Streik Be ­schluß M fassen. ,

Forderungen der Bergarbeiter.

Esten, 30. Jan. In einer Bertreterversammlung der Bergarbeiter des Ruhrgebiets wurde in einer Entschlie­ßung die Sicherstellung der Rechte der Betriebsräte, schleuniger Abschluß der Tarifverträge, das Recht der Bücherprüfung der Betriebe und Anerkennung der von den organisierten Arbeitern geführten Streiks gefordert.

Paris nicht befriedigt.

Paris, 30. Jan. Der Pariser Korrespondent des halbamtlichenPetit Parisien" übt scharfe Kritik an dcr Vorschlägen, die am Samstag dem Wiederherstellungs­ausschuß überreicht worden sind. Tie deutschen Vor­schläge enthielten keine bestimmten Ziffern für 1922, sondern sie stützten sich einrach auf die Erklärungen Ra­thenaus in Cannes. Wenn man die beiden Dokumente im ganzen betrachte, seien sie ungenau, suchen jede vor­herige Verpflichtung zu vermeiden und enthielten nur bedingte Angebote. Tie Krise, die durch das Steuer­kompromiß gelöst wurde, beweise eben, daß man in deut­schen politischen Kreisen augenblicklich nur zwei Sorgen habe: um jeden Preis das Kabinett Wirth zu erhalten, um ohne Schwierigkeiten nach Genua zu gelangen. Tie Gruppe Stinnes habe jetzt einen Fuß in der Regierung. Er wolle eine Rolle in Genua spielen, sei es im Ein­verständnis mit der Gruppe Rathenau oder gegen sie.

TerMatin" schreibt, die deutsche Antwort kann nickst befriedigen, Frankreich kommt es allein darauf an, daß der Vertrag von Versailles eingehalten wird.Echo de Paris" meint, für Frankreichs Teilnahme an der Kon­ferenz von Genua bleibe es Voraussetzung, daß Deutsch­land seine Zahlungen voll leiste. Das werde in der deutschen Note nicht versprochen. TerTemps" sagt zwar, die deutsche Antwort bedürfe reichlicher Ueber- legung, das hindere aber nicht, die deutschen Anstren­gungen anzuerkennen.

Neue internationale Abrüstungs-Konferenz?

Paris, 30. Jan. DieChicago Tribüne" berichtet von einer Entschließung des Ausschusses für Rüstungs­fragen auf der Washingtoner Konferenz, die die Ab­härtung einer neuen Aornsrnngsrvnserenz vvrschlligr