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Zur Lage.

Am 22. Januar früh sechs Uhr ist Papst Bene­dikt XV. im 68. Lebensjahr aus seiner weltgeschicht­lichen geistlich-politischen Wirksamkeit durch einen raschen Tod abbernfen worden. Man muß weit in der Reihe der Päpste zurückgehen, um ein Pontifikat zu finden, das in ähnlicher Weise durch die Entwicklung der Dinge be­günstigt worden ist; man wird aber auch nur wenige Päpste zu nennen vermögen, die eine solche Zeit mit mehr Klugheit und Geschick zu benutzen verstanden haben. Es wird eine merkwürdige Tatsache bleiben, daß in einem Krieg, der die drei stärksten Herrscherhäuser, die über tief eingewurzelte Ueberliesernngen und Millionen von Bewaffneten verfügten, vernichtete, eine Macht ihre Stel­lung behaupten und gewaltig erhöhen konnte, die über kein Heer verfügte und durch die Welterfchütterung so schwer bedroht war, daß nach dem Eintritt Italiens in den Krieg die Uebcrsiedlung der Kurie nach Spanien ernstlich in Frage kam. Papst Benedikt hat im vergange­nen Jahr einmal zu einem deutschen Zeitungsmann ge­sagt, der Weltkrieg habe mit einem Si g über Luther geendet. Der Sieg war nicht von Ignatius von Loyola, sondern von Kalvin und der in ihren Ursprüngen aus seinem Geist entstandenen Demokratie errungen. In Wil­son entstand eine Art demokratischer Gegenpapst. Freilich war Wilson, weder moralisch noch an Verstand dazu befähigt, mitsamt seinemVölkerbund" bald bankrott. Und da von den übrigen Großen der Welt die einen sich gegenseitig vernichteten und die andern sich selbst bloßstcllten, so war . das wachsende Ansehen der römischen Kurie die gegebene Folge. Diese Zei umstände klug be­nützt zu haben, das ist das eigenste Werk Papst Bene­dikts XV.

Im Reichstag kam endlich der Entwurf des Reichs sch ul gesetz es zur Beratung.- Ter Entwurf sieht drei Arten von Schulen vor: 1. die (weltliche) Gemeinschaftsschule mit Religionsunterricht, der aber mit dem übrigen Unterricht außer Zusammenhang steht, 2. die Bekenntnisschule sür Schüler eines bestimmten christlichen Bekenntnisses, 3. die bekennt­nisfreie Schule, die teils alsweltliche" im Gcg n- satz zu den Bekenntnissen steht, teils zur Ausnahme von Schülern bestimmt ist, die für kein bestimmtes Bekenntnis erzogen werden sollen. Die Begriffsbestimmung der Ge­meinschaftsschule und derweltlichen", bewußt gegen die Bekenntnisse gerichteten Schule des Entwurfs st hm nun aber mit den Schulbestimmungen der Weimarer Reichsverfassung im Widerspruch. Die Gemein­schaftsschule der Verfassung ist nämlich als eine christ­liche Schule gedacht, während in derjenigen des Gesetz­entwurfs der Religionsunterricht nur geduldet ist. An­dererseits kennt die Verfassung dieweltliche" Schule des Entwurfs nicht. Außerdem will der Entwurf die seitherigen Simultanschulen (christlichen Gemein­schaftsschulen) nur auf Baden, Hessen und Nassau be­schränken und sie auch dort nurbis auf weiteres" er­halten wissen, während die Verfassung diesen Schulen d n Bestand uneingeschränkt zugesteht. Wenn also die Mehr­heit des Reichstags dem Gesetzentwurf zustimmen wollte, so müßte zur Gültigkeit des Gesetze? erst die V.'rsasmng entsprechend geändert werden. Tie mißglückt? Fassung d.r Gemeinschaftsschule des Entwurfs findet ale im Reichs­tag selbst wenig Anklang und sie dür'te wohl unter den Tisch fallen, es sei denn, daß sie wieder mit dem Sinn der Verfassung in Einklang gebracht würde. Soweit sich aus den Verhandlungen der ersten Lesung erkennen ließ der Entwurf ist inzwischen in die Kommission ge­gangen, wird es in der Hauptsache bei der Bekcnnt- nisschüle und der neueinzuführenden bekenntnisfrci n Weltanschauungsschule" bleiben. Baden will an seiner alten Simultanschule fcsthalten.

So wichtig der Schulgesetzentwurf ist, so fand er bei halbleerem Haus doch nur wenig Interesse. Alles drehte sich um die Steuervorlagen, um die seit Wochen gefeilscht wird und die, wenn man den Berliner Blät­tern hättc glauben dürfen, hart an den Rand einer Re­gierungskrisis führten. Aber es war noch jedesmal so in Berlin: man handelt und schachert über eine Vorlage ins Unendliche oder bis knapp vor Torschluß, und Hann kommt gerade noch wie mit einem Blitzschlag die Verstän­digung zustande. Die Zeit spielt im Zeichen der Papier­mark für unsere Parlamentarier keine Rolle mehr. Die

; Verständigung ist am 26. Januar fertig" gewor- j ; den und die Sozialdemokratie briugt alssichtbares Opfer j l des Besitzes" zwar nicht dieErfassung der Geldwerte" oder - ; Sachwerte, aber die Z w a ng s a nl eihe in Höhe einer ! ! vollen Goldmilliarde nach Hause. Diese Zwangs- f ; anleihe, die von Industrie und Landwirts chaft i f aufgebracht werden soll, sieht sich von außen nicht übel i -f an, sie hat aber doch etzliche Schönheitsfehler. Es wird - j nämlich nicht ganz so leicht sein, für sie eine brauchbare ?

- und klare Gesetzesformulierung zu finden, überhaupt wird s j die praktische Durchführung erst die Schwierigkeiten eines i f derartigen Eingriffs in dieVermögenssubstanz" bestimm- § j ter Erwerbszweige auszeigen. Ob überhaupt in der Zeit, - ° wo die Neichsregierung das flüssige Geld braucht, d. h.

- eigentlich jetzt schon, denn am 28. Januar und ferner- ! ' hin alle 10 Tage sind je 31 Millionen Goldmark Kriegs- -

entschädigung fällig dieses Geld schon ai s dem Zwangs- t s anleihebrunnen sprudeln wird, das ist billig zu bezweifeln,

» wenn man sich der ruhsamen Eil' erinnert, in der die j ! anderen Steuerveranlagungen vorwärts stürmen. Was j f dieVerzinsung der Anleihe anlangt, so ist die Lösung : f dieses Knotens der Vollsitzung des Reichstags Vorbehalten f

- geblieben; leicht wird sie aber auch nicht sein, denn noch, !

der Absicht der Väter des Gedankens sollte die Anleihe ! gar nicht verzinst werden und das wäre na-- - türlich die denkbar einfachste Lösung, nun aber soll sie ; wenigstens auf eine gewisse Zeit, nämlich 3 Jahre, zins- f los sein. - Originell fft jedenfalls der weitere Borschlag, f daß die Zwangsgläubiger, Industrie und Landwirtschaft, ^ nicht nur die Goldmilliarde aufzubringen, sondern auch :

> die Anleihe zu verzinsen undheimzuzahlen" haben.

! Much da werden sich Schwierigkeiten ergeben, denn die i Verzinsung wird jährlich bei 4 Prozent etwa 2 Milliarden j Papiermark ansmachen. Aber was bleibt denn anders s übrig, wenn Poincare in der sranzösichen Kammer j schon deutlich genug angeküudigt hat, die Neichsregierung

dürfe keine inneren Reichsschulden mehr v er­zinsen, ehe die unerschwinglichen Entschädigungsfor­derungen nicht bei Heller und Pfennig bezahlt seien, und wenn unsere unvergleichliche Banknotenschnellvresse in Berlin von der Wieherherstellungskommission an die Kette gelegt werden soll!

lind die Kommission wartet mit Argusangen aus den Plan der Neuordnung der deutschen Finanzen", der auf 27. Januar bestellt ist. In einer Frist von 14 Tagen hatte die Reichsregierung eine Aufgabe zu er? ledigen, die der Oberste Rat auf 10 Konferenzen nicht fertiggebracht hat. Der Plan ist fix und fertig, nur auf die Steuerverständigung mußte man noch warten, da sie ohne Zweifel der wichtigste Teil desPlans" ist. Die Börse, die fast immer guter Dinge ist, wenn sie selber keine Opfer zu bringen hat, feß flugs den Dollar herunter- und die Mark hinan mischen. Hof­fentlich enthält aber der Plan keine zu weitgeh enden Ver­sprechungen, die wir nicht erfüllen können, sonst geht es uns wieder wie in Versailles und Spa und London: Ihr habt es ja selbst geschrieben, also müßt ihr es halten! Es kommt inhessen vor allem darauf an. ob der Plan der Wiederherstellungskommission oder dem Herrn Poincare genügt. Wir wollen uns keinen Täuschungen hingebew Hat doch Poincare erklärt, nichts, auch nicht das Geringste soll nachgelassen werden. Und was hat Lloyd George in seiner Wahlvorbereitungsrede in Westminster gesagt? Er haderte ein wenig mit Poincare, weil dieser den Obersten Rat sür ein ausgespieltes Klavier hält, während Lloyd George sich nichts Köst­licheres und Ersprießlicheres denken kann, als eine mög­lichst ausgedehnte Obersten-Rats-Besprechung unter vier ! oder mehr Augen in einem guten Hotel. Hätte es die t segensreiche Einrichtung des Obersten Rats schop 1914 ! gegeben, meinte er, so wäre es nicht zum Krieg gekom- j men. Was müssen Grey, Poincare und Konsorten für ! pfiffige Gesichter gemacht haben, als sie diese Orakel- ! Weisheit ihres Herrn Kollegen vernahmen! Dann j aber fuhr Lloyd George fort: Die Deutschen haben Frank- j reich mutwillig zerstört, deshalb müssen sie alles ! bezahlen und sie können alles bezahlen. Genau dasselbe

> sagt auch Poincare! Nur in Deutschland gab es verduzte ; Gesichter bei Leuten, die den bedenkenlosen Waliser ihr j Lebtag nicht begreifen. Lloyd George muß um jeden f Preisseine" Konferenz von Genua haben, sonst ist er z geliefert. Er mußden Frieden der Welt und das inter- ! nationale Vertrauen Herstellen", wie er in Westminster ! sagte; aus englisch: die Handelsvorherrschaft Englands

»-

muH wieder ins Gleis kommen, damit die 2 Millionen Arbeitslosen und die mehr als 2 Milliarden Goldmark, die die Arbeitslosenunterstützung seit dem Londoner Ulti­matum im Jahr in England verschlingt, aus dem Passiv­saldo verschwinden. Es ist eine Kleinigkeit, wenn um diesen Preis England auf dil 400 Millionen Goldmark verzichtet, die es aus der ursprünglichen Ultimatums­zahlung erhalten sollte. Aber Poincare ist ein hart­näckigerer Partner als Briand, und derzeit fester im Vertrauen" der herrschenden Mehrheit des Parlaments verankert", als Briand es je war. Poincare will die elfte undgrößte Konferenz, die die Welt gesehen" 45 Völker, 1000 Sachverständige mit Trabanten und natür­lich 500 Zeitungsberichterstatter werden zu dem Fest in Genua erscheinen, nach Möglichkeit v.rschmäckeln, wie man beim Gaulshandel das Tier schlecht macht, das man gerne haben möchte. ' Lloyd George versteht und er ist gewiß nicht engherzig. Der Brite hat den Franzosen noch nie leiden können und umgekehrt, aber deuuoH brauchen sie einander, und die beste Brücke über den politischen Kanal ist seit Versailles Zeiten immerdis deutsche Schuld am Krieg" gewesen, die Lloyd George mit der verschärfenden Beschuldigung dermut­willigen Zerstörung" wieder so eindringlich be­tont hat. Auch Poincare versteht. Bis zu Genua und während dieser Tage wird man noch einem mächtigen Krakehl zwischen Paris und London entgegensehen dürfen, und dann wird uns eine Kostenrechnung präsentiert werden, daß uns die Augen übergehen. Tie beiden andern aber werden wohl ihre besonderen Zwecke erreichen, vb Amerika mittut oder nicht; die anscheinende Sprödigkeit Hardings hat jedoch ihren bestimmten Zweck, worüber Lloyd George-wohl die beste Auskunft geben könnte.

Nene? vom Tage.

Tie Brotgetreidedersorgung gesichert.

München, 27. Jan. Im Staatshaushaltsausschuß des bayerischen Landtags wurde ein Antrag der Mehr­heitssozialisten und der Bayerischen Volksstartei über ein großzügiges Hilfswerk zugunsten der Minderbemit­telten behandelt. Da in der Aussprache erneut be­hauptet wurde, Deutschland werde am 1. Mai kein Brotgetreide mehr haben, teilte der Landwirtschafts- Minister ein ihm zugegangenes Schreiben der Neichs- getreidestelle mit, aus dem hervorging, daß die Brot­getreideversorgung bis Mitte Juli gesi­chert sei, und zwar die heute gegebene Brotration. Es sind an Jnlandgetreide fest gekauft und vorhanden: 130 000 Tonnen und aus dem Ausland 1650 000 Ton­nen. Von diesem Auslandsgetreide sind nur noch 200 000 Tonnen zu liefern.

Aus dem besetzten Gebiet.

Saarbrücken, 27. Jan. Die Regierungskommission des Saargebiets hat das Auftreten der Reichstags­abgeordneten Klara Zetkin in einer von der Kom­munisten Partei des Saargebiets einberufenen Ver­sammlung verboten.

Aufstände in Aegypten.

Rom, 27. Jan. Ein Telegramm desMondo" aus Kairo meldet: Die englandfeindlichen Aufstände in Aegypten haben einen großen Umfang angenommen. Es ist zu blutigen Zusammenstößen zwischen den Nationalisten und der Polizei gekommen, in deren Verlauf es 190 Tote und über 1000 Verwundete gab. Die Aufständischen waren mehrere Stunden lang Herr der Stadt Kairo, die erst mit einem großen Truppen- aufgebor wieder in die Gewalt der britischen Behörde

kam. _ , . ____

Kann die Ostsee zufrieren?

Rostock, 27. Jan. Nach Meldungen aus dem Küsten­gebiet besteht die Gefahr, daß die Ostsee zufriert, wenn die Kälte noü einige Tage in der bisherigen Stärke anhält. Der Fährverkehr mußte schon an verschiedenen Stellen wegen starken Treibeises eingestellt werden. Die See selbst weist noch kein Treibeis ans. Der ElbeTravekanal ist eiseshalber für alle- Fahrzeuge gesperrt.

TaS deutsche Omentum in Paris.

Paris, 27. Jan. In Baris ist im Auftrag des ame­rikanischen Handelsministers Hoover Martin Kern ein- getroffen, um an Ort und Stelle Erhebungen über das deutsche Eigentum arnustellen, das nach dem Friedens- Vertrag Amerika znüeht. -

Tic Pension für den Exkaiser Karl.

Paris. 27 Jan. Die Bolick -fter-Konferenz bestimmte, daß Exkaiser Karl von den Nachfolgestaaten eine iähr- . liche Pension von 6 Millionen Franken erhalten soll.